Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 10.09.2003, Az.: 1 A 184/01
Beurteilung; Beurteilungsbeitrag; Beurteilungssplitting; Rechtsschutzbedürfnis; Richtwert
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 10.09.2003
- Aktenzeichen
- 1 A 184/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48209
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 33 Abs 2 GG
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Regelbeurteilung vom 8. März 2000, die den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis zum 31. Oktober 1999 umfasst, und erstrebt eine Neubeurteilung.
Der am 27. September 1945 geborene Kläger steht als Polizeibeamter im Dienste des Landes Niedersachsen und ist als Sachbearbeiter bei der Polizeiinspektion ... im Zentralen Kriminaldienst (ZKD) eingesetzt; die Beförderung zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) erfolgte Ende Mai 1999.
Am 8. März 2000 erhielt der Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis zum 31. Oktober 1999 eine Regelbeurteilung, die mit der Gesamtbewertung „übertrifft erheblich die Anforderungen (4)“ endete. In den Einzelbewertungen erhielt er acht Mal die Wertungsstufe „4", wobei die Einzelmerkmale “Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen“ (Nr. 9) und „Bürgerorientierung“ (Nr. 11) als besonders gewichtet gekennzeichnet wurden. Des Weiteren erhielt er drei Mal ("Initiative, Selbständigkeit und Eigenverantwortung" <Nr. 2>; "Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit" <Nr. 4>; "Leistungsgüte" <Nr. 7>) die Wertungsstufe "4,5", wobei diese Merkmale ebenfalls als besonders gewichtet gekennzeichnet sind. Nach den Beurteilungsrichtlinien ist die Bewertungsstufe "4" vorgesehen, wenn die Leistungen und Befähigungen des Beamten erheblich herausragen. Die höchste Gesamtwertungsstufe „hervorragend“ (5) erhalten Beamte, die nach Gesamtleistung und Gesamtpersönlichkeit die mit „übertrifft erheblich die Anforderungen“ (4) Beurteilten deutlich überragen. Es muss sich um Beamte mit außergewöhnlichen Leistungen und Befähigungen handeln; besondere Fachkenntnisse auf einem Spezialgebiet reichen für sich allein nicht aus.
Diese Beurteilung wurde dem Kläger am 13. März 2000 bekannt gegeben und mit ihm besprochen. Am 9. März 2000 war dem Kläger der Beurteilungsentwurf ausgehändigt worden, in seiner Stellungnahme erklärte er sich mit dem Beurteilungsentwurf einverstanden.
Mit Schriftsatz vom 28. September 2000 beantragte er, diese Regelbeurteilung zu seinen Gunsten auf die Gesamtbewertungsstufe „hervorragend“ (5) anzuheben. Zur Begründung führte er an, an der inhaltlichen Richtigkeit der Beurteilung mit der Gesamtwertungsstufe „übertrifft erheblich die Anforderungen“ (4) bestünden deshalb Zweifel, weil sie nicht in Einklang zu bringen sei mit einer Beurteilungsnotiz vom 8. Juli 1999. In dieser Beurteilungsnotiz sei festgehalten, Herr Staatsanwalt ... habe mitgeteilt, er habe jüngst einen vom Kläger bearbeiteten Sammelvorgang erhalten, der derart präzise bearbeitet und übersichtlich aufgebaut gewesen sei, dass die Inhalte vorbehaltlos für die Anklage hätten übernommen werden können. Auch in anderen Ermittlungssachen sei ihm der Kläger sehr positiv aufgefallen. Diese Einschätzung des Staatsanwaltes ... werde bestätigt durch eine weitere Beurteilungsnotiz vom 11. Juli 2000, die, wenn sie zwar auch nicht mehr den vorliegenden Beurteilungszeitraum betreffe, jedoch verdeutliche, dass die in den Beurteilungszeitraum fallende Notiz nicht lediglich einen Einzelfall beschreibe. Mithin spreche Überwiegendes dafür, dass er im Beurteilungszeitraum hätte besser beurteilen werden müssen. Da die genannte Beurteilungsnotiz vom 8. Juli 1999 in der Regelbeurteilung nicht erwähnt worden sei, müsse er davon ausgehen, dass sie bislang unberücksichtigt geblieben sei.
Auf Anforderung der Beklagten nahmen sowohl der Erstbeurteiler, Herr Polizeihauptkommissar ..., als auch der seinerzeitige Leiter der Polizeiinspektion ..., Her r..., zu dem Abänderungsantrag Stellung. Der Erstbeurteiler erklärte in seiner Stellungnahme vom 21. März 2001, dass innerhalb der Polizeiinspektion ... mehrere Beurteilerkonferenzen unter Teilnahme der jeweiligen Erstbeurteiler stattgefunden hätten. Im Rahmen dieser Konferenzen habe er u.a. auch die Beurteilungsnotiz vom 8. Juli 1999 zur Sprache gebracht und auf die in diesem Zusammenhang von Herrn Staatsanwalt ... übermittelten guten Arbeitsergebnisse des Klägers hingewiesen. Zu beachten sei, dass der Kläger im Mai 1999 zum Polizeikommissar befördert und dadurch zwangsläufig mit einer neuen Vergleichsgruppe zu messen gewesen sei. Seine Leistungen seien trotzdem so gut gewesen, dass er innerhalb der neuen Vergleichsgruppe im vorderen Bereich habe eingestuft werden können. Kein einziger der vor ihm eingestuften Beamten habe die Wertungsstufe 5 erhalten. Der Kläger sei daher zu Recht mit der Wertungsstufe 4 beurteilt worden.
Der Leiter der Polizeiinspektion ... erklärte als Zweitbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 14. November 2000, dass zum Beurteilungsstichtag in der Polizeiinspektion ... 35 Polizei-/Kriminalkommissare zu beurteilen gewesen seien. Zur Sicherstellung eines einheitlichen Maßstabes seien Beurteilerkonferenzen durchgeführt worden, in deren Verlauf ein Leistungsvergleich unter Darlegung und Erörterung der Leistungsmerkmale der einzelnen Beamten durch die jeweiligen Erstbeurteiler vorgenommen worden sei. In diesem Zusammenhang sei auch das positive Schreiben des Herrn Staatsanwaltes ... durch Polizeihauptkommissar ... angesprochen worden, so dass auch dieser Aspekt bei der Erstellung der Beurteilung berücksichtigt worden sei. Unter Anlegung eines strengen Maßstabes und der Tatsache, dass der Kläger zum Beurteilungsstichtag nur eine geringe Erfahrung im neuen statusrechtlichen Amt besessen und er sich daraus resultierend an einer für ihn neuen Vergleichsgruppe habe messen lassen müssen, für die höhere Anforderungen gestellt würden, sei er unter Anerkennung seiner Leistungen im Ranking im oberen Bereich auf Ziffer 10 positioniert worden. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Kläger mit der Wertungsstufe „übertrifft erheblich die Anforderungen“ (4) bewertet worden sei. Da die Leistungen der Beamten und Beamtinnen, die im Ranking im Bereich der vorderen Rangziffern (Nr. 1 bis 5) positioniert worden seien, nur unerheblich voneinander abgewichen seien, sei die Wertungsstufe 5 nicht vergeben worden, da dies zu Verwerfungen im Leistungsgefüge geführt hätte. Vor diesem Hintergrund sei eine Anhebung der Beurteilung des Klägers auf die Wertungsstufe 5 nicht vertretbar.
Mit Bescheid vom 9. April 2001 lehnte die Beklagte den Abänderungsantrag des Klägers unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Polizeihauptkommissars ... und des Polizeioberrates ... ab. Zur weiteren Begründung führte die Beklagte die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach Beurteilungsbeiträge vom Beurteiler zwar zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssten, der Beurteiler jedoch nicht an die Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile in der Weise gebunden sei, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreitend“ übernehmen müsse. Der Beurteiler treffe vielmehr erst auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch den Beurteilungsbeitrag ermittelten Erkenntnisse einzubeziehen habe, seine Bewertungen. Diese seien Ausdruck seiner höchstpersönlichen, nicht austauschbaren Meinungsbildung in eigener Verantwortung.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. An der Aussage, das positive Schreiben von Herrn Staatsanwalt ... sei im Rahmen der Beurteilerkonferenz am 8. Juli 1999 zu seinen Gunsten berücksichtigt worden, bestünden Zweifel, weil der Erstbeurteiler das Schreiben des Staatsanwaltes ... bei seinen Prozessbevollmächtigten erst nachträglich im Dezember 2000 angefordert habe, weil es ihm, dem Erstbeurteiler, nicht vorliege. Im Übrigen ergebe sich aus der Stellungnahme des Polizeioberrates ..., dass offensichtlich allein deshalb davon abgesehen worden sei, die Wertungsstufe 5 zu vergeben, weil dann zumindest fünf nahezu leistungsgleiche Beamte damit hätten bedacht werden müssen, wodurch die Quote überschritten worden wäre. Nach den Beurteilungsrichtlinien dürfe die Quote aber gerade nicht die Erstellung einer leistungsgerechten Beurteilung im Einzelfall verhindern. Dies spreche deutlich dafür, dass die Wertungsstufe 5 aus sachwidrigen Gründen nicht vergeben worden sei, was insgesamt Einfluss auf das Ranking und damit auch auf die Bewertung seiner dienstlichen Leistungen gehabt habe. Im Übrigen bedürfe die Frage, aus welchen Erwägungen er im Ranking im oberen Bereich auf Platz 10 positioniert worden sei, der weiteren Nachprüfung. In den Fällen, in denen sich aus dem Beurteilungsinhalt rechnerisch eine Note im Bereich zwischen zwei Notenstufen ergebe, bestehe eine gesteigerte Begründungspflicht der Beurteiler hinsichtlich ihres Entschlusses, sich für die niedrigere der beiden möglichen Endnoten zu entscheiden. Er habe in den Einzelmerkmalen acht Mal die Wertungsstufe 4 und drei Mal die Wertungsstufe 4,5 erhalten, wobei die letztgenannten Einzelleistungsmerkmale jeweils gewichtet worden seien, also besondere Bedeutung hätten. Angesichts dessen erscheine es nicht ausreichend, wenn die Beurteiler lediglich erklärten, er sei objektiv zu Recht mit der Wertungsstufe 4 beurteilt worden. Unter Berücksichtigung der Bewertung und Gewichtung der Einzelleistungsmerkmale und bei besonderer Würdigung der positiven Leistungen durch Herrn Staatsanwalt ... hätte es einer weitaus eingehenderen Begründung dafür bedurft, warum er lediglich die Wertungsstufe 4 erhalten habe. Gerade die Würdigung der dienstlichen Leistungen durch Herrn Staatsanwalt ... lege den Schluss nahe, dass er im Beurteilungszeitraum durchweg Leistungen gezeigt habe, die der Definition der Notenstufe 5 entspreche.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die positive Beurteilungsnotiz von Herrn Staatsanwalt ... vom 8. Juli 1999 sei in den Beurteilerkonferenzen sehr wohl berücksichtigt worden. Der Erstbeurteiler habe diese Notiz im Dezember 2000 von den Prozessbevollmächtigten des Klägers lediglich nur deshalb in Kopie angefordert, weil es ihm nicht mehr vorgelegen habe und im Nachhinein auch nicht mehr auffindbar gewesen sei. Die Beurteilungsnotiz sei dem Erstbeurteiler jedoch seinerzeit bekannt gewesen, er habe auch nachträglich am 26. Februar 2001 schriftlich bestätigt, dass die vorhandene Kopie der Notiz mit dem Original übereinstimme. Der Kläger gehe auch zu Unrecht davon aus, in der Polizeiinspektion ... sei die Wertungsstufe 5 aus sachwidrigen Gründen nicht vergeben worden. Zur Einhaltung vorgegebener Richtwerte hätten in der Vergleichsgruppe von 35 Polizei-/Kriminalkommissaren bei der Polizeiinspektion ... rechnerisch nur drei (ausnahmsweise maximal vier) Beamte die Wertungsstufe 5 erhalten können. Als Ergebnis der Beurteilungskonferenzen seien fünf Beamte auf den vordersten fünf Rangplätzen positioniert worden, was aber nicht bedeutet habe, dass die Beamten dadurch einen Anspruch auf Erhalt der höchsten Wertungsstufe gehabt hätten. Diese fünf Beamten wichen in ihrer Leistung nur so unerheblich voneinander ab, dass sie alle mit der Wertungsstufe 4 im oberen Bereich bewertet worden seien, um ihnen im Vergleich zueinander eine gerechte Beurteilung zu gewährleisten. Aber selbst wenn die Wertungsstufe 5 drei oder vier Mal vergeben worden wäre, hätte dies keinen Einfluss auf die Bewertung des Klägers gehabt. Er sei nämlich im Ranking unter Anerkennung seiner Leistungen nur auf Platz 10 positioniert worden, weil in seiner Vergleichsgruppe leistungsstärkere Beamte vor ihm gelegen hätten. Dies werde auch aus den Protokollen der Beurteilerkonferenzen deutlich. Die Beurteiler unterlägen auch keiner gesteigerten Begründungspflicht deshalb, weil sich aus der Beurteilung rechnerisch eine Note im Bereich zwischen zwei Wertungsstufen ergebe. Im Falle des Klägers liege ein nicht auflösbarer Widerspruch zwischen der Bewertung der Einzelmerkmale und dem Gesamturteil gerade nicht vor. Nach dem rechnerischen Mittelwert aller Einzelnoten (4,1) sei deutlich die Tendenz zur Note 4 gegeben. Auch der rechnerische Mittelwert nur der gewichteten Leistungen zeige mit 4,3 keine Tendenz zu einem besseren Gesamturteil auf. In der Gesamtbewertung 4 spiegele sich somit erkennbar das Ergebnis der Einzelbewertungen wider. Die Beurteilungsnotiz von Herrn Staatsanwalt ... über die positive Bearbeitung eines Sammelvorganges sei bei der Erstellung der Beurteilung den von ihm beeinflussten Leistungs- und Befähigungsmerkmalen (z.B. Ziffern 5.6 und 5.7) zugeordnet, bewertet und gewichtet worden, könne aber nicht in ihrer Bedeutung für einen Beurteilungszeitraum von 17 Monaten so entscheidungserheblich sein, dass sie allein die Gesamtbewertung aller elf Leistungs- und Befähigungsmerkmale für diese Zeit präge. Selbst bei Würdigung der positiven Beurteilungsnotiz und den vom Kläger erbrachten guten Leistungen seien innerhalb seiner Vergleichsgruppe von insgesamt 35 Beamten im objektiven Vergleich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung leistungsstärkere Beamte zu berücksichtigen. Mithin seien keine Fehler erkennbar, die zu einer Änderung der Beurteilung führen müssten.
Daraufhin hat der Kläger am 11. Juni 2001 Klage erhoben, zu deren Begründung er seinen bisherigen Vortrag vertieft. Nach der Begründung des Widerspruchsbescheides der Beklagten seien offensichtlich die vorgegebenen Richtwerte dafür ausschlaggebend gewesen, im Bereich der Vergleichsgruppe des Klägers generell nicht die Wertungsstufe 5 zu vergeben. Angesichts der vom Erstbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 21. März 2001 angesprochenen Leistungsdichte im oberen Bereich der Vergleichsgruppe sei deshalb nicht auszuschließen, dass bei richtigem Verständnis und rechtlich zutreffender Anwendung der Beurteilungsrichtlinien, wonach die Richtwertvorgaben gerade nicht im Einzelfall eine individuell zutreffende Beurteilung verhindern dürften, mehr als fünf Beamte der Vergleichsgruppe die Wertungsstufe 5 hätten erhalten können. Gerade weil die Leistungsunterschiede im vorderen Bereich der Vergleichsgruppe anscheinend äußerst gering gewesen seien, könne nicht nachvollzogen werden, warum in seinem Fall nicht die Wertungsstufe 5 hätte zuerkannt werden können, wenn nicht fehlerhafterweise unter Hinweis auf die Richtwertvorgaben generell auf die Vergabe der Wertungsstufe 5 verzichtet worden wäre. Dies gelte um so mehr, als im sog. Ranking für die Vergleichsgruppe der Beamten der Besoldungsgruppe A 9 BBesO vom in der Beurteilungsrichtlinie vorgegebenen Beurteilungsmaßstab abgewichen worden sei. Dies ergebe sich aus dem Protokoll über die Beurteilerkonferenz vom 1. März 2000, wonach der Polizeiinspektionsleiter erklärt habe, dass der Maßstab in der Wertungsstufe 4 in den Ämtern A 9 und A 10 erweitert worden sei und dadurch einzelne Beamte der Polizeiinspektion ... in die Wertungsstufe 4 hätten angehoben werden können. Weiter heiße es dort, für den Bereich der Beamten mit Besoldungsgruppe A 9 BBesO sei der Maßstab in der Wertungsstufe auf 20 % reduziert worden, wodurch die Polizeiinspektion ... in die Lage versetzt worden sei, zwei weitere Beamte aus der Wertungsstufe 3 in die Wertungsstufe 4 zu bringen. Hieraus werde deutlich, dass ein anderer Beurteilungsmaßstab angelegt worden sei, als er in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehen sei. Hierzu sei die Beurteilerkonferenz nicht berechtigt gewesen. Dies habe insbesondere hinsichtlich der Wertungsstufen 3 und 4 zu einer Aufweichung des Beurteilungsmaßstabes geführt. Dies sei gerade deshalb von besonderem Gewicht, weil von der Vergabe der Wertungsstufe 5 für den im vorderen Bereich der Rankinggruppe angesiedelten Beamten allein deshalb abgesehen worden sei, um nicht die Richtwertvorgaben zu überschreiten. Es sei aber in sich widersprüchlich und benachteilige die leistungsstärkeren Beamten innerhalb der Rankinggruppe, wenn einerseits die Richtwertvorgaben für die schlechteren Wertungsstufen herabgesetzt würden, andererseits die Wertungsstufe 5 aus Gründen der Richtwerteinhaltung überhaupt nicht vergeben werde. Dies führe zu dem Ergebnis, dass leistungsschwächere Beamte, die ursprünglich gemessen am Maßstab der Beurteilungsrichtlinie nur die Wertungsstufe 3 erhalten sollten, ebenso die Wertungsstufe 4 erhalten hätten, wie diejenigen Beamten, die man als nahezu leistungsgleich der Spitzengruppe zugeordnet habe. Dadurch sei eine Nivellierung zu Lasten der stärkeren Beamten der Vergleichsgruppe vorgenommen worden, von der auch er nachteilig betroffen sei, da seine Leistungen ausweislich der Stellungnahme des Erstbeurteilers vom 21. März 2001 so gut gewesen seien, dass er innerhalb der neuen Vergleichsgruppe im vorderen Bereich habe eingestuft werden können. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass er bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler als Mitglied der praktisch leistungsgleichen Spitzengruppe die Wertungsstufe 5 hätte erhalten können, so dass eine Neubeurteilung erforderlich sei. Überdies sei in der angegriffenen Beurteilung das sog. Beurteilungssplitting nicht beachtet worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 9. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2001 zu verurteilen, ihn für den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis zum 31. Oktober 1999 (Beurteilungsstichtag: 1. November 1999) nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter Hinweis auf ihren Bescheid vom 9. April 2001 und ihren Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2001 zur Begründung ergänzend vor: Entgegen der Ansicht des Klägers sei den Vorgaben der Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen vom 29. Dezember 1999 rechtsfehlerfrei Genüge getan worden. Gemäß Ziffer 9.1 der Richtlinien sei für die Vergabe der Wertungsstufe unter Berücksichtigung der Bandbreite des Beurteilungsmaßstabes eine gebotene Differenzierung sicher zu stellen. Ein konkreter Richtwert für das statusrechtliche Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO sei hier jedoch nicht vorgegeben; dieser sei vielmehr zu Recht durch die Maßstabsbildung auf die Ebene der Vergleichsgruppen durch die Beurteilerkonferenzen konkretisiert worden. Im Rahmen dieser Konkretisierung sei als Ergebnis der Konferenz der Zweitbeurteiler am 3. Mai 2000 festgelegt worden, dass im Besoldungsamt A 9 BBesO ein Fünftel der Beamten dieser Vergleichsgruppe die Wertungsstufe 3 erhalten sollten. Mit der Wertungsstufe 5 sollten nur die Beamten beurteilt werden, die deutlich durch ihre Leistungen hervorgetreten seien, die also im Beurteilungszeitraum längerfristig konstant herausragende Leistungen gezeigt hätten. Dies bedeute, dass die Wertungsstufe 5 nur in Einzelfällen bei eindeutiger Differenzierungsmöglichkeit habe vergeben werden dürfen. Eine solche Einzelfallbeschränkung sei nach der Stellungnahme des jetzigen Zweitbeurteilers vom 14. November 2000 möglich gewesen. Die auf den vorderen fünf Rangziffern positionierten Beamten seien in ihrer Leistung zwar untereinander nur unerheblich voneinander abgewichen, sie seien aber im objektiven Vergleich mit denjenigen nachfolgend platzierten Beamten in ihrer Vergleichsgruppe nicht so leistungsüberragend, dass man ihnen noch die Wertungsstufe 5 habe zuerkennen können, da dies ansonsten zu Verwerfungen im Leistungsgefüge geführt hätte. Es sei daher eine Bewertung der im Ranking bis zur Rangzahl fünf positionierten Beamten im oberen Bereich der Wertungsstufe 4 erfolgt. Der Vorwurf einer Maßstabsverschiebung lasse sich dadurch jedoch nicht rechtfertigen. Im Bereich der Polizeiinspektion ... betrage der Anteil der im Amt A 9 BBesO mit der Wertungsstufe 3 bewerteten Beamten 17,14 % und 82,86 % in der Wertungsstufe 4. Auch im Vergleich mit dem Beurteilungsmaßstab auf Regierungsbezirksebene (Wertungsstufe 5: 1,85 %; Wertungsstufe 4: 76,89 %; Wertungsstufe 3: 20,80 %; Wertungsstufe 2: 0,46 %) habe die geringfügige Abweichung von den Richtwerten nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichtes (Urteil vom 5. Mai 1999 - 5 L 3782/98 - ) nicht die Qualität einer Maßstabsverschiebung. Im Übrigen sei der Kläger durch die Nichtvergabe der Wertungsstufe 5 im Ergebnis nicht zu Unrecht nachteilig betroffen. Seine Ansicht, er habe als Mitglied der praktisch leistungsgleichen Spitzengruppe die Wertungsstufe 5 erhalten können, treffe nämlich nicht zu. Selbst wenn in der Spitzengruppe die Wertungsstufe 5 vergeben worden wäre, habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt werden können, da er in der Rangfolge der zu beurteilenden Beamten einvernehmlich von allen teilnehmenden Beurteilern lediglich auf Platz 10 und damit im mittleren und nicht im vorderen Bereich der Wertungsstufe 4 positioniert worden sei. Er habe sich also eindeutig nicht in der Spitzengruppe seiner Wertungsstufe und somit auch nicht im Schnittstellenbereich zur Wertungsstufe 5 befunden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige (dazu 1.) Klage ist unbegründet (dazu 2.).
1. Die Klage ist zulässig.
a) Insbesondere hat der Kläger sein Abänderungs-, Widerspruchs- und Klagerecht nicht bereits deshalb verwirkt, weil er erst Ende September 2000 und damit mehr als sechs Monate nach der am 13. März 2000 erfolgten Bekanntgabe der Regelbeurteilung vom 8. März 2000 einen Abänderungsantrag gestellt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes finden die Fristbestimmungen des § 70 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i. V. m. § 58 Abs. 2 VwGO auf Rechtsbehelfe eines Beamten gegen eine dienstliche Beurteilung keine Anwendung. Dies hat aber nicht zur Folge, dass der Beamte, der sich mit einer dienstlichen Beurteilung nicht zufrieden geben will, verfahrensrechtlich relevante Reaktionen beliebig lange hinauszögern darf. Er kann vielmehr - je nach dem Zeitablauf und den Umständen des Einzelfalles - sein Abänderungs-, Widerspruchs- und Klagerecht verwirken, wenn er bei seinem Dienstherrn in zurechenbarer Weise den Anschein erweckt, dass er die Beurteilung als rechtmäßig anerkenne. In die Erwägungen ist dabei vornehmlich einzubeziehen, welcher Laufbahngruppe der Beamte angehört, wie er sich bei der Bekanntgabe und der Besprechung der Beurteilung verhalten hat, ob anerkennenswerte Gründe vorliegen, die ihn daran gehindert haben, sein Anliegen in angemessener Frist zu verfolgen, ob es sich um eine Regel- oder Bedarfsbeurteilung handelt und inwieweit die Nachprüfbarkeit der Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht durch den Zeitablauf erschwert ist (vgl. hierzu Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand: März 2003, Rdnr. 437 f. m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben hat der Kläger sein Abänderungsrecht nicht bereits verwirkt. Der Kläger hat sich ausweislich des Beurteilungsvordrucks in seiner Stellungnahme anlässlich des Beurteilungsgespräches zwar mit der Beurteilung einverstanden erklärt. Ein lediglich etwas über sechs Monate langer Zeitraum seit der Bekanntgabe der Beurteilung ist aber ohne weitere Anscheinsumstände nicht geeignet, von einer Verwirkung auszugehen, zumal im vorliegenden Fall sich die Nachprüfbarkeit der Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht allein durch den Zeitablauf offensichtlich nicht erschwert hat. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte nicht auf Verwirkung berufen hat.
b) Die Klage ist des Weiteren auch nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger aufgrund der Beurteilungsrichtlinien inzwischen bereits erneut eine Regelbeurteilung zum Stichtag 1. November 2002 erhalten haben dürfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes besteht für eine Klage gegen eine dienstliche Beurteilung erst dann kein Rechtsschutzinteresse mehr, wenn die Beurteilung ihre rechtliche Zweckbestimmung verliert, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein. Diese Zweckbestimmung einer dienstlichen Beurteilung entfällt dagegen nicht dadurch, dass der Beamte zwischenzeitlich erneut dienstlich beurteilt und ggf. befördert worden ist. Grund hierfür ist, dass Auswahlentscheidungen zwar in erster Linie aufgrund aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen sind; ältere Beurteilungen können aber zusätzlich berücksichtigt werden und müssen als Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung Aufschluss geben, vor Hilfskriterien herangezogen werden (BVerwG, Urt. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, DÖD 2003, 200 m. w. N.). Die hier streitgegenständliche Regelbeurteilung des Klägers kann mithin für seinen weiteren beruflichen Werdegang noch Bedeutung erlangen.
2. Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Neubeurteilung; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung - die vom Bundesverfassungsgericht für unbedenklich gehalten wird (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 29.5.2002 - 2 BvR 723/99 -, DÖD 2003, 82; Beschl. v. 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 -, ZBR 2003, 31) - sind dienstliche Beurteilungen von Beamten nur beschränkt überprüfbar. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu erstrecken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat und diese auch praktiziert, hat das Gericht des Weiteren zu prüfen, ob im konkreten Fall die Richtlinien eingehalten worden sind oder ob diese mit den Regelungen der Laufbahnvorschriften in Einklang stehen (BVerwG, Urt. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1; Urt. v. 26.8.1993 - 2 C 37.91 -, ZBR 1994, 54 [BVerwG 10.11.1993 - BVerwG 2 ER 301.93] m. w. N.; Nds. OVG, Urt. v. 23.5.1995 - 5 L 3777/94 -, Nds. RPfl. 1995, 402 und Urt. v. 28.1.2003 - 5 LB 40/02 -; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Stand: März 2003, Rdnr. 452 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen begegnet die angegriffene dienstliche Beurteilung des Klägers im Ergebnis keinen durchgreifenden, von Gerichts wegen nachprüfbaren Rechtsfehlern.
a) Formelle Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze und die Beurteilungsrichtlinie für den Polizeivollzugsdienst (BRLPol) vom 29. Dezember 1999 (Nds. MBl. 2000, 127) - im Folgenden: Beurteilungsrichtlinien) sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
b) Materiell-rechtliche Fehler sind im Ergebnis ebenfalls nicht zu erkennen.
Der Vorwurf des Klägers, offensichtlich seien die vorgegebenen Richtwerte dafür ausschlaggebend dafür gewesen, im Bereich seiner Vergleichsgruppe generell nicht die Wertungstufe 5 und mithin auch nicht auf ihn bezogen zu vergeben, greift im Ergebnis nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob die Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten, die fünf leistungsstärksten Beamten dieser Gruppe hätten nicht mit der Wertungsstufe 5 beurteilt werden können, um ihnen im Vergleich zueinander und zu den ihnen nachfolgend platzierten Beamten eine gerechte Beurteilung zu gewährleisten, einer rechtlichen Überprüfung Stand hält. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 -) kann eine im Wesentlichen gleiche Beurteilung mehrerer (hier: potentieller) Beförderungsbewerber mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar sein. Dies setzt jedoch voraus, dass die Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruht, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Bestenauslese gerecht werden. Die Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes in der Regel auch zu differenzierten Beurteilungsergebnissen führen. Wenn aber eine große Anzahl von Bewerbern um eine Beförderungsstelle ausnahmslos mit der Spitzennote beurteilt ist, deutet dies auf eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Beurteilungspraxis hin. In einem solchen Fall muss nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes hinreichend deutlich gemacht werden, warum Differenzierungen in den Beurteilungen nicht mehr möglich sind.
Diese Grundsätze rechtfertigen im Ergebnis aber keine für den Kläger positive Entscheidung.
Zum einen sind in der Vergleichsgruppe des Klägers nicht alle Beamte gleich beurteilt, zumal die Spitzennote gar nicht vergeben worden ist. Nach den Angaben der Beklagten beträgt im Bereich der Polizeiinspektion ... der Anteil der in der Besoldungsgruppe A 9 BBesO (gehobener Dienst) mit der Wertungsstufe 3 bewerteten Beamten 17,14 % und 82,86 % in der Wertungsstufe 4. Auf Regierungsbezirksebene ergeben sich hiernach folgende Zahlen: 1,85 % Wertungsstufe 5; 76,89 % Wertungsstufe 4; 20,80 % Wertungsstufe 3; 0,46 % Wertungsstufe 2.
Zum anderen - und dies ist vorrangig entscheidungserheblich - ist nichts dafür ersichtlich, dass sich ein derartiger - hier zugunsten des Klägers als gegeben unterstellter - Beurteilungsfehler für den Kläger als vorteilhaft erweisen würde mit dem Ergebnis, dass er einen Anspruch auf die Gesamtwertungsstufe 5 hätte. Denn der Kläger ist nach dem Ranking "nur" auf Platz 10 und damit entgegen seiner Ansicht nur im mittleren und nicht im oberen Bereich angesiedelt. Dass sein Platz im Ranking in rechtlich beanstandenswerter Weise zustande gekommen ist, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht in substantiierter Weise in Zweifel gezogen worden. Selbst wenn die Nichtvergabe der Gesamtwertungsstufe 5 in der Vergleichsgruppe des Klägers also fehlerhaft gewesen sein sollte, hätte dies mithin keinen Einfluss auf seine Beurteilung mit der Gesamtbewertungsstufe 4. Denn nach den Vorgaben der Richtwerte stand der Polizeiinspektion ... in der Vergleichsgruppe der insgesamt 35 Polizei-/Kriminalkommissaren nur höchstens drei bis vier Plätze mit der höchsten Gesamtwertungsstufe 5 zu.
Die Festlegung der Richtwerte selbst begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dienstliche Beurteilungen können ihren Zweck, Personalentscheidungen vorzubereiten, nur dann erfüllen, wenn die vorgegebene Beurteilungsbreite ausgeschöpft wird. Es ist deshalb in der Rechtsprechung anerkannt, dass zur Hebung des Aussagewertes der Beurteilungen und zur Koordination der Beurteilungsmaßstäbe Richtwerte für die Vergabe der Beurteilungsgesamtnoten eingeführt werden. Voraussetzung ist nur, dass die Richtwerte zum einen für die Beurteilung einer hinreichend großen Anzahl von Beamten derselben Laufbahn gelten und zum zweiten die Möglichkeit bleibt, dass diese Richtwerte im Einzelfall aus begründetem Anlass über- oder unterschritten werden (Nds. OVG, Urt. v. 11.5.1999 - 5 L 3782/98 - m. w. N.). Dass diese Anforderungen hier nicht erfüllt sind, ist nicht ersichtlich.
Entgegen der Ansicht des Klägers steht das Gesamturteil der Wertungsstufe 4 auch nicht im Widerspruch zu den Bewertungen der einzelnen Leistungsmerkmale. Nach Ziffer 5.4.3 der Beurteilungsrichtlinien ist das Gesamturteil aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bilden. Es ist nicht rechnerisch zu ermitteln, sondern unter Berücksichtigung des bis zum Beurteilungsstichtag verliehenen statusrechtlichen Amtes und der Bedeutung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale für den jeweiligen Dienstposten. Die Bildung nur eines arithmetischen Mittels wird nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte dem Geist des Beurteilungsrechts nicht gerecht. Das Gesamturteil darf sich nur nicht in Widerspruch zu dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertung und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit setzen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 2 C 21.93 -, BVerwGE 97,128 = ZBR 1995, 145; Nds. OVG, Urt. v. 11.5.1999 - 5 L 3782/98 -). Ein derartiger Widerspruch liegt hier nicht vor. Der Kläger hat bei der überwiegenden Anzahl (acht von elf) von einzelnen Leistungsmerkmalen "nur" die Wertungsstufe 4 erhalten. Dass er bei drei (von insgesamt vier) der als besonders gewichtig angekreuzten Merkmalen jeweils mit einer Wertungsstufe zwischen 4 und 5 beurteilt worden ist, führt noch nicht dazu, dass das Gesamturteil unschlüssig wäre. Die Bildung des Gesamturteiles ist wie die Beurteilung zu den Einzelmerkmalen ein Akt wertender Erkenntnis, der zum Kern des Beurteilungsspielraumes des Beurteilers gehört, in den das Gericht nicht eingreifen kann. Zudem ist er bei dem ebenfalls als besonders gewichteten Einzelmerkmal Nr. 9 "Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen" lediglich mit der Wertungsstufe 4 bedacht worden. Das Gesamturteil der Wertungsstufe 4 steht mithin nicht im Widerspruch zu den Bewertungen der Einzelmerkmale.
Nach den Erklärungen der Beurteiler - an deren Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen - ist auch die Beurteilungsnotiz vom 8. Juli 1999, nach der sich Staatsanwalt ... in positiver Weise über den Kläger geäußert hat, mit in die Beurteilung eingeflossen. Der Beurteilung des Klägers liegt mithin keine unrichtige, weil unvollständige Tatsachengrundlage zugrunde.
Im Übrigen rechtfertigt es allein diese Beurteilungsnotiz nicht, dem Kläger die höchste Gesamtbewertungsstufe 5 zuzusprechen. Der Beurteiler ist nicht verpflichtet, sich stringent (nur) an die Beurteilungsbeiträge Dritter, seien es unmittelbare Vorgesetzte oder außenstehende Dritte, zu halten. Er ist vielmehr gehalten, sich im Hinblick auf das allein von ihm zu bildende Gesamturteil ein eigenständiges Bild zu verschaffen und die im Beurteilungszeitraum gezeigten dienstlichen Leistungen des Beamten in einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller vorhandenen Erkenntnisquellen eigenständig zu bewerten. Insbesondere ist der Beurteiler an die in einem Beurteilungsbeitrag oder in Beiträgen Dritter enthaltenen Aussagen und Werturteile nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung fortschreibend übernehmen müsste (Schnellenbach, a. a. O., Rdnr. 312 m. w. N.).
Entgegen der Ansicht des Klägers ist in der hier streitigen Beurteilung auch dem sog. Beurteilungssplitting genügt worden. Dass hier zwischen dem Zeitraum vor seiner Beförderung zum Polizeikommissar Ende Mai 1999 und jenem nach der Beförderung unterschieden und hierauf aufbauend gesplittet differenzierend verschiedene Maßstäbe angelegt worden sind, ergibt sich hinreichend deutlich aus der Stellungnahme des Erstbeurteilers vom 21. März 2001.