Oberlandesgericht Celle
v. 01.11.2012, Az.: 16 U 71/12
Schadensersatz gegen einen vorläufigen Insolvenzverwalter wegen des Widerspruchs gegenüber erfolgten Abbuchungen; Vorliegen einer ausdrücklichen oder konkludenten Genehmigung von Abbuchungen durch einen Schuldner
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 01.11.2012
- Aktenzeichen
- 16 U 71/12
- Entscheidungsform
- Entscheidung
- Referenz
- WKRS 2012, 30200
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:1101.16U71.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 25.05.2012 - AZ: 20 O 292/11
Rechtsgrundlagen
- § 540 ZPO
- § 826 BGB
Fundstelle
- ZInsO 2013, 348-350
Redaktioneller Leitsatz
1.
Ein Bundesland hat gegen einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt keinen Anspruch auf Schadensersatz, und zwar weder aus § 826 BGB noch aus § 60 InsO, wenn dieser Abbuchungen von Steuerbeträgen von Konten eines späteren Insolvenzschuldners widersprochen hat.
2.
Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist grundsätzlich befugt, im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachlich-rechtliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht.
3.
Hat der Schuldner jedoch die Lastschrift ausdrücklich, konkludent oder über in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen enthaltene Genehmigungsfiktion genehmigt, ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter hingegen nicht berechtigt, der Belastungsbuchung zu widersprechen. Widerspricht er gleichwohl und führt der Widerspruch zu einer Rückbuchung, wird dadurch eine Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt, so dass der Anwendungsbereich des § 826 BGB grundsätzlich eröffnet ist.
4.
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr kann von einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchung dann ausgegangen werden, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder um den Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt.
5.
Diese Grundsätze können nicht gelten, wenn die Abbuchungen nur wenige Wochen vor dem Insolvenzantrag erfolgt sind. Die Frage, ob dem Verhalten des Schuldners aus der maßgeblichen objektiven Sicht der Zahlstelle als Erklärungsempfängerin ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden kann, richtet sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.Das bloße Schweigen des Kontoinhabers auf die zugegangenen Kontoauszüge ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann nicht als Genehmigung der darin enthaltenen Lastschriften gewertet werden. Die kontoführende Bank kann allein dem Vornehmen weiterer Kontodispositionen nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige den um die Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, um eine konkludente Genehmigung zu bejahen, etwa wenn der Kunde seinen Zahlungsverkehr unter Berücksichtigung des Kontostandes und den danach möglichen Dispositionen mit der Bank abstimmt.
6.
Der Senat vermag nicht generell der Auffassung zu folgen, für die Frage, ob eine Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren konkludent genehmigt worden sei, komme es nicht auf die spätere Befolgung eines Widerspruchs des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Kontoinhabers an. Wenn die Bank auf den Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Abbuchungen diese letztlich rückgängig macht, kann dies sehr wohl als Indiz dahin gewertet werden, dass eine schlüssige Genehmigung tatsächlich auch nicht anzunehmen war, weil gerade auch die Bank offenbar selbst nicht von einer solchen Genehmigung ausgegangen ist.
In dem Rechtsstreit
Land Niedersachsen, vertreten durch die Oberfinanzdirektion Hannover, diese vertreten durch den Oberfinanzpräsidenten, Waterloostraße 5, 30169 Hannover,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro Lechner & Partner GbR, Bergstraße 17/Ecke Theaterwall,
26122 Oldenburg,
Geschäftszeichen: 749/12F / bi
gegen
Rechtsanwalt Helge Wachsmuth, Alexanderstraße 2, 30159 Hannover,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kaden - Ziemek, Breite Straße 4, 30159 Hannover,
Geschäftszeichen: 93/12KA17
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schaffert, die Richterin am Landgericht Flindt und den Richter am Oberlandesgericht Schrader
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Mai 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungswert: 91.835 EUR.
Gründe
I.
Das klagende Land (im Folgenden: Klägerin) nimmt den Beklagten persönlich auf Schadensersatz wegen zu Unrecht erklärten Widerspruchs gegen erfolgte Lastschriften von Konten der (späteren) Insolvenzschuldnerinnen in Anspruch.
Aufgrund erteilter Einzugsermächtigungen zog das Finanzamt zum 31. Dezember 2010 und sodann am 10. Januar 2011 diverse Beträge von den Konten der späteren Insolvenzschuldnerinnen für Zinsen auf Umsatzsteuern sowie Lohnsteuerbeträge (insgesamt 91.835,08 EUR) ein. Am 4. Februar 2011 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Am 24. Februar 2011 verweigerte der Beklagte gegenüber der kontoführenden Bank die Zustimmung zu den erfolgten Belastungsbuchungen. Darauf wurde das Konto des Finanzamtes mit 91.835,08 EUR rückbelastet. Diesen Betrag verlangt die Klägerin nunmehr vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes mit der Behauptung, der Beklagte sei zum Widerspruch gegen die Abbuchungen nicht berechtigt gewesen. Die Abbuchungen seien auch zuvor bereits durch die Schuldnerinnen genehmigt gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe als vorläufiger Insolvenzverwalter nach der Rechtsprechung des 9. Zivilsenats des BGH den Abbuchungen widersprechen dürfen. Eine ausdrückliche oder konkludente Genehmigung der Abbuchungen durch die Schuldnerinnen sei dagegen nicht anzunehmen.
Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie die erstinstanzlichen Ansprüche einschließlich des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten weiterverfolgt.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag, ein Widerspruch des Beklagten gegen die erfolgten Abbuchungen komme vorliegend nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr in Betracht, weil die Schuldnerinnen den Abbuchungen bereits zuvor konkludent zugestimmt hätten. Dies habe das Landgericht nicht hinreichend beachtet. Es habe sich bei den Buchungen um regelmäßig zu bestimmten Terminen fällige Beträge gehandelt, die auch zuvor stets von den Schuldnerinnen nicht beanstandet worden seien. Deshalb sei nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist von einer Genehmigung auszugehen, der der Beklagte nicht mehr habe widersprechen dürfen.
Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine konkludente Genehmigung der Lastschriften verneint. Es komme dafür entgegen der Auffassung des Landgerichts (LGU 9) nicht darauf an, ob der Empfänger (gemeint: die Bank) Anlass gehabt habe, die Kontoführung zu beobachten. Insoweit sei die Entscheidung des Landgerichts auch überraschend, weil es dazu keinen Hinweis erteilt habe und das Vorbringen der Klägerin für nicht ausreichend halten wolle. Die Klägerin hätte dann vorgetragen, dass die Bank regelmäßig die Kontoführung überwache und beobachte. Gerade bei Lastschriften - wie hier - sei die Bank als Zahlstelle letztlich auf eine Genehmigung der Buchung angewiesen. Dies sei auch vorliegend geschehen (Beweis Zeugnis Keil), schön um einen etwaigen Widerspruch zu beobachten und ggf. die Belastung rückgängig zu machen. Innerhalb der nach der Rechtsprechung anzunehmenden Überlegungsfrist von 14 Tagen sei hier kein Widerspruch (unstreitig) erfolgt, so dass die Abbuchungen jedenfalls mit Ablauf des 31. Januar 2011 als genehmigt angesehen worden seien. Das Landgericht hätte deshalb entsprechend der Rechtsprechung des BGH (XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09) eine konkludente Genehmigung annehmen müssen. Der Beklagte hafte daher sowohl nach § 826 BGB als auch nach § 60 InsO auf Schadensersatz.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 91.835,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 25. Oktober 2011 und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.999,32 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.
Er ist der Auffassung, dass bereits die Abbuchungen vom 31. Dezember 2010 (Zinsen auf Umsatzsteuer) nicht die Voraussetzungen einer konkludenten Genehmigung erfüllten, weil es sich dabei nicht um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften gehandelt habe.
Der Beklagte hafte auch im Übrigen nicht, denn vorliegend habe die Bank (Zahlstelle) nicht von einer Genehmigung ausgehen dürfen und habe dies auch nicht getan. Gerade dazu habe die Klägerin nichts vorgetragen. Eine gesicherte Rechtsposition der Klägerin habe mithin bis zum Widerspruch des Beklagten gar nicht bestanden. Den Beklagten treffe auch keine Schädigungsabsicht, weil er allein im Interesse der Sicherung der Insolvenzmasse gehandelt habe. So habe auch das LG Hamburg (302 O 376/08) und nachgehend der BGH (Urteil vom 13. Oktober 2011, IX ZR 115/10) entschieden. Hier sei letztlich auch zu beachten, dass die Bank nach dem Widerspruch des Beklagten die Rückbuchung veranlasst habe, so dass daraus geschlossen werden könne, die Bank sei selbst nicht von einer vorherigen Genehmigung seitens der Schuldnerinnen ausgegangen. Dem Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, dass er den Widerspruch erst nach Ablauf der von der Rechtsprechung erst danach (BGH Urteil vom 1. Dezember 2011, IX ZR 58/11) für den unternehmerisch tätigen Schuldner entwickelten Frist von zwei Wochen erklärt habe.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Eine Haftung des Beklagten persönlich auf Schadensersatz wegen des Widerspruchs gegenüber den erfolgten Abbuchungen besteht nicht, und zwar weder aus § 826 BGB noch aus § 60 InsO.
1. Der Senat folgt der Rechtsprechung des 9. Zivilsenats des BGH (vgl. IX ZR 37/09; IX ZR 115/10; IX ZR 231/09). Der BGH hat in der Entscheidung IX ZR 115/10 ([...] Rn. 8) ausgeführt:
"1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich befugt, im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachlich-rechtliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht (BGH, Urteil vom 4. November 2004 - IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49,52 ff; vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84Rn. 19; vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269Rn. 12; vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 7; vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, NZI 2011, 321 Rn. 11). Einschränkungen bestehen lediglich im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person, wo der (vorläufige) Insolvenzverwalter vorab zu prüfen hat, ob die jeweilige Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden ist; dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter fehlt die Rechtsmacht, auf das Schonvermögen des Schuldners zuzugreifen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO analog; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, Rn. 13 ff). Um einen solchen Fall geht es hier indes nicht. Die Schuldnerin ist keine natürliche, sondern eine juristische Person, die sich auf die in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO in Bezug genommenen Pfändungsschutzvorschriften nicht berufen kann.
2. Hat der Schuldner die Lastschrift ausdrücklich, konkludent oder über in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen enthaltene Genehmigungsfiktion genehmigt, ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter hingegen nicht berechtigt, der Belastungsbuchung zu widersprechen. Widerspricht er gleichwohl und führt der Widerspruch zu einer Rückbuchung, wird dadurch eine Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt, so dass der Anwendungsbereich des § 826 BGB grundsätzlich eröffnet ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, a.a.O. Rn. 27)."
2. Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung dürfte es darauf ankommen, ob die Schuldnerin die erfolgten Lastschriften ausdrücklich oder konkludent genehmigt hatte, denn nur dann käme ein Eingriff des Beklagten durch seinen Widerspruch in eine gefestigte Rechtsposition der Klägerin in Betracht.
Eine ausdrückliche Genehmigung liegt unstreitig nicht vor. Ebenfalls scheidet eine Genehmigungsfiktion aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken vorliegend aus, denn die darin genannten Fristen waren noch nicht abgelaufen, als der Beklagte den Belastungen am 24. Februar 2011 widersprach.
In Betracht käme danach allein eine konkludente Genehmigung seitens der Schuldnerinnen gegenüber der Bank, indem sie den erfolgten Belastungen nicht binnen einer angemessenen Überlegungsfrist widersprachen.
Nach der Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11) "kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr von einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchung dann ausgegangen werden, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder um den Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteneinzugs, der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach Kenntnis der Belastung seines Kontos und Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Wird das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt, kann die Zahlstelle damit rechnen, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. zur Genehmigung der Lastschrift vom Konto eines Verbrauchers BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, a.a.O., Rn. 11). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Bank bei monatlichen und im Wesentlichen gleich hohen Lastschriftabbuchungen vom Konto eines Verbrauchers in der Regel spätestens dann, wenn dieser bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden (BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, a.a.O., Rn. 12). Wie lang die Überlegungsfrist unternehmerisch tätiger Schuldner zu bemessen ist, ist bislang offen geblieben. Für diese ist es verkehrsüblich, dass sie Lastschriften, die typischerweise auf einer von ihnen selbst abgefassten sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung beruhen, mit einer Überlegungsfrist von allenfalls vierzehn Tagen widersprechen. Ein solcher typischer Vorgang wird für die Schuldnerbank durch die Person des Gläubigers, die Spanne der Einziehungsbeträge und die regelmäßig wiederkehrenden Einziehungstermine erkennbar. Lässt der Schuldner diese Frist in Kenntnis der Abbuchung verstreichen, kann die Bank davon ausgehen, dass Einwendungen nicht mehr erhoben werden sollen."
Ob nach diesen Grundsätzen im vorliegenden Fall eine konkludente Genehmigung seitens der Schuldnerinnen angenommen werden könnte, erscheint zumindest zweifelhaft. Denn die Abbuchungen waren nur wenige Wochen vor dem Insolvenzantrag erfolgt. Zu Recht hat das Landgericht auch darauf abgestellt, dass sich nach den Grundsätzen der Rechtsprechung (vgl. nur BGH XI ZR 236/07 - [...] Rn. 43) die Frage, ob dem Verhalten des Schuldners aus der maßgeblichen objektiven Sicht der Zahlstelle als Erklärungsempfängerin ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden kann, immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalles richtet. Der BGH hat auch darauf hingewiesen, dass das bloße Schweigen des Kontoinhabers auf die zugegangenen Kontoauszüge ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Genehmigung der darin enthaltenen Lastschriften gewertet werden könne. Weiter hat der BGH in der genannten Entscheidung ausgeführt (a.a.O., [...] Rn. 47), dass die kontoführende Bank allein dem Vornehmen weiterer Kontodispositionen nicht entnehmen könne, der Kontoinhaber billige den um die Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand. Es müssten vielmehr weitere Umstände hinzutreten, um eine konkludente Genehmigung zu bejahen, etwa wenn der Kunde seinen Zahlungsverkehr unter Berücksichtigung des Kontostandes und den danach möglichen Dispositionen mit der Bank abstimme.
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben, kann im vorliegenden Fall eine konkludente Genehmigung seitens der Schuldnerinnen nicht angenommen werden.
Der Senat ist im Übrigen schon im Ansatz der Auffassung, dass die Annahme einer konkludenten Genehmigung vielfach auf der (nachträglichen) Auslegung eines lediglich fiktiven Verhaltens beruht. Worin konkret soll sich eigentlich eine solche Genehmigung nach außen dokumentieren, wenn man nicht lediglich von einem schlichten Schweigen mit Erklärungswert ausgehen will? Vor allem scheint auch die Annahme, dass die Schuldnerbank (Zahlstelle) sich überhaupt Gedanken über die erfolgten Abbuchungen im Lastschriftverfahren macht (solche Abbuchungen im Einzelnen überprüft) und etwa prüft, ob diese auf regelmäßig etwa monatlich stattfindenden Buchungen (aus Dauerschulverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder wiederkehrenden Steuervorauszahlungen) beruhen und etwa gleichgelagerte Forderungen betreffen, eher eine Fiktion zu sein, um überhaupt eine frühzeitige Genehmigung konstruieren zu können.
Entgegen der Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH (XI ZR 320/09 und XI ZR 197/10) vermag der Senat auch nicht generell der darin geäußerten Auffassung zu folgen, für die Frage, ob eine Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren konkludent genehmigt worden sei, komme es nicht auf die spätere Befolgung eines Widerspruchs des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Kontoinhabers an. Der Senat hält dieses Verhalten der Bank im Gegenteil durchaus für ein tragendes Indiz bei der Auslegung des wie immer zu definierenden Erklärungswerts des Schuldnerverhaltens, denn gerade die Bank als Erklärungsempfänger des zu untersuchenden schlüssigen Verhaltens des Schuldners ist als Erste in der Lage, dieses Verhalten nach den verkehrsüblichen Maßstäben zu werten und zu messen. Wenn die Bank in dieser Situation - wie im vorliegenden Fall - aber auf den Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Abbuchungen diese letztlich rückgängig macht, kann dies sehr wohl als Indiz dahin gewertet werden, dass eine schlüssige Genehmigung tatsächlich auch nicht anzunehmen war, weil gerade auch die Bank offenbar selbst nicht von einer solchen Genehmigung ausgegangen ist.
Denn die Rückbuchungen hätte die Bank nicht vorgenommen, wenn sie selbst von einer zuvor erteilten (schlüssigen) Genehmigung hätte ausgehen wollen. Die Bank hätte im Übrigen als Zahlstelle auch dem Widerspruch des Beklagten gegen die Abbuchungen keine Folge leisten dürfen, wenn der Schuldner die Kontobelastung ihr gegenüber bereits ausdrücklich, konkludent oder fiktiv genehmigt hatte (Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., Bd. I, § 58 Rn. 56; zur Genehmigungsfiktion in den AGB: § 58 Rn. 76 ff.; ebenso Flick, jurisPR-BKR 7/2012 Anm. 1 zu BGH IX ZR 115/10). Deshalb kann nach Auffassung des Senats aus dem tatsächlichen Verhalten der Bank jedenfalls indiziell geschlossen werden, dass tatsächlich keine konkludente Genehmigung seitens der Schuldnerinnen vorlag und die Bank zumindest als potentielle Erklärungsempfängerin nicht davon ausgegangen ist, dass überhaupt eine derartige Genehmigung schon erteilt worden sein könnte (dies bestätigt auch die Annahme einer bloßen Fiktion einer derartigen Genehmigung seitens der Schuldnerin, wenn man eine solche überhaupt annehmen wollte). Auch der BGH (IX ZR 37/09, [...] Rn. 11) hat sich im Übrigen dagegen ausgesprochen, eine konkludente Genehmigung vorschnell zu bejahen und hält die Umstände des Einzelfalls für maßgebend. Ebenso hat der XI. Senat des BGH entschieden (BGH XI ZR 236/07, [...] Rn. 47). Schließlich hatte der BGH selbst in einer früheren Entscheidung (BGH XI ZR 258/99) noch ausgeführt, dass in dem bloßen Schweigen auf den Kontoauszug keine schlüssige Erklärung einer Genehmigung gesehen werden könne; auch eine konkludente Genehmigung wurde in der genannten Entscheidung abgelehnt ([...] Rn. 24 ff.).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände hat der Senat auch erwogen, dass es sich jedenfalls bei den Lastschriften vom 10. Januar 2011 durchaus um mehr oder weniger regelmäßig abgebuchte Steuerzahlungen auf Lohnsteuern der drei Schuldnerinnen gehandelt hat, die auch in der Vergangenheit in etwa gleichem Maße vorgenommen worden waren, wie die Klägerin Bl. 70 f d.A. dargelegt hat (ebenso LGU 8, 9). Allein dies kann jedoch für sich genommen nicht als schlüssiges Verhalten im Sinn einer konkludent erteilten Genehmigung der Lastschriften angesehen werden. Weitere Umstände, die auf eine solche Genehmigung hätten schließen lassen können, sind nicht ersichtlich oder dargetan. Allein aus dem Umstand, dass die Nord/LB die Konten der Schuldnerinnen - wie die Klägerin in der Berufung vorträgt - an jedem Bankarbeitstag beobachtet habe, kann nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Der Vortrag genügt nicht, um aus dieser behaupteten Beobachtung und Kontrolle auf eine bereits erfolgte schlüssige Genehmigung der erfolgten Lastschriften schließen zu können. Dabei muss auch beachtet werden, dass der Beklagte bereits am 4. Februar 2011 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden ist und somit der Zeitraum zwischen den Lastschriften und dem vorläufigen Insolvenzverfahren lediglich knapp 4 Wochen betrug. Eine intensive Weiternutzung der Konten durch die Schuldnerinnen kann in diesem Zeitraum bis zur Erklärung des Widerspruchs durch den Beklagten nicht angenommen werden.
Daraus folgt, dass der Widerspruch des Beklagten schon aus Rechtsgründen keinen Anspruch auf Schadensersatz auslösen konnte.
3. Zudem fehlt es jedenfalls auch an einem Schädigungsvorsatz des Beklagten im Sinne des§ 826 BGB.
Denn er hatte ersichtlich nicht die Schädigung der Klägerin im Sinn, als er den Abbuchungen gegenüber der Bank widersprach, sondern die Sicherung der Masse der Insolvenzschuldnerinnen (dazu BGH IX ZR 115/10, [...] Rn. 20; auch Tetzlaff, [...] PR-BKR 5/2012, Anm. 1). Es gehört gerade zu den Aufgaben des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt, dass er die Masse vor ungerechtfertigter Minderung zugunsten der Gläubiger bewahrt. Deshalb liegt es auf der Hand, dass er bereits erfolgten Abbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren - soweit nicht eine vorherige Genehmigung seitens des Schuldners erfolgt ist - widerspricht, um die Masse zu schützen und eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger sicher zu stellen. Tut er dies nicht, setzt er sich regelmäßig der Haftung nach § 60 InsO aus. Er steht deshalb in einem gewissen Dilemma, wenn er derartige Abbuchungen feststellt. Widerspricht er nicht, läuft er Gefahr, seine Pflichten aus § 60 InsO zu verletzen. Widerspricht er, setzt er sich - bei einer Genehmigung des Schuldners ggf. nach der Rechtsprechung - einer Haftung des Gläubigers aus.
Dem Beklagten kann daher nicht eine sittenwidrige Schädigungsabsicht unterstellt werden, so dass jedenfalls eine Haftung nach § 826 BGB ausscheidet.
4. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 60 InsO scheidet nach dem Vorgesagten aus, denn der Beklagte hat gegenüber der Klägerin keine insolvenzspezifische Pflicht verletzt, als er den Lastschriften widersprach.
In einem vergleichbaren Fall ist mit Urteil des OLG Frankfurt eine Haftung des Insolvenzverwalters verneint worden (15 U 111/08). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist vom BGH zurückgewiesen worden (BGH, Beschl. vom 3. Februar 2011 - IX ZR 231/09).
5. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des IX. Senats des BGH ab. Die Frage der streitigen konkludenten Genehmigung der erfolgten Lastschriften ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, so dass grundsätzliche Rechtsfragen insoweit nicht zu entscheiden sind.