Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.11.2012, Az.: 16 U 53/12
Anforderungen an die Erledigung der Widerklage eines Bauherrn wegen der Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.11.2012
- Aktenzeichen
- 16 U 53/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 28021
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:1109.16U53.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 22.03.2012
Rechtsgrundlagen
- § 96 ZPO
- § 485 ZPO
- § 494a ZPO
- § 637 Abs. 3 BGB
Fundstellen
- BauR 2013, 279
- BauR 2013, 503-505
- NJW 2013, 475-477
- NZBau 2012, 6
- NZBau 2013, 107-109
Amtlicher Leitsatz
1. Macht der Bauherr im Prozess über die Rückforderung eines Kostenvorschusses die ihm entstandenen Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand einer Widerklage, so ist die Widerklage grundsätzlich erledigt, wenn der Bauherr in der Berufungsinstanz gegen den Rückforderungsanspruch mit Schadensersatzansprüchen wegen Baumängeln aufrechnet.
2. Die Widerklage ist jedoch nur in der Höhe erledigt, in der der Bauherr nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens verlangen kann.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. März 2012 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.606,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Widerklage in Höhe von 845,29 € erledigt ist. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens tragen beide Parteien jeweils zur Hälfte. Der Beklagte kann Erstattung von diesbezüglich verauslagten Gerichtskosten nur verlangen, soweit sie über einen Betrag von 2.474,79 € hinausgehen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 60 %, der Beklagte 40 % zu tragen.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Klägerin 30 %, der Beklagte 70 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert:
1. Instanz 16.303,77 €,
2. Instanz 21.055,05 €
Gründe
I. Die Parteien streiten um Mängel an einem Bauvorhaben.
Der Beklagte beauftragte die Klägerin durch Vertrag vom 12. April 2002 mit der Errichtung eines Anbaus zu einem Bürogebäude in H. Nach Fertigstellung der Arbeiten rügte der Beklagte verschiedene Mängel, darunter insbesondere die unzureichende Abdichtung der Dehnungsfuge zwischen den Stahlbetonsohlen des Altbaus und des von der Klägerin errichteten Neubaus.
Der Beklagte beantragte am 19. Oktober 2007 die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens (Verfahren 8 OH 11/07 LG Hannover), in dessen Verlauf der Sachverständige G. zunächst 4 Gutachten bzw. Stellungnahmen erstattete. Auf der Grundlage der vom Sachverständigen geschätzten Brutto-Mangelbeseitigungskosten zahlte die Klägerin im Juli 2009 an den Beklagten einen Sanierungskostenvorschuss in Höhe von 15.500 €. Im Anschluss beauftragte der Beklagte die Fa. T. mit Abdichtungsmaßnahmen im Keller zu Nettokosten i. H. v. 2.063,48 €; insoweit ist streitig, ob es sich lediglich um eine Notfallmaßnahme zur vorübergehenden Abdichtung der Fuge oder um eine dauerhafte Mangelbeseitigung handelte. In einer weiteren Stellungnahme vom 6. August 2010 gelangte der Sachverständige G. zu der Einschätzung, dass eine fortbestehende Undichtigkeit der Anschlussfuge nicht festzustellen sei. Der Beklagte macht insoweit geltend, dass auch nachträglich Feuchtigkeit in den Keller eingedrungen sei, zuletzt im Winter 2011/2012.
Die Klägerin hat erstinstanzlich primär Rechnungslegung über die Verwendung des Kostenvorschusses, hilfsweise Rückzahlung von 11.638,41 € begehrt. Der Beklagte hat bereits vorprozessual in Höhe von 2.474,29 € die Aufrechnung mit den im Beweissicherungsverfahren angefallenen Sachverständigenkosten erklärt und im Wege der Widerklage Erstattung der weiteren Kosten des OH-Verfahrens (weitere Gerichtskosten sowie Anwaltsgebühren) begehrt.
Das Landgericht hat der Klage auf den Hilfsantrag in Höhe von 9.413,80 € und der Widerklage in voller Höhe stattgegeben. Der Rückzahlungsanspruch sei abzüglich der nachgewiesenen Verwendung des Vorschusses in Höhe von 3.611,41 € und der Aufrechnungserklärung in Höhe von weiteren 2.474,29 € begründet, die Widerklage in voller Höhe.
Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, in der er vom Vorschussanspruch auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Baumängel übergeht und gegen den Rückzahlungsanspruch mit Schadensersatzpositionen in einem Gesamtumfang von 19.871,91 € gestaffelt aufrechnet.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 22. März 2012 die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung hat die Klägerin zunächst beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. März 2012 insoweit aufzuheben und abzuändern, als es im Wege der Widerklage die Klägerin verurteilt hat, an den Beklagten 4.165,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2010 zu zahlen.
Der Beklagte hat zunächst beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Widerklage für erledigt erklärt; die Klägerin hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen materiellrechtlich und prozessual nicht mehr möglich sei. Mit der Anschlussberufung hat sie ihre Rechtsansicht weiterverfolgt, dass die Kosten, die durch die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren vom 6. Februar 2009, 30. September 2009 und 6. August 2010 angefallen sind, ihr nicht auferlegt werden könnten.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands wird abgesehen gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO.
II. Auf die zulässige Berufung und die zulässige Anschlussberufung war das Urteil hinsichtlich der Klage wie erkannt abzuändern.
Bezüglich der Widerklage war nach einseitiger Erledigungserklärung durch den Beklagten festzustellen, dass sich diese in Höhe von 845,29 € durch den Übergang des Beklagten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln der Bauleistung in zweiter Instanz erledigt hat.
1. Die Klägerin kann von dem Beklagten Rückzahlung des Kostenvorschusses in Höhe von 3.606,20 € verlangen.
a) Es kann dahin gestellt bleiben, ob auf der Grundlage des erstinstanzlichen Parteivorbringens die Voraussetzungen für eine Rückforderung des geleisteten Vorschusses gegeben waren oder ob - wie der Beklagte mit der Berufung einwendet - von einer Aufgabe des Mängelbeseitigungswillens nicht auszugehen war, weil sich im Kellerbereich nach wie vor Wassereinbrüche zeigten und ein Konzept für eine endgültige Sanierung und Abdichtung der Fuge noch erarbeitet werden musste.
Maßgeblich für das Entstehen des Rückforderungsanspruchs ist der Wegfall des mit der Vorschusszahlung verbundenen Zwecks. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber seinen Willen aufgegeben hat, den Vorschuss für die Beseitigung der Mängel zu verwenden (BGH BauR 1984, 406; BGH BauR 2010, 614). Von der Aufgabe eines solchen Mangelbeseitigungswillens ist jedoch immer dann auszugehen, wenn der Auftraggeber - wie hier der Beklagte in zweiter Instanz - zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen übergeht. Denn der Auftraggeber ist - anders als bei der Vorschusszahlung - in der Verwendung der Schadenssumme frei und insbesondere nicht verpflichtet, sie zur Beseitigung des Schadens zu verwenden (vgl. nur BGH BauR 2003, 1211, juris Rn. 17). Dieser Grundsatz der schadensrechtlichen Dispositionsfreiheit zieht zwangsläufig die Verpflichtung zur Rückzahlung des Vorschusses nach sich, soweit der Anspruch nicht durch Aufrechnung (vgl. BGH NJW 1988, 2728) oder Verrechnung (vgl. BGH BauR 1989, 201, juris Rn. 15) mit tatsächlich bestehenden Schadensersatzansprüchen erlischt.
b) Das Recht des Beklagten, gegen den Rückforderungsanspruch mit werkvertraglichen Schadensersatzansprüchen aufzurechnen, besteht weiterhin fort und kann auch in der Berufungsinstanz noch geltend gemacht werden.
Mit der Geltendmachung und Erfüllung des Vorschussanspruchs ist der Auftraggeber nicht gebunden und auf diesen Anspruch beschränkt; er kann vielmehr zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs übergehen, soweit dessen Voraussetzungen weiterhin gegeben sind (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 2134; BGH NJW 1988, 2728; BGH NJW 2010, 1192 [BGH 14.01.2010 - VII ZR 108/08]). Soweit nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1988, 2728 [BGH 07.07.1988 - VII ZR 320/87]) der Übergang zum Schadensersatzanspruch dahingehend einschränkt ist, dass dies nur vor bestimmungsgemäßer Verwendung des Vorschusses möglich sei, wirkt sich dies für die hier zu treffende Entscheidung nicht aus. Denn die Schadenspositionen, mit denen der Beklagte aufrechnet, betreffen nur Positionen für noch nicht erbrachte Beseitigungsarbeiten der Mangelfolgeschäden, nicht hingegen die Abdichtung der Anschlussfuge als unmittelbaren Mangelschaden.
Die Aufrechnung ist auch zweitinstanzlich noch gem. § 533 Abs. 1, 2 ZPO möglich. Die Entscheidung des Beklagten, nunmehr zum Schadensersatzanspruch überzugehen, ist als neue Tatsache, die erst in der Berufungsinstanz eingetreten ist, nach § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Die Aufrechnung ist sachdienlich, zumal sie nur die schon erstinstanzlich und im selbstständigen Beweisverfahren streitigen Schadenspositionen betrifft.
c) Danach ergibt sich für die Klageforderung im Einzelnen:
(1) Die Abweisung des von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs ist in Höhe von 6.086,20 € (15.500 € abzüglich ausgeurteilter 9.413,80 €) in Rechtskraft erwachsen.
In diesem Betrag sind enthalten 3.611,41 € aus
- Nettoreparaturkosten der Fa. T. gem. Rechnung vom 30. September 2009 in Höhe von 2.063,48 € (unter Berücksichtigung von 2 % Skonto),
- Nettorechnungsbetrag der Fa. H. Bau gem. Rechnung vom 14. Oktober 2009 in Höhe von 500 € (unter Berücksichtigung eines Nachlasses von 50 €),
- Nettoreparaturkosten der Fa. B. gem. Rechnung vom 1. Dezember 2008 in Höhe von 278,53 €,
- Nettoarchitektenhonorar des Dipl. Ing. G. gem. Rechnung vom 11. Dezember 2009 in Höhe von 769,40 €
sowie ferner eine Aufrechnungsforderung in Höhe von 2.474,79 € wegen gerichtlicher Auslagen für den Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren.
Damit sind die Aufrechnungsforderungen gem. a) bis d) (in Höhe von insgesamt 3.611,41 €) in der Berufungsbegründung des Beklagten gegenstandslos, dementsprechend auch die dagegen erhobenen Einwände der Klägerin, weil sie das Urteil insoweit nicht angegriffen hat.
(2) Den Minderungsbetrag in Höhe von 75 € für die Abdeckung der Kabelkanäle (Aufrechnungsforderung e).) und den Nachbesserungsaufwand in Höhe von 100 € für den Riss in der seitlichen Terrassentür (Aufrechnungsforderung f).) hat die Klägerin akzeptiert.
(3) Die Aufrechnungspositionen
- g) "Schließung Estrich; Wandverkleidung herstellen" gem. Angebot der Fa. G. und L. Baugesellschaft mbH vom 7. Oktober 2011 über 1.440 €,
- h) "Malerarbeiten" gem. Angebot der Fa. G. vom 6. Oktober 2011 über 5.058,25 €,
- i) "Räumarbeiten für Maler" gem. Angebot der H. S. GmbH vom 4. März 2009 in Höhe von 7.175 € sowie
- j) "Endreinigung, Neben- und Kleinarbeiten" in Höhe von 360 €
sind insgesamt begründet lediglich in Höhe von 5.002 €.
Der Sachverständige G. hat in seinem Gutachten vom 22. Mai 2008 die Kosten für die Beseitigung der Estrichfeuchte im Keller insgesamt mit 7.138 € beziffert (Ziff. 2.2., S. 15 des Gutachtens).
In diesem Betrag enthalten sind Kosten für die Freilegung der Anschlussfuge in Höhe von 720 €, die den von der Fa. H. Bau vom 14. Oktober 2009 abgerechneten Arbeiten entsprechen. Die Erstattungspflicht hinsichtlich dieser Rechnung hat das Landgericht bereits rechtskräftig zuerkannt.
Gleiches gilt für die Positionen "Glättung der Sohlenoberfläche pp" und "Montage des Klemmabdichtungsprofils" in einer Gesamthöhe von 1.416 € im Gutachten des Sachverständigen G. Diese Arbeiten entsprechen der Sohlenabdichtung, wie sie die Fa. T. zu Nettokosten in Höhe von 2.063,48 € durchgeführt hat. Auch dieser Betrag ist von dem rechtskräftigen Teil der Entscheidung des Landgerichts bereits erfasst. Insofern kommt es nicht darauf an, dass der Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 3. Oktober 2008 die Kostenschätzung für die Abdichtung selbst zunächst um 2.694 € netto erhöht hatte.
Auf die mit den Aufrechnungspositionen g) bis j) geltend gemachten Kosten entfällt danach ein Betrag von 5.002 €.
Kosten für Räumarbeiten zur Vorbereitung der Renovierungsarbeiten hat der Sachverständige G. überzeugend lediglich in Höhe von 1.050 €, entsprechend 30 Lohnstunden zu je 35 €, für erforderlich erachtet. Der Sachverständige hat nach Ansehung der Räumlichkeiten und der jeweils durchzuführenden Bau- und Umräumarbeiten dezidiert ausgeführt, welche Tätigkeiten notwendig sein werden und welcher Arbeitsaufwand voraussichtlich anfallen wird. Die dagegen vom Beklagten schon im Beweissicherungsverfahren vorgebrachten Einwände verfangen nicht. So hat der Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 3. Oktober 2008 ausgeführt, dass die angesetzte Stundenzahl auch für die Rückräumarbeiten ausreichend ist. Dem Einwand der Datenempfindlichkeit der eingelagerten Akten ist der Sachverständige überzeugend auch mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Abhängens mit einer Folie begegnet. Dem tritt der Senat bei, zumal dem Beklagten bereits die Durchführung der Abdichtungsarbeiten durch die Fa. T. möglich war, ohne die Akten datenschutzgesichert auslagern zu müssen. Es bestand vor diesem Hintergrund kein Anlass, dass Angebot der S. GmbH dem Sachverständigen erneut zur Stellungnahme vorzulegen.
Die weiteren Kosten für Abriss- und Neueinbau der Wandverkleidung sowie die Kosten der erforderlichen Malerarbeiten zur Beseitigung der Mangelfolgeschäden im Keller hat der Sachverständige im Einzelnen aufgeschlüsselt. Diesen Positionen ist der Beklagte im Beweissicherungsverfahren nicht entgegen getreten. Die Kostenvoranschläge der Fa. G. und L. (Estrich und Wandverkleidung) sowie der Fa. G. (Malerarbeiten) gehen weit über die Kostenschätzung des Sachverständigen hinaus, ohne dass der Beklagte dargelegt hätte, warum die Schätzung fehlerhaft ist oder inwieweit möglicherweise weitergehende Sanierungsarbeiten erforderlich geworden sein könnten. Der Sachverständige ist vielmehr noch im Ergänzungsgutachten vom 6. August 2010, also über 2 Jahre nach dem ersten Ortstermin, bei seiner Beurteilung der Kosten geblieben. Die Folgeschadenausprägung sei sogar geringer gewesen als seinerzeit dokumentiert.
Danach verbleiben geschätzte Beseitigungskosten für Mangelfolgeschäden im Keller (Räumarbeiten, Malerarbeiten, Wandverkleidung, Endreinigung) in Höhe von 5.002 €. Diese Kosten kann der Beklagte als fiktive Schadenspositionen ersetzt verlangen (vgl. nur BGH BauR 2003, 1211; OLG Celle, IBR 2002, 405).
(4) Die geltend gemachte Ersatzposition für "Architektenhonorar auf Restarbeiten" in Höhe von 545,85 € (Aufrechnungsposition k).) steht dem Beklagten aufrechenbar nur in Höhe von 130,60 € zu.
Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. Oktober 2008 i. V. m. dem Gutachten vom 22. Mai 2008 Regiekosten für die Mangelbeseitigung in Höhe von insgesamt 900 € netto für adäquat erachtet. Hiervon ist durch die Verwendung für Leistungen des Architekten G. ein Betrag in Höhe von 769,40 € netto verbraucht. Die Differenz in Höhe von 130,60 € verbleibt als Schadensposition in Form fiktiver Regiekosten zur Überwachung der Restarbeiten.
(5) Die durch Trocknungsmaßnahmen angefallen Aufwendungen (Aufrechnungspositionen l.) und m).) kann der Beklagte in Höhe von 500 € erstattet verlangen.
Die Trocknung war erforderlich. Die Klägerin ist bereits erstinstanzlich dem Vortrag des Beklagten, trotz der Abdichtungsarbeiten durch die Fa. T. sei jeweils im Winter 2009/2010 und 2010/2011 erneut Wasser in den Keller eingetreten, nicht mit Substanz entgegen getreten. Der Beklagte hatte unter anderem durch Vorlage von Fotos und des Privatgutachtens des Dipl. Ing. B. vom 18. Januar 2012 dargetan, dass die Abdichtung in dem Bereich, in dem die Kelleraußenwand die Bodenfuge überdeckt, in der von der Fa. T. durchgeführten Weise nicht erfolgen könne. Der Beklagte lieferte damit eine schlüssige Erklärung für den erneuten Wassereintritt und die damit einhergehende Notwendigkeit weiterer Trocknungsmaßnahmen.
Vor diesem Hintergrund kommt es insbesondere nicht auf die Feststellung des Sachverständigen im Gutachten vom 6. August 2010 an, dass nach der Abdichtung durch die Fa. T. Kosten für eine mechanische Trocknung nicht angefallen seien.
Der Sachverständige hat im Ergänzungsgutachten vom 3. Oktober 2008 Kosten für die abschließende mechanische Trocknung im Umfang von insgesamt 2.000 € für plausibel erachtet. Vor diesem Hintergrund begegnet die eigene Schätzung des Beklagten hinsichtlich "Energiekosten und Leihkosten für Trocknung 2009/2010" in Höhe von 250 € keinen Bedenken.
Demgegenüber vermag der Senat dem Beklagten nicht darin zu folgen, warum der Erwerb von Trocknungsgeräten zu einem Preis von 1.256,40 € für die "Trocknung 2010/2011" erforderlich war, wenn im Jahr zuvor einschließlich der Energiekosten nur ein geschätzter Betrag von 250 € im Wege der Leihe angefallen war. Auch bei der Trocknung 2010/2011 hätten Leihgeräte genutzt werden können; der Erwerb der deutlich teureren Geräte erfolgte unter Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB.
(6) Nach Aufrechnung besteht danach ein Rückforderungsanspruch der Klägerin in Höhe von 3.606,20 €.
2. Die Widerklage ist erledigt in Höhe von 845,29 €. Im Übrigen war sie unbegründet.
a) Die einseitige Erledigungserklärung des Beklagten hinsichtlich der Widerklage ist als auch in der Berufungsinstanz zulässige (vgl. nur Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 34, 37) Klageänderung auf Feststellung der Erledigung auszulegen.
b) Die Widerklage, mit der der Beklagte die volle Erstattung der (nach teilweiser Aufrechnung in Höhe von 2.474,79 €) verbleibenden Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im Wege des materiellen Kostenerstattungsanspruchs begehrt hat, ist nach erklärter Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus dem Bauvertrag jedoch nur in Höhe von 845,29 € erledigt. Nur in dieser Höhe konnte der Beklagte noch anteilige Erstattung der ihm im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten verlangen. Dies entspricht einer Quote von 50 % für die Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens, die auch in der tenorierten Kostenentscheidung ihren Niederschlag gefunden hat.
Im Einzelnen:
(1) Grundsätzlich können die dem Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens entstandenen Kosten als zurechenbare Mangelfolgeschäden isolierter Gegenstand eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sein, mit dem der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner aufrechnen oder sie zum Gegenstand einer Widerklage machen kann (vgl. nur OLG Dresden, NJW-RR 2003, 305; BGH NJW-RR 2010, 674). Wird das selbstständige Beweisverfahren jedoch Gegenstand des Hauptsacheverfahrens, ist über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im Hauptprozess mitzuentscheiden (BGH NJW-RR 2005, 1688; BGH BauR 2003, 1255). Diese kostenrechtliche Folge tritt nicht nur dann ein, wenn der Antragsteller des Beweisverfahrens seine Gewährleistungsansprüche aktiv einklagt, sondern auch dann, wenn er mit ihnen die Aufrechnung erklärt (BGH, NJW-RR 2005, 1688 [BGH 25.08.2005 - VII ZB 35/04] - entgegen OLG Dresden aaO. -; OLG Celle, OLGR 2004, 167). Dabei wird dem kostenrechtlichen Erstattungsanspruch nach §§ 91 ff. ZPO Vorrang vor dem materiellrechtlichen Anspruch eingeräumt, nicht zuletzt zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (grundlegend BGH NJW-RR 2010, 674 [BGH 11.02.2010 - VII ZR 153/08], juris Rn. 13; vgl. auch OLG Celle, aaO.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1108 [OLG Düsseldorf 17.03.1995 - 22 U 139/94]).
(2) Danach war die Widerklage mit Erklärung der Aufrechnung des Beklagten mit gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzforderungen erledigt, weil der Beklagte damit das selbstständige Beweisverfahren zum Gegenstand des Hauptverfahrens gemacht und der dort zu treffenden Kostenentscheidung unterworfen hat. Daran ändert sich nichts dadurch, dass ein Teil des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 2.474,79 € in Rechtskraft erwachsen ist, weil die Klägerin das Urteil insoweit nicht angefochten hat.
(3) Allerdings war die Widerklage nur begründet in der Höhe, in der der Beklagte nach der im Hauptverfahren getroffenen Kostenentscheidung Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens verlangen kann. Die Aufrechnungserklärung mit Gewährleistungsansprüchen entfaltet materiellrechtlich gem. § 389 BGB Rückwirkung auf den Zeitpunkt, zu dem sich die Schadensersatzforderung des Beklagten und der Rückforderungsanspruch der Klägerin aufrechenbar gegenüber standen; dieser Zeitpunkt liegt vor Rechtshängigkeit des Hauptverfahrens. Diese materiellrechtliche Wertung ist jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation auf die Beantwortung der Frage zu übertragen, zu welchem Zeitpunkt die Erledigung der Widerklageforderung eingetreten ist. Würde stattdessen auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung in zweiter Instanz abgestellt, müsste eine in sich widersprüchliche Entscheidung ausgesprochen werden: Es würde festgestellt, dass der Beklagte - so jedenfalls die Entscheidung des Landgerichts - in voller Höhe die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens als zurechenbare Mangelschäden erstattet verlangen konnte; zugleich würde in der Kostenquote zum Ausdruck gebracht, dass ihm nur eine Quote zu ersetzen ist. Dieser Widersprüchlichkeit kann nur begegnet werden, wenn der prozessuale Kostenerstattungsanspruchs seine Vorrangwirkung für das gesamte Verfahren - und nicht nur für das Verfahren nach Erledigungserklärung - entfaltet.
(4) Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens tragen die Parteien jeweils zur Hälfte. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:
Der Sachverständige G. hat im selbstständigen Beweisverfahren die Nettobeseitigungskosten mit 13.025,31 € beziffert. Der Senat hat sich der Berechnung des Sachverständigen insbesondere auch bei den Positionen angeschlossen, die der Beklagte bezweifelt und deutlich höher angesetzt hat. Dies gilt insbesondere für die oben unter 1) c) (3) aufgeführten Aufrechnungspositionen, die die Beseitigung der Mangelfolgeschäden im Keller betreffen. Der Beklagte rechnet hier gestaffelt mit Schadensersatzpositionen im Umfang von insgesamt 14.033,25 € auf, die jedoch lediglich in Höhe von 5.002 € begründet sind (s. o.). Der überschüssige Betrag in Höhe von 9.031,25 €, der sich auch streitwerterhöhend auswirkt, ist unbegründet. Soweit sich die Aufrechnung mit Kosten für die Trocknung ebenfalls teilweise als unbegründet erweist, wirkt sich dies für die Kostenverteilung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht aus, weil diese Schadensposition nicht Gegenstand des Beweisverfahrens war.
Bezogen auf die behauptete Gesamtschadenshöhe ergibt dies folgende Quote:
13.025,31 € + 9.031,25 € = 22.056,56 €;
davon berechtigte Schadenshöhe von 13.025,31 €;
entspricht 59 % Erfolg des Beklagten, 41 % Erfolg der Klägerin.
Hinzu treten 3 Schadenspositionen, die im selbstständigen Beweisverfahren gerügt worden waren, die der Sachverständige jedoch nicht für begründet erachtet hat:
- Riss in der Betonwand (Pos. 2.3 des Gutachtens)
- Feuchtigkeitseintritt in der ehemaligen Montageöffnung (Pos. 2.4 des Gutachtens)
- Vibration der Decke (bzw. des Fußbodens) des Dachgeschosses (Pos. 2.7 des Gutachtens).
Bleibt die Hauptsache hinter dem Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens zurück, so können in entsprechender Anwendung von § 96 ZPO die auf den überschießenden Teil entfallenden Kosten dem Antragsteller auferlegt werden (vgl. Kniffka, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 2. Teil Rn. 149). Der Senat bewertet den auf die vorgenannten Positionen entfallenden Wert mit rund 10 %.
Dies rechtfertigt insgesamt eine hälftige Kostenlast beider Parteien.
(5) Bezogen auf die Höhe der Widerklage ergibt sich damit, dass diese nur in Höhe von 845,29 € begründet war.
Der Beklagte konnte insgesamt hälftige Erstattung der in Höhe von 5.205,15 € entstandenen Gerichtskosten, also 2.602,58 € verlangen. Hiervon ist ein Betrag in Höhe von 2.474,79 € durch Aufrechnung erloschen, so dass ein Restbetrag von 127,79 € verbleibt.
Daneben stand ihm ein Anspruch auf hälftige Erstattung der im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Anwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 1.435 € (1,2 Verf.geb. 735,80 €; 1,3 Terminsgeb. 679,20 €, 20 € Pauschale) zu, also von weiteren 717,50 €. Der Senat sieht davon ab, bei der Berechnung der Höhe der Erledigung die gem. Vorb 3 (5) VV RVG vorzunehmende Anrechnung der Verfahrensgebühren zu berücksichtigen. Dies bleibt dem Kostenfestsetzungsverfahren in der Hauptsache vorbehalten.
Es ergibt sich danach ein Erstattungsanspruch in Höhe von 845,29 €.
3. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus Folgendem:
1. Instanz
Hauptantrag: | 500,00 € |
---|---|
Hilfsantrag: | 11.638,41 € |
Widerklage: | 4.165,36 € |
Summe | 16.303,77 € |
Die Aufrechnung in Höhe von 2.474,79 € wirkt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht streitwerterhöhend aus, weil sie bereits vorprozessual erklärt nicht hilfsweise geltend gemacht wurde. Die Widerklage ist bis zur einseitigen Erledigungserklärung in voller Höhe (und nicht nur in Höhe des Kosteninteresses) zu berücksichtigen.
2. Instanz
Berufung des Beklagten: | 19.451,05 € | |
---|---|---|
(Restklageforderung von | 9.413,80 € | |
zzgl. überschießende, erfolglose Aufrechnung in Höhe von | 10.037,25 € | |
= 9.031,25 € [Sanierung Keller] | ||
+ 1.006,00 € [Trocknung]) | ||
Anschlussberufung der Klägerin: | 1.704,00 € | |
(verbleibendes Kosteninteresse hinsichtlich der Widerklage: | ||
3 Gerichtsgebühren aus einem Wert von 4.165,36 € = | 339,00 €, | |
2 x 1,3 Verfahrensgebühr aus Wert von 4.165,36 € = | 709,80 €, | |
2 x 1,2 Terminsgebühr aus Wert von 4.165,36 € = | 655,20 €) | |
Summe: | 21.055,05 € |
4. Aus dem Verhältnis von Obsiegen/Verlust ergibt sich die nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO vorzunehmende Kostenverteilung für die 1. und 2. Instanz:
1. Instanz | Wert € | Obsiegen Kl. € | Obsiegen Bekl. € |
---|---|---|---|
Hauptantrag | 500,00 | - | 500,00 |
Hilfsantrag | 11.638,41 | 3.606,20 | 8.032,21 |
Widerklage | 4.165,36 | 3.220,07 | 845,29 |
Ergebnis | 6.926,27 | 9.377,50 | |
rd. 40 % | rd. 60 % | ||
2. Instanz | |||
Klage | 9.413,80 | 3.606,20 | 5.807,60 |
erfolglose Aufrchng. | 10.037,25 | 10.037,25 | - |
erledigte Widerkl. | 1.704,00 | 1363,20 | 340,80 |
Ergebnis | 15.006,65 | 6.148,40 | |
rd. 70 % | rd. 30 % |
Die Entscheidung über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens folgt aus §§ 96, 92 Abs. 1 ZPO. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Der aufgerechnete Kostenanteil von 2.474,79 € ist in die Abrechnung mit einzubeziehen.
5. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.