Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.11.2012, Az.: 10 UF 246/12
Voraussetzungen für den Rückforderungsanspruch einer Schwiegereltern-Zuwendung nach Scheitern der Ehe
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.11.2012
- Aktenzeichen
- 10 UF 246/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 28993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:1105.10UF246.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 313 Abs. 1 BGB
- § 313 Abs. 3 BGB
Fundstellen
- FamFR 2013, 46
- FamRZ 2013, 823
- MDR 2013, 97-98
- NWB 2013, 2694-2695
- NWB direkt 2013, 868-869
- ZAP 2013, 235-236
- ZAP EN-Nr. 124/2013
Amtlicher Leitsatz
Nach Scheitern der Ehe, die Grundlage einer schenkweisen Leistung der Schwiegereltern auf eine Gesamtschuld des eigenen und des Schwiegerkindes war, kommt eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht dergestalt in Betracht, daß das Schwiegerkind den Schwiegereltern gegenüber unter dem Gesichtspunkt gesamtschuldnerischer Haftung allein und wesentlich über einen nach den konkreten Verhältnissen angemessenen Anteil hinaus einzustehen hätte.
Tenor:
1. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 19.000 € festgesetzt.
2. Die Beteiligten werden gemäß § 117 Abs. 3 FamFG darauf hingewiesen, daß der Senat beabsichtigt, über die Beschwerde der Antragsteller gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden und die Beschwerde zurückzuweisen. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme und den Antragstellern wird Gelegenheit zur Rücknahme der Beschwerde gegeben bis zum 30. November 2012, wobei der Senat eine Entscheidung alsbald nach Fristablauf plant.
Gründe
Gründe (für 2):
I. Die Antragsteller sind die Eltern des Herrn F. G. Dessen am 14. November 2003 geschlossene Ehe mit der Antragsgegnerin ist mittlerweile mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - S. vom 28. September 2009 geschieden worden. Noch vor ihrer Eheschließung hatten die Antragsgegnerin und ihr Ehemann (im Weiteren: die Eheleute) je zur ideellen Hälfte ein zur eigenen Wohnnutzung vorgesehenes Hausgrundstück erworben und zu dessen Finanzierung mehrere Darlehen bei der örtlichen Volksbank aufgenommen. Die Antragsteller verfügten seinerzeit über eine auf ein in ihrem gemeinsamen Eigentum stehendes Hausgrundstück eingetragene Eigentümerbuchgrundschuld über 53.174,36 € (vormals 104.000 DM) nebst Zinsen. Zur Sicherung der Forderungen gegenüber den - insofern gesamtschuldnerisch haftenden - Eheleuten aus vier hausbezogenen Darlehen über insgesamt 300.000 € wurde die besagte Eigentümergrundschuld durch die Antragsteller an die darlehensgewährende Volksbank abgetreten. In den Darlehensverträgen der Eheleute mit der darlehensgewährenden Volksbank ist bei den dabei bestellten Sicherheiten die auf dem Eigentum der Antragsteller ruhende Grundschuld jeweils nicht angegeben.
Die Eheleute - bzw. zuletzt allein der Ehemann - bewohnten die gemeinsame Immobilie noch bis Mai/Juni 2008. In der Folgezeit veräußerten sie die Immobilie; aus dem Verkaufserlös konnten drei der aufgenommenen Darlehen vollständig abgelöst, das vierte allerdings nur teilweise zurückgeführt werden. Nach zusätzlicher Verwertung eines allein der Antragsgegnerin zustehenden Bausparguthabens von gut 7.500 € verblieb eine Restschuld von mehr als 27.500 €. Auch in der Folgezeit hat allein die Antragstellerin - auf Grundlage entsprechend von ihr mit der Volksbank getroffener Vereinbarungen - das verbliebene Darlehen um weitere knapp 15.000 € zurückgeführt, so daß per 21. Februar 2011 eine offene Forderung der Volksbank von 14.572,58 € verblieb. Zwischenzeitlich betreibt die Volksbank aus der auf dem Grundstück der Antragsteller eingetragenen Grundschuld die Zwangsvollstreckung; insofern ist im Urkundsprozeß ein Anerkenntnisvorbehaltsurteil auf Duldung der Zwangsvollstreckung ergangen.
Die Antragsteller nehmen im vorliegenden Verfahren - allein - die Antragsgegnerin in Anspruch und haben deren Verpflichtung zur Zahlung "an die Volksbank" von zunächst rund 41.800, später von 15.307,35 € beantragt "zur Tilgung von Darlehensforderungen, welche gesichert sind durch" die Grundschuld auf dem Grundeigentum der Antragsteller sowie zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von rund 1.880 €.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 12. September 2012, auf den auch ergänzend zur Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, den Antrag abgewiesen. Es hat dabei entscheidend darauf abgestellt, die Antragsteller hätten derzeit jedenfalls keinen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages; sie hätten ungeachtet des gerichtlichen Hinweises darauf ihr Begehren auch nicht auf einen Freistellungsantrag umgestellt. Ein Bereicherungsanspruch scheitere daran, daß die Antragsgegnerin bislang noch keinen Vorteil erlangt habe. Schließlich fehle es ohnehin für die zentrale Behauptung der Antragsteller zur Vereinbarung einer gesamtschuldnerischen Haftung (auch) der Antragsgegnerin bereits an einem hinreichend substantiierten Vortrag, der einer Beweisaufnahme (Beweisantritt: Zeugnis des Sohnes) zugänglich sei, da weder ein genauer Zeitpunkt noch ein konkreter Abredeinhalt genannt sei.
Gegen diesen, ihnen am 19. September 2012 zugestellten Beschluß richtet sich die am 4. Oktober 2012 beim Amtsgericht eingelegte und am 23. Oktober 2012 beim Oberlandesgericht begründete Beschwerde der Antragsteller, mit der sie (unter "Aufhebung" der amtsgerichtlichen Entscheidung) ihre Zahlungsbegehren an die Volksbank in unveränderter Höhe sowie an sich für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nunmehr nur noch in Höhe von 899,40 € weiterverfolgen. Die Antragsgegnerin hat bereits den Antrag auf Beschwerdezurückweisung angekündigt.
II. 1. Für seine Entscheidung über die zulässige Beschwerde der Antragsteller erwartet der Senat von einer Wiederholung der erstinstanzlich erfolgten mündlichen Verhandlung keinen entscheidungserheblichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn und beabsichtigt daher gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG davon abzusehen. Darauf ist gemäß § 117 Abs. 3 FamFG vorab gesondert hinzuweisen.
2. Die Beschwerde der Antragsteller wird nach derzeitiger Bewertung durch den Senat in der Sache auch keinen Erfolg haben können, so daß sie zurückzuweisen sein wird. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen. Auf der Grundlage ihres Vortrages ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin auf Freistellung oder Zahlung im Zusammenhang mit den bei der Volksbank aus dem gemeinsamen Grundstückserwerb der Eheleute verbliebenen Restschulden darstellbar.
a. Dabei kann dahinstehen, daß es für die verschiedenen grundsätzlich denkbaren Anspruchsgrundlagen bislang bereits an jeweils maßgeblichem Vortrag für deren Schlüssigkeit fehlt. So ist - im Hinblick auf Ansprüche aus § 313 BGB - weder vorgetragen, worin genau die Schenkung der Antragsteller überhaupt bestanden haben soll (Stellung einer zusätzlichen Sicherheit unter Verzicht auf den Rückgriff? Unmittelbare dauerhafte Zuwendung des Wertes der Grundschuld?), noch, welchen Zweck die Antragsteller mit ihrer - an beide Eheleute als Gesamtschuldner der gesicherten/beglichenen Forderungen der Volksbank gleichermaßen erfolgten - Zuwendung verfolgten. Insofern soll nach ihrem eigenen Vortrag der Fortbestand der Ehe der Antragsgegnerin mit ihrem Sohn zwar die Geschäftsgrundlage darstellen, kann dabei aber nicht zugleich der mit der Zuwendung selbst verfolgte Zweck sein. War - was naheliegend wäre - Zweck der Zuwendung das Wohnen der Eheleute in einem im gemeinsamen Eigentum stehenden Eheheim, so wäre im Rahmen selbst einer Rückabwicklung die jedenfalls teilweise Erreichung dieses Zweckes, nämlich das Bewohnen bis Sommer 2008, zu berücksichtigen (vgl. BGH - Urteil vom 7. September 2005 - XII ZR 316/02 - Tz. 12 - FamRZ 2006, 394 ff. = NJW-RR 2006, 664 ff. = MDR 2006, 693 f. - juris; BGHZ 184, 190 ff. [Tz.59] [= Urteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 189/06 - FamRZ 2010, 958 ff. = NJW 2010, 2202 ff. = MDR 2010, 932 ff. = juris]; BGH - Urteil vom 20. Juli 2011 - XII ZR 149/09 - FamRZ 2012, 273 ff. = NJW 2012, 523 ff. = MDR 2012 163 ff. [Tz. 30]). Eine - für etwaige Ansprüche wegen Zweckverfehlung aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB erforderliche, im Rahmen von Fällen der vorliegenden Art aber regelmäßig tatsächlich ausscheidende - positive Zweckvereinbarung (vgl. BGHZ 184, 190 ff. - Tz. 47- 51; BGH Urteil vom 20. Juli 2011 aaO. Tz. 33) ist von den Antragstellern in keiner Weise dargetan. Zudem hat der Bundesgerichtshof bereits festgestellt, daß wegen Leistungen der Schwiegereltern, die diese nach der Scheidung ihres eigenen Kindes und in dessen Interesse auf eine Gesamtschuld der Ehegatten erbracht haben, ein solcher Bereicherungsanspruch grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH - Urteil vom 20. Juli 2011 - aaO. [Ls 2 und Tz. 40]).
Weiter fehlt es an jeglichem Vortrag, welche Abreden die Antragsteller nach dem Scheitern der Ehe mit ihrem Sohn, den sie im vorliegenden Verfahren ausdrücklich nicht gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen, getroffen haben - eine im Verhältnis zum Sohn erfolgte Stundung oder gar ein (Teil-) Verzicht wären aber auch im Verhältnis zur gesamtschuldnerisch haftenden Antragsgegnerin beachtlich. Schließlich sind die Antragsteller der Darstellung der Antragsgegnerin nicht entgegen getreten, von der Volksbank aufgrund entsprechender Vereinbarung und in deren Folge ihrerseits entsprechend (mehr als) anteilig erbrachter Leistungen auf die gemeinsamen Verbindlichkeiten nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Eine derartige Vereinbarung zwischen Volksbank und Antragsgegnerin müßten sich die Antragsteller im Rahmen auf sie durch Leistung gegenüber der Volksbank übergehender Ansprüche entgegenhalten lassen.
b. Denn die Beschwerde verkennt bereits im Ansatz die rechtlichen Folgen, die sich aus der von ihnen angenommenen Störung der Geschäftsgrundlage einer Zuwendung, die Schwiegereltern an das eigene und das Schwiegerkind gemeinsam vorgenommen haben, ergeben und will darauf ohne weitere Prüfung die vom Bundesgerichtshof für Fälle einer Zuwendung allein an das Schwiegerkind entwickelten Grundsätze (vgl. zuletzt BGHZ 184, 190 ff.; BGH - Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 ff. = NJW 2010, 2284 ff. = MDR 2010, 1190 f. = juris) anwenden.
§ 313 Abs. 1 BGB sieht jedoch für den Fall einer - wie hier geltend gemachten und naheliegenden - Störung der Geschäftsgrundlage als Rechtsfolge vorrangig den Anspruch auf Anpassung des Vertrages zur Beseitigung der für die eine Vertragspartei unzumutbar gewordenen Folgen vor. Allein unter der zusätzlichen Voraussetzung, daß eine Vertragsanpassung unmöglich oder unzumutbar ist, kommt nach § 313 Abs. 3 BGB ein Rücktritt und infolgedessen die Rückabwicklung des Vertrages in Betracht. Eine vollständige Rückabwicklung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dabei selbst bei Zuwendungen von Eltern eines Ehegatten (allein) an den mit ihnen nicht verwandten anderen Ehegatten nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BGH - Urteil vom 7. September 2005 - aaO.).
Zu prüfen wäre insofern also vorrangig, welche Regelung bei einer Schenkung der Schwiegereltern, die - wie vorliegend aufgrund ihrer gesamtschuldnerischen Haftung für die besicherten oder teilweise erfüllten Immobiliendarlehen zwangsläufig der Fall - beiden Eheleuten gemeinsam zukommen mußte, redlicherweise für den offenkundig nicht (hinreichend) bedachten Fall des Scheiterns der Ehe zwischen dem eigenen und dem Schwiegerkind getroffen worden wäre. Es liegt auf der Hand, daß dabei der Schwiegertochter jedenfalls nicht eine alleinige oder gesamtschuldnerische Haftung für die Schenkung insgesamt hätte zugewiesen werden sollen und können. Vielmehr kam - im Verhältnis zu den Schwiegereltern - allenfalls eine solche Haftung in Betracht, nach der sie über den Einsatz des - unter anderem mit Hilfe der Schenkung - erworbenen Hauses selbst hinaus für bei nach Scheitern der Ehe aus der Hausfinanzierung verbleibende Schulden anteilig einzutreten gehabt hätte. Von diesem Grundsatz geht offenkundig auch der Bundesgerichtshof in dem mit Urteil vom 20. Juli 2011 (aaO. [Tz 6, 16]) entschiedenen Fall aus - im dortigen Verfahren war von ihm bereits die Revision gegen die Abweisung der geltend gemachten Ansprüche insgesamt nur im Umfang der hälftigen von den Schwiegereltern erbrachten Zahlungen zugelassen worden. Diesem Grundsatz hätte es vorliegend allenfalls entsprochen, daß die Antragsgegnerin für die nach Veräußerung der Immobilie und Verwendung des Erlöses auf die noch bestehenden Darlehen verbleibenden Verbindlichkeiten anteilig einzustehen gehabt hätte. Auf eine - von den Antragstellern vorliegend dagegen verfolgte - Haftungsverteilung, nach der die Antragsgegnerin ihre Schwiegereltern auch von einem - im Innenverhältnis der Ehegatten - auf den eigenen Sohn entfallenden Haftungsanteil freizustellen hatten, also das wirtschaftliche Risiko eines Scheiterns der Ehe allein ihr überantwortet worden wäre, hätte sich diese redlicherweise nicht einlassen müssen (wenn man eine solche nicht sogar möglicherweise - da die negative Eheschließungsfreiheit einschränkend - als sittenwidrig ansehen müßte).
Vorliegend hat unstreitig die Antragsgegnerin den nach Veräußerung des Hauses und Bedienung der noch valutierenden Darlehen verbleibenden offenen Betrag von zunächst rund 35.000 € durch Verwertung eines allein ihr zustehenden Bausparguthabens über rund 7.500 € sowie weiterer Leistungen in Höhe von 15.000 € um insgesamt rund 22.500 € zurückgeführt, so daß ein Zwischensaldo von deutlich weniger als 15.000 € offenblieb. Nachdem die Antragsgegnerin damit sogar wesentlich mehr als die Hälfte der letztlich verbleibenden Unterdeckung übernommen hat, ist eine nunmehrige Anpassung oder Rückabwicklung der Schenkung der Antragsteller, in deren Rahmen die Antragsgegnerin weitere Leistungen zu erbringen hätte, ausgeschlossen.
c. Die sich nach dem vorstehend zu II. 2. b. Ausgeführten aus einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB (allenfalls) ergebende Haftungszuweisung wäre zudem auch im Rahmen aller Ansprüche, die aufgrund - zukünftiger - Leistungen im Rahmen ihrer dinglichen Inanspruchnahme auf die Antragsteller übergehen könnten, maßgeblich. Die Antragsteller müßten sich die besagte Haftungsverteilung selbst im Rahmen von auf sie übergehendem Recht insofern entgegenhalten lassen, als sie lediglich eine Bestellung von Sicherheiten zugewendet haben sollten und nunmehr daraus - über den eigentliche Zuwendung hinaus - dinglich in Anspruch genommen werden.