Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.05.2001, Az.: 2 W 51/01

Berücksichtigung von neuen Tatsachen im Rechtsbeschwerdeverfahren; Anforderungen an den Widerspruch eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan; Berücksichtigung von Einwendungen eines Gläubigers gegen den Antrag auf Zustimmungsersetzung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.05.2001
Aktenzeichen
2 W 51/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 29126
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0502.2W51.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 21.03.2001 - AZ: 5 T 205/01

Fundstellen

  • DZWIR 2001, 468-469
  • InVo 2002, 219-220
  • KTS 2001, 622-624
  • NZI 2001, 34
  • NZI 2002, 40
  • NZI 2001, 369-370
  • OLGReport Gerichtsort 2001, 304-305
  • ZIP 2001, 1063-1064
  • ZInsO 2001, 468-469 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Neue Tatsachen sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 7 Abs. 1 InsO nicht zu berücksichtigen.

  2. 2.

    Ein Gläubiger, der sich gegen den Antrag des Schuldners wendet, die Zustimmung des widersprechenden Gläubigers zu dem vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplan zu ersetzen, muss die Gründe, auf die er seinen Widerspruch stützt im Einzelnen darlegen und glaubhaft machen.

  3. 3.

    Für den Widerspruch eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan reicht es nicht aus, abstrakte Straftatbestände zu nennen, um die Zustimmungsersetzung zu verhindern.

In dem Verbraucherinsolvenzverfahren
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
die Richter am Oberlandesgericht Rebell, Borchert und Dr. Pape
am 2. Mai 2001
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des am Verfahren beteiligten Gläubigers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 21. März 2001 wird nicht zugelassen.

Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200,00 DM festgesetzt.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ersetzung seiner Zustimmung zu einem von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan, mit dem diese ihren Gläubigern einen so genannten "qualifizierten Nullplan" vorgeschlagen hat, in dem sie sich verpflichtet hat, über einen Zeitraum von 84 Monaten ihre pfändbaren Einkünfte zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung zu stellen, sofern sich ihre Einkommensverhältnisse verbessern.

2

I.

Er macht geltend, dass seine sofortige weitere Beschwerde gegen die seine Beschwerde zurückweisende Entscheidung des Landgerichts zuzulassen sei, weil der Insolvenzrichter gegen das Gesetz verstoßen habe, indem er in dem die Zustimmung der Gläubiger ersetzenden Beschluss vom 6. März 2001 ausgeführt habe, dass sich die Gläubiger - darunter auch der Beschwerdeführer - nicht zu der beantragten Zustimmungsersetzung geäußert hätten. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Februar 2001 darauf hingewiesen, dass der Schuldnerin sowohl ein Betrug als auch eine Untreue und eine Unterschlagung zum Nachteil des Beschwerdeführers anzulasten sei. Der Insolvenzrichter habe gegen das Gesetz verstoßen, als er trotz dieses Schreibens von einer fehlenden Äußerung des Beschwerdeführers ausgegangen sei.

3

Soweit das Landgericht die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen habe, weil dieser nicht vorgetragen habe, dass ein Versagungsgrund vorliege und insbesondere keine konkreten Angaben dazu gemacht habe, dass der Beschwerdeführer durch den Schuldenbereinigungsplan schlechter gestellt sei, als er bei Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens und eines anschließenden Restschuldbefreiungsverfahrens gestanden hätte, trägt der Beschwerdeführer vor, das Landgericht habe seinen Vortrag, Opfer einer Straftat der Schuldnerin geworden zu sein, nicht berücksichtigt. Seiner Meinung nach sei es ausreichend gewesen, die gesetzlichen Strafvorschriften zu benennen; was unter "Betrug" und "Unterschlagung" zu verstehen sei, müsse er nicht kommentieren.

4

II.

Der Gläubiger hat zwar nach Hinweis des Senats auf die Erforderlichkeit der Geltendmachung einer Gesetzesverletzung und der Notwendigkeit der Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung seinen Antrag auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde mit Schreiben vom 17. April 2001 weiter begründet. Das Rechtsmittel des beschwerdeführenden Gläubigers ist gleichwohl nicht zuzulassen. Eine für die Entscheidung des Beschwerdegerichts ursächlich gewordene Gesetzesverletzung, auf der die Entscheidung beruht, liegt nicht vor. Außerdem ist nicht dargetan ist, dass eine Überprüfung der Entscheidung des Landgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

5

1.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Insolvenzrichter habe sein Schreiben vom 8. Februar 2001 zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ist die Nichtberücksichtigung dieses Schreibens für die Zustimmungsersetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts nicht ursächlich geworden. Das Landgericht hat in seinem Beschluss völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es Sache des widersprechenden Gläubigers ist, konkret darzulegen, aus welchen Gründen eine Zustimmungsersetzung nicht in Betracht kommt, und welcher Versagungsgrund vorliegt. Nach dem Wortlaut des § 309 Abs. 2 Satz 2 InsO hat der Gläubiger seine Einwendungen gegen die Zustimmungsersetzung durch das Insolvenzgericht glaubhaft zu machen. Aus dieser Vorschrift folgt, dass der einwendende Gläubiger einen detaillierten Sachverhalt vortragen muss, aus dem sich entweder eine Benachteiligung im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO) oder eine wirtschaftliche Schlechterstellung durch den Schuldenbereinigungsplan gegenüber der Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens und des Restschuldbefreiungsverfahrens (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) ergibt. Entsprechende Darlegungen ist der Beschwerdeführer hier in beiden Tatsacheninstanzen schuldig geblieben. Er hat weder in seinem Schreiben vom 8. Februar 2001, mit dem er die Möglichkeit zur Stellungnahme auf den Zustimmungsersetzungsantrag der Schuldnerin wahrgenommen hat, noch in seiner Beschwerdebegründung vom 14. März 2001 Tatsachen vorgetragen, die auf die von ihm der Schuldnerin zur Last gelegten Straftatbestände schließen lassen.

6

Die abstrakte Benennung von Straftatbeständen, deren Begehung der widersprechende Gläubiger dem Schuldner vorwirft, reicht nicht aus, um eine Zustimmungsersetzung nach § 309 InsO zu verhindern. Sie reicht erst recht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass Versagungsgründe i. S. der genannten Vorschriften vorliegen. Der Insolvenzrichter hätte deshalb die Zustimmung des Beschwerdeführers auch dann ersetzen müssen, wenn er die Äußerung des Beschwerdeführers in dem Schreiben vom 8. Februar 2001 formell berücksichtigt hätte. Eine Gesetzesverletzung, auf der die Zustimmungsersetzung beruht, liegt nicht vor.

7

2.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift vom 30. März 2001, die als Antrag auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde auszulegen ist, und in dem weiteren Schreiben vom 17. 04 2001 die der Schuldnerin zur Last gelegten Straftaten näher dargestellt und weitere Angaben zum Sachverhalt gemacht hat, sind diese im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nicht mehr zu berücksichtigen. Neue Tatsachen können im Rechtsbeschwerdeverfahren schon auf Grund der Verweisung auf § 561 ZPO in § 7 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht mehr berücksichtigt werden.

8

3.

Eine Nachprüfung der Entscheidung ist im Übrigen auch zum Zweck der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten. Dass Einwendungen eines Gläubigers gegen den Antrag auf Zustimmungsersetzung nur dann zu berücksichtigen sind, wenn diese konkret dargelegt und glaubhaft gemacht sind, ist unbestritten. So hat das OLG Dresden in einem Beschluss vom 24. Juli 2000 (7 W 1072/00) bereits festgestellt, dass ein Gläubiger, der geltend macht, dem Schuldner sei die Zustimmungsersetzung zu versagen, weil der Gläubiger gegen die ihn eine Forderung aus unerlaubter Handlung (§ 266 a StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB) habe, nur dann zu berücksichtigen ist, wenn sich aus dem Vortrag des widersprechenden Gläubigers Tatsachen ergeben, die einen Anspruch aus unerlaubter Handlung schlüssig darlegen und diese Tatsachen darüber hinaus glaubhaft gemacht sind. An beiden fehlte es hier bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts. An dem Beschluss des Landgerichts ist deshalb auch nichts auszusetzen.

9

III.

Im Hinblick auf das Fehlen von Gründen, die zur Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde führen, hatte der Senat das Rechtsmittel selbst als unzulässig zu verwerfen.

10

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO; [...].

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200,00 DM festgesetzt.

[D]ie Festsetzung des Beschwerdewertes ist in Übereinstimmung mit der nicht angegriffenen Wertfestsetzung durch das Beschwerdegericht erfolgt.

Rebell
Borchert
Dr. Pape