Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.08.2001, Az.: L 3/5 KA 12/00 NZB

Sachlich-rechnerische Berichtigung einer Rechnung mit der im Zusammenhang einer kieferorthopädischen Behandlung einer Krankenversicherungsnehmerin für ein Diagnostik-Modell eine "VdAK-Pauschale" in Höhe von 5,00 DM berechnet wurde; Nichtvornahme einer notwendigen Beiladung der kassenzahnärztlichen Vereinigung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
09.08.2001
Aktenzeichen
L 3/5 KA 12/00 NZB
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 15870
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0809.L3.5KA12.00NZB.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 29.09.1999 - AZ: S 31 KA 571/96

Prozessführer

Preussag Betriebskrankenkasse Publik, A...

Assessorin Klinkenborg, BKK Landesverband Niedersachsen, B...

Prozessgegner

Beschwerdeausschuss bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen, C...,

Justitiar Rodenhausen, Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen, D...,

Sonstige Beteiligte

1. E...,

2. F...,

3. G...,

4. Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen, H...,

hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

am 9. August 2001

durch

die Richterin am Landessozialgericht I. - als Vorsitzende -,

den Richter am Landessozialgericht J. und

den Richter am Landessozialgericht K.

beschlossen:

Tenor:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des SG Hannover vom 29. September 1999 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 7. und 21. Dezember 2000 zugelassen.

Gründe

1

I.

Im Hauptsacheverfahren begehrt die Klägerin die sachlich-rechnerische Berichtigung einer Rechnung der Beigeladenen zu 1) bis 3) vom 31. März 1994, mit der im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung der bei der Klägerin versicherten L. für ein Diagnostik-Modell eine "VdAK-Pauschale" in Höhe von 5,00 DM geltend gemacht wurde. Mit Bescheid vom 31. Oktober 1995 wies die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) diesen Antrag zurück. Der Widerspruch der Klägerin wurde von dem "Widerspruchsausschuss (§ 3 Prüfordnung)" der KZVN mit Beschluss vom 11. Juni 1996 (Bescheid vom 18. Juni 1996) zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der beklagte Beschwerdeausschuss (§ 6 der Prüfordnung) mit Beschluss vom 9. Juli 1996 ebenfalls zurückgewiesen.

2

Im Verfahren vor dem SG hat die Klägerin im schriftlichen Verfahren beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 09.07.1996, den Beschluss des Widerspruchsausschusses vom 18.06.1996 und den Bescheid der KZVN vom 31.10.1995 aufzuheben und festzustellen, dass DM 5,- für Abformmaterial nicht neben dem Ansatz der Modelle der Kfo-Behandlung des Kindes L. durch Dres. M. in I/94 berechnet werden kann. Auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.1999, in der die Klägerin nicht vertreten war, hat das SG folgendes Urteil erlassen:

"1.
Die Bescheide der Klägerin vom 31. Oktober 1995 und 11. Juni 1996 sowie der Beschluss des Beklagten vom 9. Juli 1996 werden aufgehoben.

2.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten."

3

Gegen dieses ihm am 12. Januar 2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28. Januar 2000 Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zur Begründung dargelegt, dass das angefochtene Urteil des SG an schweren Mängeln litte. Es sei bereits nicht ersichtlich, ob der von der Klägerin ebenfalls gestellte Feststellungsantrag von dem Urteil erfasst werde, oder noch in der ersten Instanz anhängig sei. Ein weiterer Verfahrensmangel sei darin zu erblicken, dass die gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendige Beiladung der KZV Niedersachsen, von der die Bescheide vom 31. Oktober 1995 und 18. Juni 1996 erlassen worden seien, unterblieben sei. Daneben sei das Urteil auch in der Sache nicht haltbar.

4

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2000 hat der Vorsitzende der 31. Kammer den Urteilstenor "infolge offensichtlicher Unrichtigkeit" zu Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:

"Die Bescheide des Beklagten vom 31. Oktober 1995 und vom 11. Juni 1996 sowie der Beschluss des Beklagten vom 9. Juli 1996 werden aufgehoben".

5

Gegen diesen ihm am 18. Dezember 2000 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am gleichen Tage Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, der neue Urteilstenor sei ebenso unklar wie der alte. Unklar bleibe insbesondere, was mit dem Beschluss der Beklagten vom 9. Juli 1996 gemeint sein solle. Würde man "der Beklagten" als Pluralform verstehen, stünde das im Widerspruch dazu, dass es in diesem Rechtsstreit nur einen Beklagten gebe. Würde man diese Formulierung als weibliche Singularform verstehen, stünde das im Widerspruch dazu, dass es in diesem Rechtsstreit nur einen männlichen Beklagten gebe.

6

Mit weiterem Beschluss des Vorsitzenden der 31. Kammer vom 21. Dezember 2000 ist der Urteilstenor erneut geändert worden:

"Infolge eines Übertragungsfehlers ist die berichtigte Fassung des Tenors des Urteils vom 29. September 1999 wie folgt neu zu fassen:

"Die Bescheide des Beklagten vom 31. Oktober 1995 und vom 11. Juni 1996 sowie der Beschluss der Beklagten vom 9. Juli 1996 werden aufgehoben."

7

Auch gegen diesen ihm am 15. Januar 2001 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 16. Januar 2001 Beschwerde eingelegt und erläutert, dass das Gericht mit seinem Urteil vom 29. September 1999 zwar die von der Klägerin in ihrem schriftlichen Antrag genannten Bescheide aufheben wollte, die im Berichtigungsbeschluss vom 21. Dezember 2000 vorgesehene Tenorierung, die alle Bescheide als solche des Beklagten bezeichne, nicht hilfreich sei.

8

Die Klägerin hält demgegenüber die erstinstanzliche Entscheidung seinem Inhalt nach für zutreffend.

9

Das SG hat der Nichtzulassungsbeschwerde am 23. Februar 2000 nicht abgeholfen.

10

II.

Die gemäß § 145 Abs. 1 SGG statthafte Beschwerde ist begründet.

11

Nach § 144 Abs. 1 Ziffer 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die -wie hier - eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 1.000,00 DM nicht übersteigt. Nach § 144 Abs. 2 Ziffer 3 SGG ist die Berufung unter anderem zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

12

So liegt es hier. Der Beklagte hat zu Recht geltend gemacht, dass der Bescheid vom 31.Oktober 1995 und der Bescheid vom 18. Juni 1996 nicht von ihm stammen, sondern von der Verwaltung der inzwischen zum Rechtsstreit beigeladenen KZVN bzw. von deren Widerspruchsausschuss (§ 3 Prüfordnung), die nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt war. Die Entscheidung, ob die sogenannte "VdAK-Pauschale" zu Recht erhoben wurde und demnach dem Antrag der Klägerin auf sachlich-rechnerische Berichtigung zu Recht oder Unrecht nicht stattgegeben wurde, konnte deshalb auch der KZVN gegenüber nur einheitlich ergehen, so dass diese gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen war. Eine notwendige Beiladung liegt im öffentlichen Interesse, so dass deren Unterbleiben einen Verfahrensmangel darstellt, der die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Ziffer 3 SGG eröffnet (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 75 Rdnr. 13a). Dabei ist zu beachten, dass der Beklagte als vertraglich vereinbartes gemeinsames Gremium gemäß § 70 Ziffer 4 SGG selbst im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig ist. Er wird dadurch nicht zu einem Organ der KZVN, die den Ausgangsbescheid im vorliegenden Verfahren erlassen hat. Diese Konstruktion, nämlich, dass nach § 3 Der Prüfordnung vom 6. März 1968 bei Anfechtung eines Richtigstellungsbescheides der KZÄV die Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien zu entscheiden haben, ist vom BSG nicht beanstandet worden (vgl. Urteil vom 3. Dezember 1997, Az. 6 RKa 74/96, Umdruck Seite 7). Sie hat indessen zur Konsequenz, dass in Klageverfahren gegen den zuletzt ergehenden Beschluss des Beschwerdeausschusses die KZVN entweder als Zweitbeklagte oder als Beigeladene am Verfahren zu beteiligen ist, damit die ergehenden Entscheidungen auch ihr gegenüber Rechtskraft entfalten können.

13

Das Verfahren wird demnach als Berufungsverfahren fortgesetzt. Der erneuten Einlegung der Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.