Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.03.1999, Az.: 4 W 90/99
Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe; Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.03.1999
- Aktenzeichen
- 4 W 90/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 30073
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:0316.4W90.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 GKG
- § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO
Fundstellen
- KTS 2000, 79
- NJW-RR 2000, 728 (Volltext mit red. LS)
- NZI 1999, 231
- ZInsO 1999, 231 (Volltext mit red. LS)
Gründe
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.
Das LG hat dem Antragsteller zu Recht PKH versagt, weil die Bewilligungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es dem am Gegenstand des Rechtsstreites wirtschaftlich beteiligten FA zuzumuten, die Verfahrenskosten aufzubringen.
Wirtschaftlich beteiligt i.S.v. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind diejenigen Gläubiger, die bei einem erfolgreichen Abschluß des konkreten Rechtsstreits wenigstens mit einer teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche aus der Masse rechnen können (BGHZ 119, 372, 377) [BGH 08.10.1992 - VII ZB 3/92].
Dies gilt aus den vom LG zutreffend dargelegten Gründen, die sich der Senat zu eigen macht, auch im Falle eines selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff. ZPO, und zwar unabhängig davon, ob sich hieran ein streitiger Schadensersatzprozeß oder eine außergerichtliche Einigung anschließt. Maßgeblich ist die beabsichtigte Inanspruchnahme der Antragsgegnerin, die der Antragsteller insbesondere auf den Gesichtspunkt der Verletzung von Überwachungspflichten und auf ein Auswahlverschulden stützt. Den sich daraus ergebenden Vorteil für das FA i.H.v. 28.372,50 DM bei einer zur Konkurstabelle angemeldeten Forderung von 40.046,40 DM hat das LG zutreffend berechnet. Da das FA danach von dem beabsichtigten Prozeßergebnis überwiegend profitieren würde, ist ihm das Kostenrisiko i.S.v. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzumuten.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers entfällt die Zumutbarkeit nicht generell, weil es sich hier bei dem wirtschaftlich Beteiligten um ein FA, also um den Steuerfiskus handelt; dies entspricht auch nicht einer "im Vordringen befindliche(n) Rechtsprechung".
Der Senat schließt sich vielmehr der vom BGH mit Beschluß v. 24. 3. 1998 - XI ZR 4/98 - vertretenen Ansicht (NJW 1998, 1868 f. m.w.N. zum Streitstand; vgl. zuletzt BGH, NJW-RR 1999, 275) an, daß eine generelle Freistellung und Privilegierung der Finanzverwaltung nicht gerechtfertigt ist. Sie ergibt sich zum einen nicht aus § 2 Abs. 1 GKG, weil diese Vorschrift im Gegensatz zu § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur für von Bund und Land selbst geführte Prozesse gilt und zudem ausschließlich die Gerichtskosten betrifft; zum anderen widerspräche eine generelle Freistellung des Steuerfiskus dem Grundsatz des PKH-Rechts, daß jede Partei ihre Aufwendungen für die Prozeßführung selber zu tragen hat und PKH nur bei Darlegung der besonderen Voraussetzungen erhält. Aus dem Wortlaut des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergibt sich vielmehr, daß Prozesse des Konkursverwalters im Falle der Massearmut in erster Linie von den am Prozeßergebnis wirtschaftlich Beteiligten zu finanzieren sind und unterbleiben müssen, wenn die Beteiligten eine ihnen zumutbare Kostenaufbringung verweigern (vgl. BGH, NJW 1998, 1868 f.).
Aus diesem Grunde ist es schließlich auch unerheblich, daß die OFD Hannover keine Zustimmung zur Auskehrung eines Kostenvorschusses erteilt.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten werden nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.