Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.03.1999, Az.: 2 W 26/99

Anforderungen an die Durchführung eines Konkursverfahrens; Aussetzung eines Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.03.1999
Aktenzeichen
2 W 26/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 30074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0329.2W26.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Soltau - 14.01.1999 - AZ: 5 N 68/98
LG Lüneburg - 01.03.1999 - AZ: 2 T 6/99

Fundstellen

  • DStR 1999, 863 (red. Leitsatz)
  • DZWIR 1999, 213-215
  • EWiR 2000, 19
  • KTS 1999, 467
  • NJW-RR 2000, 125-127 (Volltext mit red. LS)
  • NZI 1999, 196-198
  • OLGReport Gerichtsort 1999, 312-315
  • WM 1999, 1220-1223 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuB 1999, 1189-1191
  • ZIP 1999, 717-720 (Volltext mit red. LS)
  • ZInsO 1999, 292-294 (Volltext mit red. LS)
  • ZInsO 2000, 215 (amtl. Leitsatz)

Gründe

1

I.

Die Parteien streiten um die Aussetzung eines Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin, den die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1 am 21. 12. 1998 beim AG S. gestellt hat. Mit diesem Antrag verbunden worden sind ein Antrag der Antragstellerin zu 2 v. 23. 12. 1998, eingegangen am 28. 12. 1998, auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin und ein Antrag der Antragstellerin zu 3 v. 30. 12. 1998 auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin.

2

Die Antragsgegnerin selbst hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten v. 8. 1. 1999 einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beim AG C. - dem nunmehr für den Bereich S. zuständigen Insolvenzgericht - gestellt, wobei sie ihren Antrag mit der Vorlage eines Insolvenzplans verbunden hat. In der Antragsschrift hat sie ausgeführt, daß auf Grund der ungeregelten Frage, ob ein vor Ablauf des 31. 12. 1998 gestellter Konkursantrag vorrangig sei oder ein nach diesem Datum gestellter Insolvenzantrag Priorität genieße, davon auszugehen ist, daß zunächst über den Insolvenzantrag entschieden werden müsse und die Entscheidung über die Eröffnung des Konkursantrags für die Dauer des Insolvenzeröffnungsverfahrens zurückzustellen sei.

3

Mit Beschl. v. 14. 1. 1999 hat das AG S., das zunächst nach Eingang des Antrags der Antragstellerin zu 1 am 21. 12. 1998 Sicherungsmaßnahmen - die Verhängung eines allgemeinen Verfügungsverbots, eine Post- und Telegrafensperre sowie eine Sequestration - angeordnet hatte, die Aussetzung des Konkurseröffnungsverfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung des AG C. über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin v. 8. 1. 1999 - 29 IN 2/99 AG Celle - beschlossen und den Sequester angewiesen, seinen Gutachtenauftrag zunächst nicht weiter auszuführen.

4

Auf eine gegen diesen Beschl. gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 1 und der Antragstellerin zu 2 hat das LG L. mit dem angefochtenen Beschl. v. 1. 3. 1999 die Aussetzungsentscheidung des AG S. aufgehoben und dazu ausgeführt, daß eine Priorität des Insolvenzantrags nicht festzustellen sei, sondern vielmehr die zeitliche Priorität des zuerst gestellten Konkursantrags Vorrang habe.

5

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der Aussetzungsentscheidung des AG S. verfolgt.

6

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist nicht begründet.

7

Zwar besteht zwischen den Entscheidungen des AG S. und des LG L. eine Divergenz, so daß nach dem auch im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde nach § 73 KO anwendbaren § 568 Abs. 2 ZPO ein neuer selbständiger Beschwerdegrund in der Entscheidung des LG gegeben ist. Auch liegt eine Beschwerdeentscheidung des LG vor, gegen die nach § 73 Abs. 3 KO die sofortige weitere Beschwerde statthaft ist.

8

Das LG ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, daß es keine Priorität des nach Inkrafttreten der InsO gestellten Eigenantrags der Antragsgegnerin gibt, sondern vielmehr zunächst über die noch im Jahre 1998 gestellten Gläubigeranträge entschieden werden muß. Ebenso wie das LG schließt sich der Senat den Entscheidungen des AG Magdeburg (ZInsO 1999, 114), des AG Flensburg (ZInsO 1999, 117[AG Köln 19.01.1999 - 72 IK 1/99]) und den Beiträgen von Schmahl (Rpfl. 1998, 493 ff.) sowie von Vallender/Rey (NZI 1999, 1 ff.) ausdrücklich nicht an. Die dort vertretenen Auffassungen, daß auf Grund der Neuerungen der InsO deren Vorschriften als das stärkere Recht angesehen werden müßten und deshalb dem neueren Recht der InsO der Vorrang gegenüber dem bisherigen Recht der KO einzuräumen sei, stehen nicht in Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Danach ist auf die bis zum 31. 12. 1998 eingegangenen Konkursanträge allein das bisherige Recht der KO anzuwenden.

9

Auch wenn man davon ausgeht, daß die Art. 103, 104 EGInsO den Fall nicht ausdrücklich regeln, daß einen Schuldner betreffend sowohl Gläubigeranträge vor Inkrafttreten der InsO als auch ein Eigenantrag des Schuldners nach dem 31. 12. 1998 gestellt werden, dürfen sich die Gerichte doch nicht im Wege der Rechtsfortbildung darüber hinwegsetzen, daß nach Art. 103 EGInsO das bisherige Konkursrecht auch auf solche Verfahren anzuwenden ist, bei denen der Antrag auf Verfahrenseröffnung vor dem 1. 1. 1999 gestellt worden ist. Wegen der gravierenden Unterschiede zwischen dem bisherigen Konkursrecht und dem Insolvenzrecht entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, der in der amtlichen Begründung zu Art. 103 EGInsO (abgedr. in: Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, RWS-Dokumentation 18, Band II, S. 310 f.) ausdrücklich ausgeführt wird, daß auf vor dem Stichtag beantragte Verfahren das bisherige Recht uneingeschränkt anwendbar bleibt und die Vorschriften der KO etwa auch dann weiterhin anwendbar sein sollen, wenn auf einen vor dem 1. 1. 1999 gestellten Vergleichsantrag des Schuldners die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens erfolgt.

10

Demgegenüber finden sich in der Begründung zu Art. 104 EGInsO, der die Anwendbarkeit der InsO auf die nach dem 31. 12. 1998 beantragten Insolvenzverfahren vorsieht, keine Hinweise darauf, daß nach diesem Datum gestellte Insolvenzanträge zuvor gestellte Konkursanträge verdrängen sollen. Zu einer solchen Verdrängung, wie sie zu den zitierten Entscheidungen und von den zitierten Autoren angenommen wird, könnte es nur dann kommen, wenn eine Regelungslücke bestünde, die nicht anders geschlossen werden kann als durch die Anwendung des neuen Insolvenzrechts. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Eröffnungsverfahren nach der KO kann vielmehr - geht man wie das LG von den üblichen Prioritätsgrundsätzen aus, die sowohl in der KO in § 71 Abs. 2 galten als auch in der InsO in § 3 Abs. 2 weiter anwendbar sind (s. Kübler/Prütting, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 3 Rn. 10), kann vielmehr ohne weiteres trotz des Insolvenzantrags durchgeführt werden. Es ist der zuerst bei einem örtlich zuständigen Gericht gestellte Antrag maßgeblich. Die für eine richterliche Rechtsfortbildung erforderliche Notwendigkeit der primären Entscheidung über den Insolvenzantrag ist demgemäß nicht gegeben.

11

Die angenommene Priorität der InsO stellt vielmehr einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Verfahrensrechte der Beteiligten dar, die auf Grund der Versagung der Entscheidung über ihren Konkursantrag Einschränkungen der InsO hinnehmen müssen, denen sie möglicherweise durch ihre Antragstellung rechtzeitig vor Inkrafttreten der InsO vorbeugen wollten. Derartige Eingriffe sind im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung solcher Vorschriften, die - jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut - gerade das Gegenteil garantieren, nicht zu rechtfertigen. Praktikabel ist die nachrangige Behandlung von Insolvenzanträgen, die erst nach Inkrafttreten der InsO gestellt worden sind, ebenso wie die nachrangige Behandlung von Konkursanträgen, so daß auch dieser Aspekt keine Veranlassung gibt, den Auffassungen von Schmahl und Vallender/Rey, denen sich das AG S. - mit einer aus seiner Sicht abgewogenen Begründung - angeschlossen hatte, zu folgen. Die Gerichte haben sich vielmehr am erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu orientieren, Verfahren, die bis zum 31. 12. 1998 beantragt worden sind, nach der KO zu beurteilen und ggf. auch abzuwickeln. Die Aufhebung der KO durch Art. 2 Nr. 2 EGInsO, die nicht ausdrücklich mit der Maßgabe erfolgt ist, daß die Vorschriften für "Altverfahren" weiter anwendbar bleiben, spielt hierbei keine Rolle, weil evident ist, daß Art. 103 EGInsO insoweit Vorrang genießt und die Vorschriften der KO im Zusammenhang mit Altverfahren über den 31. 12. 1998 hinaus anwendbar bleiben.

12

Die Interessenlage der Beteiligten rechtfertigt es entgegen den abweichenden Auffassungen nicht, dem Insolvenzverfahren Priorität einzuräumen und denjenigen Antragstellern, die vor dem 1. 1. 1999 einen Konkursantrag gestellt haben, einen zeitweisen oder dauernden Verzicht auf ihren Antrag und seine Weiterverfolgung zuzumuten. Abgesehen davon, daß man die aus Schuldnersicht beleuchteten Interessen auch anders sehen kann, wenn etwa der Schuldner vor dem 1. 1. 1999 einen Vergleichsantrag gestellt hat und nach diesem Antrag nun ein Gläubigerantrag nach der InsO gestellt wird, bei dem sich die Fragen stellen würden, ob der Insolvenzantrag vorgeht, weil er die Möglichkeit eines Insolvenzplanverfahrens beinhaltet, und ob im Fall des Scheiterns des Vergleichsantrags nunmehr zunächst ein Antragsverfahren nach InsO durchgeführt wird, bevor es zur Entscheidung über den Anschlußkonkurs kommt, wird mit der Annahme der Priorität des zeitlich später gestellten Insolvenzantrags einem ausschließlich taktisch motivierten Verhalten des Schuldners Vorschub geleistet.

13

Dies belegt das vorliegende Antragsverfahren, in dem die Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners schon im November 1998 den Versuch einer Restrukturierung der Unternehmensgruppe unternommen haben, bei dem sie zumindest eingeräumt haben, daß die Zahlungsfähigkeit wesentlicher Teile der Gruppe in absehbarer Zeit nicht mehr gesichert sei, wobei sich in Anbetracht dieses Eingeständnisses auch die Frage der Überschuldung gestellt hätte, zu der dem Schreiben v. 27. 11. 1998 an die Gläubiger der Gruppe jedoch nichts zu entnehmen ist. Trotz dieses Schreibens, in dem die wirtschaftliche Bedrängnis der Unternehmensgruppe, der auch die Antragsgegnerin angehört, eingehend dargestellt ist, haben die Geschäftsführer der Antragsgegnerin auf die im Dezember 1998 gestellten Konkursanträge zunächst nur mit Maßnahmen reagiert, die zur Verfahrensverzögerung geeignet waren, insbesondere der Rüge der örtlichen Zuständigkeit, um dann nach Inkrafttreten der InsO diese Rüge sang- und klanglos fallen zu lassen und nunmehr selbst einen Antrag in dem Bezirk zu stellen, den sie zuvor noch für unzuständig gehalten hatten. Die Zulässigkeit der Stellung des Eigenantrags beim AG C. ergibt sich insoweit aus dem infolge der Zuständigkeitskonzentration eingetretenen Wegfall des AG S. als Insolvenzgericht. Die Ermöglichung einer Taktik, durch einen auf die InsO gestützten Eigenantrag den Antragsteller praktisch nach der KO nicht mehr zum Zuge kommen zu lassen, kann nicht auf eine Auslegung des Art. 103 EGInsO gestützt werden; der Regelungszweck dieser Bestimmung schließt dies eindeutig aus.

14

Soweit die Vorrangigkeit der InsO mit den weitergehenden Wirkungen des Insolvenzverfahrens begründet wird, gibt auch dies keine Veranlassung, vom Wortlaut des Art. 103 EGInsO abzuweichen. Hier ist zunächst zu berücksichtigen, daß es sich um eine durchaus ambivalente Betrachtungsweise handelt, wenn man die "Vorteile" der InsO aus Gläubiger- und aus Schuldnersicht sieht. Zwar sind aus Schuldnersicht die Möglichkeiten des Insolvenzplanverfahrens und - sofern es sich um eine natürliche Person als Schuldner handelt - des Restschuldbefreiungsverfahrens und der Möglichkeit einer Eigenverwaltung des Schuldners sicher umfassender als nach der InsO. Andererseits werden hierdurch den Gläubigern aber auch Belastungen auferlegt, die etwa durch den Beteiligungsbeitrag der Gläubiger an den Kosten der Feststellung und Verwertung ihrer Absonderungsrechte, den aufgezwungenen Verzicht auf die Selbstverwertung und die mögliche Unterwerfung unter ein Insolvenzplanverfahren, um nur einige zu nennen, erheblich einschneidender sind als nach bisherigem Recht. Da nach dem Wortlaut des Art. 103 EGInsO Gläubiger diese Einschränkungen nicht hinzunehmen brauchen, die rechtzeitig vor dem 1. 1. 1999 einen Antrag auf Durchführung des Konkursverfahrens gestellt haben, ist es aus Sicht des Senats nicht vertretbar, diesen Gläubigern nachträglich die Einschränkungen der InsO aufzuzwingen, indem man einem später gestellten Insolvenzantrag den Vorrang einräumt.

15

Zwar wollte der Gesetzgeber mit der InsO eine Verbesserung der Verteilungsgerechtigkeit erreichen und das Verfahren von den bisherigen Zwängen der VglO befreien, die i.d.R. zum Scheitern von Vergleichsanträgen geführt haben. Diese gesetzgeberischen Absichten können jedoch kein Grund sein, etwa solchen Gläubigern, die nach der InsO noch Vorrechte im Rahmen des § 61 Abs. 1 KO oder des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO (für die GesO gilt dies entsprechend für § 13 Abs. 1 und § 17 Abs. 3 GesO) hatten, den Verzicht auf diese Vorrechte aufzuzwingen, ohne dafür eine gesetzliche Regelung zu haben. Gerade weil die Vorschriften der InsO die Rechte der Gläubiger erheblich stärker beschneiden als das bisherige Konkurs- und Gesamtvollstreckungsrecht, hätte es für die Priorität zeitlich später gestellter Insolvenzanträge einer klaren gesetzlichen Anordnung bedurft, die jedoch unbestritten in den Art. 103, 104 EGInsO nicht erfolgt ist. Diese fehlende gesetzgeberische Anordnung durch eine erweiternde Auslegung des Art. 104 EGInsO und eine damit verbundene restriktive Anwendung des Art. 103 EGInsO herbeizuführen, kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht.

16

Hieran ändert nichts, daß im Anwendungsbereich der InsO auch der Neuerwerb des Schuldners in die Masse fällt, so daß dem Schuldner - anders als nach bisherigem Recht - nicht mehr die Möglichkeit bleibt, sich aus seinem nach Verfahrenseröffnung erworbenen Vermögen eine Existenz aufzubauen (zur Bedeutung der Einbeziehung des Neuerwerbs in die Insolvenzmasse s. Kübler/Prütting/Holzer, a.a.O., § 35 Rn. 33 ff.). Auch hier ist sehr fraglich, ob man einem Schuldner, der etwa einen Eigenantrag noch vor Inkrafttreten der InsO gestellt hat, tatsächlich zwingen kann, auch den Neuerwerb in die Masse einzubringen, wenn ein Gläubigerantrag nach dem 31. 12. 1998 gestellt wird, der auch den Neuerwerb des Schuldners erfassen würde, ohne daß es für die Priorität dieses Antrags eine gesetzliche Regelung gibt. Die "Gefahr", daß bei Nichteinbeziehung des Neuerwerbs ein Zweitverfahren eröffnet werden müßte, wenn der Schuldner versucht, die Mittel der InsO zur Erlangung der Restschuldbefreiung für sich in Anspruch zu nehmen, besteht ebenso dann, wenn der Insolvenzantrag noch kurz vor dem 1. 1. 1999 gestellt worden ist und es nicht zu einem Zweitantrag nach Inkrafttreten der InsO und vor der Entscheidung über den Konkursantrag kommt (wobei zu fragen wäre, ob Priorität des Insolvenzantrags soweit gehen soll, daß auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens, aber vor Rechtskraft des Beschlusses noch ein vorrangig zu behandelnder Insolvenzantrag gestellt werden kann). Dieser Aspekt betrifft deshalb nur einen ganz kleinen Ausschnitt von Verfahren. Bei der Mehrzahl der bereits laufenden Konkursverfahren ist die Eröffnung eines Zweitverfahrens ohnehin nicht zu vermeiden.

17

Für eine Priorität des Insolvenzverfahrens kann auch aus dem Wegfall des Vergleichsverfahrens und dem Inkrafttreten der InsO nichts abgeleitet werden. Zwar löste der Vergleichsantrag gem. § 46 VglO die sog. "Konkurssperre" aus, so daß ein Vorrang des Vergleichsverfahrens auch dann bestand, wenn der Konkursantrag zeitlich eher gestellt, aber noch nicht rechtskräftig beschieden war (s. Mohrbutter/Mohrbutter, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 7. Aufl., Kap. XVII Rn 9; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 46 VglO Anm. 1 f.). Hieraus kann jedoch nicht entnommen werden, daß auch der Insolvenzantrag eine entsprechende Sperre für den Konkursantrag auslösen muß, wenn der Schuldner seinen Insolvenzantrag mit einer Insolvenzplanvorlage verbunden hat. Vergleichs- und Insolvenzplanverfahren weisen derart gravierende Unterschiede auf, daß von einer Überlappung der Anwendungsbereiche nicht ausgegangen werden darf (i.d.S. auch die Begründung zu Art. 103 EGInsO, abgedruckt bei Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, S. 311). Das Insolvenzplanverfahren ist integraler Bestandteil des einheitlich eröffneten Insolvenzverfahrens; der Wunsch des Schuldners, einen Insolvenzplan durchzuführen, ist zunächst nur eine Hoffnung, die nur dann realisiert werden kann, wenn die Mehrzahl der Gläubiger sich bereit findet, einen derartigen Plan mitzutragen. Eine Aussetzung oder Verschiebung der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt auch bei einer Planvorlage durch den Schuldner im Eröffnungsverfahren nicht in Betracht. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob überhaupt ein Planverfahren durchzuführen ist, ist vielmehr die Entscheidung der Gläubiger, die im Berichtstermin nach den §§ 156, 157 InsO zu treffen ist. Prioritätsgesichtspunkte, wie sie im bisherigen Anwendungsbereich des § 46 VglO eine Rolle gespielt haben, sind demgemäß dem neuen Insolvenzrecht fremd. Die Vorschrift kann deshalb auch nicht entsprechend herangezogen werden für das Verhältnis zwischen vor dem Inkrafttreten der InsO gestellten Konkursanträgen und danach gestellten Insolvenzanträgen. Die Antragsgegnerin hätte bis zum 31. 12. 1998 die Möglichkeit gehabt, durch Stellung eines Vergleichsantrags die Konkurssperre des § 46 VglO auszulösen. Daß sie von dieser Möglichkeit keinen Gebracht gemacht hat, rechtfertigt es nicht, die ersatzlos weggefallene Vorschrift des § 46 VglO auf das 1999 in Kraft getretene Verfahren entsprechend anzuwenden, in dem für die bisherige Differenzierung zwischen Vergleichs- und Konkursanträgen ohnehin kein Raum mehr ist.

18

III.

Die Beschwerde war demgemäß mit der Kostenfolge der §§ 72 KO, 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Dem Wert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat mit entsprechender Anwendung der §§ 38 Satz 3, 37 Abs. 4 GKG a.F., 3 ZPO auf 1/3 des Wertes der Forderung der Beschwerdegegnerin zugrunde gelegt, die diese in dem Antrag v. 18. 12. 1998 mit insgesamt mehr als 110.000.000 DM beziffert hat. Da es vorliegend nicht um die Entscheidung über den Insolvenzantrag selbst, sondern über den Aussetzungsbeschluß des AG S. gegangen ist, hat der Senat den Beschwerdewert auf etwa 1/3 der Forderung der Antragstellerin zu 1 und Beschwerdeführerin im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde festgesetzt.