Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 20.05.2008, Az.: 4 B 2491/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 20.05.2008
- Aktenzeichen
- 4 B 2491/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 45493
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2008:0520.4B2491.08.0A
In der Verwaltungsrechtssache
...
Streitgegenstand: Untersagung gewerblicher Altpapiersammlung aus privaten Haushaltungen
- Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 4. Kammer - am 20. Mai 2008 beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 07.05.2008 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30.04.2008 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens tragen Antragsgegnerin und Beigeladener je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine abfallrechtliche Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin ist ein in Braunschweig ansässiges zertifiziertes Entsorgungsunternehmen, das verschiedene Dienstleistungen abfallwirtschaftlicher Art erbringt und zum bundesweit in der Abfallentsorgung tätigen ALBA-Konzern gehört. Sie beabsichtigt ab dem 01.07.2008 im gesamten Gebiet der Antragsgegnerin die gewerbliche Sammelung von Papier, Pappe und Kartonagen (PPK) aus privaten Haushaltungen. Den privaten Haushaltungen sollen zu diesem Zweck 240-l-Behälter oder Behälter der Größe 1,1 m3 zur Verfügung gestellt werden. Die Leerung der 240-l-Behälter soll vierwöchentlich, die Leerung der 1,1 m3-Container nach Bedarf erfolgen. Mit den Abfallbesitzern soll eine jederzeit kündbare Vereinbarung geschlossen werden. In einer Sortieranlage am Standort Berlin sollen die PPK-Abfälle sortiert, der Anteil an DSD-Verpackungen ermittelt und die Abfälle einer weiteren Verwertung zugeführt werden. Die Verwertung soll über ein konzernangehöriges Unternehmen erfolgen, das nach Angaben der Antragstellerin über ausreichende Verwertungskapazitäten bei Papierfabriken verfügt.
Die Antragsgegnerin ist öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß § 13 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) i.V.m. § 8 Abs. 8 Satz 1 des Gesetzes über die Region Hannover (GRegH) in ihrem Gebiet. Auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Abfallgesetzes (NAbfG) und § 4 Abs. 1 ihrer Verbandsordnung tritt der Beigeladene, ein Zweckverband, an die Stelle der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß § 15 KrW-/AbfG. Die Entsorgung von Altpapier regelt § 15 der Satzung des Beigeladenen über die Abfallwirtschaft in der Region Hannover (Abfallsatzung).
Der Beigeladene nimmt diese Aufgabe wie folgt wahr: Im Gebiet der Landeshauptstadt werden das Altpapier einschließlich der Verkaufsverpackungen aus Papier einerseits und die sonstigen Verpackungsabfälle (LVP-Fraktion) andererseits in durchsichtigen gelben Säcken gesammelt und durch zwei unterschiedliche Fahrzeuge abgeholt. Im Gebiet des ehemaligen Landkreises Hannover wird für zweidrittel aller Haushalte die Sackabfuhr für Altpapier und Verpackungsabfälle durchgeführt. Dabei werden sog. Zwei-Kammer-Wagen eingesetzt. In verdichteten Wohnbereichen werden gelbe 1,1-m3-Container für Verpackungsabfälle und Papiercontainer in gleicher Größe mit Einwurfschlitz für das Altpapier einschließlich der Verkaufsverpackungen aus Papier aufgestellt. Weitere Altpapiercontainer sind auf Wertstoffhöfen aufgestellt. Die Beigeladene setzt nach eigenen Angaben für das Einsammeln ca. 32 Sammelfahrzeuge und 75 Mitarbeiter ein. Das eingesammelte Altpapier wird einem Verwertungsunternehmen überlassen, das nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten hat. Die Beigeladene errechnet für das Jahr 2008 prognostische Kosten für das Altpapier-Sammelsystem in Höhe von 16 238 000,00 €. Der Beigeladene plant, den privaten Haushalten in naher Zukunft ebenfalls "blaue Tonnen" für die Sammlung von Altpapier zur Verfügung zu stellen.
Mit Schreiben vom 14.04.2008 zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin die Absicht an, ab dem 01.07.2008 eine gewerbliche Abfuhr von Papier bei privaten Haushalten gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG anzubieten. Nach Anhörung untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Verfügung vom 30.04.2008 gemäß § 21 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG die Sammlung von PPK-Abfällen aus privaten Haushalten im Gebiet der Region Hannover (in Bündeln oder Säcken), die Aufstellung von Behältern für diese Abfälle, deren Leerung und die Werbung für die gewerbliche Sammlung. Zugleich drohte sie der Antragstellerin für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnungen für jeden festgestellten Verstoß ein Zwangsgeld in Höhe von 20 000,00 bzw. 10 000,00 Euro an und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung führte sie aus, der Durchführung dieser gewerblichen Sammlungen stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entgegen. Eine gewerbliche Altpapiersammlung sei in der Stadt Hannover Ende 1987 gescheitert. Eine flächendeckende und zuverlässige Sammlung hätten die gewerblichen Sammler nicht sicherstellen können. Im Gebiet des Landkreises Hannover werde ab 1984 eine flächendeckende öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung durchgeführt. Nur das öffentlich-rechtliche Sammelsystem habe auch in Zeiten negativer oder nicht kostendeckender Marktpreise die Verwertung für Altpapier sicherstellen können. Es bestehe daher ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, dieses etablierte Sammelsystem uneingeschränkt in der Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu erhalten. Das Angebot der Antragstellerin stelle auch keine Verbesserung für die Einwohner dar, da die Aufstellung von Altpapiertonnen bereits vom Beigeladenen angeboten werde. Die von der Antragstellerin angekündigte flächendeckende Sammlung führe zwangsläufig zu einer Destabilisierung der öffentlich-rechtlichen Sammlung mit negativen Folgen für die Planungssicherheit der Beigeladenen sowie für deren Mitarbeiter und die Gebührenzahler. Durch die angekündigte gewerbliche Sammlung würden dem Beigeladenen erhebliche Altpapiermengen und damit gegenwärtig auch erhebliche Erlöse entzogen. Gleichzeitig bestünden aber die Sammlungskosten im Wesentlichen fort, weil dem Beigeladenen eine Auffangfunktion zukomme. Es sei dem Beigeladenen kurzfristig nicht möglich, Kosten in signifikanter Größenordnung zu reduzieren. Weiter sei zu berücksichtigen, dass nach einer europaweiten Ausschreibung eine vertragliche Bindung mit einem Verwertungsunternehmen bestehe. Eine drastische Reduzierung der PPK-Mengen könne zu einem Vertragsanpassungsanspruch nach § 313 BGB führen. Eine solche Vertragsanpassung wäre ebenfalls mit einer erheblichen Erlösminderung verbunden. Die gewerbliche Sammlung führe zu einer Erhöhung der Abfallgebühren von bis zu 5 %. Schließlich seien durch die gewerbliche Sammlung auch Interessen des Gemeinwohls i.S.v. § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG beeinträchtigt. Die zusätzliche gewerbliche Sammlung führe zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, durch die zusätzliche Bereitstellung von Altpapierbehältern werde das Ortsbild über das erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse, weil nicht hingenommen werden könne, dass durch eine parallele, nicht auf das öffentlich-rechtliche Sammelsystem abgestimmte gewerbliche Sammlung bereits für die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens nicht bzw. nicht vollständig rückgängig zu machende wirtschaftliche Beeinträchtigungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgung einträten.
Gegen diese Verfügung legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.05.2008 Widerspruch ein, der noch nicht beschieden wurde.
Am 08.05.2008 hat sie um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Neben der Antragstellerin beabsichtigen zwei weitere Unternehmen, nämlich die Firma Pape und die Firma Remondis, den Aufbau eines gewerblichen Sammelsystems für PPK, was ihnen von der Antragsgegnerin ebenfalls untersagt wurde. Diese Firmen haben ebenfalls um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (Az.: 4 B 2279/08 und 4 B 2395/08).
Die Antragstellerin hält die angefochtene Verfügung für rechtswidrig. Der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin stünden keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Nach neuerer Rechtsprechung zahlreicher Verwaltungsgerichte bedürfe es für eine Untersagung der Feststellung, dass die gewerbliche Sammlung eine ggfs. parallel stattfindende öffentliche Entsorgung in ihrem Bestand und ihrer Funktionsfähigkeit bedrohe, dass heiße existenziell gefährde. Generelle Erwägungen der Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers reichten nicht aus, um eine gewerbliche Sammlung zu untersagen. Die von der Antragstellerin angeführten Gesichtspunkte seien daher nicht geeignet, die Untersagungsverfügung zu begründen. Selbst wenn der Beigeladene zwischenzeitlich ein funktionierendes öffentliches Erfassungssystem für Altpapier etabliert habe, ändere dies nichts an der Zulässigkeit gewerblicher Altpapiersammlungen. Die gesetzliche Regelung gehe gerade von einem Nebeneinander von öffentlicher Abfallerfassung und Verwertung einerseits sowie privaten Wertstoffsammlungen andererseits aus. Es sei auch nicht belegt, dass der Beigeladene selbst bei einem gewissen Rückgang der Sammelmenge in der öffentlichen Erfassung sein Sammelsystem nicht weiter wirtschaftlich fortbetreiben könne. Der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin sei unsubstantiiert. Die Ausführungen der Antragsgegnerin zu Fehlbefüllungen seien sachlich unzutreffend und in keiner Weise näher begründet. Sofern es bei von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Tonnen zu Verunstaltungen des Stadtbildes, Verunreinigungen oder Fehlbefüllungen kommen sollte, werde sie die ihr gehörenden Gefäße wieder einziehen. Bestritten werde, dass für das Sammelsystem des Beigeladenen im Jahr 2008 Kosten in Höhe von ca. 16,0 Mio. € anfielen. Ebenso würden die geltend gemachten Einnahmeverluste in Höhe von 9,9 Mio. € und die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer Gebührenerhöhung um 8,7 % bestritten. Die Annahme, durch gewerbliche Altpapiersammlungen würden dem Beigeladenen sämtliche PPK-Abfälle entzogen, sei genauso abwegig wie die Gleichsetzung von Erlösausfällen mit dem wirtschaftlichen Nachteil.
Auch eine reine Interessenabwägung müsse zu Lasten der Antragsgegnerin ausgehen. Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung entstünden der Antragstellerin erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die nicht wieder ausgeglichen werden könnten.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30.04.2008 wieder herzustellen bzw. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Sie verteidigen die angefochtene Verfügung. Es gebe mehrere Gründe, die jeder für sich, mindestens aber kumulativ ein entgegenstehendes überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG begründeten:
Es werde in ein seit 20 Jahren funktionierendes Abholsystem für PPK-Fraktionen eingegriffen, in dem erhebliche Investitionen des Beigeladenen gebunden seien, die sich auch nicht zurückführen ließen. Bei sachgerechter Auslegung von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG könne dabei nicht die Funktionsfähigkeit der gesamten öffentlich-rechtlichen Entsorgung in den Fokus genommen werden, sondern das Teilsegment der Altpapiersammlung in Gestalt eines etablierten Holsystems.
Mit der blauen Altpapiertonne in der gewerblichen Sammlung werde ein Entsorgungspfad aufgetan, der es gebührenunwilligen Bürgern außerhalb des Bereiches der Landeshauptstadt äußerst leicht mache, sich des Restabfalls zu entledigen, ohne die teuren Preise für die gebührenbelasteten Restmüllsäcke zu zahlen. Aus Erfahrungen der Vergangenheit stehe zu befürchten, dass der Beigeladene damit gezwungen werde, sich von der Sackabfuhr zu trennen.
In einer Worst-Case-Betrachtung beliefen sich die Einnahmenausfälle aus nicht erzielbaren Erlösen der Altpapierverwertung auf fast 10 Millionen Euro. Diese Ausfälle könnten nur durch eine Gebührenerhöhung von 8,7 % kompensiert werden, weil der Rückgang der Erlöse nicht durch Kosteneinsparungen kompensiert werden könne. Wegen der subsidiären Entsorgungspflicht und im Hinblick auf bestehende Verträge mit dem Dualen System müsse an dem bisherigen Sammelsystem festgehalten werden. Eine solche Gebührenerhöhung stelle eine zusätzliche Gefährdung der Funktionsfähigkeit einer auf Kostenminimierung bedachten öffentlich-rechtlichen Entsorgung dar.
Problematisch sei schließlich, dass die Sammlung von PPK-Abfällen nicht auch Verkaufsverpackungen aus Papier umfassen dürfe, weil die Antragstellerin an der Sammlung dieser Verpackungen aus Rechtsgründen gehindert sei. Die Erfassung von Verkaufsverpackungen unterliege gemäß § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung (VerpackV) der Abstimmung mit der Antragsgegnerin. Gleichwohl weise die Antragstellerin in ihrer Werbung nicht darauf hin, dass ihr die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier nicht erlaubt sei.
Im Rahmen einer Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass ein seit über 20 Jahren etabliertes Holsystem nicht vorschnell angegriffen und durchlöchert werden dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung der angegriffenen Verfügung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer Vollziehung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung stellt das Gericht maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ab. Es verkennt dabei nicht, dass es zu maßgeblichen Fragen des Rechtsstreits höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gibt und das OVG Schleswig in einem Urteil vom 24.04.2008 (Az.: 4 LB 7/06) wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen hat (ausweislich der Pressemitteilung des OVG Schleswig vom 24.04.2008; das Urteil liegt im Wortlaut noch nicht vor). Gleichwohl sieht sich das Gericht - wie zahlreiche andere Gerichte auch - dadurch nicht gehindert, im Eilverfahren maßgeblich auf die Erfolgsaussichten abzustellen. Eine auf dieser Grundlage vorgenommene Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen aus, weil nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage Widerspruch oder nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahren die Klage voraussichtlich Erfolg haben wird. Dabei würde auch eine Interessenabwägung ohne Betrachtung der Erfolgsaussichten nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ausgehen können (anders offenbar VG Dresden, Beschluss vom 09.05.2008, 1 L 20/08 ). Antragsgegnerin und Beigeladener können zwar ins Feld führen, dass in ein etabliertes, funktionierendes System eingegriffen wird. Allerdings sind die Folgen weitgehend auszugleichen, da das gewerbliche Sammelsystem bei einem Unterliegen in der Hauptsache wieder abgebaut werden müsste. Umgekehrt sind die Folgen gravierender, da sich der Beigeladene einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte, der bei einem Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache nicht ohne weiteres wieder ausgeglichen werden könnte. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin für sich in Anspruch nehmen kann, dass gewerbliche Sammlungen keiner Genehmigung bedürfen, sondern nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG grundsätzlich zulässig sind, und ihre Tätigkeit durch Art. 12 Grundgesetz grundrechtlich geschützt ist.
Die auf § 21 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gestützte Untersagungsverfügung wird sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Dabei kann das Gericht ebenso wie das OVG Lüneburg (Beschluss vom 24.01.2008, 7 ME 192/07, m.w.N.) offen lassen, ob bereits § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Abs. 2 KrW-/AbfG die Einschaltung eines Dritten in die Verwertung der Abfälle zulässt. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Sammlung ist jedenfalls nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zulässig. Danach besteht die Überlassungspflicht nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dies den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
Dabei streiten die Beteiligten allein darum, ob überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Das Gericht orientiert sich bei der Prüfung dieser Frage - zumal es sich um ein Eilverfahren handelt, in dem eine einstweilige Regelung zu treffen ist - an der Rechtsprechung des OVG Lüneburg als zuständigem Obergericht (Beschlüsse vom 24.01.2008, 7 ME 192/07 und 7 ME 193/07 ). Das OVG Lüneburg führt in diesen Entscheidungen aus:
"Derartige überwiegende öffentliche Interessen können gegeben sein, wenn ohne die Überlassung dieser Abfälle zur Verwertung an den öffentlichen Entsorgungsträger die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gefährdet wäre (vgl. BVerwG, Urt.v. 16.03.2006 - 7 C 9.05 -, Beck online; VGH München, Beschl.v. 12.01.2005 - 20 CS 04.2947 -, NuR 2006, 114 ff. [VGH Baden-Württemberg 12.01.2005 - 20 CS 04.2947]; OVG Bautzen, Beschl.v. 24.01.2005 - 4 BS 116/04 -, UPR 2005, 440; OVG Frankfurt/Oder, Beschl.v. 14.10.2004 - 2 B 135/04 -, Beck online; Kunig/Paetow/Versteyl, aaO, § 13 Rdnr. 37; Frenz, aaO, § 13 Rdnr. 66 ff.; Knopp/Küchenhoff, aaO, UPR 2007, 216, 218). Als öffentliche Interessen i.S.v. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG kommen zuvörderst solche in Betracht, die auf Verfolgung des Zwecks und der Zielvorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gerichtet sind (Fluck, aaO, § 13 Rdnr. 107 ff.; Frenz, aaO, § 13 Rdnr. 68; vgl. auch Thärichen, Öffentlichen Interessen im Abfallrecht, Dissertation 2004, S. 78 ff zu Auslastungsproblemen bei Entsorgungseinrichtungen). Rein fiskalische Belange sind im Rahmen der "öffentlichen Interessen" demgegenüber allenfalls nachrangig zu berücksichtigen (vgl. Kunig/Paetow/Versteyl, aaO, § 13 Rdnr. 37; Fluck, § 13 Rdnr. 160; Frenz, aaO, § 13 Rdnr. 68; gänzlich ablehnend Knopp/Küchenhoff, aaO, S. 218). Ob eine derartige Auslegung des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG auch im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 23. Mai 2000 (Rs. C-209/98 "Kopenhagen", NVwZ-RR 2000, 1151) angezeigt ist, wie die Antragstellerin vorträgt (a.A. der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Schleswig vom 23.02.2006 - 12 A 147/04 -, Beck online), mag offenbleiben. Wann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als Voraussetzung eines "Überwiegens öffentlicher Interessen" gegeben ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 16. August 2005 (Az. 7 ME 120/05, NVwZ-RR 2006, 26) ausgeführt, dass jedenfalls mit der allgemeinen Befürchtung, gewerbliche Sammlungen unterliefen die grundsätzlich bestehende Überlassungspflicht, angesichts der vom Gesetzgeber vorgesehenen Einschränkung dieser Überlassungspflicht zugunsten gewerblicher Sammlungen entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen ohne die Feststellung konkreter, nicht mehr hinnehmbarer Beeinträchtigungen der öffentlichen Abfallwirtschaft nicht begründet werden können."
Der von der Antragstellerin angezeigten Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in diesem Sinne konnte die insoweit darlegungspflichtige Antragsgegnerin nicht belegen.
Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die gewerbliche Sammlung von Altpapier die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gefährden könnte, und zwar weder bezogen auf die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt noch bezogen auf das Teilsegment Altpapier.
Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung bezogen auf das Teilsegment Altpapier ist unter zwei Gesichtspunkten denkbar. Zum einen, weil bei einem späteren Rückzug der gewerblichen Sammler eine geordnete Abfuhr und Entsorgung des Altpapiers nicht mehr möglich wäre, zum anderen, weil bei konkurrierenden gewerblichen Sammlungen ein betriebswirtschaftlich sinnvoller Betrieb des Beigeladenen nicht mehr möglich ist.
Nach der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG sind gewerbliche Sammlungen grundsätzlich zulässig. Es liegt auf der Hand, dass sich gewerbliche Sammlungen auf solche Abfallfraktionen beschränken, bei denen ein Gewinn zu erzielen ist. Da die Preise Schwankungen unterworfen sind, folgt daraus zwangsläufig, dass sich gewerbliche Sammlungen möglicherweise aus der Sammlung herausziehen, wenn der Marktpreis wieder sinkt. Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verbleibt dann eine Auffang- und Reservefunktion. Die Kammer teilt die Einschätzung des OVG Lüneburg (a.a.O.), dass dem Gesetzgeber dies bekannt gewesen ist und er dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger offenbar eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zumutet.
Maßgeblich ist daher, ob der Beigeladene bei einem späteren Rückzug gewerblicher Sammler noch in der Lage wäre, eine geordnete Abfuhr und Entsorgung des Altpapiers vorzunehmen. Dies ist nach Auffassung der Kammer bereits deswegen gewährleistet, weil Antragsgegnerin und Beigeladener in der Antragserwiderung selbst darauf hinweisen, der bisherige Abfuhrrhythmus müsse schon im Hinblick auf die Verpflichtungen gegenüber dem Dualen System aufrechterhalten bleiben (vgl. dazu auch VGH Mannheim, Beschluss vom 11.02.2008, - 10 S 2422/07 -). Die Beigeladene hat auch nicht erklärt, auf eine eigene flächendeckende Sammlung von Altpapier verzichten zu wollen.
Die andere Frage ist, ob unter den Gegebenheiten, dass im Gebiet der Antragsgegnerin drei gewerbliche Sammler (neben der Antragstellerin in diesem Verfahren sind dies die Antragsteller in den Verfahren 4 B 2279/08 und 4 B 2395/08) tätig werden wollen, ein sinnvoller Betrieb eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers - und sei es nur in Bezug auf eine Reserve- bzw. Auffangfunktion - überhaupt möglich ist. Antragsgegnerin und Beigeladenem ist zuzugeben, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, zumal wenn er ein funktionierendes Abholsystem für PPK-Fraktionen aufgebaut hat, ein erhebliches Maß an Flexibilität abverlangt wird, um einen solchen Betrieb zu gewährleisten. Die Kammer meint aber, dass dem Beigeladenen diese Flexibilität im Hinblick auf die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zugemutet werden muss und kann. Die Antragstellerin und ihre Konkurrenten verfolgen unterschiedliche Modelle, was die Sammlung des Altpapiers angeht. Nicht alle beabsichtigen eine Sammlung im gesamten Gebiet der Antragsgegnerin, auch die Art der Sammlung ist jeweils unterschiedlich. Bei dieser Ausgangssituation ist nach Einschätzung der Kammer offen, welche Mengen an Altpapier die gewerblichen Anbieter einsammeln können und welche Mengen beim Beigeladenen verbleiben. Bei realistischer Einschätzung dürfte es dem Beigeladenen aber trotz der Konkurrenz gelingen, ganz erhebliche Mengen an Altpapier einzusammeln - wenn er einen Service anbietet, der dem der gewerblichen Sammler entspricht. Der Beigeladene wird nämlich damit werben können, dass es sich gebührenmindernd auswirkt, das Altpapier ihm zu überlassen. Mit der Einführung eines Tonnensystems durch die gewerblichen Sammlungen und den Beigeladenen wird zudem die Altpapiererfassung ansteigen. Der Beigeladene wird daher voraussichtlich sein Abholsystem im Wesentlichen beibehalten können. Sollte es Gebiete geben, in denen wegen der privaten Konkurrenz keine nennenswerten Altpapiermengen eingesammelt werden können, kann der Beigeladene immer noch auf eine Altpapiererfassung durch Container umstellen. Es gibt jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene in großem Umfang Sach- und Betriebsmittel bereithalten und einsetzen müsste, ohne in nennenswertem Umfang Altpapier einzusammeln.
Antragsgegnerin und Beigeladene stellen auch gar nicht in Abrede, dass ein solcher Betrieb möglich ist, sie halten ihn lediglich für nicht wirtschaftlich, weil bei im Wesentlichen unveränderten Ausgaben erheblich geringere Einnahmen zu erwarten seien. Unabhängig davon, ob diese Annahmen zu Ausgaben und Einnahmen zutreffen (dazu unter mehr), steht damit aber nicht die Funktionsfähigkeit in Frage. Es handelt sich vielmehr um fiskalische Interessen bzw. Interessen des Gebührenzahlers, die allenfalls nachrangig zu berücksichtigen sind (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O.).
Dass - aus welchen Gründen auch immer - in den 80er Jahren gewerbliche Sammlungen gescheitert sind, lässt keinen Rückschluss darauf zu, der von der Antragstellerin und den Konkurrenten angezeigten Sammlungen drohe das gleiche Schicksal, weil sich die Rahmenbedingungen für die Sammlung von Altpapier schon wegen der deutlichen Erhöhung der Marktpreise verändert haben.
Die Kammer sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Zulassung der gewerblichen Sammlung die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung insgesamt beeinträchtigt wäre. Die Antragsgegnerin äußert die Befürchtung, es könne in den Bereichen, in denen die Restmüllentsorgung durch Sackabfuhr erfolge (also im Gebiet des ehemaligen Landkreises Hannover), zu erheblichen "Fehlwürfen" kommen, weil die "blaue Tonne" - um Aufwendungen für die Restabfallsäcke zu sparen - zur Entsorgung von Restabfall genutzt werde. Deshalb habe sie bisher die Sammlung in durchsichtigen gelben Säcken und Papiercontainern mit engen Einwurfschlitzen bevorzugt. Eine große Anzahl von "Fehlwürfen" stelle wegen der damit verbundenen Einnahmeausfälle die Sackabfuhr des Restmülls insgesamt in Frage. Die Kammer teilt diese Befürchtung nicht. Antragsgegnerin und Beigeladener vermögen auch den nur ungefähren Umfang der "Fehlwürfe" nicht anzugeben. Die behauptete Zunahme der "Fehlwürfe" allein mit dem Rückgang der verkauften Säcke zu begründen, greift zu kurz, weil dieser Rückgang auch andere Gründe haben kann - etwa ein verändertes Verhalten der Haushaltungen bei der Mülltrennung, ausgelöst durch die Entwicklung des Sackpreises. Die Antragsgegnerin bewegt sich hier im Bereich der Spekulation. Entscheidend aber ist, dass der Beigeladene mittlerweile selbst die "blaue Tonne" anbieten möchte. Die Annahme der Antragsgegnerin, der Umfang von "Fehlwürfen" hänge davon ab, ob die "blaue Tonne" von der Antragstellerin oder dem Beigeladenen angeboten wird, erscheint der Kammer lebensfremd. Wie der Beigeladene hat auch die Antragstellerin keine Verpflichtung, Restmüll einzusammeln, nur weil er sich in der von ihr zur Verfügung gestellten "blauen Tonne" befindet. Da aber anders als die gelben Säcke die Tonnen in der Regel einem Haushalt zugeordnet werden können, dürfte eine anonyme Restmüllentsorgung auf diese Weise kaum möglich sein. Die Kammer hält es daher sogar für denkbar, dass mit Einführung der "blauen Tonne" die Zahl der "Fehlwürfe" zurückgeht; jedenfalls erscheint eine signifikante Erhöhung in der Weise, dass dadurch die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung insgesamt in Frage gestellt würde, ausgeschlossen. Gegebenenfalls ist diesem Gesichtspunkt in einem Hauptsacheverfahren näher nachzugehen.
Eine andere Frage ist, ob entgegenstehende öffentliche Interessen auch gegeben sein können, wenn nicht die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gefährdet ist, die gewerbliche Sammlung vielmehr - wie hier - unterhalb dieser Schwelle mit erheblichen Nachteilen für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verbunden ist. Auch insofern folgt die Kammer im Eilverfahren der Einschätzung des OVG Lüneburg (a.a.O.), dass Beeinträchtigungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgung, denen nicht das Gewicht zukommt, dass sie zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit führen, eine Untersagung nicht rechtfertigen können, weil es sich dabei zwar um einer gewerblichen Sammlung entgegenstehende öffentliche Interesse handeln mag, diese aber nicht "überwiegen" im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Antragsgegnerin und Beigeladener müssen daher den für sie misslichen Zustand hinnehmen, dass sich gewerbliche Sammler möglicherweise "Rosinen herauspicken" und gewerbliche Sammlungen wieder aufgeben, wenn diese sich wegen Veränderungen des Marktpreises nicht mehr rechnen. Anders ausgedrückt: Öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ist wegen der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG grundsätzlich zuzumuten, dass ihnen durch gewerbliche Sammlung auch solche Abfälle entzogen werden, für die sie eigene Erfassungsstrukturen aufgebaut haben. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG stellt nach Auffassung der Kammer nicht lediglich eine Bestandsschutzklausel dar.
Auch fiskalische Gesichtspunkte und/oder mögliche Gebührenerhöhungen rechtfertigen die Untersagungsverfügung nicht. Dabei kann dahinstehen, ob solche von vornherein unbeachtlich sind (dieser Auffassung wohl zuneigend VGH Mannheim, a.a.O.), oder nur dann nicht, wenn es zu einer "gebührenrechtlichen Überforderung" der privaten Haushalte kommen würde (so OVG Lüneburg, a.a.O.). Eine solche "gebührenrechtliche Überforderung" konnte die Antragsgegnerin nicht darlegen.
In einer Worst-Case-Berechnung ermittelt die Antragsgegnerin einen Gebührenerhöhungsbedarf von 8,7 %. Dabei geht sie davon aus, dass die Ausgabenseite unverändert bleibt, weil der bisherige Abfuhrrhythmus im Hinblick auf die nach wie vor bestehende Entsorgungspflicht für Papierabfall und die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Dualen System aufrecht erhalten bleiben müsse. Auf der Einnahmenseite errechnet sie einen voraussichtlichen Verlust in Höhe von 9,96 Mio. €. Auf der Grundlage des gesammelten Altpapiers im ersten Quartal 2008 geht sie davon aus, dass sie - ohne die Sammlungsaktivitäten gewerblicher Sammler - im Jahr 2008 insgesamt 94 000 t Altpapier einsammeln würde. Davon entfallen ca. 11 000 t auf den Verpackungsanteil, der vom Beigeladenen weiterhin für das Duale System eingesammelt wird. Bei einem Abnahmepreis von 120,00 €/t errechnet sich daraus ein Einnahmeverlust von knapp 10 Mio. €, was bei Gesamtgebühreneinnahmen von knapp 115 Mio. € zu einer Erhöhung von 8,7 % führen würde.
Als Worst-Case-Betrachtung ist diese Berechnung nicht zu beanstanden. Zur Rechtfertigung einer Untersagungsverfügung muss allerdings eine realistische Betrachtung angestellt werden. Eine solche ergibt eine wesentlich geringere mögliche Gebührenerhöhung. Zum einen müssten - zumindest geringe - Abzüge auf der Ausgabenseite vorgenommen werden, da es sich nicht ausschließlich um Sowieso-Kosten handeln dürfte, sondern die Ausgaben zumindest zu einem geringen Teil auch davon abhängen, welche Menge Altpapier eingesammelt wird. Das wird von der Antragsgegnerin in der Begründung der angefochtenen Verfügung ebenfalls so dargestellt. Entscheidend aber ist die Einnahmenseite. Dass sämtliche privaten Haushalte ihr Altpapier nunmehr gewerblichen Sammlern übergeben, stellt keine realistische Annahme dar. Um Gebührenerhöhungen im Restmüllbereich zu vermeiden, werden sich aller Voraussicht nach viele private Haushalte weiterhin dafür entscheiden, das Altpapier vom Beigeladenen einsammeln zu lassen. Bei realistischer Betrachtung wird daher der Großteil des anfallenden Altpapiers nach wie vor vom Beigeladenen eingesammelt werden - jedenfalls dann, wenn der Beigeladene einen ähnlichen Service anbietet wie die Konkurrenten. Hinzu kommt, dass sich das Angebot der gewerblichen Sammler nicht bei allen drei Konkurrenten auf das gesamte Gebiet der Antragsgegnerin bezieht. Die Kammer hält daher bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung allenfalls eine auf dem Rückgang der Altpapiererlöse beruhende Gebührenerhöhung von 3 - 4 % für realistisch. Dies stellt keine signifikante Verteuerung dar, die eine "gebührenrechtliche Überforderung" der Haushalte begründen könnte.
Am Rande sei angemerkt, dass der Beigeladene nach den vorgelegten Zahlen zur Zeit mit der Sammlung von Altpapier offenbar keine oder allenfalls geringe Überschüsse erzielt. Ausgaben für das Jahr 2008 in Höhe von 16,238 Mio. € (in denen allerdings zum Teil Kosten für das Einsammeln von Leichtverpackungen enthalten sind) stehen Einnahmen in Höhe von 11,28 Mio. € (94 000 t × 120,00 €/t) entgegen. Sollten diese Zahlen zutreffen, mag es auch aus der Sicht der Gebührenzahler mittelfristig sogar günstiger sein, wenn die Sammlung von Altpapier vollständig gewerblichen Sammlern überlassen wird.
Die Untersagungsverfügung lässt sich auch nicht damit begründen, dass im Zuge der Altpapier-Sammlung möglicherweise auch Verkaufsverpackungen aus Papier eingesammelt werden, die den Regelungen der VerpackV unterliegen. Sollte die Antragstellerin unzulässigerweise Verkaufsverpackungen einsammeln, kann die Antragsgegnerin dies möglicherweise zum Anlass für eine hierauf beschränkte Untersagungsverfügung nehmen. Eine Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altpapier insgesamt kann schon wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darauf nicht gestützt werden. Bestehende Verträge mit dem Dualen System rechtfertigen nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (a.a.O.) eine Untersagung nicht.
In der Verfügung angeführte Gemeinwohlaspekte wie die Vermeidung zusätzlichen Verkehrs und die Beeinträchtigung des Ortsbildes rechtfertigen eine Untersagung ebenfalls nicht. Solche Aspekte müssen von vornherein unberücksichtigt bleiben, weil es sich nicht um abfallwirtschaftliche Gesichtspunkte handelt. Davon abgesehen erscheinen diese Punkte an den Haaren herbeigezogen. Es führt zu keiner ins Gewicht fallenden Verkehrsbehinderung, wenn jede Woche oder alle paar Wochen ein zusätzlicher LKW eine Straße befährt. Die "blauen Tonnen" - deren Aufstellung im Übrigen auch der Beigeladene beabsichtigt - werden auf privaten Grundstücken untergebracht und beeinträchtigen bereits deswegen nicht das Ortsbild. Im Übrigen führt auch die vom Beigeladenen durchgeführte Abfuhr des Altpapier in gelben Säcken - wie die Mitglieder der Kammer aus eigener Erfahrungen wissen - gerade bei ungünstigen Witterungsbedingungen zu nicht unerheblichen Beeinträchtigungen des Ortsbildes.
Schließlich lassen sich sogar abfallwirtschaftliche Gesichtspunkte anführen, die für die Durchführung gewerblicher Sammlungen sprechen. Die Kammer teilt die Einschätzung der Antragstellerin, dass es wegen der größeren Bequemlichkeit der Tonne im Vergleich zur Sackabfuhr und wegen der Konkurrenzsituation zu einer Erhöhung der Erfassungsmengen kommen wird. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht ist dies zu begrüßen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer orientiert sich dabei ebenso wie das OVG Lüneburg (a.a.O.) an dem wirtschaftlichen Wert der Altpapiersammlung und multipliziert die von der Antragstellerin erwartete Jahresmenge an Altpapier (5 000 t) mit dem zu erzielenden Erlös für eine Tonne Altpapier (nach Angaben der Antragsgegnerin 120,00 €). Der für das Hauptsacheverfahren anzusetzende Streitwert ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die Entscheidung hat zwar für den Zeitraum ihrer Geltung nicht nur vorläufige Wirkungen, die wieder rückgängig gemacht werden könnten. Die von der Antragstellerin erzielten Erlöse für das eingesammelte Altpapier verbleiben bei ihr. Es ist auch keine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache vor Ablauf eines Jahres zu erwarten. Entscheidend ist aber: Der Erlös bildet das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin ohne jeglichen Abzug von Aufwendungen nur unzureichend ab. Daher wird in der Hauptsache nur der Erlös für ein Jahr zugrunde gelegt, obwohl sich die Sammlung regelmäßig auf einen längeren Zeitraum erstreckt. Das gebietet es, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Reduzierung vorzunehmen.