Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.09.2022, Az.: 5 U 78/21

Vergütungsanspruch für eine bauvertragliche Teilbeauftragung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.09.2022
Aktenzeichen
5 U 78/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 66764
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 26.04.2021 - AZ: 12 O 142/19

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2022 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. April 2021 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer/Einzelrichterin des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Der Klägerin fallen die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn mit der Behauptung in Anspruch, die Beklagte habe für ein sehr umfangreiches Bauvorhaben nicht - wie von dieser behauptet - lediglich einen Teil beauftragt, sondern die gesamte Maßnahme. Die Klägerin ist der Auffassung, die "Kündigungserklärung" der Beklagten vom 28. Juni 2018 sei als freie Kündigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B, § 648 BGB zu verstehen, weshalb ihr der vereinbarte Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen zustehe.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil (Blatt 225 ff.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, einer Kündigung hätte es nicht bedurft, weil die Beklagte die Klägerin lediglich gemäß der SAP-Bestellung vom 26. Juli 2017 (Anlage K2, Anlagenordner) hinsichtlich eines Teils des gesamten Projekts beauftragt habe und nicht für das komplette Bauvorhaben.

Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil (Blatt 127 ff.) Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt.

Sie meint, aus dem im Januar 2018 geschlossenen Bauvertrag ergebe sich im Wege der Auslegung, dass die Beklagte das gesamte Bauvorhaben beauftragt habe. Der Vertrag genieße die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Die Beweislast für Abweichendes trage die Beklagte.

Mit keinem Wort sei in dem Vertrag von einem "Rahmenvertrag" oder mit irgendeinem anderen Begriff davon die Rede, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer keinen Bauauftrag hätte erteilen wollen. Weder dem Verhandlungsprotokoll noch den Begleitumständen seien Umstände zu entnehmen, die Anlass gäben, von einer nur eingeschränkten Beauftragung auszugehen. Solche Umstände hätten sich auch in der Beweisaufnahme nicht ergeben. In der Beweisaufnahme sei deutlich geworden, dass es der Beklagten nur um eine Ausstiegsmöglichkeit gegangen sei.

Zu berücksichtigen sei, dass die Parteien ausweislich der E-Mails von Beklagtenseite übereinstimmend davon ausgegangen seien, der Vertrag umfasse auch die weiteren Bauabschnitte, die nicht Gegenstand der Vorab-Teilbeauftragung gewesen seien. Die Interessenlage der Klägerin spreche ebenfalls dagegen, nur einen Teilauftrag zu erhalten, jedoch für den Gesamtauftrag schon einen Nachlass von 5 % zu gewähren.

Der Hinweis auf eine "SAP-Bestellung" in den Vertragsunterlagen ändere an diesem Auslegungsergebnis nichts. Dieser Terminus sei lediglich eine technische Vorgabe für die weitere Bearbeitung mit der Betriebssoftware, z.B. in der Buchhaltung. Der Regelungsgehalt von 7.0 der Verhandlungsprotokolle beschränke sich darauf klarzustellen, dass die Beklagte sich vorbehalten habe, das (modifizierte) Angebot später in Form einer SAP-Bestellung anzunehmen.

Das Angebot der Klägerin nach dem Ergebnis der Angebotsverhandlungen habe die Beklagte nicht angenommen, weil sie sich entschlossen habe, eine "SAP-Bestellung" lediglich für eine Teilleistung abzugeben. Dieses neue Angebot habe die Klägerin in der Folgezeit durch konkludentes Handeln angenommen, womit diese Teilleistung zum Zeitpunkt des Bauvertragsschlusses im Januar 2018 bereits beauftragt gewesen sei. Der im Bauvertrag vereinbarte Werklohn habe die Gesamtleistung einschließlich der bereits beauftragten Teilleistung umfasst, sodass es wichtig gewesen sei, die bereits erteilte Teilbeauftragung im Bauvertrag als "SAP-Bestellung" zur Vertragsgrundlage zu machen. Anderenfalls hätte der Eindruck entstehen können, der Werklohn von gut 5,3 Millionen € stelle die Vergütung für die noch nicht beauftragten Leistungen dar.

Die Parteien hätten auch keine bestimmte Form für ihre Willenserklärungen oder einen Vertragsschluss vereinbart. Im Übrigen hätten die Parteien eine etwa selbst gewählte Form konkludent aufgehoben.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des vom Landgericht Hannover zu Aktenzeichen 12 O 142/19 am 26. April 2021 verkündete Urteil nach den erstinstanzlichen Anträgen der Klägerin zu erkennen, nämlich,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.061.373,59 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. November 2018 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 7121,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2019 zu zahlen sowie

festzustellen, dass die Beklagte an die Klägerin weiteren Werklohn bis maximal 476.120,57 € zu zahlen hat, soweit diese für die Kalenderjahre 2019 und 2020 keine Ersatzaufträge akquiriert, die den Ausfall des hier streitgegenständlichen Auftrages kompensieren und

hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landgericht Hannover zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwischen den Parteien bestand kein Bauvertrag über die Gesamt-Maßnahme, sondern nur über die in der ersten "SAP-Bestellung" spezifizierten Teile. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die Parteien abweichend von der sich aus den schriftlichen Unterlagen ergebenden eingeschränkten Beauftragung dahin einig gewesen wären, dass der Bauvertrag das gesamte Projekt umfassen soll.

1.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt dem schriftlichen Bauvertrag vom 22. Januar 2018 angesichts der vorangegangenen Verhandlungen, insbesondere des Wortlauts der Verhandlungsprotokolle, und der den verabredeten Regularien entsprechenden nachfolgenden "SAP-Bestellung" für einen Teil- Bauabschnitt ("Dacharbeiten, Gebäude 45,2017, Bauabschnitt 1,3, 4,8 sowie Rauchwärmeabzugsanlage") nach seinem Wortlaut nicht die Bedeutung zu, die Beklagte hätte die Klägerin mit der gesamten Baumaßnahme beauftragt. Der schriftliche Bauvertrag ist vielmehr im Zusammenhang mit den vorangegangenen Angeboten, dem Verhandlungsprotokoll und der "Dienstleistungsbestellung" zu sehen.

Nachdem die Klägerin bereits unter dem 24. März 2017 eine Reihe von Teil-Angeboten unterbreitet hatte [Angebot Dacharbeiten Geb. 45, BA 11, BA 12 (Anlage K6.1); BA1, BA3 bis 7, BA9, BA 11-14, BA 16, BA 17, jeweils Erneuerung RWAs (Anlage K6.2)], erstellten die Parteien am 22. Mai/28. Juni 2017 schriftliche Verhandlungsprotokolle, von denen es zwar mehrere jeweils gegengezeichnete Versionen gibt, die aber alle in Ziffer 7 den Passus enthalten:

"Der Anbieter wurde im Rahmen des Verhandlungsgesprächs darüber unterrichtet, dass dieses Protokoll lediglich eine Angebotsverhandlung darstellt. Eine Beauftragung erfolgt erst in Form einer schriftlichen SAP-Bestellung mit Bestellnummer. Der Anbieter hat keinen Anspruch auf eine Vergütung oder entgangenen Gewinn, solange er nicht schriftlich mit der genannten SAP-Bestellung beauftragt wird."

Am 28. Juni 2017 lagen die weiteren Angebote der Klägerin [Dacharbeiten Geb. 45, BA1 bis BA 10, BA 13 bis BA 17 (Anlage K6.1)] bereits vor. Wenn dann die Beklagte kurz darauf, am 26. Juli 2017, eine bis ins Detail spezifizierte Dienstleistung bestellt (die sogenannte SAP-Bestellung, Anlage K2), folgt dies schlüssig - und wie vom Landgericht zutreffend festgestellt - aus dem zwischen den Parteien stehenden einvernehmlichem Verständnis, dass eine SAP-Bestellung eine wesentliche Zäsur und zwingende Voraussetzung für die verbindliche Vereinbarung einer (Teil-) Leistung sein sollte.

Auf der Basis dieses Vorverständnisses ist auch der "Bauvertrag" vom 22. Januar 2018 auszulegen, wie es das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung, dessen Begründung sich der Senat insoweit zu eigen macht, ohne Rechtsfehler ausgeführt hat. Lediglich ergänzend weist der Senat im Hinblick auf die weiteren Ausführungen der Berufungsinstanz darauf hin, dass die schriftliche Bezeichnung in der Überschrift als "Bauvertrag" keinen zwingenden Schluss auf eine verbindliche und vorbehaltlose Beauftragung sämtlicher Teilleistungen zulässt. Vielmehr ist auf den Wortlaut der einzelnen Vertragsbestimmungen abzustellen.

Danach lautet es zwar in Ziffer 1:

"Der Besteller erteilt auf der Grundlage der beiliegenden Allgemeinen Einkaufsbedingungen der ... Aktiengesellschaft und nachstehende Dokumente [Aufzählung folgt] folgenden Auftrag: Bauvorhaben: ... Dachsanierungsarbeiten",

also das vermeintliche Gesamtvorhaben.

Schon Ziffer 1 des Vertrags nimmt indes Bezug auf die oben genannten Verhandlungsprotokolle einschließlich der Nr. 7 (Vorgabe der "SAP-Bestellung"). Hinzu kommt, dass unter Nr. 3 als Vertragsgrundlage erneut an erster Stelle die "schriftliche SAP Bestellung" aufgeführt wird. Danach hat das zwischen den Parteien fortwährend kommunizierte Erfordernis eines verbindlichen "Abrufens" der Leistungen Eingang in die schriftlichen Vertragsunterlagen genommen.

Irrelevant ist, dass sich die Buchstabenkombination SAP auf ein Softwareprogramm bezieht, das die Beklagte für ihre Buchhaltung verwendet. Dem Verhandlungsprotokoll ist zu entnehmen, dass es der Beklagten auf eine solche Bestellung ankommt und die Klägerin hat sich darauf eingelassen. Die Beklagte hat damit nicht etwa willkürlich und einseitig eine "SAP-Bestellung" zur Grundlage für den Vertragsschluss gemacht, sondern die Klägerin hat dieses Erfordernis von Seiten der Beklagten akzeptiert.

2.

Auf der Grundlage dieser Auslegung der schriftlichen Vereinbarung vom 22. Januar 2018 besteht insbesondere keine der Klägerin günstige Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Privaturkunde im Sinne eines verbindlichen Vertragsschlusses. Denn die schriftliche Urkunde bezieht bereits das Erfordernis einer gesonderten SAP -Bestellung für eine letztverbindliche Beauftragung mit ein. Insoweit wäre es - wie es das Landgericht zutreffend entschieden hat - Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte entgegen dem Vertragswortlaut bereits das gesamte Bauvorhaben beauftragt hätte.

a) Nach § 286 Satz 1 ZPO entscheidet das erstinstanzliche Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder unwahr zu erachten ist. Nach der ZPO-Reform ist die Berufungsinstanz nicht mehr Wiederholung der erstinstanzlichen Tatsacheninstanz, sondern dient der Fehlerkontrolle und -beseitigung. Deshalb bestimmt § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen begründen. Konkrete Anhaltspunkte im vorgenannten Sinn können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, wenn etwa die Beweiswürdigung nicht den von der Rechtsprechung zu § 286 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt. Dies ist der Fall, wenn das Gericht die von einer Partei unter Beweis gestellten Behauptungen nicht berücksichtigt oder die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Eine erneute Tatsachenfeststellung ist darüber hinaus geboten, wenn sich das Berufungsgericht aufgrund konkreter Anhaltspunkte von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, weil es die durchgeführte Beweisaufnahme anders wertet (BGHZ 158, 269; 162, 313).

b) Gemessen daran ist die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandungsfrei. Das Landgericht hat die Angaben der vernommenen Zeugen umfassend und plausibel gewürdigt. Der Senat tritt den dortigen Erwägungen bei.

Soweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme (Blatt 351, 356 ff.) auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 21. Juli 2021 (Blatt 322 ff.) darauf abhebt, in der Beweisaufnahme habe es keine Äußerungen der Parteien gegeben, entgegen dem Vertragswortlaut hätten nur bestimmte Teile des Auftrags vergeben werden sollen, verkennt sie zum einen die Beweislast, zum anderen zeigt sie keine Fehler in der Beweiswürdigung auf, sondern setzt die eigene an die des Landgerichts. Der Umstand, dass die von Klägerseite benannten Zeugen der Meinung waren, den Gesamtauftrag erhalten zu haben, genügt für einen Beweis im Sinne des § 286 ZPO nicht. Das Landgericht hat im Einzelnen und gut nachvollziehbar ausgeführt, dass und warum es schon nach den Angaben der von Klägerseite benannten Zeugen nicht davon überzeugt ist, dass die Klägerin der Beklagten hinreichend deutlich gemacht hat, der Nachlass werde nur gewährt, wenn die Klägerin den Auftrag in vollem Umfang erhalte. Das Landgericht hat gerade nicht einen "subjektiven Senderhorizont" zugrunde gelegt, sondern unter Einbeziehung der Gesamtumstände die Angaben der Zeugen gewürdigt. Die eindeutige Formulierung in § 7 des Verhandlungsprotokolls, die spezifizierte "SAP-Bestellung" und die Bezugnahme hierauf in dem Bauvertrag stehen einem Beweisergebnis "umfassender Bauvertrag erteilt" auf Grundlage der Beweisaufnahme entgegen. Die von Klägerseite benannten Zeugen führten aus, "aus ihrer Sicht" sei stets über den Gesamtauftrag verhandelt worden und die Vertreter der Beklagten hätten zu keinem Zeitpunkt gesagt, es solle lediglich ein Teilauftrag erfolgen (Berufungsbegründung, S. 3 = Blatt 284). Es kommt nach den aufgezeigten Gesamtumständen jedoch nicht darauf an, ob die Vertreter der Beklagten ausdrücklich erklärten, es solle lediglich ein Teilauftrag erteilt werden, sondern es kommt angesichts der vorherigen deutlichen Absprache darauf an, ob die Parteien sich dahin einig waren, entgegen der zuvor getroffenen Absprache (verbindlich nur SAP-Bestellung) solle nunmehr nicht nur ein Teil, sondern das Gesamtprojekt beauftragt werden. Dieser Beweis ist der Klägerin nicht gelungen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Zeugin M. in den Vertrag ein "Sonderkündigungsrecht" bzw. eine "Ausstiegsklausel" in den Vertrag aufgenommen wissen wollte. Zum einen ist einer solchen Klausel gerade zu entnehmen, dass die Beklagte sich für den aufgezeigten Fall kostenfrei von dem Vertrag wollte lösen können, zum anderen genügt eine solche Formulierung nicht, um die Regelung in § 7 des Verhandlungsprotokolls zwischen den Parteien auszuhebeln. Weder einem "Sonderkündigungsrecht" noch einer "Ausstiegsklausel" konnte die Klägerin aus objektivierter Empfängersicht die Bedeutung beimessen, die Beklagte beauftrage nunmehr entgegen der zuvor getroffenen Vereinbarung im Verhandlungsprotokoll und unter Verzicht auf eine schriftliche SAP-Bestellung das gesamte Projekt.

Der Ausspruch der Kündigung lässt auch keinen zwingenden Rückschluss auf das Verständnis der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung dahingehend zu, dass auch die Beklagte bereits von einem verbindlichen Vertragsschluss für die gesamte Baumaßnahme ausgegangen sei. Denn aus Sicht der Beklagten bestand auch unter der Annahme, dass es sich bei dem Vertrag aus Januar 2018 um eine Rahmenvereinbarung handelte, zumindest ein Klarstellungsbedarf, sich von dem gesamten Vertragswerk zu lösen, wie das Landgericht zutreffend der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Letztlich kommt auch den E-Mails der Beklagten-Mitarbeiter, auf die die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 31. August 2021 (Blatt 351 ff., Blatt 357 ff.) abstellt, kein Erklärungswert hinsichtlich einer verbindlichen Beauftragung des Gesamtvorhabens zu - weder allein noch in der Zusammenschau mit den übrigen Umständen. Den E-Mails ist nicht die Bedeutung beizumessen, entgegen den zuvor getroffenen Vereinbarungen sei ein umfassender Vertrag geschlossen. Die Parteien verhandelten bereits zu Beginn der Zusammenarbeit und noch bevor überhaupt ein Vertrag zustande gekommen war, über das gesamte Projekt, das die Klägerin auch bereits umfassend angeboten hatte. Wenn dann in diesen E-Mails technische Einzelheiten angesprochen werden (Windsogberechnungen, Bauzeitenplan, Unfallverhütung), ist dies - weder allein, noch zusammen mit den Aussagen der von Klägerseite benannten Zeugen und den weiteren Umständen - kein tragfähiges Indiz für einen Vertrag, der das gesamte Projekt umfasst.

3.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.