Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.08.2024, Az.: VgK-14/2024

Ausschreibung der Erbringung von Verkehrsleistungen; Anforderungen an die Prüfung der Angemessenheit der angebotenen Preise

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.08.2024
Aktenzeichen
VgK-14/2024
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 23279
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Ausschreibung nach SektVO von Nachunternehmerleistungen im xxxxxx, Los 1, TEDVeröffentlichung: xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Sozialwirt Tiede und den ehrenamtlichen Beisitzer MA Dalchau auf die mündliche Verhandlung vom 29.07.2024 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung ab der Stufe der Angemessenheitsprüfung des Angebotes der Beigeladenen einzutreten, ab dieser Stufe die Wertung zu wiederholen, dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten und Prüfung, Wertung und Ergebnis in einer den Anforderungen des Vergaberechts genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

    Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3 zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 2/3 zu erstatten. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war sowohl für die Antragstellerin als auch für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin hat mit EU-Bekanntmachung vom xxxxxx.2024 die Erbringung von Verkehrsleistungen ab dem xxxxxx.2025 mit verschiedenen Bustypen und PKW im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Veröffentlichung eines Aufrufs zum Wettbewerb nach der Sektorenverordnung (SektVO) in zwei Losen ausgeschrieben.

Streitgegenständlich ist Los 1, die Erbringung von Verkehrsleistungen (xxxxxx) als Nachunternehmer der xxxxxx. Dabei sollen Verkehrsleistungen mit verschiedenen Bustypen als Nachunternehmer im xxxxxx auf den Linien xxxxxx sowie ergänzenden Linien im Schülerverkehr erbracht werden.

Die Leistung ist nach Ziffer 5.1.3 der Bekanntmachung ab dem xxxxxx.2025 bis zum xxxxxx.2034 für 10 Jahre zu erbringen. Zudem ist eine zweimalige einseitige Verlängerungsoption durch die Antragsgegnerin um jeweils 12 Monate über den xxxxxx.2034 hinaus, bis längstens zum xxxxxx.2036, möglich.

Nach Ziffer 2.1.4 kann sich der beabsichtigte Betriebsbeginn aufgrund von äußeren Umständen auf den xxxxxx.2026 verschieben. Zudem wird in der finalen Fassung des Verkehrsdurchführungsvertrages als Teil der Vergabeunterlagen unter § 17 ausgeführt:

"Für den Fall, dass die Zuschlagserteilung nach Abs. 2 wegen äußerer Umstände, wie z.B. einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren oder einer späteren Direktvergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach der VO 1370/2007 an die xxxxxx, die erforderliche Rüstzeit vor der Betriebsaufnahme unter 6-Monate verkürzt, beginnt die Pflicht zur Erbringung der Verkehrsleistung [...] am xxxxxx.2026."

Nach Ziffer 5.1.10 der Bekanntmachung ist der Preis einziges Zuschlagkriterium. Für die Ermittlung des niedrigsten Wertungspreises gilt das Dokument "A.2.2.: Vorgaben zur Kalkulationstabelle xxxxxx".

Nach Ziffer 3 der Vorgaben zur Kalkulationstabelle wird der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Wertungspreis erteilt. Der Wertungspreis berechnet sich wie folgt (jeweils in Euro):

Wertungspreis = 0,1 x Vollkostenpreis A + 0,9 x (Vollkostenpreis B + Summe der Wertungsaufschläge)

Die Summe der Wertungsaufschläge berechnet sich dabei wie folgt:

Summe der Wertungsaufschläge = Aufschlag für die Preisgleitung in Höhe von 10 %, jeweils auf die Gesamtsummen unter Preisbestandteil P2t und Preisbestandteil P2s

+

Aufschlag für die Preisgleitung in Höhe von 5 %, jeweils auf die Gesamtsumme unter Preisbestandteil P2f sowie auf 70 % des Gesamtpreises unter Preisbestanterl P3

Nach Ziffer 2.3. stellt der Vollkostenpreis "jeweils den Preis für die Leistung zum Ausschreibungszeitpunkt dar (Gesamtkosten der Leistung). Die Gesamtpreise der Preisbestandteile P1A sowie P2 und P3 ergeben in der Summe den Vollkostenpreis A der Leistung bis zum xxxxxx. 2025 (bezogen auf ein Normjahr). Die Gesamtpreise der Preisbestandteile P1B sowie P2 und P3 ergeben in der Summe den Vollkostenpreis B der Leistung ab dem xxxxxx.2026 (bezogen auf ein Normjahr)".

Nach Ziffer 2.2.1. der Kalkulationsvorgaben (Datei: A.2.2 Kalkulationsvorgaben.pdf) gilt für die Preisbestandteile zu P1:

"Preisbestandteil P1 sind sämtliche fahrzeugbezogenen Fixkosten für die Vorhaltung und Bereitstellung der Fahrzeuge zuzuordnen. Unter diesen Preisbestandteil fallen insbesondere - für die auftragnehmereigenen Fahrzeuge - die Vorhaltung und Finanzierung der Fahrzeuge (Kapitaidienst), anteilige Kosten für Abstellftächen und Betriebswerkstätten, die Kosten der Fahrzeugversicherung oder Kosten für Anmietung oder Leasing."

Nach Ziffer 2.2.2. gilt zudem:

Dem "Preisbestandteil P2 sind sämtliche variablen Kosten (fahrzeitbezogenen sowie fahrleistungsbezogen) Kosten zuzuordnen, insbesondere Lohnkosten für Fahrpersonal und Kosten für Treibstoff sowie Wartung und Instandhaltung der Fahrzeuge. [..] Die einzelnen Zwischensummen über alle Fahrzeugtypen in den genannten Preisbestandteilen ergeben summiert jeweils die Gesamtsummen ("Variable Kosten") pro Fahrzeugtyp in Preisbestandteil P2t, -f sowie -s.

Deren Summe ergibt den Gesamtpreis unter Preisbestandteil P2 "Variable Kosten pro Jahr insgesamt"."

Zudem ist im Preisbestandteil P3 nach Ziffer 2.2.3 zu berücksichtigen:

"Preisbestandteil P3 sind sämtliche Kosten pro Normjahr zuzuordnen, die nicht ausdrücklich Bestandteil von P1 und P2 sind, beispielsweise Geschäftsführungskosten, Betriebshaftpflicht sowie Kosten für Personalverwaltung und Betriebsleitstelle. Als Einheitspreis anzugeben ist ein Kostensatz für "Overhead- und Regiekosten pro Jahr", der auch den Gesamtpreis unter P3 darstellt."

Nach Ziffer 2.1 der Leistungsbeschreibung (Datei: "A.1,2_Leistungsbeschreibung-Anpassung_21.05.2024.pdf") erfolgen zum Fahrzeugeinsatz folgende Festlegungen:

(1) Der Einsatz folgender Fahrzeuge ist im festen Verkehr zulässig:

1. Solobusl (Fahrzeugtyp SL-A) bis 12,50 Meter Länge, min. 75 Fahrgastplätze (min. 25 Sitzplätze);

2. Solobus Verstärker (Fahrzeugtyp SL-B) bis 12,50 Meter Länge, min. 75 Fahrgastplätze (min. 25 Sitzplätze);

3. Buszug2 (Fahrzeugtyp BZ) als Zugmaschine nebst Anhänger, min 75 + 60 Fahrgastplätze (min. 40 Sitzplätze);

Zu Betriebsbeginn sind folgende Fahrzeuge erforderlich (Fahrzeugbedarf gem. Kapitel 1 Abs. 1 Satz 1 in Anlage A.2.2):

1. 10 Fahrzeuge Typ Solobus (Fahrzeugtyp SL-A)

2. 3 Fahrzeuge Typ Solobus Verstärker (Fahrzeugtyp SL-B)

3. 4 Fahrzeuge Typ Buszug (Fahrzeugtyp BZ) als Zugmaschine nebst Anhänger

[...]

Nach Ziffer 2.2 werden dem Auftragnehmer Fahrzeuge kostenfrei zur Verfügung gestellt:

Die xxxxxx stellt dem Auftragnehmer 10 Fahrzeuge des Typs SL-A sowie 4 Fahrzeuge des Typs BZ kostenfrei bei. Die Fahrzeuge

1. des Typs SL-A stehen dem Auftragnehmer ab dem xxxxxx,2026,

2. die des Typs BZ ab Betriebsaufnahme

zur ausschließlichen Nutzung im vertragsgegenständlichen Verkehr bereit. Der Auftragnehmer hat die Fahrzeuge wie vorgegeben einzusetzen.

Die xxxxxx stellt dem Auftragnehmer 10 Fahrzeuge des Typs SL-A kostenfrei bei. Die Fahrzeuge des Typs SL-A stehen dem Auftragnehmer ab dem xxxxxx.2026, die Fahrzeuge des Typs BZ ab Betriebsaufnahme zur ausschließlichen Nutzung im vertragsgegenständlichen Verkehr bereit. Für den Zeitraum von Betriebsaufnahme bis zum Bereitstehen dieser Fahrzeuge des Typs SL-A hat der Auftragnehmer eigene Fahrzeuge einzusetzen. Es ist für diesen Zeitraum der ersatzweise Einsatz von bis zu 10 Fahrzeugen des Typs SL-B statt Fahrzeugen des Typs SL-A zulässig.

[...]

Nach dem Zuschlag wird der endgültige Überlassungsvertrag Anlage 9 zum VDV-SBV. Wesentlicher Teil ist dabei, dass der Auftragnehmer die Pflicht übernimmt, die Instandhaltung der Fahrzeuge sicherzustellen. D. h., dass der Auftragnehmer wählen kann, ob er die Arbeiten fremd vergeben will oder selbst bzw. teilweise selbst erbringen will. Das Nähere zu den Rechten und Pflichten ist dem Überlassungsvertrag zu entnehmen.

Zu einer Betriebsstätte wird nach Ziffer 5 unter anderem festgelegt:

(1) Wegen der besonderen Anforderungen, insbesondere bzgl, des Betriebsstörungsmanagements, der Ersatzgestellungspflichten sowie Erreichbarkeit, die mit der Durchführung eines attraktiven xxxxxx verbunden sind, ist eine Betriebsstätte des Auftragnehmers zu führen, die maximal 20 km vom Ausführungsort der Leistung (ZOB xxxxxx) entfernt sein darf. Weiterhin muss die Betriebsstätte aufweisen:

1. Sitz der Betriebsleitstelle mit Disponent,

2. die Abstellung der Fahrzeuge,

3. Dienstort des Fahrpersonals,

4. die Anlagen für die Routinewartung der Fahrzeuge,

5. die Sozialräume für das Fahrpersonal,

6. das Büro des verantwortlichen Ansprechpartners (Kapitel 10) und

7. Möglichkeit zur Instandhaltung der Bordrechner.

Entsprechende Flächen und Gebäude nebst Einrichtung sind vorzuhalten. Neben den regelmäßig erforderlichen Ressourcen sind an der Betriebsstätte insbesondere hinreichende Reserven (insb. Fahrpersonal und Fahrzeuge) zur Sicherung der Betriebsstabilität (Kapitel 6) und Abhilfe bei Betriebsstörungen (Kapitel 7) vorzuhalten.

(2) Es muss während der Betriebszeiten des xxxxxx sowie 30 Minuten vor bzw nach der letzten Fahrt eines Betriebstages für das Fahrpersonal die Erreichbarkeit eines verantwortlichen Disponenten gewährleistet sein (Betriebsleitstelle).

(3) Die Betriebsleitstelle ist an der Betriebsstätte angesiedelt und zwischen

1. 30,0 Minuten vor Beginn der ersten Fahrt eines Betriebstages und

2. jeweils Mo-Fr bis 18 Uhr

ununterbrochen mit dem verantwortlichen Disponenten zu besetzen. In den sonstigen Zeiten (abends, samstags und/oder sonntags/feiertags) ist eine Rufbereitschaft des Disponenten, der innerhalb von 30,0 Minuten die Leitstelle bzw das Bedienungsgebiet persönlich erreichen kann, zulässig. Die Erreichbarkeit muss jedoch gem. Abs. 2 ununterbrochen gegeben sein.

[...]

Mit Informationsschreiben nach § 134 GWB teilte die Antragsgegnerin mit, dass auf das Angebot der Antragstellerin der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Die Wertung sei anhand des Zuschlagskriteriums "niedrigster Wertungspreis" erfolgt.

Mit Schreiben vom 12.06.2024 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Konkurrentin als vergaberechtswidrig. Das Angebot der Konkurrentin sei aus mehreren Gründen von der Wertung auszuschließen:

1. weiche es von den zwingenden Leistungsvorgaben zur vorzuhaltenden Betriebsstätte ab.

2. sei sie zum Betriebsstart am xxxxxx.2025 mangels einer Betriebsstätte nicht leistungsfä- hig.

3. verstoße sie gegen zwingende Kalkulationsvorgaben, da Kosten für die Herstellung, bzw. Anmietung der Betriebsstätte nicht kalkuliert worden seien und habe diesbezügliche Preisangaben nicht getätigt. Ihr Angebot sei daher auch auszuschließen.

4. gelte gleiches für die Regie- und Personalkosten der Betriebsleitstelle und der Disposition.

5. sei sie von zwingenden Leistungsvorgaben bezüglich des Fahrzeugeinsatzes und der Fahrzeuganforderungen abgewichen.

6. erscheine deren Angebot unangemessen niedrig und müsse mangels Aufklärbarkeit nach § 54 Abs. 3 SektVO von der Wertung ausgeschlossen werden. Eine erforderliche Preisaufklärung sei unterlassen oder unzureichend durchgeführt worden.

7. sei das Angebot der Konkurrentin aufgrund eines nicht den Frist- und Formanforderungen genügenden Teilnahmeantrags, bzw von nicht den Frist- und Formanforderungen genü- genden Angeboten von der Wertung auszuschließen.

Mit Schriftsatz vom 17.06.2024 reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag ein. Bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens, insbesondere ordnungsgemäßer Prüfung der Konformität des Angebots der Beigeladenen mit den Vorgaben aus den Vergabeunterlagen, der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zum xxxxxx.2025 und der Angemessenheit des Angebotspreises hätte deren Angebot ausgeschlossen werden und der Zuschlag auf das zweitplatzierte Angebot der Antragstellerin erteilt werden müssen.

Der Nachprüfungsantrag sei sowohl zulässig als auch begründet. Die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen sei vergaberechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten.

Die Antragstellerin sei Altbetreiberin der Leistung und durch ihren optimalen Betriebshofstandort in xxxxxx sei eine kostengünstigere Produktion der ausgeschriebenen Leistung durch die Beigeladene unter Einhaltung aller Vorgaben der Vergabeunterlagen ausgeschlossen. Dabei verfüge die Antragstellerin über folgende Kalkulationsvorteile:

  • Betriebshof in xxxxxx, 2,5 km vom Hauptbahnhof,

  • keine Vorlaufkosten für Personal,

  • eigene Tankstelle in xxxxxx, somit kein Zuschlag für Fremdtankungen,

  • eigene Waschanlage in xxxxxx und damit einhergehend keine Transferfahrten,

  • die erforderlichen Fahrzeuge seien für das vorgesehene Übergangsjahr ab dem xxxxxx.2025 bis zur Stellung der noch von der Antragsgegnerin zu beschaffenden Neufahrzeuge ab dem xxxxxx.2026 bereits im Bestand vorhanden.

Zudem könne die Beigeladene nicht die geforderte Betriebsstätte in 20 km Entfernung nachweisen. Sämtliche Betriebshöfe der Beigeladenen würden mehr als 20 km vom ZOB in xxxxxx entfernt liegen. Entsprechende freie/nutzbare Betriebsstätten oder Flächen nach den Anforderungen der Leistungsbeschreibung würden und werden der Beigeladenen zum Betriebsstart am xxxxxx.2025 ebenfalls nicht zur Verfügung stehen können.

Selbst wenn eine freie Fläche oder ein freies Grundstück verfügbar sei, wäre diese Fläche nicht entsprechend den Anforderungen der Leistungsbeschreibung ausgestattet. Neben den erforderlichen Flächen seien auch Gebäude vorzuhalten, in denen Büros und Sozialräume (Küche, Bad, WC) vorhanden seien. Ferner müsste eine Halle für Reparaturarbeiten und Wartungen, sowie für die Instandhaltung von Bordrechnern errichtet werden. Das Grundstück wäre umfassend herzurichten mit Pflasterflächen, einer Ölabscheideanlage und ggf einer Zaunanlage. Unter Berücksichtigung der notwendigen Genehmigungsprozesse sei die Errichtung einer Betriebsstätte bis zum xxxxxx.2025 für die Beigeladene nicht zu realisieren. Würde ein Bieter bei seinem Angebot bereits mit einer Verschiebung der Leistungsaufnahme planen, wäre dies ein unzulässiges Spekulativangebot, das auszuschließen sei.

Die Antragstellerin sei auch von der Wertung auszuschließen, weil sie die Kosten für die Her stellung einer Betriebsstätte, entgegen zwingender Kalkulationsvorgaben, nicht oder nicht in ausreichender Höhe berücksichtigt, habe. Es hätten mindestens folgende Kosten (Preisbestandteil P1) einkalkuliert werden müssen:

  • Anschaffungskosten des Grundstücks

  • Planungs- und Baugenehmigungskosten

  • Befestigung des Grundstücks für die Abstellung der Fahrzeuge inklusive Ölabscheider, Zaunanlage und Tore

  • Einrichtung einer Halle für die vorgegebenen Routinewartungsarbeiten (inkl. Werkstattausstattung, Hebebühne)

Zudem seien auch die laufenden Kosten für Instandhaltung des Betriebsgeländes, die Energiekosten, die Versicherungskosten der Betriebsstätte und Fahrzeuge, Grundsteuer usw. zu berücksichtigen.

Das Angebot der Beigeladenden sei auch deshalb auszuschließen, weil Preisangaben fehlen. Ein Angebot enthalte dann nicht die geforderten Preise, wenn diese fehlen oder wenn die Preisangaben offensichtlich unzutreffend seien, also für Leistungspositionen nicht derjenige Betrag angegeben werde, der für die betreffende Leistung auf der Grundlage der Urkalkulation tatsächlich beansprucht werde.

Zudem habe die Beigeladene die Overhead- und Regiekosten (ohne Kosten der Betriebsstätte wie Mieten/Pacht, Strom- und Heizungskosten, Wasser, Grundsteuer usw.) entgegen der verbindlichen Kalkulationsvorgaben nicht oder jedenfalls offensichtlich unzutreffend zu niedrig in den Preisbestandteil P3 einkalkuliert.

Ein kostengünstigeres Angebot der Beigeladenden würde ein Abweichen von den vorgegebenen Umlaufplänen oder eine nicht tarifkonforme Bemessung der zu zahlenden Lohnstunden voraussetzen. Eine Unterschreitung des Angebotspreises der Antragstellerin könne nur so erklärt werden, dass die Beigeladene entgegen der Leistungsvorgaben zum Fahrzeugeinsatz und zu den Fahrzeuganforderungen, eine Umlaufoptimierung vorgenommen habe. Unter Berücksichtigung einer, der Antragstellerin bekannten, Vergütung von xxxxxx €/Stunde durch die Beigeladene, sei ein günstigeres Angebot gegenüber dem der Antragstellerin zudem nicht möglich. Sollte die Beigeladene mit einem erheblich geringeren, bzw. mit der tarifvertraglich vorgeschriebenen Mindestvergütung kalkuliert haben, werde sie in Zeiten des Fahrermangels für die Leistungserbringung nicht das erforderliche Personal akquirieren oder Bestandspersonal halten können.

Ferner scheine das Angebot der Beigeladenen ungewöhnlich niedrig. Es habe keine oder jedenfalls nur eine unzureichende Preisaufklärung stattgefunden. Die Antragstellerin gehe aufgrund der oben dargestellten Gründe von einer Unangemessenheit des Angebots der Beigeladenen und einer Überschreitung der Aufgreifschwelle in Höhe von 20 % aus. Zudem geht die Antragstellerin auch davon aus, dass die Beigeladene weitere Kostenpositionen nicht oder nicht in ausreichender Höhe kalkuliert habe. Dafür nennt sie die Verbräuche, mögliche Preissteigerungen und den Umfang notwendiger Leerfahrten.

Letztlich hätte die Beigeladende bereits nicht zur Angebotsphase zugelassen werden dürfen bzw. hätten ihre Angebote ausgeschlossen werden müssen, da sie den Teilnahmeantrag bzw. ihre Angebote nicht fristgerecht hochgeladen habe Zudem hätten dieser Teilnahmeantrag bzw. die Angebote nicht den Formvorgaben gemäß den Bewerbungsbedingungen genügt und seien unvollständig gewesen. Sowohl der Teilnahmeantrag, als auch das erste bzw. das zweite verbindliche Angebot seien nicht entsprechend § 126b BGB unterzeichnet gewesen. Zudem seien sie und die zugehörigen Anlagen nicht im PDF-Dateiformat, ggf. eingescannt, und ohne Kopier-/Druckschutz abgegeben und auch nicht mit Seitenzahlen und einer Gliederung versehen worden. Zudem seien die Angaben der Beigeladenen im Begleitschreiben von den Leistungs- und Kalkulationsvorgaben abgewichen. Ferner hätten die Angebote der Beigeladenen nicht die geforderten Unterlagen, wie

  • Angebotsschreiben (Formularvorlage 9)

  • Ausgefüllte Kalkulationstabelle xxxxxx (Anlage A.2.1)

  • Verpflichtungserklärung zur ÖPNV-Tariftreue (Formularvorlage 10)

umfasst.

Ein Aufgreifen eines Vergaberechtsverstoßes von Amts wegen komme in Betracht, wenn der Zugang zur vergaberechtlichen Nachprüfung durch einen zulässigen Nachprüfungsantrag eröffnet sei und der Verstoß, der von Amts wegen aufgegriffen werden solle, schwerwiegend und offenkundig sei.

Das Recht auf Akteneinsicht nach § 165 GWB bestehe in dem Umfang, in dem diese zur Durchsetzung subjektiver Rechte des um Akteneinsicht nachsuchenden Verfahrensbeteiligten erforderlich sei. Die Einsicht in die Aktenbestandteile seien erforderlich und entscheidungsrelevant, weil die Antragstellerin gerade die unzureichende Leistungsfähigkeit rüge.

Mit Schreiben vom 23.07.2024 vertieft die Antragstellerin nach eingeschränkter Akteneinsicht ihren Vortrag und trägt in Replik auf die Antragserwiderung der Antragsgegnerin insbesondere vor, dass ihr Antrag zulässig und ihre Rügen nicht ins Blaue hinein vorgetragen worden seien. Ein Antragsteller könne aufgrund des Wissensdefizits stets nur Rückschlüsse von seinem eigenen Angebot und der eigenen Kalkulation ziehen und Indizien bezüglich des Konkurrenzangebots vortragen. Die Beigeladene verfüge weder über eine Betriebsstätte nach den Anforderungen der Antragsgegnerin, noch habe sie Gespräche über potentielle Flächen geführt.

Die Antragstellerin sei auch antragsbefugt, da ihr Angebot gerade doch wirtschaftlich sei, vielmehr habe die Antragsgegnerin keine ordnungsgemäße Kostenschätzung aufgestellt. Sie habe auch im Verhandlungsgespräch keine Fragen zur Höhe des Angebotes gestellt.

Es genüge nicht, auf ein pauschales Leistungsversprechen der Beigeladenen zu vertrauen, wenn Zweifel an der Erfüllung bestehen würden. Die pauschale Behauptung belege nicht, dass die Beigeladene rechtzeitig über eine den Anforderungen genügende Betriebsstätte verfügen werde. Die Antragsgegnerin habe keine ausreichend sichere Prognose hinsichtlich der Erfüllung der Leistungsvorgaben vorgenommen.

Es werde bestritten, dass der seitens der Beigeladenen kalkulierte Preis in P3 den erforderlichen Deckungsbeitrag zu den Gemeinkosten abbilde. Diese plane offenbar, Personal von xxxxxx aus in xxxxxx einzusetzen. Sowohl das zweitplatzierte als auch das weitere drittplatzierte Angebot würden erheblich über den Erwartungswerten der Antragsgegnerin liegen. Die Erwartungswerte der Antragsgegnerin würden, da sie zu gering seien, keine taugliche Bezugsgröße darstellen.

Zudem liege ein Unterkostenangebot der Beigeladenen vor. Die Antragstellerin verweist diesbezüglich auf ein von ihr eingeholtes, dem Schriftsatz als Anlage beigefügtes Gutachten. Die Beigeladene könne schon aufgrund der Eigenkapitalisierung kein Personal über mehrere Monate bis zum Leistungsbeginn vorhalten. Sie habe das Unterkostenangebot in Marktverdrängungsabsicht abgegeben, um einen verlorenen Auftrag auszugleichen. Die Akteneinsicht habe bestätigt, dass ein aufklärungsbedürftiges Unterkostenangebot vorliege und die Aufgreifschwelle von 20 % überschritten sei. Maßgeblich dafür seien die Konkurrenzangebote. Zudem sei eine ordnungsgemäße zeitnahe Schätzung nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin habe erhebliche Risikopositionen und kommende Kostensteigerungen, wie z.B. erwartbare Tarifabschlüsse und die Preisfortschreibung der tatsächlichen Personalkostenentwicklung, nicht ausreichend berücksichtigt und dokumentiert. Zudem stehe der Erwartungswert im Widerspruch zu Feststellungen des Verkehrskonzeptes der Antragsgegnerin aus 2022. Auch die vorliegend nicht streitgegenständliche Aufhebung des Verfahrens zu Los 2, die mit der Begründung erfolgt sei, dass alle Angebote zu hoch gewesen seien, könne nur damit erklärt werden, dass die Antragsgegnerin keine sachgerechte Kostenschätzung vorgenommen habe.

Die Aussagen zur Preisaufklärung würden sich in der Dokumentation und den Verhandlungsprotokollen auf schlichte und rein pauschale Feststellungen beschränken. Eine Auswertung der Aussagen der Beigeladenen zur Erfüllung der Anforderungen an die Betriebsstätte sei nicht enthalten. Schon nach dem dokumentierten Umfang könne keine umfassende und ausführliche Aufklärung des Angebots der Beigeladenen stattgefunden haben.

Die Lohnstruktur der Beigeladenen sehe einen Fahrerlohn von xxxxxx €/Stunde vor. Der Preisunterschied könne allerdings nur über einen geringeren Personalstundensatz erklärt werden, zu dem kein Personal zu halten bzw. anzuwerben sei.

Zudem seien ausweislich der Dokumentation nur die Personalkosten P2f thematisiert und nicht die weiteren Kostenpositionen P2t (Treibstoffkosten) und P2s (Sonstige Kosten) aufgeklärt worden. Gleiches gelte auch für die unter P3 kalkulierten Overhead- und Regiekosten.

Der Verzicht auf weitere Aufklärung des zweiten Angebots sei vergaberechtswidrig und nicht haltbar. Mit der erstmals in der Verhandlungsrunde angekündigten möglichen Verschiebung der Betriebsaufnahme vom xxxxxx.2025 auf den xxxxxx.2026 habe sich durchaus eine wesentliche Veränderung für die Kalkulation des Zweitangebotes ergeben. Zudem könne nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene tatsächlich noch auf Bestandspersonal aus einem verlustigen Auftrag zurückgreifen könne.

Die Einführung der Möglichkeit zur Verschiebung dürfte darin begründet liegen, dass die Antragsgegnerin aufgrund des nicht auskömmlichen Angebots der Beigeladenen gewusst habe, dass die Antragstellerin die Vergabeentscheidung zugunsten der Beigeladenen angreifen werde.

Dass offensichtlich an den Verhandlungsgesprächen von Antragstellerin und Beigeladener auf Seiten der Antragsgegnerin unterschiedliche Teilnehmer teilgenommen haben, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem sei umfassend gegen die Dokumentationspflicht verstoßen worden.

Ferner beantragt die Antragstellerin ergänzende Akteneinsicht, da die wesentlichen, maß- geblichen und entscheidungserheblichen Aspekte über das erforderliche Maß hinaus geschwärzt worden seien.

Zudem nimmt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 01.08.2024 Stellung. Da die Beigeladene im Preisbestandteil P2f mit einem Stundenlohn in Höhe von xxxxxx € kalkuliert habe, müsse sie in den weiteren Preisbestandteilen P1, P2s, P2t und P3 mit erheblich zu niedrigen und daher unangemessenen Kostensätzen kalkuliert haben. Es sei keine ausreichende Preisaufklärung durchgeführt worden, da bereits die Beantwortungen der Fragen der Antragsgegnerin durch die Beigeladene unzureichend gewesen seien.

Zudem habe die Antragsgegnerin die Erfüllung der Leistungsvorgaben betreffend der Betriebsstätte nicht ordnungsgemäß bei der Beigeladenen aufgeklärt. Es seien nur schlichte und pauschale Behauptungen in den Raum gestellt worden, sich bereits in Gesprächen mit Grundstückseigentümern zu befinden. Dabei sei ein Konzept zur Betriebsaufhahme zu fordern und mit den kalkulierten Preisen abzugleichen.

Es liege entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin gerade kein reiner Dokumentationsmangel vor, sondern eine unzureichende Tatsachenermittlung für die Bewertung der Auskömmlichkeit im Rahmen der Aufklärung. Dieses Defizit könne nicht durch eine Vertiefung der Dokumentation geheilt werden. Zur gebotenen neuen Aufklärung könne die Kostenschätzung der Antragsgegnerin nicht herangezogen werden, da sie nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei. Vielmehr sei allein der Preisabstand zwischen dem erstplatzierten und dem zweitplatzierten Bieter maßgeblich.

Zudem könne der Zuschlag auch nicht ohne Weiteres auf ein unauskömmliches Angebot erteilt werden. Bei bestehenden Zweifeln an einer Auskömmlichkeit bestehe ein gebundenes Ermessen für den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen.

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Die Antragsgegnerin wird vorbehaltlich einer dauerhaften Aufgabe des Beschaffungswillens angewiesen, das im Supplement zum EU-Amtsblatt unter der Veröffentlichungsnummer xxxxxx, ABl. S. Nr.: xxxxxx, am xxxxxx.2024 bekannt gemachte Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags für die Erbringung von Verkehrsleistungen als Nachunternehmer im xxxxxx im Los 1 in rechtsfehlerfreien Stand zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.

  3. 3.

    Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin.

  5. 5.

    Ergänzende Akteneinsicht,

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig ist, und

  3. 3.

    der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Mit Schriftsatz vom 26.06.2024 weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Fall einer vorgesehenen Verschiebung der Rüstzeit mit dem von der Antragstellerin gestellten Nachprü- fungsantrag eingetreten sei. Die ursprünglich vorgesehene Rüstzeit werde weniger als sechs Monate bis zum xxxxxx.2025 betragen, mithin sei Betriebsbeginn der xxxxxx.2026.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Die Antragstellerin trage nicht substantiiert vor und trage lediglich Behauptungen "ins Blaue hinein" vor, die nicht beachtlich seien. Die Auflistung vermeintlicher Kostenvorteile, über die die Beigeladene nicht verfüge, stelle keine Darlegung objektiver Anhaltspunkte dar. Zudem werde bei einer Vielzahl von Kostenelementen nicht weiter differenziert. Auch sei nicht gefordert gewesen, dass die Beigeladene bereits über eine Betriebsstätte hätte verfügen müssen.

Die Annahme, dass eine geeignete Fläche nicht zu akquirieren sei, sei rein spekulativ. Auch dem Vortrag, dass bis zum Leistungsbeginn keine Betriebsstätte herzurichten und auszustatten sei, mangele es an Substanz. Dieser Vortrag sei schon deshalb unbeachtlich, da, der Betriebsbeginn jetzt wie ausgeführt auf den xxxxxx.2026 terminiert sei.

Auch die Behauptungen im Hinblick auf die Kalkulation der Kosten für die Herstellung einer Betriebsstätte seien unschlüssig. Bestimmte Kostentreiber würden selektiv mit willkürlich angesetzten Beträgen im Sinne von pauschalen Gesamtsummen versehen, denen es an Nachvollziehbarkeit mangele. Gleiches gelte auch für den Vortrag zu einer Abweichung von Leistungsvorgaben zur Betriebsleitstelle und zur Kalkulation von Regie- und Personalkosten, dem es an einer nachvollziehbaren Herleitung fehle.

Bei den Ausführungen zu Umlaufplanung, Fahrzeugeinsatz und Fahrzeuganforderungen handele es sich um reine Vermutungen. Zudem wären etwaige Abweichungen von der Umlaufplanung nachvollziehbar kenntlich zu machen gewesen, was nicht erfolgt sei.

Ferner werde unsubstantiiert behauptet, dass für das Unterkostenangebot der Beigeladenen keine Preisaufklärung erfolgt sei.

Die Ausführungen der Antragstellerin zu vermeintlichen Frist- und Formverstößen durch die Beigeladene seien ebenfalls bloße Behauptungen ins Blaue hinein und daher unbeachtlich.

Zudem habe die Antragstellerin keine "echte Chance" auf den Zuschlag. Nach der ordnungsgemäß durchgeführten Wertung sei deren Angebot als unwirtschaftlich und damit nicht zuschlagsfähig anzusehen. Das Angebot der Antragstellerin liege in Bezug auf die angebotenen Vollkostenpreise A und B sowie hinsichtlich des Wertungspreises deutlich über dem von der Antragsgegnerin geschätzten Auftragswert.

Der Nachprüfungsantrag, soweit er nicht als unzulässig erachtet werden sollte, sei jedenfalls unbegründet. Die Antragstellerin gehe fehl, wenn sie meint, ihre eigenen angeblichen Kostenvorteile seien der ausschlaggebende Maßstab für eine jeglichem Zweifel enthobene und allein zutreffende Angebotskalkulation.

Dass der Betriebshof der Antragstellerin 2,5 km vom Hauptbahnhof entfernt liege, sei irrelevant, da die Entfernung kein Zuschlagskriterium sei und eine etwaige bessere Bewertung der Entfernung daher nicht in Betracht komme. Warum für die Beigeladene eine Anfahrtstrecke von 25 km bis zum Hauptbahnhof angesetzt werde, erkläre sich nicht. Zudem würden der Beigeladenen die erforderlichen Personalressourcen zur Verfügung stehen, da sie vor kurzem für eine Ausschreibung nicht den Zuschlag erhalten habe.

Hinsichtlich der angeblich anfallenden Kosten für Fremdbetankungen würden keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Beigeladene nicht bis zum Betriebsbeginn über die erforderliche Fläche für die Betriebsstätte verfügen könnte. Auch die angenommene Anzahl von Waschvorgängen sei nicht fest vorgegeben, sondern richte sich nach Witterung und Grad der Verschmutzung. Die Antragsgegnerin dürfe sich darauf verlassen, dass die Beigeladene über einen Betriebshof im vorgegebenen Radius wird verfügen können.

Es gebe auch keinen Anlass, an dem Leistungsversprechen der Beigeladenen über die Verfügung über die Fahrzeuge zu zweifeln. Sie habe vor kurzem in einer Ausschreibung den Zuschlag nicht erhalten und dementsprechend stünden ihr die erforderlichen Ressourcen auch zur Verfügung.

Die Antragsgegnerin habe die Angebotskalkulation der Beigeladenen auf Plausibilität und Auskömmlichkeit geprüft und diese jeweils bejaht.

Eine Besserbewertung des Angebotes der Antragstellerin, weil sie bereits über einen Betriebshof in xxxxxx verfüge, hätte die Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts und den Wettbewerbs- sowie Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, da ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung und Wettbewerbsbeeinträchtigung nicht vorgelegen hätte. Auch eine Forderung, dass die Beigeladene über die für eine Betriebsstätte vorgesehene Fläche zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe sicher verfügen können müsste, würde gegen den vergaberechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Zudem handele es sich bei den Anforderungen an die Betriebsstätte ohnehin nicht um Zuschlagskriterien, sondern um Ausführungsbedingungen, die bei der Wertung der Angebote keine Rolle spielen würden.

Ein Auftraggeber dürfe sich auf ein Leistungsversprechen grundsätzlich auch ohne Überprü- fung verlassen. Die Antragsgegnerin habe auch keinerlei Anhaltspunkte gehabt, an der Erklärung der Beigeladenen zu zweifeln. Sie dürfe davon ausgehen, dass die Beigeladene zum Zeitpunkt des Betriebsbeginns über die erforderliche Fläche verfügen werde. Sonst würden der Antragsgegnerin die ihr vertraglich und gesetzlich zustehenden Möglichkeiten von Sonderkündigungsrechten und Schadensersatzansprüchen zur Verfügung stehen.

Im Übrigen habe die Beigeladende im Verhandlungsgespräch auf ausdrückliche Nachfrage bestätigt, dass sie bereits Gespräche mit Grundstückseigentümern aufgenommen habe.

Der Vorwurf eines Spekulationsangebots sei schon deshalb ohne Grundlage, weil die Angebotspreise der Beigeladenen im ersten und im finalen Angebot lediglich marginal variiert hätten, aber die Rüstzeitverschiebung erst vor Angabe des finalen Angebots nach Abschluss der Verhandlungsrunden in den Verkehrsdurchführungsvertrag implementiert worden sei.

Das Angebot der Beigeladenen weiche nicht von Vorgaben der Anlage A.2.2. "Kalkulationsvorgaben" hinsichtlich der Kosten für die Betriebsstätte ab, die Preisbestandteile würden sich vielmehr in plausibel erachteten Spannen bewegen.

Ferner sei es nicht ersichtlich, dass die Beigeladene die Betriebsleitstelle als bloße "Satellitenfläche" zu betreiben gedenkt. Die Gemeinkosten würden mit einem erforderlichen Deckungsbeitrag abgebildet. Die Overheadkosten würden nicht stark von den Erwartungen abweichen und es sei mit der vorgegebenen Anzahl von Fahrzeugen geplant worden.

Anlass für eine Aufklärung eines etwaigen ungewöhnlich niedrigen Angebots habe im Hinblick auf das Zweitangebot der Beigeladenen nicht bestanden. Soweit als Bezugspunkt für ein ungewöhnlich niedriges Angebot ausschließlich auf das nächsthöhere Angebot abgestellt werde, könne dies nicht verfangen. Denn auch die Kostenschätzung des Auftrag- bzw. Sektorenauflraggebers sei ein zulässiger Anknüpfungspunkt. Im Übrigen sei eine Preisaufklä- rung vorsorglich und zufriedenstellend bereits im Rahmen der Wertung der Erstangebote vorgenommen worden. Die Beigeladene habe ausführlich Stellung genommen und konnte die Vergabestelle in die Lage versetzen, ihre Kalkulation nachzuvollziehen. Das Erstangebot der Beigeladenen sei mithin als auskömmlich zu betrachten gewesen. Da sich bei den Zweitangeboten keine Änderungen im Abstand ergeben hätten, sei eine erneute Preisaufklärung nicht erforderlich gewesen und hätte eine bloße Förmelei dargestellt.

Das Angebot der Beigeladenen sei auch form- und fristgerecht eingegangen. Insbesondere die Einhaltung der Angebotsfrist werde systemseitig über die Vergabeplattform sichergestellt, indem Angebote nur bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingereicht werden können.

Da die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen seien, sei auch ihr Kostenantrag zurückzuweisen. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin könne somit mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht notwendig sein. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten sei aufgrund der Eilbedürftigkeit des Verfahrens, der erheblichen Bedeutung des Auftrags auch und im Hinblick auf weitere von der Antragsgegnerin derzeit durchgeführte Ausschreibung von Bussen, die der Beigeladenen beigestellt werden sollen, sowie aufgrund des Grundsatzes der Waffengleichheit notwendig.

Mit Schriftsatz vom 26.07.2024 nimmt die Antragsgegnerin ergänzend und vertiefend Stellung. Die Antragstellerin bezwecke mit ihren Rügen "ins Blaue hinein" lediglich angebliche Verstöße im Wege der Amtsermittlung aufklären zu lassen. Die von der Antragstellerin als "Indizien" und Anhaltspunkte bezeichneten Aspekte würden bloße Vermutungen darstellen. Den eigenen Angebotsinhalt für den allein zutreffenden Maßstab zu halten, reiche für eine Substantiierung nicht aus.

Zudem verkenne die Antragstellerin, dass es sich bei der Anforderung an die Betriebsstätte nicht um ein Element der technischen Leistungsfähigkeit handelt, sondern um eine Ausführungsbedingung. Zweifel an dem Leistungsversprechen der Beigeladenen hätten nicht bestanden. Die Antragstellerin könne auch nicht ernstlich meinen, exakte Kenntnis von sämtlichen künftigen Immobilientransaktionen im Stadtgebiet xxxxxx zu haben.

Die Auftragswertschätzung sei sachgerecht erstellt und Kosten für die Betriebsleitstelle seien berücksichtigt worden. Die vorgetragenen Gesamtkosten für eine Betriebsleitstelle seien weder nachvollziehbar noch plausibel. Es müssten offensichtlich nicht alle der von ihr zusammengestellten Elemente an im Overhead vorzuhaltenden Kapazitäten vollständig kalkulatorisch auf die in Rede stehende Leistung verlastet werden. Der Vortrag aus der Preisaufklä- rung der Beigeladenen, hier kostenmindernd auf bestehende Strukturen zurückzugreifen, sei durchaus plausibel.

Auch das Kalkulationsschema zur Umlaufplanung sei von der Beigeladenen nicht verändert worden. Preisansätze würden teilweise sogar oberhalb des Erwartungswertes und der Konkurrenzangebote liegen.

Dass die Auftragswertschätzung als Bezugspunkt für die Prüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebots nicht in Betracht komme, werde durch die Rechtsprechung und Kommentierung widerlegt. Wenn nur wenige Angebote zu prüfen und zu werten wären, sei regelmäßig auf die Kostenschätzung abzustellen.

Die Auftragswertermittlung stelle ausführlich, nachvollziehbar und unter Angabe der Methodik und der herangezogenen Belege, wie z.B. die VDV-Schriften, dar, wie sich die Summe der Auftragswertschätzung zusammensetze. Abweichungen würden in der Natur der Sache liegen, denn die Auftragswertschätzung könne nicht alle betriebsindividuellen Gegebenheiten und Situationen der Marktteilnehmer zugleich abbilden.

Die Antragstellerin spekuliere erneut, wenn sie meint, die Beigeladene müsse nun 17 Monate "überbrücken", in denen sie ihr Personal "beschäftigungslos" vorhalte. Dafür könne keinerlei Beleg angeführt werden.

Die Antragstellerin sei auch nicht durch die Zusammensetzung der Teilnehmer an den Verhandlungsgesprächen diskriminiert worden. Am zweiten Verhandlungsgespräch sei einer der beauftragten Rechtsanwälte terminlich verhindert gewesen, weshalb das Verhandlungsgespräch nur von einem dieser Rechtsanwälte begleitet worden sei.

Zudem würden keine Dokumentationsmängel vorliegen. Dass weiteren Unterlagen, u.a. der Auftragswertschätzung, keine näheren "Umstände" zu entnehmen seien, liege an deren Geheimhaltungsbedürftigkeit. Daher sei auch der Antrag auf ergänzende Akteneinsicht in die Auftragswertschätzung, den tabellarischen Angebotsvergleich und den Angebotsvergleich (Erwartungswert) zurückzuweisen.

Zudem trägt die Antragsgegnerin im Nachgang zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 30.07.2024 vor, dass die Wahl der Auftragswertschätzung als Bezugspunkt für die Prü- fung selbstverständlich zulässig sei. Ein Unternehmen hätte es sonst durch unangemessen überhöhte Preise in der Hand, stets einen Anspruch auf Durchführung einer Preisprüfung geltend zu machen, obgleich das Erreichen der Aufgreifschwelle nur von diesem überteuerten Angebot bestimmt sein könnte.

Eine etwaige Ergänzung der Dokumentation dürfe zulässigerweise im Nachprüfungsverfahren vorgenommen werden. Da die maßgeblichen Begründungen für die Einschätzung der Antragsgegnerin zu der Auskömmlichkeit des Preises der Beigeladenen bereits in der Vergabeakte angelegt seien, könnten Gründe bzw. Ermessenerwägungen auch Im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeschoben werden. Das Beschleunigungsgebot würde zudem verlangen, dass bei Dokumentationsdefiziten ein Hinweis durch die Kammer erfolgt, welche Angaben aus ihrer Sicht konkret die Dokumentation zusätzlich enthalten müsste.

Ebenfalls im Nachgang zur mündlichen Verhandlung teilt die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 02.08.2024 nur für die Vergabekammer den Sachstand der Beigeladenen im Hinblick auf die vorzuhaltende Betriebsstätte mit und nimmt dazu Stellung.

Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt und sich nur in der mündlichen Verhandlung zum Nachprüfungsantrag geäußert.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung vom 16.07.2024 gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 09.08.2024 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29.07.2024 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüifungsantrag ist überwiegend zulässig und teilweise begründet. Die Prüfung der der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises genügte nach der in der Vergabeakte dokumentierten Tiefe nicht den Anforderungen des § 54 SektVO und § 8 SektVO. Das im "Protokoll zur ersten Verhandlungsrunde für Los 1" dokumentierte Verhandlungsgespräch vom 17.05.2024, das ausweislich des Einladungsschreibens vom 15.05.2024 ausdrücklich insbesondere der Aufklärung der Preiskalkulation der Beigeladenen dienen sollte, lässt nur eine hinreichende Erörterung der von der Beigeladenen kalkulierten Personalkosten (P2f) und der Overheadkosten (P3) erkennen. Hinsichtlich der übrigen Preisbestandteile (P 1, P2t, P2s und die Sicherstellung der Anforderungen an die Betriebsstätte), die die Antragsgegnerin gemäß Einladungsschreiben ausdrücklich ebenfalls zum Thema der Aufklärung machen wollte, enthält das Protokoll keine tragfähigen Erklärungen der Beigeladenen zur Entscheidung über die Angemessenheit ihres Preises. Auch der entsprechende Vermerk in der Vergabeakte (Teil 3: Angebotsphase 1, Seite 1) enthält über die Erörterung der Personalkosten und der Overheadkosten hinaus keine Aussagen zu Erläuterungen der Beigeladenen bezüglich der übrigen von der Antragsgegnerin als aufklärungsbedürftig benannten Preisbestandteile (im Folgenden 2 a).

Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Aus dem Preisabstand zum Angebot der Antragstellerin folgt nicht automatisch eine mangelnde Auskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen. Das Angebot der Beigeladenen weist auch keine der von der Antragstellerin vermuteten Formfehler auf. Es ist vorbehaltlich des Ergebnisses der von der Antragsgegnerin erneut durchzuführenden Angemessenheitsprüfung bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu berücksichtigen (im Folgenden 2 b).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Bei der Antragsgegnerin, der xxxxxx, handelt es sich vorrangig um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB, die von der Stadt xxxxxx und damit einer Öffentlichen Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB mehrheitlich beherrscht wird. Die Stadt xxxxxx übt ihre Beteiligung über die xxxxxx aus, die sich wiederum zu 100 % in Trägerschaft der Stadt xxxxxx befindet. Die xxxxxx wiederum hält 94,9 % der Anteile an der xxxxxx. Die restlichen 5,1 % daran hält die Stadt xxxxxx unmittelbar. Die xxxxxx ist wiederum alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin ist nicht bei allen Beschaffungen als - vergaberechtlich privilegierte - Sektorenauftraggeberin im Sinne des § 100 Nr. 1 GWB einzustufen. Der Unternehmensgegenstand der Auftraggeberin ist zwar der Öffentliche Personennahverkehr und damit auf eine Tätigkeit im Sektorenbereich im Sinne des § 102 Abs. 4 GWB und § 1 der Sektorenverordnung (SektVO) ausgerichtet. Ihr Gesellschaftszweck ist aber nicht vorrangig durch Wirtschaftlichkeitsaspekte geprägt. Von § 99 Nr. 2 GWB werden juristische Personen des privaten Rechts erfasst, die von der öffentlichen Hand überwiegend finanziert werden oder bei denen die öffentliche Hand den beherrschenden Einfluss infolge Aufsicht oder mehrheitlicher Beteiligung ausübt und die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. Erfasst werden damit vor allem Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge (vgl. Dörr in: Beckscher Vergaberechtskommentar, Bd. 1,4. Aufl., § 99 GWB, Rn. 24). Merkmal der Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB und § 1 SektVO ist es hingegen gerade, dass Wirtschaftlichkeitsaspekte Vorrang vor Vorsorgeüberiegungen haben. Sektorenauftraggeber nehmen am Marktgeschehen teil wie normale Wirtschaftsunternehmen, so dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit einen wesentlichen Umfang haben muss, d.h. aber insbesondere, dass sie sich im Wettbewerb mit Konkurrenten mit dem gleichen Geschäftszweck befinden und ihre Tätigkeit in erster Linie gewinnorientiert ist Aus diesem Grunde fielen kommunale Unternehmen im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs bereits regelmäßig nicht unter den 4. Abschnitt der VOL/A 2006, da sie nicht vorrangig gewinnorientiert sind. Von § 99 Nr. 2 GWB werden gerade auch Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge erfasst, die besondere Bedeutung im kommunalen Bereich haben. Kommunen erfüllen ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge oftmals nicht unmittelbar selbst oder durch rechtlich unselbständige Eigenbetriebe, sondern mitunter durch Gesellschaften, an denen sie wieder zusammen mit privaten Wirtschaftsunternehmen beteiligt sind (sog. gemischtwirtschaftliche Unternehmen) oder - häufiger - durch rechtlich selbständige Eigengesellschaften. In beiden Fällen findet im Grunde genommen lediglich eine Aufgabenverlagerung statt, ohne dass sich der am Allgemeininteresse orientierte Gesellschaftszweck ändert (vgl. Dörr in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl., § 99 GWB, Rn. 89, m. w. N.; Rusam/Weyand in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, Vorbemerkungen zur VOB/A, Rn. 55).

Es ist jedoch vorliegend vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Auftraggeberin entschlossen hat, den verfahrensgegenständlichen Auftrag ais Sektorenauftrag im Sinne der SektVO einzustufen und von einer freien Wahl der Art des Vergabeverfahrens ausgegangen ist. Gemäß § 13 Abs. 1 SektVO können Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zwischen offenem Verfahren, nicht offenem Verfahren mit Bekanntmachung und Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen. Die am 18.04.2016 in Kraft getretene aktuelle Fassung der SektVO (BGBl. 2016 I S. 624) gilt gemäß § 1 SektVO für alle Sektorenauftraggeber nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB. Dazu gehö- ren alle Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 1 - 3 GWB unmittelbar sowie von diesen beherrschte natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, soweit sie eine Sektorentätigkeit im Sinne des 102 GWB ausüben.

Entscheidend für die Anwendbarkeit der SektVO und der damit verbundenen vergaberechtlichen Privilegierungen, wie etwa der freien Wahl der Verfahrensart, ist somit allein, ob der verfahrensgegenständliche Auftrag dem Bereich der Sektorentätigkeit der Auftraggeberin zuzuordnen ist. Zum Sektorenbereich Verkehr gehört gemäß § 102 Abs. 4 GWB u. a. das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit per Eisenbahn-, automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus oder Seilbahn. Gegenstand des vorliegenden Vergabeverfahrens sind unmittelbare Verkehredienstleistungen und damit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 Abs. 4 GWB und § 1 SektVO.

Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind.

Gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 2 GWB ergibt sich der Schwellenwert für Sektorenaufträge aus Art. 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung. Dieser liegt bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen aktuell bei 443.000 Euro.

Die von der Antragsgegnerin vor Beginn des Vergabeverfahrens geschätzten Gesamtkosten (Vergabeakte, Vermerk Ermittlung des Auftragswertes Los 1 vom 26.04.2024) überschreiten den Schwelienwert deutlich.

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, obwohl dieses aus mehreren Gründen von der Wertung auszuschließen sei. Es sei unter Berücksichtigung der Kalkulation der Antragstellerin, die als Bestandsunternehmerin insbesondere im Gegensatz zur Beigeladenen bereits über die von der Antragsgegnerin geforderte Betriebsstätte verfüge, nicht vorstellbar, dass die Beigeladene preislich wesentlich günstiger sein könne. Andernfalls wäre von einem nicht auskömmlichen Angebot auszugehen. Offenbar habe keine ordnungsgemäße Angemessenheitsprüfung stattgefunden.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Beck VergabeR/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB, § 160, Rn. 23; Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rn. 52).

Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprü- fungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB, § 160, Rn. 43; vgl. Beck VergabeR/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB, § 160, Rn. 34; Schäfer in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl., § 160, Rn. 30.).

Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Der Anspruch an die Substantiierung des antragsbegründenden Vortrags wird durch den Stand der Kenntnis des Antragstellers von dem der beanstandeten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt begrenzt und muss damit korrespondieren. Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Soweit die Antragstellerin die konkrete Angebotswertung und die Entscheidung der Antragsgegnerin beanstandet, hat sie auch ihrer Pflicht genügt, den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber der Auftraggeberin zu rügen. Bei der Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin mit Informationsschreiben nach § 134 GWB vom 07.06.2024 mitgeteilt, dass auf das Angebot der Antragstellerin der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Die Wertung sei anhand des Zuschlagskriteriums "niedrigster Wertungspreis" erfolgt.

Die Antragstellerin rügte daraufhin mit Schreiben vom 12.06.2024 die vorgesehene Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin. Sie beanstandete, dass das Angebot der Beigeladenen aus mehreren Gründen nicht zuschlagsfähig, sondern auszuschließen sei.

Diese Rüge des Antragstellers erfolgte innerhalb der Frist von zehn Kalendertagen und damit rechtzeitig i. S. d. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin genügte die Rüge auch - jedenfalls, soweit sie eine vermeintlich mangelnde Auskömmlichkeit des von der Beigeladenen angebotenen Preises und eine unzureichende Angemessenheitsprüfung seitens der Antragsgegnerin beanstandet - inhaltlich den Anforderungen an die Substantiierung einer Rüge.

Um den Zugang zum Nachprüfungsverfahren zu eröffnen, bedarf es zwar der Darlegung zumindest einer konkreten, nicht völlig vagen und pauschal behaupteten Vergaberechtsverletzung. Eine aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung ist unzulässig und damit unbeachtlich (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.12.2009, Az. 11 Verg 06/09; VK Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2011 - VK 52/11). Nach OLG München (Beschluss vom 07.08.2007 - Verg 08/07) darf der Antragsteller in der Rüge und im Nachprüfungsantrag keine pauschalen und unsubstantiierten Behauptungen in der Erwartung aufstellen, die Amtsermittlungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen. Die Vergabekammer ist bei einem Vortrag "ins Blaue hinein" von der Notwendigkeit einer vollständigen Sachaufklärung von Amts wegen entbunden (VK Niedersachsen, Beschluss vom 26.08.2014 - VgK-31/2014).

Wie auch bei der Darlegung der Antragsbefugnis ist aber hinsichtlich des Gehalts der Rüge zu berücksichtigen, dass der Anspruch an die Substantiierung durch den Stand der Kenntnis des Antragstellers von dem der beanstandeten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt begrenzt wird und ausschließlich damit korrespondieren kann und muss. Deshalb darf ein Antragsteller im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines - oft nur eingeschränkten - Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf. Dies gilt jedenfalls im Grundsatz, wenn es um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. Ein Bieter darf daher seinen Nachprüfungsantrag auf konkretisierte Vermutungen stützen (vgl. Hofmann in: Müller-Wrede GWB Vergaberecht Kommentar, § 160 GWB, Rn. 51; Wiese in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 160, Rn. 82).

Es liegt auf der Hand, dass der Antragstellerin die Kalkulation der Beigeladenen nicht bekannt ist. Sie ist aber in nicht zu beanstandender Weise von den Grundlagen ihres eigenen Angebotes ausgegangen und hat mit der Rüge substantiiert vorgetragen, warum sie davon ausgeht, dass das preislich deutlich günstigere Angebot der Beigeladenen nicht auskömmlich kalkuliert ist. Insbesondere verstoße sie gegen zwingende Kalkulationsvorgaben, da Kosten für die Herstellung, bzw. Anmietung der Betriebsstätte nicht kalkuliert worden seien, weil sie im Gegensatz zur Antragstellerin nicht über eine Betriebsstätte im geforderten Radius von 20 km um den ZOB xxxxxx verfüge und nach der Ortsund Marktkenntnis der Antragstellerin bis zum ausgeschriebenen Leistungsbeginn auch nicht verfügen werde. Zudem brauche die Antragstellerin im Gegensatz zur Beigeladenen keine Vorlaufkosten für Personal einzukalkulieren und verfüge über eigene Tankstelle in xxxxxx. Ihr entstünde somit kein Zuschlag für Fremdtankungen. Sie verfüge auch über eine eigene Waschanlage in xxxxxx und brauche damit einhergehend keine Transferfahrten zu berücksichtigen. Schließlich seien im Betrieb der Antragstellerin die erforderlichen Fahrzeuge für das ursprünglich von der Antragsgegnerin vorgesehene Übergangsjahr ab dem xxxxxx.2025 bis zur Stellung der noch von der Antragsgegnerin zu beschaffenden Neufahrzeuge ab dem xxxxxx.2026 bereits im Bestand vorhanden.

Die diesbezüglichen Rügen genügen daher auch den Anforderungen der Rechtsprechung an die Substantiierung. Im Wesentlichen ist der Nachprüfungsantrag daher zulässig.

Als bloße, unsubstantiierte Rüge "in Blaue hinein" bewertet die Vergabekammer dagegen den Vortrag der Antragstellerin, das Angebot der Beigeladenen sei aufgrund eines nicht den Frist- und Formanforderungen genügenden Teilnahmeantrags bzw. von nicht den Frist- und Formanforderungen genügenden Angeboten von der Wertung auszuschließen.

Für die diese bloße Vermutung bietet weder das mit der Vergabeakte vorliegende Angebot der Beigeladenen noch der in der Vergabeakte dokumentierte Sachverhalt im Übrigen irgendeinen Anhaltspunkt. Diesbezüglich ist der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig.

Darüber hinaus ist er diesbezüglich aber auch unbegründet (dazu unter II. 2 b).

2. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet:

a. Die Prüfung der der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises genügte nach der in der Vergabeakte dokumentierten Tiefe nicht den Anforderungen des § 54 SektVO und § 8 SektVO, weil die Beigeladene im Rahmen der Aufklä- rungsverhandlung nicht zu allen von der Antragsgegnerin selbst als Aufklärungsbedürftig abgefragten Preisbestandteilen Erklärungen abgegeben hat, die vom inhaltlichen Gehalt her einer Angemessenheitsprüfung zugrunde gelegt werden konnten.

Gemäß des § 54 SektVO, der inhaltsgleich zu § 60 VgV ist (vgl. Beckscher Vergaberechtskommentar, Bd. 2, 3. Aufl., § 54 SektVO, Rn. 4), kann der Zuschlag auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, abgelehnt werden, wenn der Auftraggeber die Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären kann (§ 54 Abs. 3 SektVO und § 60 Abs. 3 VgV). Stellt der Auftraggeber fest, dass der Preis oder die Kosten des Angebots deshalb ungewöhnlich niedrig sind, weil die Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umweit-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, nicht eingehalten werden, ist dem Auftraggeber untersagt, auf das Angebot den Zuschlag zu erteilen (§ 54 Abs. 3 Satz 2 SektVO und § 60 Abs. 3 Satz 2 VgV).

Erscheint dem Auftraggeber ein Angebotspreis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 54 Abs. 1 SektVO und § 60 Abs. 1 VgV vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen. Normzweck ist zwar vorrangig der Schutz des Auftraggebers. Beim Zuschlag auf ein ungewöhnlich niedriges Preis- oder Kostenangebot besteht die Gefahr, dass der Auftragnehmer zumai dann, wenn der Vertrag einen größeren Umfang oder eine längere Laufzeit haben soll, infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten leistungsunfähig wird, dass schlecht geleistet wird oder Nachforderungen gestellt werden, die zu Verteuerungen der Beschaffung führen (vgl. Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 3; Horn in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rn. 172). Der BGH hat jedoch mit Beschluss vom 31.01.2017 - X ZB 10/16 (zitiert nach ibr-online) bekräftigt, dass diese Vorschrift auch subjektiven Bieterrechtsschutz entfaltet. Erscheine ein Preis für eine zu erbringende Leistung ungewöhnlich niedrig, habe jeder Bieter einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber Aufklärung über die Preisbildung verlange. Auf das tradierte Kriterium der "Marktverdrängungsabsicht" kommt es laut BGH in der Zulässigkeitsprüfung des Nachprüfungsantrags nicht an, da es einem Antragsteller regelmä- ßig unmöglich sei, hierzu Konkretes vortragen zu können.

Zum Zweck der Angemessenheitsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotes verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen.

Bei der Angemessenheitsprüfung handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, die sich auf die Frage der Angemessenheit des Gesamtpreises des niedrigsten Angebotes richtet. Zwar ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, eine derartige Überprü- fung im Wege der Aufklärung vorzunehmen, wenn ihm das preislich günstigste Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint. Auch kann sich der Auftraggeber nicht allein auf eigene Kalkulationen stützen, sondern er muss darauf hinwirken, die erforderlichen Informationen über die konkrete Preisbildung vom betreffenden Bieter zu verlangen (vgl. Hom in: Müller-Wrede, VgV/UVgO, § 60 VgV, Rn. 23).

Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung - z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks in; Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 6). Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugspunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächsthöhere Angebot (= 100 %) - vorliegend also das Angebot der Antragstellerin. Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist allerdings nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzetfall an (vgl. Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 8, 9, m. w. N). Gemäß § 7 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (Nds. GVBl. Nr. 20/2013, S. 259 ff., neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20.11.2019, Nds. GVBl. S. 354) können öffentliche Auftraggeber die Kalkulation eines (vermeintlich) unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen. Bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot sind sie dazu verpflichtet. Diese gesetzliche Aufgreifschwelle gilt jedoch ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VgV gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20 %-Schwelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII Verg 77/04; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 242 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rn. 215, m. w. N.; Horn in: Müller-Wrede, a. a. O., § 19, Rn. 178). Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23.01.2008, Az.: VII-Verg 36/07) hat ebenfalls entschieden, dass in einem Fall, in dem der Abstand des Angebotes der dort erstplatzierten Beigeladenen zu 1 zu dem nächst höheren Angebot der dortigen Beigeladenen zu 2 sowie der Abstand zwischen diesem und dem nächst platzierten Angebot eines dritten Bieters weniger als 20 % betrug, die Aufgreifschwelle, die einen im Verhältnis zu der angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis indiziert, nicht erreicht ist.

Vorliegend wird diese Aufgreifschwelle jedoch erreicht. Die Antragsgegnerin hat sich daher zu Recht dazu entschieden, eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen. Diese Prüfung war entgegen der von der Antragsgegnerin nunmehr im Nachprüfungsverfahren vertretenen Auffassung nicht etwa deshalb überobligatorisch oder "freiwillig", weil der Angebotspreis noch im Rahmen der eigenen Ex-ante-Kostenkalkulation lag. Die eigene Kostenschätzung kann und sollte vielmehr regelmäßig im Rahmen der Angemessenheitsprüfung mitberücksichtigt werden. Als alleiniger Prüfungsmaßstab für die Frage, ob das erstplatzierte Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint, eignet sich der Erwartungswert der eigenen Kalkulation des Auftraggebers dagegen umgekehrt nur, wenn der Preisabstand zum zweitplatzierten Angebot zwar nicht die Aufgreifschwelle erreicht, dem Auftraggeber aber gleichwohl Zweifel an der angemessenen Kalkulation und der vertragsgemäßen Leistungserbringung zum angebotenen Preis erwachsen.

Andernfalls bleibt es dabei, dass in Rechtsprechung und Literatur mittlerweile weit überwiegend vertreten wird, dass bei einer preislichen Abweichung von mehr als 20 % zum nächsthöheren Angebot eine kritische Grenze überschritten wird, die eine Aufklärungs- bzw. Nachfragepflicht des Auftraggebers auslöst (Aufgreifschwelle) (vgl. Beck VergabeR/Opitz, 3. Aufl. 2019, VOB/A-EU § 16d, Rn. 25).

Die Antragsgegnerin hatte jedenfalls ausweislich der Vergabeakte beim Vergleich der Angebotspreise selbst zu mehren Preisbestandteilen Aufklärungsbedarf beim Angebot der Beigeladenen gesehen. Aus dem mit der Vergabeakte vorliegenden tabellarischen "Angebotsvergleich Los 1" (Vergabeakte, pdf-Datei "Geheim_2024_05_Vergabeakte-Teil 3_Angebotsphase 1, S. 63) ergab sich für die Antragsgegnerin, dass der Wertungspreis des Angebotes der Beigeladenen mehr als 20 % unter dem Wertungspreis des Angebotes der Antragstellerin lag. Ferner ergibt sich aus der Tabelle, dass dieser Preisabstand auf zum Teil deutlich niedrigeren Kosten in Preisbestandteilen P2: variable Kosten und P3: Overheadkosten beruht. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin die Beigeladene mit Schreiben vom 15.05.2024 zu einem Verhandlungsgespräch für den 17.05.2024 eingeladen hat. Dort heißt es auf Seite 3:

"Gegenstand der Verhandlung ist insbesondere Ihre Preiskalkulation. Die Verhandlung soll unter anderem dazu genutzt werden, uns in die Lage zu versetzen, Ihre Kalkulation - unter Sicherstellung der Auskömmlichkeit (Kostendeckung) ihrer Preise - fachlich nachzuvollziehen und nach § 54 Abs. 1 SektVO aufzuklären. Hierbei sind folgende Punkte von Belang:

  • Preisbestandteil P1: Fahrzeug Fixkosten, dabei Fahrzeugversicherungen; Kfz Steuer; fixe Kosten der Instandhaltung; weitere fixe Kosten der Fahrzeugvorhaltung

  • Preisbestandteile P2t, P2f und P2s; Preis für Treibstoffkosten, Personalkosten, insbesondere Einhaltung der Vorgaben des Niedersächsischen Tariftreueund Vergabegesetzes und sonstige Kosten

  • Preisbestandteil P3: Preis für Overhead- und Regiekosten

Ferner soll der folgende Aspekt erörtert werden:

Sicherstellung der Anforderungen an die Betriebsstätte nach Ziffer 5 der Leistungsbeschreibung (Anlage A. 1.2)."

(Hervorhebung durch die Vergabekammer)

Das im "Protokoll zur ersten Verhandlungsrunde für Los 1" dokumentierte Verhandlungsgespräch vom 17.05.2024, das ausweislich des Einladungsschreibens vom 15.05.2024 ausdrücklich insbesondere der Aufklärung der Preiskalkulation der Beigeladenen dienen sollte, lässt jedoch nur eine hinreichende Erörterung der von der Beigeladenen kalkulierten Personalkosten (P2f) und der Overheadkosten (P3) erkennen. Bezüglich der Personalkosten hatte die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin detailliert die maßgeblichen Aspekte ihrer Kalkulation dargestellt und auf Rückfragen der Antragsgegnerin weiter präzisiert. Auch bezüglich der kalkulierenden OverheadKosten hat die Beigeladene dargelegt, warum sie den kalkulierten Preis zwar knapp, aber noch mit einem hinreichenden Deckungsbeitrag kalkuliert habe. Die Antragsgegnerin war in der Lage, diese dokumentierten Erklärungen der Antragstellerin bei der Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises positiv zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der übrigen Preisbestandteile (P 1, P2t, P2s und die Sicherstellung der Anforderungen an die Betriebsstätte), die die Antragsgegnerin gemäß Einladungsschreiben ausdrücklich ebenfalls zum Thema der Aufklärung machen wollte, enthält das Protokoll keine tragfähigen Erklärungen der Beigeladenen zur Entscheidung über die Angemessenheit ihres Preises, Zum Preisbestandteil "P1 Fahrzeugkosten" mag eine Erläuterung der Beigeladenen noch entbehrlich gewesen sein, da die kalkulierten Positionen dort ausweislich des tabellarischen "Angebotsvergleich Los 1" überwiegend wie auch die Fahrzeugfixkosten insgesamt deutlich höher angesetzt sind als im Angebot der Antragstellerin und in der Ex-ante-Kalkulation der Antragsgegnerin.

Auf die Fragen der Antragstellerin zur Sicherstellung einer Betriebsstätte in maximal 20 km Umkreis vom ZOB konnte die Beigeladene ausweislich des Protokolls zum Verhandlungsgespräch noch keine Angaben machen (siehe dazu unter II. 2. b).

Bezüglich der Preisbestandteile "P2t Treibstoffkosten" und "P2s Sonstige Kosten" beschränkte sich die Erläuterung der Beigeladenen jedoch mit einem allgemeinen Hinweis auf das Spektrum an Serviceleistungen in den bestehenden Betriebshöfen der Beigeladenen sowie der Verlässlichkeit des Unternehmens über die lange Zeit seines Bestehens.

Nach einer entsprechenden Aufforderung zur Aufklärung der eigenen Preiskalkulation trifft den Bieter eine Mitwirkungsobliegenheit. Seine Erklärungen müssen in sich schlüssig, nachvollziehbar und anhand geeigneter Belege objektiv überprüfbar sein (vgl. Beck VergabeR/Lausen, VgV, § 60, Rn. 17; VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.10.2012 -1 VK 38/12). Es genügt nicht, dass der Bieter lediglich formelhafte, inhaltsleere Erklärungen abgibt (Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 60 VgV, Rn. 8). Ebenso darf sich der Antragsgegner seinerseits nicht mit einer allgemeinen Bestätigung eines Bieters, dass ein Angebot in Gänze auskömmlich sei, zufriedengeben (Ziekow/Völlink, a. a. O., Rn. 13 a). Solche Auskünfte erfüllen die Anforderungen an eine umfassende, schlüssige und nachvollziehbare Darlegung der angebotenen Preispositionen nicht.

Aus diesem Grunde ist es im vorliegenden Fall auch nicht damit getan, wenn die Antragsgegnerin im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens lediglich ihre Dokumentation nachbessert. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des OLG Celle vom 13.01.2011 - 13 Verg 15/10 (BeckRS 2011,2421, Rn. 35, beck-online), der ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag.

Denn nach dieser Rechtsprechung können zwar Gründe bzw. Ermessenerwägungen auch im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeschoben werden, wobei der Dokumentationspflicht genügt ist, wenn dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt. Die Nachholung der Dokumentationspflicht im Nachprüfungsverfahren ist aber nur zulässig, soweit die ergänzenden Erwägungen oder Erläuterungen sich auf Begründungen beziehen, die im Kern bereits im Vergabevermerk angelegt sind (vgl. Beck VergabeR/Dörr, 4. Aufl. 2022, GWB § 97 Abs. 1, Rn. 50). Darin fehlt es im vorliegenden Fall aber, wie dargelegt, bei den Erläuterungen der Beigeladenen zur Kalkulation der Preisbestandteile "P2t Treibstoffkosten" und "P2s Sonstige Kosten".

Auch der entsprechende Vermerk in der Vergabeakte (Teil 3: Angebotsphase 1, Seite 1) enthält über die Erörterung der Personalkosten und der Overheadkosten hinaus keine aussagefähigen Erläuterungen der Beigeladenen bezüglich der übrigen von der Antragsgegnerin in der Einladung zum Verhandlungsgespräch als von Belang für die Angemessenheitsprüfung benannten Preisbestandteile.

Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, erneut in die Angebotswertung ab der Stufe der Angemessenheitsprüfung des Angebotes der Beigeladenen einzutreten, ab dieser Stufe die Wertung zu wiederholen, dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten und Prüfung, Wertung und Ergebnis in einer den Anforderungen des Vergaberechts genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

b. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet:

  • Aus dem Preisabstand zum Angebot der Antragstellerin folgt nicht automatisch eine mangelnde Auskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen. Trägt der Bieter durch nachvollziehbare Angaben zur Aufklärung bei, ist der Auftraggeber nicht per se gehindert, den Zuschlag sogar auf ein Unterkostenangebot (unauskömmliches Angebot) zu erteilen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01; Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 60 VgV, Rn. 32, m. w. N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Dazu gehört z. B. auch die Reduzierung von personellen und logistischen Überkapazitäten, die etwa durch die Beendigung eines anderweitigen Auftrags verursacht werden können. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.

  • Das Angebot der Beigeladenen weist auch keine der von der Antragstellerin vermuteten Formfehler auf. Die Antragstellerin hat behauptet, das Angebot der Konkurrentin aufgrund eines nicht den Frist- und Formanforderungen genügenden Teilnahmeantrags, bzw. von nicht den Frist- und Formanforderungen genügenden Angeboten von der Wertung auszuschließen. Für diese bloße Vermutung bietet weder das mit der Vergabeakte vorliegende Angebot der Beigeladenen noch der in der Vergabeakte dokumentierte Sachverhalt im Übrigen irgendeinen Anhaltspunkt.

  • Das Angebot der Beigeladenen ist schließlich auch nicht deshalb wegen Abweichung von den Vorgaben der Vergabeunterlagen oder mangelnder Leistungsfä- higkeit auszuschließen, weil sie zum derzeitigen Zeitpunkt - mehr als ein Jahr vor dem inzwischen auf den xxxxxx.2026 festgelegten Leistungsbeginn - noch nicht über den erforderlichen Betriebshof verfügt.

Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin allerdings erstmals im Nachgang zur mündlichen Verhandlung im Nachprüfungsverfahren mit Schriftsatz vom 02.08.2024 ausschließlich für die Vergabekammer vorgetragen, dass die Beigeladene über ein Umsetzungskonzept im Hinblick auf die geforderte Betriebsstätte verfüge und dargelegt, mit wem die Beigeladene sich derzeit in konkreten Verhandlungen mit geeigneten Flächen für den Ausschreibungsgemäßen Betriebshof befindet. Unabhängig davon gebe es nach den Marktrecherchen der Beigeladenen aber auch weitere geeignete Grundstücke.

Diese Bemühungen erlauben zumindest die Prognose, dass die Beigeladene im Zuschlagsfall mit dem Beginn der vertraglich geschuldeten Verkehrsdienstleistungen auch bezüglich der Einrichtung und Vorhaltung des Betriebshofs leistungsfä- hig ist. Soweit die Antragstellerin vorgetragen hat, dass es für die Beigeladene als Übernehmerin der ausgeschriebenen Leistungen schwierig sein könnte, sich geeignete Flächen für den notwendigen Betriebshof im geforderten 20-km-Radius zu sichern, während sie, die Antragstellerin bereits darüber vor Ort verfügt, ist dem entgegenzu halten, dass dieser Umstand notwendigerweise mit jeder Übernahme von Dienstleistungen, die bisher von einer anderen Einrichtung oder einem anderen Unternehmen erbracht wurden, einhergeht.

Eine vertragliche oder auch nur vorvertragliche Bindung über den Erwerb oder die Anmietung einer für den Betriebshof geeigneten Fläche schon im laufenden Vergabeverfahren und vor einer Zuschlagsentscheidung kann von einem Bieter nicht verlangt werden. Andernfalls würde dem Bieter in nicht zumutbarer Weise abverlangt, weitreichende Dispositionen auf die bloße Vermutung eines Zuschlags hin zu treffen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2019 - VII Verg 52/18), Die Bieter müssen lediglich plausibel darstellen, dass sie im Zuschlagsfalle bis zum ausgeschriebenen Beginn der vertraglich geschuldeten Dienstleistungen über die erforderliche tatsächliche und personelle Ausstattung verfügen.

Das Angebot der Beigeladenen ist daher vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses der von der Antragsgegnerin erneut durchzuführenden Angemessenheitsprüfung bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu berücksichtigen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18.04.2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17.02.2016 (BGBl. I, 8. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18.04.2016)

Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx € (brutto). Dieser Betrag entspricht der von der Antragsgegnerin geprüften Angebotssumme der Antragstellerin über die vertragliche Laufzeit von 9 Jahren und unter anteiliger (50 %) Berücksichtigung von zwei weiteren Optionsjahren (BGH, Beschluss vom 18.3.2014, X ZB 12/13 = VergabeR 2014, Seite 545; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.2008 - VII Verg 45/08) und damit ihrem Interesse am Auftrag.

Bei Dienstleistungsverträgen mit einer vorgesehenen festen Vertragslaufzeit ist der gesamte Vertragszeitraum zu berücksichtigen. Dies gilt nach der herrschenden Rechtsprechung und Lehre auch bei Laufzeiten von über 4 Jahren. Die früher verbreitete Praxis", in solchen Fällen bei der Wertbemessung analog § 3 VgV eine "Kappungsgrenze" von 48 Monaten anzuwenden (OLG München, Beschluss vom 26.06.2013 - Verg 32/12, BeckRS 2013,18697), hat der BGH verworfen (BGH, Beschluss vom 18.03.2014, X ZB 12/13 = VergabeR 2014, Seite 545; OLG Celle Beschluss vom 01.07.2014 - 13 Verg 4/14). Nach Ansicht des BGH und des OLG Celle kommt eine Begrenzung auf den vierfachen Jahresbetrag in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV a. F., der den aktuellen Regelungen des § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV und 2 Abs. 11 Nr. 2 SektVO entsprach, nicht in Betracht (ebenso Krohn in: Beckscher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl., § 182, Rn. 134; Brauser-Jung in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl., § 182 GWB, Rn. 8). Nur bei Dienstleistungsaufträgen, für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann, und die eine unbestimmte und nicht abzuschätzende Laufzeit haben, kommt in Anlehnung an § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV und § 2 Abs. 11 Nr. 2 SektVO eine Begrenzung auf den 48-fachen Monatswert Betracht (Keppler in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl., § 182 GWB, Rn. 64).

Bei einer Gesamtsumme von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 3des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nur in ihren Rechten verletzt ist, soweit die Antragsgegnerin es versäumt hat, die Angemessenheit des preislich auf Rang 1 liegenden Angebotes der Beigeladenen hinreichend und vollständig zu prüfen, und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 8 SektVO genü- genden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Im Übrigen war der Nachprüfungsantrag dagegen erfolglos. Die Antragsgegnerin hat vorbehaltlich des Ergebnisses der erneut durchzuführenden Angemessenheitsprüfung keinen Anlass, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen. Die Kostenquote (2/3 zu 1/3) entspricht daher dem jeweils anteiligen Obsiegen und Unterliegen.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag zur Hauptsache gestellt und war daher auch nicht an der Kostenquote zu beteiligen.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i, V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVerwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVerwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB auf das BVerwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG.

Kosten der Antragstellerin:

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 2/3 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten. Gemäß § 182 Abs, 4 GWB i, V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf den Antrag der Antragstellerin gemäß Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprü- fungsverfahren für die Antragstellerin notwendig war. Ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, bedurfte die Antragstellerin gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu 2/3 zu tragen.

Kosten der Antragsgegnerin:

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB ebenfalls anteilig zu 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist erforderlich. Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Daher kann die Vergabekammer die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch diesen Antragsgegner regelmäßig nicht als notwendig ansehen.

Allerdings handelte es sich vorliegend bereits von der Abwicklung des Vergabeverfahrens her um eine für die Antragsgegnerin überdurchschnittlich bedeutende und umfangreiche Auftragsvergabe, zumal sie parallel auch eine Ausschreibung zur Beschaffung von Bussen durchführt, die dem Zuschlagsbieter beigestellt werden sollen.

Es erscheint zur Abarbeitung eines Nachprüfungsverfahrens dann auch angemessen, das anhand der regelmäßigen Linienarbeit bemessene Personal auch für das Nachprü- fungsverfahren anwaltlich zu verstärken. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für die Antragsgegnerin insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit in diesem Einzelfall als notwendig anzuerkennen (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 31.01.2012, VgK-58/2011; Beschluss vom 18.09.2012, VgK-36/2012).

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses die auf sie entfallende anteilige Gebühr in Höhe von xxxxxx €unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Herr Tiede kann urlaubsbedingt nicht selbst unterschreiben
Gause
Dalchau