Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 13.03.2024, Az.: VgK-03/2024

Angabe der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder Vergabeunterlagen (hier: Ausschreibung des Technischen Projektmanagements (TPM))

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
13.03.2024
Aktenzeichen
VgK-03/2024
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 17719
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der XXXXXX,
Verfahrensbevollmächtigte: XXXXXX,
- Antragstellerin -
gegen
1. XXXXXX,
2. XXXXXX,
3. XXXXXX,
4. XXXXXX,
5. XXXXXX,
6. XXXXXX,
Verfahrensbevollmächtigte: XXXXXXX,
- Antragsgegnerinnen -
beigeladen:
1. XXXXXX,
Verfahrensbevollmächtigte: XXXXXXX,
- Beigeladene zu 1 -
2. XXXXXX,
- Beigeladene zu 2 -
wegen
XXXXXXXX Ausschreibung TPM, Bekanntmachungs-Nr. xxxxxx, Los 1,
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende RD'in von dem Knesebeck, die hauptamtliche Beisitzerin Ass. jur. Winterberg und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Dierks auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2024 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Zuschlagsentscheidung in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerinnen werden verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung zur finalen Angebotsabgabe zurückzuversetzen und dabei die aus den Gründen ersichtliche Auffassung der Vergabekammer zu beachten.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerinnen zu tragen. Die Antragsgegnerinnen sind jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerinnen haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragstellerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerinnen haben mit EU-Bekanntmachung vom xxxxxx.2023 das Technische Projektmanagement (TPM) für die xxxxxx im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach den Vorgaben der SektVO ausgeschrieben.

Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um sechs Gesellschaften, weiche zum Teil Stadtwerke, Gemeindewerk und Energienetzunternehmen sind. Fünf dieser Gesellschaften haben ihren Sitz in Niedersachsen und eine ihren Sitz in Thüringen.

Gemäß Abschnitt VlI.4.1) der Bekanntmachung ist die Vergabekammer Niedersachsen beim Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren angegeben worden.

Die Auftraggeberinnen haben die Anwaltskanzlei xxxxxx (im Folgenden nur "Anwaltskanzlei") mit der Betreuung und Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragt.

Mit Eröffnung des Teilnahmewettbewerbs sind allen am Auftrag interessierten Unternehmen die Zuschlagskriterien erstmalig zur Verfügung gestellt worden.

Nach erfolgreich durchgeführtem Teilnahmewettbewerb wurden die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1 und zu 2 am xxxxxx.2023 zur Abgabe eines ersten Angebotes aufgefordert.

Nach Öffnung der Erstangebote am xxxxxx.2023 und Auswertung dieser sind die beteiligten Bieter jeweils zu einem Bietergespräch eingeladen worden.

In den Bietergesprächen haben sich laut Protokoll der Antragsgegnerinnen zum jeweiligen Gespräch unter anderem jeder Bieter vorgestellt und eine Bieterpräsentation zum Erstangebot gehalten. Weiterhin wurden je nach Angebotsinhalt verschiedene Punkte besprochen. Das von der Kanzlei angefertigte Protokoll wurde der Antragstellerin im Nachgang nicht übersandt.

Als Ergebnis der Verhandlungen haben die Antragsgegnerinnen die Vergabeunterlagen angepasst und diese den Bietern in einer Anderungsfassung zur Verfügung gestellt. Hierauf wurden alle Bieter im Rahmen der Aufforderung zur finalen Angebotsabgabe am xxxxxx.2023 gesondert hingewiesen.

Nach Neuformulierung der Ziffer 2.1.1 des Leistungsverzeichnisses des TPM-Vertrages lautet diese nun:

"Einrichtung und Betrieb eines geeigneten zentralen Projektbüros in xxxxxx bis spätestens 3 Monate vor Beginn der xxxxxx. Sowie dezentrale Projektbüros während der xxxxxxphase in der Nähe des jeweils anzupassenden xxxxxxgebiets insbesondere in XXXXXX, XXXXXX, XXXXXX, XXXXXX UNd XXXXXX."

Gemäß Teil 5 der finalen Bewerbungsbedingungen (Stand 30.10.2023) erfolgt die Wertung der Angebote nach folgenden Festlegungen:

I. Kriterien bei der Angebotsauswertung und Gewichtung für das Fachlos Technisches Projektmanagement (TPM)

KategorieGewichtung
1Vergütungshöhe 50 %
Pauschalentgelt TPM je xxxxxx in € ohne USt.
2Bieterkonzepte50 %
2.1Ausführungskonzept TPM30 %
2.2Personalkonzept TPM20 %
3Ergebnis100 %

II. Erläuterungen zu den Wertungskriterien

1) Bewertung der Vergütungshöhe

Die Auftraggeber bewerten die in der jeweiligen Tabelle in Ziffer I. unter Nr. 1 angeführte Vergütungshöhe (Pauschalentgelt/Wertungssumme) anhand einer Punkteskala von null bis fünf Punkten. Fünf Punkte erhält das Angebot mit der niedrigsten Vergütungshöhe. Null Punkte erhält ein Angebot mit dem 1,5-fachen der niedrigsten Vergütungshöhe. Alle Angebote darüber erhalten ebenfalls null Punkte. Die Punktebewertung für die dazwischen liegenden Preise erfolgt über eine lineare Interpolation mit bis zu zwei Stellen nach dem Komma anhand folgender Formel:

vk_lu_neburg_20240313_vgk032024_beschluss_as1

2) Bewertung der Bieterkonzepte

Für die Angebotswertung der Bieterkonzepte wird eine Punkteskala von null bis fünf Punkte festgelegt. Die höchste Punktzahl (fünf Punkte) wird an das/die jeweilige/n Konzepte vergeben, das/die auf Basis relativer Bewertung gemessen an den anderen Angeboten die nachfolgenden Anforderungen in sehr guter Weise erfüllven. Die Konzepte werden entsprechend der Vorgaben der Tabellen in Teil 5 Ziffer I., jeweils unter den Nr. 2.1 und 2.2. gewichtet, so dass insgesamt für die Bieterkonzepte pro Fachlos eine Gesamtpunktzahl von fünf Punkten erreicht werden kann. Die anderen Angebote erhalten eine gemessen am Erfüllungsgrad der Anforderungen im Vergleich zum jeweils höchst bepunkteten Angebot entsprechend niedrigere Bepunktung.

Das bedeutet:

5 Punktewerden für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter in sehr guter Weise erfüllt.
4 Punktewerden für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter in überdurchschnittlicher Weise erfüllt.
3 Punktewerden für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter in zufriedenstellender Weise erfüllt.
2 Punktewerden für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter lediglich in ausreichender Weise erfüllt.
1 Punktwird für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter unzureichend erfüllt.
0 Punktewerden für eine Darstellung vergeben, welche die genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter gar nicht erfüllt.

a) Anforderungen an die Bieterkonzepte für das Fachlos TPM (Teil 5 Ziffer I.1)

(1) Ausführungskonzept TPM

Der Umfang der Darstellung zum Ausführungskonzept für das TPM darf einen Umfang von 25 DIN A 4-Seiten (zzgl. Wochenbericht) nicht überschreiten.

- Darzustellen ist die Vorgehensweise des Bieters bei der konkreten Planung und Steuerung des Projektes (LV TPM Ziffer 1). Von besonderer Bedeutung für die Auftraggeberist:

- im Bereich Planung: Ausführungen zur Projektplanung, die sämtliche xxxxxx-relevanten Bereiche und Unternehmen umfasst, zum zeitlichen Ablauf der wesentlichen Prozessschritte in der Rolle als TPM, die Darstellung des verwendeten Projektplanungstools sowie eine Skizzierung des Inhalts und Umfangs des Prozesshandbuchs,

- im Bereich Steuerung: die Erläuterung der konkret eingesetzten Mechanismen zur Koordination und Kontrolle mit einem Schwerpunkt bei der Steuerung der XXXXXXXxfirmen.

- Hinsichtlich der Kundenbetreuung (LV TPM Ziffern 3, 4, 6) werden insbesondere Aussagen zu den kundenbezogenen Prozessen sowie zur praktischen Umsetzung auf Basis eigener Erfahrungswerte erwartet. Bei der Bereitstellung der Hotline ist der Aufbau, die Lokalität und die Expertise ebenso darzustellen wie die Maßnahmen zur Erreichung einer effizienten Bearbeitung von Wünschen der Kunden einschl. Servicelevel.

- Bei der Betreuung von Industriekunden (RLM-Kunden) sowie Kunden mit Sondergeräten (LV TPM Ziffer 5) steht die effiziente Gestaltung der jeweils konkreten Prozesse sowie deren zeitliche Planung im Vordergrund. Darzustellen sind insbesondere die Expertise im Umgang mit den beiden Kundengruppen sowie eine zeitliche und organisatorische Ablaufplanung, aus welcher die jeweils notwendigen Prozessschritte hervorgehen.

- Im Rahmen der Darstellungen zu IT, xxxxxx-Software (LV TPM Ziffer 7) hat der Bieter die für den konkreten Einsatz geplante Software vorzustellen, wobei insbesondere die Praktikabilität einschl. Vor- und Nachteilen von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus werden Ausführungen erwartet, wie Datenschutz und Datensicherheit sowie die entsprechenden Vorsorgeleistungen im Detail gewährleistet werden.

- Zur Materialwirtschaft (LV TPM Ziffer 8) werden konkrete Ausführungen zu Örtlichkeit/en und Organisation der/s Materiallager/s sowie Ausführungen zur Beschaffung und zum Dispositionsvorgang, einschl. der Sicherungsmechanismen mit Fristigkeit und Fiexibilität sowie zum Retourenmanagement, insbesondere für den Fall kurzfristiger Umdisponierungen aufgrund von Ausfällen von Monteuren und den daraufhin notwendigen Materialverschiebungen, erwartet.

Die xxxxxx der xxxxxx soll grundsätzlich mit Originalmaterial erfolgen. Gleichwohl soll eine möglichst hohe Anzahl an Geräten angepasst werden, ohne dass diese ausgetauscht werden müssen. Darzustellen ist deshalb das Vorgehen des Bieters bei nicht vorhandenem Originalmaterial und einer technisch vertretbaren xxxxxx der Geräte.

- Zum Bereich Dokumentation und Berichterstattung (LV TPM Ziffer 9) ist ein beispielhafter Wochenbericht in der xxxxxxphase zu erstellen, der dem gegebenen Projektumfang entsprechend gestaltet ist. Besonderer Wert wird hierbei auf die individuelle Bewertung und Kommentierung der Berichterstattung durch den Projektleiter gelegt.

(2) Personalkonzept TPM

Der Umfang der Ausführungen zum Personalkonzept für das TPM darf einen Umfang von 10 DIN A4-Seiten (zzgl. Mitarbeiterliste) nicht übersteigen.

Die Auftraggeber legen grundsätzlich Wert auf eine kontinuierliche Projektbegleitung durch die eingesetzten Mitarbeiter, auf eine der anfallenden Leistungen und Aufgaben entsprechende Expertise der Mitarbeiter sowie auf eine Bearbeitung der anfallenden Aufgaben an den jeweiligen Projektorten.

- Zu dem Projektbüro (LV TPM Ziffer 2) wird eine Darstellung der personellen Besetzung sowie der Aufgabenzuordnung des Personals in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht erwartet. Dabei sind Leistungen, die nicht vor Ort im Projektbüro erbracht werden, einschl. der Maßnahmen zur effizienten Verzahnung dieser Leistungen darzustellen.

- Zur Darstellung des Personalbestandes hat der Bieter eine - ggf. anonymisierte - Liste seiner aktuellen Mitarbeiter für den ausgeschriebenen Leistungsgegenstand vorzulegen mit Angaben zur Ausbildung/Qualifikation, Verantwortungsbereiche einschl. der einschlägigen Berufserfahrung, xxxxxx-Erfahrung, Unternehmenszugehörigkeit in Jahren. Die Mitarbeiter, die in diesem Projekt eingesetzt werden sollen, sind zu kennzeichnen.

- Projektleiter und Stellvertreter sind für dieses Projekt namentlich zu benennen und vorzustellen.

- Es wird eine Kapazitätsplanung für die gesamte Projektlaufzeit unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung und der wesentlichen Prozessschritte auf Basis des Terminplans (Anlage 34 Vertragsunterlagen TPM (Entwurf)) erwartet sowie konkrete Ausführungen zur Redundanzplanung, insbesondere wie der Bieter mit planbaren Ausfällen (Urlaub) bzw. mit ungeplanten Ausfällen (kurzfristige oder länger andauernde Krankheit) umgeht und sich insoweit absichert.

- Ferner sind Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen für die eingesetzten Mitarbeiter aufzuzeigen sowie ein mitarbeiterscharfer Schulungsplan vorzulegen und anzugeben, ob und wie dieser Plan umgesetzt wird.

III. Gewichtung

Wenn die Auftraggeber die jeweilige Anforderung mit einer Punktzahl versehen haben, werden diese einzelnen Bewertungen gewichtet. Der jeweilige Anteil an der Gesamtwertung ist in den jeweiligen Tabellen in Teil 5, Ziffer I, ausgewiesen."

Weitere Ausführungen zur Bewertung, insbesondere zu einer Wichtung der Unterkriterien der Konzepte, wurden weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen gemacht.

Alle zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bieter haben fristgerecht ein finales Angebot bis zum XXXXXX.2023 eingereicht.

Die Antragstellerin reichte mit ihrem Angebot ein Ausführungskonzept und ein Personalkonzept ein. In diesen Konzepten hat sie zu allen Unterkriterien Angaben gemacht.

Nach Auswertung der finalen Angebote durch die Anwaltskanzlei ist ein Auswertungsvorschlag der finalen Angebote den Antragsgegnerinnen mit E-Mail vom 13.12.2023 vorgelegt worden., Mit der Übersendung erfolgte zudem folgender Hinweis an die Antragsgegnerinnen:

"Wir haben nun die Möglichkeit mit Ihnen gemeinsam die einzelnen Prüfbereiche (die Unterkriterien zur Auswertung der Ausführungs- und Personalkonzepte) zu gewichten. Dies ist auch nach vorläufiger Auswertung der Angebote, mithin im jetzigen Verfahrensstand, möglich. Maßgeblichen Einfluss auf die Zuschlagserteilung hat somit Ihre Schwerpunktsetzung der einzelnen Unterkriterien. Unterschieden werden kann zwischen niedriger, mittlerer und höherer Gewichtung.

[...]

Zur besseren Übersicht und zur Vorbereitung auf unseren Abstimmungstermin erhalten Sie den beigefügten Aktenvermerk, der die gewichteten Unterkriterien sowie das vorläufige Punkteergebnis der Angebote nach unserer Auswertung darstellt."

Am 20.12.2023 fand im WebKo-Format eine finale Abstimmung der Anwaltskanzlei mit den Antragsgegnerinnen statt, in dem die Einzelheiten der Auswertung besprochen wurden. Unter anderem wurde durch die Antragsgegnerinnen die Wichtung der Unterkriterien der beiden Konzepte und die Schwerpunktsetzung festgelegt.

Nach diesem Termin übersandte die Anwaltskanzlei mit E-Mail vom 21.12.2023 die angepasste Auswertung der finalen Angebote TPM an die Antragsgegnerinnen mit folgender Information:

"Berücksichtigt ist nun die gewünschte höhere Gewichtung der Unterkriterien Kundenbetreuung, Industrie- und Sonderkunden, sowie Projektleiter/Stellvertreter. Dadurch wird der Abstand insbesondere zwischen [...] und [...] in Hinblick auf das Personalkonzept etwas größer. Jedoch nicht so groß, dass eine Bewertung des Personalkonzepts von [...] auf [...] Punkte gerechtfertigt würde. Mithin bleibt es bei dem Endergebnis der vorläufigen Auswer- tung. Auf dieser Basis empfehlen wir die Vergabe des Fachloses TPM an die xxxxxx."

Danach ergab sich nachfolgende finale Gewichtung der Konzepte (vgl. Auswertung finale Angebote TPM)

Im Ausführungskonzept:

- Planung und Steuerung:mittlere Gewichtung
- Kundenbetreuung:höhere Gewichtung
- Betreuung von Industrie-/ Sonderkunden:höhere Gewichtung
- IT und xxxxxx-Software:mittlere Gewichtung
- Materialwirtschaft:mittlere Gewichtung
- Dokumentation und Berichtserstattung:mittlere Gewichtung

Im Personalkonzept:

- Projektbüro:mittlere Gewichtung
- Darstellung des Personalbestandes:mittlere Gewichtung
- Projektleiter und Stellvertreter:höhere Gewichtung
- Kapazitätsplanung:mittlere Gewichtung
- Fortbildung und Schulung:mittlere Gewichtung

Der Rechenweg zur Gewichtung der einzelnen Bereiche der Konzepte wurde durch die Anwaltskanzlei im Vergabevermerk nicht formelmäßig dargestellt, sondern ist laut ihrer Aussage mit den Auftraggeberinnen verbal besprochen worden. Soweit eine Gewichtung der Bereiche erfolgt ist, wurde bei höherer Gewichtung der Bereich x 3, bei mittlerer Gewichtung der Bereich x 2 und bei niedriger Gewichtung der Bereich x 1 angesetzt. Im Anschluss wurde die so ermittelte Gesamtpunktzahl errechnet und davon der Durchschnitt gebildet. Der Endwert wurde nachfolgend gerundet, weil laut den Bewerbungsbedingungen für das jeweilige Konzept nur ein Punktwert von 0 bis 5 Punkten zu vergeben angekündigt worden war. Werte mit einer Endung (Dezimalbruch) auf ,4 wurden abgerundet, Werte mit einer Endung (Dezimalbruch) auf ,5 oder höher wurden aufgerundet (vgl. E-Mail der Anwaltskanzlei an die Vergabekammer vom 16.02.2024).

Die Dokumentation der Auswertung der finalen Angebote besteht je aus einer Konzeptbewertung und der Preisbewertung wobei zunächst eine Zusammenfassung der Wertung jedes Angebotes erstellt wurde. Es folgt ein Gesamtergebnis zum Ausführungskonzept und eines zum Personalkonzept. Im weiteren Schritt hat die Anwaltskanzlei zu jedem einzelnen Unterkriterium des jeweiligen Konzeptes eine Zusammenfassung jedes Angebotes gefertigt in welcher kurz die einzelnen Punkte des jeweiligen Konzeptes aufgeführt wurde und zuletzt eine kurze schriftliche Bewertung dieser Ausführungen mit der dazugehörigen Punktzahl niedergeschrieben ist (vgl. Auswertung der finalen Angebote TPM).

Mit E-Mails vom 22.12.2023 (XXXXXXX), 27.12.2023 (X und XXXXXX), 08.01.2024 (XXXXXX und xxxxxx) haben alle Antragsgegnerinnen bis auf xxxxxx dem Vergabevorschlag (vgl. E-Mail der Anwaltskanzlei vom 21.12.2023) der Anwaltskanzlei zugestimmt. Eine schriftliche Zustimmung der xxxxxxx zu dem Auswertungsvorschlag vom 21.12.2023 liegt nicht vor. Die Anwaltskanzlei teilte insoweit mit, dass "vor dem Hintergrund der laufenden Fusionierungsgespräche der xxxxxx und der xxxxxx die xxxxxx mündlich übereingekommen sind, dass die xxxxxx den Entscheidungen der xxxxxx in diesem Verfahren folgt" (vgl. E-Mail der Anwaltskanzlei an die Vergabekammer vom 16.02.2024).

Das Ergebnis der Auswertung der finalen Angebote und die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 wurde den teilnehmenden Bietern mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom xxxxxx.2024 übermittelt.

Hier wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Laut Absageschreiben habe die Antragstellerin zwar einen konkurrenzfähigen Preis angeboten. Das zu bezuschlagende Angebot habe jedoch mit den Konzeptangaben insbesondere hinsichtlich der Besetzung der Projektbüros mehr überzeugt. Weitere Ausführungen enthielt die Vorabinformation nicht.

Mit Schreiben vom 17.01.2024 hat die Antragstellerin die Entscheidung der Antragsgegnerinnen gerügt.

Sie führt in ihrer Rüge aus, dass ihr vorgelegtes Personalkonzept nicht nur alle, entsprechend den Bewertungskriterien gestellten, Bedingungen erfülle, sondern sogar darüber hinausgehe. Aufgrund ihrer Marktkenntnis wisse die Antragstellerin, dass vergleichbare Qualifikationen nicht vorhanden seien.

Mit Schreiben vom 25.01.2024 nahm die Anwaltskanzlei Stellung zur Rüge der Antragstellerin und verlängerte die Frist bis zur Zuschlagserteilung auf den xxxxxx.2024, half aber der Rüge nicht ab.

Daraufhin reichte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30.01.2024 einen Nachprüfungsantrag ein.

Sie wiederholt die bereits im Rügeschreiben vorgebrachten Punkte und führt zusätzlich aus:

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Ausreichend hierfür sei, wenn eine Verletzung der eigenen Rechte möglich erscheint. Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, könne die Antragsbefugnis nur einem Unternehmen fehlen, bei dem eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht vorliegt. Dies sei vorliegend zweifelsfrei nicht der Fall. Mit ihrem Nachprüfungsantrag mache die Antragstellerin u.a. Verstöße gegen den Wettbewerbs- und Transparenz- grundsatz, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne der Regelung in § 97 Abs. 1-3 und Abs. 6 GWB geltend.

Mache ein Antragsteller in seinem Nachprüfungsantrag wie vorliegend geltend, der öffentliche Auftraggeber habe gegen (drittschützende) vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen, so würde es konsequenterweise keiner besonderen Darlegung hinsichtlich der Verletzung in eigenen Rechten mehr bedürfen. Eine solche Rechtsverletzung komme wegen § 97 Abs. 6 GWB regelmäßig dann in Betracht, wenn ein objektiver Verstoß gegen Vergaberecht vorliegt bzw. vom Antragsteller im Nachprüfungsverfahren vorgetragen wird.

Der Nachprüfungsantrag wäre auch begründet.

Die Antragsgegnerinnen verstießen bei der Wertung der Konzepte gegen § 127 Abs. 5 GWB, respektive gegen § 52 Abs. 3 SektVO. Denn die Anwaltskanzlei habe von den ursprünglich bekannt gemachten Vergabekriterien in entscheidender Hinsicht abweichende Kriterien bei der Bewertung der Konzepte zur Anwendung gebracht.

Die Zuschlagskriterien seien hier nachträglich geändert worden. So seien die drei Unterkriterien "Kundenbetreuung", "Betreuung von Industrie-/Sonderkunden" und "Projektleiter und Stellvertreter" bei der Bewertung der Konzepte in der Bedeutung gegenüber den anderen Unterkriterien deutlich angehoben worden. Schließlich lasse sich dem Ausfertigungsvermerk und den Ausführungen der Antragsgegnerinnen an keiner Stelle entnehmen, welchen konkreten Einfluss die höhere Gewichtung der drei im Nachhinein hinsichtlich ihrer Bedeutung angehobenen Unterkriterien innehabe. Ein Faktor o. ä., der das MaRß der höheren Gewichtung dieser Unterkriterien quantifiziere, sei den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen, so dass auch in dieser Hinsicht der abweichenden Bewertung durch die Antragsgegnerinnen hinsichtlich Willkür, fehlender Nachvollziehbarkeit und dem Eingang sachfremder Erwägungen Tür und Tor geöffnet wären.

Damit sei die nachträgliche Anhebung der Bedeutung der drei Unterkriterien ausdrücklich mit dem Ziel, das Bewertungsergebnis hinsichtlich der Konzepte der Bieter maßgeblich und offensichtlich willkürlich zu beeinflussen, erfolgt.

Unter Einbeziehung der Bewerbungsbedingungen sei zudem bei der Punktbewertung durch die Antragsgegnerinnen von folgenden Grundlagen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auszugehen: Bei der Bewertung der Vergütungshöhe werde die Punktzahl mit 2 Dezimalstellen angegeben. Bei der Bewertung der Bieterkonzepte werden nur volle Punkte (ohne Dezimalstellen) für das jeweilige Wertungskriterium vergeben. Jedes Unterkriterium werde dabei einzeln entsprechend der ausgewiesenen Punkteskala bewertet. Alle Unterkriterien der Konzepte im Verhältnis zueinander würden gleich gewichtet werden.

Für die Antragstellerin stelle sich die Bewertung und Berechnung des wirtschaftlichsten Angebots damit wie folgt dar: Aufgrund der linearen Interpolation und der in den Bewerbungsbedingungen aufgeführten Berechnungsformel dürfte die preisliche Bewertung der (angeblich) obsiegenden Beigeladenen zu 1 ausgehend von einem Unterschied von ca. xxxxxx €, bei maximal 2,29 Punkten liegen.

Für das Ausführungskonzept sei der Antragstellerin nach eigener Berechnung der durchschnittlichen Gesamtpunktzahl und nach entsprechender Aufrundung - entgegen den Angaben der Antragsgegnerinnen - eine Gesamtpunktzahl in Höhe von 5 Punkten zu erteilen. Eine niedrigere Bepunktung lasse sich weder rechtfertigen noch herleiten. Denn aufgrund der umfassenden Darstellungen der Antragstellerin in den Bereichen Steuerung und Planung sowie Dokumentation und Berichterstattung könne jeweils höchstens 1 Punkt in Abzug gebracht worden sein. Alle anderen Bereiche hätten mit 5 Punkten bewertet werden müssen, so dass insgesamt eine Gesamtpunktzahl für das Ausführungskonzept in Höhe von 5 Punkten zu erteilen sei. Demnach ergebe sich eine gewichtete Punktzahl für die Gesamtbewertung des Ausführungskonzeptes (30 %) von 1,5.

Ebenso sei für das Personalkonzept nach Berechnung der durchschnittlichen Gesamtpunktzahl und nach entsprechender Aufrundung der Antragstellerin eine Gesamtpunktzahl in Höhe von 5 Punkten zu erteilen. Denn aufgrund der umfassenden Darstellungen der Antragstellerin in den Bereichen Projektbüro und Kapazitätsplanung könne aufgrund eines rein optischen Mangels grundsätzlich kein Punktabzug erfolgt sein. Die umfassende Darstellung im Unterkriterium Projektleiter und Stellvertreter hätte, da dieses als "vergleichbar überzeugend" gewertet wurde, ebenso mit 5 Punkten bewertet werden müssen. Aufgrund der umfassenden Darstellungen der Antragstellerin im Unterkriterium Fortbildung und Schule könne allenfalls wegen des angeblich fehlenden mitarbeiterscharfen Schulungsplanes 1 Punkt in Abzug gebracht werden.

Im Ergebnis sei eine Gesamtpunktzahl für das Personalkonzept von 5 Punkten zu erteilen, womit sich eine gewichtete Punktzahl für die Gesamtbewertung des Personalkonzeptes (20 %) von 1,0 ergebe.

Entsprechend der vorstehenden Angaben ergebe sich damit eine Gesamtpunktzahl für das Angebot der Antragstellerin von 2,29 (Preis) + 1,50 (Ausführungskonzept) + 1,10 (Personalkonzept) = 4,79 Punkten.

Zudem sei sie der Ansicht, dass über die rein rechnerische Fehlbepunktung hinaus die inhaltliche Bewertung der Antragsgegnerinnen unzulänglich sei und keinen sachlichen Erwägungen folge.

Im Verhältnis zu den umfangreichen Anforderungen an die Ausführungen im Ausführungskonzept zu dem Unterkriterium Steuerung und Planung und den umfassenden Darstellungen der Antragstellerin in ihrem Ausführungskonzept könne hier objektiv kein Punktabzug begründet werden. Gleiches gelte für den Bereich Steuerung bzw. Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung. Die Antragstellerin habe sowohl im Ausführungsals auch im Personalkonzept genauestens und in allen Einzelschritten nicht nur die einzelnen Prozessschritte, sondern vielmehr ihre zeitliche, örtliche und personelle Verzahnung sowie die Auswirkungen im Rahmen des Gesamtprojekts beschrieben.

Die Anforderungen an die Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung seien hier bereits im Leistungsverzeichnis als Anforderungskatalog der Auftraggeberinnen beschrieben. Insoweit habe die Antragstellerin davon ausgehen können, dass eine Wiederholung des Leistungsverzeichnisses im Ausführungskonzept gerade keinen Vorteil für einen Bieter darstellen werde. Selbst wenn die Antragsgegnerinnen in diesem Punkt leichte "Schwächen" herleiten, beinhalten die Bewerbungsbedingungen für das Unterkriterium weitere bezifferte Anforderungen für die Konzeptangaben der Bieter. Insoweit würde eine isolierte Betrachtung einzelner Unterkriterien fehlgehen. Aufgrund der Ausführungen in der Rügeantwort der Anwaltskanzlei müsse davon ausgegangen werden, dass auch die Ausführungen des obsiegenden Bieters in anderen Unterkriterien Mängel aufweisen, die teilweise deutlich niedriger zu bewerten wären, als die der Antragstellerin.

Im Bereich der Dokumentation und Berichterstattung seien ebenfalls die vertraglichen Vorgaben zu den Inhalten eines Wochenberichts, insbesondere die des Leistungsverzeichnisses, bereits umfassend festgelegt. Eine vollständige individuelle Kommentierung für jede einzelne Sonderfallkonstellation sei ausdrücklich nicht gefordert worden und würde einen Beispielbericht auch unnötig aufblähen.

Die Bepunktung des Personalkonzeptes, hier insbesondere im Bereich Projektbüro, Projektleiter und Stellvertreter, Kapazitätsplanung sowie Fortbildung und Schulung sei inhaltlich falsch und willkürlich.

So habe die Antragstellerin durch die umfassenden Darstellungen in ihrem Personalkonzept zum Projektbüro die inhaltlichen Anforderungen der Antragsgegnerinnen erfüllt. Es handele sich bei den Bieterkonzepten gerade nicht um Marketingkonzepte, sondern um die konkrete inhaltliche und technische Darstellung zur Aufklärung der Auftraggeberinnen. Ein rein optischer "Mangel" rechtfertige keinen Punktabzug. Gleiches gelte für die Darstellungen zum Thema Kapazitätsplanung. Hier sei zudem auffällig, dass sowohl der Inhalt der Bewertung der Antragsgegnerinnen in ihrer Auswertung der finalen Angebote als auch das Bewertungsergebnis selbst den Ausführungen in der Wertung des Projektbüros gleichen würden. Insoweit stelle sich die Frage der inhaltlichen Abgrenzung und Bewertung. Ganz offensichtlich seien hier unzulässig in beiden "Anforderungen" dieselben Informationen zur Bewertung herangezogen worden. Andererseits seien von der Antragstellerin im Zuge der Überarbeitung auch ihres Personalkonzeptes u.a. Hinweise zu "Reservekapazität und Einsatz von Springern (Hinweis auf insgesamt xxxxxx Mitarbeiter)" oder auch die "punktuelle Verstärkung neuer Mitarbeiter über erfahrenes Fachpersonal" entfernt worden. Diese Hinweise fänden sich aber in der Auswertung der finalen Angebote der Antragsgegnerinnen wieder.

Im Bereich der Projektleitung und der Stellvertretung sei wesentlich, dass das von der Antragstellerin aufgeführte Personal für das gegenständliche xxxxxxprojekt der Auftraggeber auch ausschließlich für den gesamten Zeitraum zur Verfügung stehe. Dieser Punkt werde auch durch § 3 Abs. 3 des Vertragsentwurfes deutlich, wonach der Auftragnehmer zu gewährleisten und auf Anfrage des AG jederzeit nachzuweisen habe, dass der Projektleiter während der XXxxxxxphase ausschließlich mit dem xxxxxxprojekt des AG betraut sei und keine anderen Projekte betreue. Aufgrund der Marktkenntnis sowohl der Antragsteilerin als auch der Antragsgegnerinnen und deren Verfahrensbevollmächtigten sowie den sonst beteiligten Bietern könne hier der obsiegende Bieter, die Beigeladene zu 1, nicht "vergleichbar überzeugend" bewertet worden sein. Denn es sei eine bekannte Tatsache, dass Projektleiter und Stellvertreter der Bestbieterin bis 2027 anderweitig vertraglich gebunden seien.

Wie hier von einer gleichen Bewertung, insbesondere der gleichen Verfügbarkeit - wie es der Hauptvertrag bereits als Grundlage voraussetzt - gesprochen werden könne, folge keinen sachgerechten Erwägungen. Aufgrund der Exklusivität des von der Antragstellerin reservierten Personals über den kompletten Projektzeitraum - nicht erst ab der xxxxxxphase und damit deutlich mehr, als es die Anforderungen vorgeben - hätten die anderen Bieter mit deutlichem Punktabstand, insbesondere weil sie schon nicht die hauptvertraglichen Grundlagen erfüllen, schlechter bewertet werden müssen.

Auch der Hinweis der Antragsgegnerinnen, dass sie auch weniger Wert auf die konkret vorgestellten Personen als auf die grundsätzliche Qualität des Führungspersonals der Bieter gelegt hätten, sei irreführend. Denn bei der "Anforderung" Projektleiter und Steilvertreter sei das konkret vorgestellte Projekt-Führungspersonal zu prüfen und zu bewerten gewesen. Dass diese Information einen höheren Wert habe, impliziere bereits die insoweit ausführliche hauptvertragliche Regelung, jedoch ganz offensichtlich die "hnöhere Gewichtung"" durch die Antragsgegnerinnen selbst in ihrer Auswertung der finalen Angebote. Insoweit könne hier nichts anderes, erst recht nicht anderweitiges allgemein vorrätiges Führungspersonal, Prüfund Bewertungsgegenstand sein.

Zu den Ausführungen des Unterkriteriums Fortbildung und Schulung verkennen die Antragsgegnerinnen, dass die Ausführungen der Antragstellerin deutlich über das geforderte Maß hinausgingen. In ihrem Personalkonzept führe sie dazu ganz ausdrücklich aus, welche Schulungen in welchem Turnus - und das nicht von nur einzelnen Mitarbeitern, sondern gerade allen Mitarbeitern der Antragstellerin - absolviert werden würden. Auch hier sei die Antragstellerin der einzige Bieter am Markt, die selbst ihre Projektleiter und -mitarbeiter technisch vollständig ausbilde und qualifiziere. Ein bsp. Schulungsplan sei von der Antragstellerin eingereicht wurden. Auch werde deutlich darauf hingewiesen, dass über die Anforderungen der Antragsgegnerinnen hinaus im Falle eines identifizierten Schulungsbedarfs über die gesamte Projektlaufzeit Maßnahmen individuell ergänzt und angepasst werden würden.

Insgesamt seien bei der Bewertung des finalen Angebots der Antragstellerin minimale "Schwächen" und optische Unterschiede vollkommen überspitzt abgewertet worden sowie ganz konkrete Sachverhalte, insbesondere mit Blick auf das eingesetzte Personal des obsiegenden Bieters, ganz bewusst und damit willkürlich außer Betracht gelassen worden, obwohl eine deutliche Abwertung des obsiegenden Bieters hätte erfolgen müssen.

Die Antragstellerin führt weiter aus, dass entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen diese ausweislich der Bewerbungsbedingungen die Wertungskriterien Ausführungskonzept und Personalkonzept inhaltlich sehr wohl weiter untergliedert hätten. Wie man deutlich an der im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens veröffentlichten Auswertung der finalen Angebote erkenne, seien die inhaltlichen "Anforderungen an die Bieterkonzepte" eben doch - sogar in dem Vergabevermerk - einzeln ausgewertet und jeweils mit einer Punktzahl versehen worden.

Zur inhaltlichen Bewertung führt die Antragstellerin aus, dass bzgl. der Wertung der Konzepte der Antragstellerin in der Vorabinformation der Rügeerwiderung und der Antragserwiderung durchweg Widersprüche bestünden.

Die Antragstellerin müsse insgesamt davon ausgehen, dass die Ausführungen in Ihren Konzepten nicht bzw. nicht hinreichend geprüft worden seien.

So würden sich u.a. Stichpunkte in der Auswertung der Antragsgegnerinnen befinden, die in dem finalen Angebot der Antragstellerin für die "Anforderung" Steuerung und Planung überhaupt keine Erwähnung fänden. Andererseits hätten positiv gewürdigte Punkte im Auswertungstext, wie etwa das Management-Board im Punkt Dokumentation und Berichterstattung, bei der Bepunktung keine Berücksichtigung gefunden.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    den Antragsgegnerinnen aufzugeben, den Zuschlag nicht an die xxxxxx zu erteilen,

  2. 2.

    den Antragsgegnerinnen aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen,

  3. 3.

    Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 165 Abs. 1 GWB zu gewähren,

  4. 4.

    den Antragsgegnerinnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

  5. 5.

    die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären. Hilfsweise wird beantragt,

  6. 6.

    für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise: festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat;

  7. 7.

    festzustellen, dass der von den Antragsgegnerinnen mit dem Bieter xxxxxx geschlossene Vertrag xxxxxx Technisches Projektmanagement unwirksam ist.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

  1. 1.

    den Vergabenachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerinnen aufzuerlegen,

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerinnen für notwendig zu erklären.

Der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Der Antrag wäre bereits unzulässig, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei. Dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin seien keine konkreten Vergaberechtsverstöße zu entnehmen. Die Antragstellerin stelle lediglich ihre eigenen Bewertungskriterien und ihr eigenes Auswertungsergebnis dar und zweifele die Wertungen der Antragsgegnerinnen an. Insoweit fehle es an der Geltendmachung einer konkreten Rechtsverletzung und damit an der Antragsbefugnis.

Der Nachprüfungsantrag sei in jedem Fall unbegründet.

Den Antragsgegnerinnen stehe bei der Beurteilung des Kriteriums "Bieterkonzepte" mit den Unterkriterien "Ausführungskonzept TPM" und "Personalkonzept TPM" ein Beurteilungsspielraum zu. Weder der einzelne unterlegene Bieter noch die Vergabekammer, die mit der Prüfung einer Vergabeentscheidung befasst werde, dürfe sich daher an die Stelle der Auftraggeberinnen setzen und an ihrer Stelle eine eigene Wertung der Angebote vornehmen. Dies aber versuche die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag. Unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung sowie Literatur sei Maßstab der Kontrolle der Angebotswertung indes, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung verantwortlich waren und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist. Ausgehend hiervon liege ein Vergaberechtsverstoß nur vor, wenn die Auftraggeberinnen bei der Anwendung der Kriterien diesen Spielraum verlassen haben. Dies habe die Antragstellerin in keinem Fall dargelegt.

Die von der Antragstellerin vorgenommene Auswertung treffe nicht zu. Hinsichtlich der Preisbewertung spekuliere die Antragstellerin über eine preisbedingte Punktebewertung, welche nicht den Tatsachen entspräche. Die Antragstellerin habe vielmehr das Angebot abgegeben, welches den niedrigsten Preis beinhalte.

Bezüglich der Auswertung der Bieterkonzepte treffe die Annahme der Antragstellerin, dass die übergeordneten Wertungskriterien in Unterkriterien ohne Gewichtung unterteilt worden seien, nicht zu.

Die Antragsgegnerinnen haben aber keine Unter-Unterkriterien benannt, die hätten gewichtet werden müssen, sondern haben ausweislich der Überschrift in den Bewertungsbedingungen lediglich "Anforderungen an die Bieterkonzepte für das Fachlos TPM" zu diesen Bereichen formuliert. Dementsprechend würden die Bewerbungsbedingungen keine Aussagen zu einer konkreten Gewichtung von vermeintlichen Unter-Unterkriterien enthalten.

Eine von der grundsätzlichen in den Bewerbungsbedingungen abweichende Punktebewertung der einzelnen Bereiche habe nicht stattgefunden. Das Vorgehen der Antragsgegnerinnen sei nicht zu beanstanden, da es von ihrem Beurteilungsspielraum umfasst sei.

Es liege keine Fehlbewertung der Bieterkonzepte der Antragstellerin durch die Antragsgegnerinnen vor. Die Antragsgegnerinnen würden die Bieterkonzepte der Antragstellerin entsprechend der in den Bewerbungsbedingungen dargestellten Grundsätze der relativen Bewertungsmethode ausgewertet und bewertet haben. Die Ausführungen der Antragstellerin in ihren eingereichten Konzepten entsprächen teilweise nur den Darstellungen, welche die in den Bewerbungsbedingungen genannten Kriterien im Verhältnis zu den Darstellungen der anderen Bieter in überdurchschnittlicher Weise erfüllen.

So habe keine Fehlbewertung im Ausführungskonzept im dem Bereich Steuerung und Planung stattgefunden. Denn die Darstellung der konkreten Vorgehensweise des Bieters sei der Antragstellerin nicht so überzeugend gelungen wie den anderen Bietern. Dies schließe jedoch nicht aus, dass die Ausführungen der Antragstellerin in einzelnen Teilbereichen dieses Unterkriteriums durchaus überzeugend dargestellt wurden. Es werde jedoch eben auch nicht gesagt, dass die Ausführungen der anderen Bieter weniger gelungen wären. Anlässlich des Nachprüfungsverfahrens sei eine erneute Überprüfung der Bewertung durch die Antragsgegnerinnen erfolgt. Diese habe zu einer Schärfung der Bewertungen zu den ausdrücklich hervorgehoben Bereichen der Disposition der xxxxxxfirmen und der Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung geführt. Die Ausführungen im Bereich der Disposition seien im Ergebnis besser als zunächst berücksichtigt zu bewerten, die Darstellungen zur Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung aber schlechter als bisher erfolgt, so dass es insgesamt zu keiner besseren Bewertung führe.

In dem Bereich Dokumentation und Berichterstattung habe ebenfalls keine Fehlbewertung der Ausführungen der Antragstellerin stattgefunden, denn die Ausführungen erhielten zwar den beispielhaften Wochenbericht für die xxxxxxphase, dieser sollte jedoch ausdrücklich eine individuelle Bewertung und Kommentierung der Berichterstattung durch den Projektleiter enthalten. Dem Konzept der Antragstellerin habe es jedoch gerade an der individuellen Kommentierung gemangelt. Die Wochenberichte der anderen Bieter hätten aber eben dieses "Mehr" an einer individuellen Bewertung enthalten, womit an ihnen anschaulich die konkrete Vorgehensweise der anderen Bieter und das bessere Maß an individueller Bewertung und Kommentierung verdeutlicht worden sei.

Auch in den Bereichen des Personalkonzeptes habe es keine Fehlbewertung durch die Antragsgegnerinnen gegeben.

Zunächst würde die Bewertung des Bereiches Projektbüro und Kapazitätsplanung nicht auf einem optischen Mangel der Darstellungen der Antragstellerin beruhen, sondern auf der im Vergleich zu den Konzepten der anderen Bieter mangelnde Nachvollziehbarkeit. So habe die Darstellung der Besetzung der Projektbüros und der Kapazitätsplanung durch die Antragstellerin im Verhältnis zum bestplatzierten Bieter die Planung des Vor-Ort-Einsatzes der Mitarbeitenden weniger übersichtlich veranschaulicht. Insbesondere würden anders als bei den besser bewerteten Konzepten in diesen Bereichen - Aussagen zur Koordinierung der dezentralen Projektstruktur fehlen.

Zu dem Unterkriterium Projektleiter und Stellvertreter sei den Antragsgegnerinnen zunächst unklar, woher die Antragstellerin konkrete Kenntnis zum vorgestellten Personal der anderen beteiligten Bieter habe. Weiterhin können über die künftige Entwicklung von Verpflichtungen des benannten Personals der anderen Bieter in anderen Projekten weder die Antragsgegnerinnen noch die Antragstellerin eine Aussage treffen. Ob es nach Bezuschlagung in dieser Ausschreibung aufgrund der dadurch ausgelösten vertraglichen Verpflichtungen zu Personalwechseln in zeitlich parallellaufenden Projekten anderer xxxxxx komme, sei für die Antragsgegnerinnen nicht zu beeinflussen und folglich auch nicht zu werten. Schließlich haben die Antragsgegnerinnen auch weniger Wert auf die konkret vorgestellten Personen gelegt als auf die grundsätzliche Qualität des Führungspersonals der Bieter.

Zuletzt sei auch im Bereich Fortbildung und Schulung keine Fehlbewertung des Personalkonzeptes durch die Antragsgegnerinnen erfolgt. So sei eben gerade der hier geforderte mitarbeiterscharfe Plan von künftigen Schulungen samt Turnus nicht eingereicht worden. Im Personalkonzept selbst führe die Antragstellerin zwar aus, welche Schulungen für die Mitarbeitenden angeboten werden. Daraus werde jedoch nicht deutlich, welche der eingeplanten Mitarbeitenden oder zumindest welche Berufsgruppe welche Schulungen in welchem Turnus absolvieren wird.

Die Beigeladene zu 1 hat keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 2 hat keine Anträge gestellt.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung vom 04.03.2024 gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 25.03.2024 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20.02.2024 Bezug genommen

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin ist in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Die Antragsgegnerinnen haben durch die nachträgliche Gewichtung der Unter-Unterkriterien des Ausführungs- und Personalkonzeptes gegen Bestimmungen über das Vergabeverfahren verstoßen. Die Antragsgegnerinnen sind verpflichtet, die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufzuführen. Dies gilt ebenso für die Gewichtung von (Unter-)Unterkriterien. Die Antragsgegnerinnen haben jedoch erst nach Aufforderung zur finalen Angebotsabgabe sowie nach Einreichung der finalen Angebote und einer vorläufigen Angebotswertung, eine Gewichtung der Unter-Unterkriterien der Konzepte vorgenommen, sich damit in die Lage versetzt entsprechend ihrer Schwerpunktsetzung die Zuschlagserteilung zu beeinflussen und dadurch gegen § 127 Abs. 5 GWB sowie den Transparenz- und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs 1 Satz 1, Abs. 2 GWB verstoßen (vgl. 2 a).

Des Weiteren genügt zwar die vorliegende Dokumentation der Angebotswertung in der Vergabeakte grundsätzlich den Anforderungen des § 8 SektVO. Die Dokumentation trägt unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsgegnerinnen und der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren aber nicht die Feststellung der Antragsgegnerinnen, dass die Beigeladene zu 1 das wirtschaftlichste Angebot gemäß § 127 GWB und § 52 SektVO abgegeben hat. Die Antragsgegnerinnen haben den der Wertung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht durchgehend zutreffend und vollständig ermittelt. Zudem werden nach Feststellung der Vergabekammer durch die Begründungen in der finalen Auswertung der Angebote vorgenommene Punktabzüge zulasten der Antragstellerin nicht getragen und sind nicht gerechtfertigt (vg!. 2 b).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um kommunale Wirtschaftseinrichtungen und damit öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 99 Nr. 2 GWB. Sie sind Sektorenauftraggeberinnen i. S. d. §§ 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB. Der Unternehmensgegenstand der Auftraggeberinnen ist die Versorgung der Einwohner in ihrem jeweiligen Netzgebiet mit Elektrizität, Gas und/oder Wasser und ist damit jeweils auf eine Tätigkeit im Sektorenbereich im Sinne des § 102 Abs. 1, 2 und 3 GWB gerichtet.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Auftrag über Dienstleistungen i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit, für die gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 2 GWB i. V. m. Art. 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der seit 01.01.2022 geltenden Fassung zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auftragsvergabe ein Schwellenwert von 431.000 € gilt. Der von den Antragsgegnerinnen geschätzte Auftragswert überschreitet den Schwellenwert deutlich (vgl. E-Mail der Anwaltskanzlei an die Vergabekammer vom 16.02.2024).

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass die Antragsgegnerinnen das Angebot der Beigeladenen zu 1 als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt haben, obwohl sie gegen den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne der Regelung in § 97 Abs. 1 - 3, Abs. 6 GWB verstoßen haben. Die Antragstellerin gehe von einer offensichtlichen Fehlbewertung ihres Angebots anhand der veröffentlichten Zuschlagskriterien aus.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Beck VergabeR/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB, § 160, Rn. 23, Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rn. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also dariegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB, § 160, Rn. 43; vgl. Beck VergabeR/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB, § 160, Rn. 34; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB- Vergaberecht, 4. Aufl., § 160, Rn. 30 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Die Antragstellerin hat auch ihrer Pflicht genügt, den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Bei der Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Die Antragsgegnerinnen haben der Antragstellerin erstmals mit Bieterinformation vom XXXXXX.2024 gemäß § 134 GWB mitgeteilt, dass sie beabsichtigen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 erteilen zu wollen, da sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Laut Absageschreiben habe die Antragstellerin zwar einen konkurrenzfähigen Preis angeboten. Das zu bezuschlagende Angebot habe jedoch mit den Konzeptangaben insbesondere hinsichtlich der Besetzung der Projektbüros mehr überzeugt. Weitere Ausführungen enthielt die Vorabinformation nicht.

Die Antragstellerin rügte daraufhin mit Schreiben vom 17.01.2024 die vorgesehene Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerinnen. Sie beanstandete, dass ihr vorgelegtes Personalkonzept nicht nur alle, entsprechend den Bewertungskriterien gestellten, Bedingungen erfülle, sondern sogar darüber hinausgehe. Aufgrund ihrer Marktkenntnis wisse die Antragstellerin, dass vergileichbare Qualifikationen nicht vorhanden seien. Sie gehe von einer offensichtlichen Fehlbewertung ihres Angebots anhand der veröffentlichten Zuschlagskriterien aus.

Mit Schreiben vom 25.01.2024 nahm die Anwaltskanzlei Stellung zur Rüge der Antragstellerin und verlängerte die Frist bis zur Zuschlagserteilung auf den xxxxxx.2024, half aber der Rüge nicht ab. Daraufhin reichte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30.01.2024 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein.

Die Rüge der Antragstellerin erfolgte innerhalb der Frist von zehn Kalendertagen und damit rechtzeitig i. S. d. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.

Der Nachprüfungsantrag ist folglich zulässig.

2. Der zulässige Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

Die Antragstellerin ist in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt ist. Die Antragsgegnerinnen haben durch die nachträgliche Gewichtung der Unter-Unterkriterien des Ausführungs- und Personalkonzeptes gegen § 127 Abs. 5 GWB sowie den Transparenz- und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs 1 Satz 1, Abs. 2 GWB verstoßen (vgl. 2 a).

Des Weiteren trägt die Dokumentation der Antragsgegnerinnen nicht ihre Feststellung, dass die Beigeladene zu 1 das wirtschaftlichste Angebot gemäß § 127 GWB und § 52 SektVO abgegeben hat. Der der Bewertung zugrunde liegende Sachverhalt wurde nicht durchgehend zutreffend sowie vollständig ermittelt, vargenommene Punktabzüge zulasten der Antragstellerin werden durch die Begründungen in der finalen Auswertung der Angebote überwiegend nicht getragen und sind daher nicht gerechtfertigt (vgl. 2 b).

a) Die Antragsgegnerinnen haben gegen § 127 Abs. 5 GWB sowie den Transparenz- und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs 1 Satz 1, Abs. 2 GWB verstoßen, indem sie entgegen den Vorgaben der qualitativen Wertung gemäß Teil 5 der finalen Bewerbungsbedingungen nicht nur die Unterkriterien "Ausführungskonzept" und "Personalkonzept", sondern auch die in den Spiegelstrichen genannten Unter-Unterkriterien entsprechend ihrer eigenen Schwerpunktsetzung nach Kenntnisnahme und erster Bewertung der finalen Angebote gewichtet haben, ohne diese Gewichtung den Bietern vor Angebotsabgabe mitzuteilen.

Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 GWB wird der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Nach § 127 Abs. 1 Satz 3 GWB bestimmt sich das wirtschaftlichste Angebot nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame UÜberprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen, vgl. § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB.

Die Zuschlagskriterien spiegeln wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu dieser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017 - X ZB 3/17, Rn. 34 f.).

§ 127 Abs. 5 GWB gibt vor, dass die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden müssen.

Diese Anforderungen haben den Zweck, dass sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten unterrichten kann, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird. Außerdem konkretisieren sie die Pflicht der öffentlichen Auftraggeber, alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nicht diskriminierend zu behandeln und in transparenter Weise vorzugehen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.02.2021 - 13 Verg 8/20).

Nach ständiger Rechtsprechung hat der öffentliche Auftraggeber nicht nur die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekannt zu geben, sondern auch die zur Ausfüllung eines Zuschlagskriteriums aufgestellten Unterkriterien und deren konkrete Gewichtung (EuGH, Urteil vom 24.01.2008 - C-532/06, Lianakis, Rn. 36 - 38; Beschluss vom 20.12.2017 - C-677/15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013 - Verg 8/13; Beschluss vom 22.12.2010 - Verg 40/10; Beschluss vom 14.11.2007 - Verg 23/07; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.05.2013 - 11 Verg 6/13; Lausen in Burgi/Dreher, VgV, § 58, Rn. 102). Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber die Gewichtung von Unterkriterien erst im Nachhinein aufgestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass, wären diese bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen, sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021 - Verg 34/20; Beschluss vom 22.12.2010 - Verg 40/10).

Unterkriterien sind dabei solche Kriterien, die der Ausfüllung und näheren Bestimmung eines Hauptkriteriums dienen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber ankommt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2022 - 11 Verg 11/21; Beschluss vom 22.09.2020 - 11 Verg 7/20).

Die vorgenannten Maßstäbe gelten ebenso für Unter-Unterkriterien, die der näheren Bestimmung eines Unterkriteriums dienen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber ankommt.

Die Antragsgegnerinnen haben mit der finalen Aufforderung zur Angebotsabgabe am XXXXXX.2023 in Teil 5 der finalen Bewerbungsbedingungen (Stand 30.10.2023) die Wertungskriterien gegenüber allen Bietern bekannt gemacht.

Unter Teil 5, Ziffer II. 2) wurde die Bewertung der Bieterkonzepte wie folgt beschrieben:

"Für die Angebotswertung der Bieterkonzepte wird eine Punkteskala von null bis fünf Punkte festgelegt. Die höchste Punktzahl (fünf Punkte) wird an das/die jeweilige/n Konzepte vergeben, das/die auf Basis relativer Bewertung gemessen an den anderen Angeboten die nachfolgenden Anforderungen in sehr guter Weise erfüllt//en. Die Konzepte werden entsprechend der Vorgaben der Tabellen in Teil 5 Ziffer I., jeweils unter den Nr. 2.1 und 2.2. gewichtet, so dass insgesamt für die Bieterkonzepte pro Fachlos eine Gesamtpunktzahl von fünf Punkten erreicht werden kann. Die anderen Angebote erhalten eine gemessen am Erfüllungsgrad der Anforderungen im Vergleich zum jeweils höchst bepunkteten Angebot entsprechend niedrigere Bepunktung."

Nach einer Erläuterung, was die einzelnen Punkte (eins bis fünf) bedeuten, folgten unter Teil 5, Ziffer II. 2) a) Anforderungen an die Bieterkonzepte. Dabei wurden zum Ausführungskonzept TPM Darstellungen zu sechs Unterpunkten auf 25 DIN-A-4-Seiten (zzgl. Wochenbericht) gefordert. Es handelte sich dabei um die Unterpunkte:

- Planung und Steuerung

- Kundenbetreuung

- Betreuung von Industrie-/Sonderkunden

- IT und xxxxxx-Software

- Materialwirtschaft

- Dokumentation und Berichtserstattung

Unter Teil 5, Ziffer II. 2) b) (2) wurden Ausführungen zum Personalkonzept für das TPM mit einem Umfang von 10 DIN-A4-Seiten (zzgl. Mitarbeiterliste) im Hinblick auf die folgenden Unterpunkte gefordert:

- Projektbüro

- Darstellung des Personalbestandes

- Projektleiter und Stellvertreter

- Kapazitätsplanung

- Fortbildung und Schulung

Eine weitere Gewichtung der (Unter-)Unterkriterien der Konzepte enthielten die Bewerbungsbedingungen nicht. Die Bieter reichten unter Berücksichtigung der in den finalen Bewerbungsbedingungen genannten Wertungskriterien ihre Angebote inklusive ihrer Bieterkonzepte ein.

Eine erste Angebotswertung der finalen Angebote erfolgte durch die Anwaltskanzlei. Das Ergebnis der vorläufigen Wertung wurde den Auftraggeberinnen per E-Mail vom 13.12.2023 mit dem folgenden Hinweis übermittelt:

"Wir haben nun die Möglichkeit mit Ihnen gemeinsam die einzelnen Prüfbereiche (die Unterkriterien zur Auswertung der Ausführungs- und Personalkonzepte) zu gewichten. Dies ist auch nach vorläufiger Auswertung der Angebote, mithin im jetzigen Verfahrensstand, möglich. Maßgeblichen Einfluss auf die Zuschlagserteilung hat somit Ihre Schwerpunktsetzung der einzelnen Unterkriterien. Unterschieden werden kann zwischen niedriger, mittlerer und höherer Gewichtung. [...]"

[Hervorhebungen durch die Vergabekammer]

Nach einem gemeinsamen Abstimmungstermin mit den Auftraggeberinnen übersandte die Anwaltskanzlei mit E-Mail vom 21.12.2023 die angepasste Auswertung der finalen Angebote TPM an die Antragsgegnerinnen mit folgender Information:

"Berücksichtigt ist nun die gewünschte höhere Gewichtung der Unterkriterien Kundenbetreuung, Industrie- und Sonderkunden, sowie Projektleiter/Stellvertreter. Dadurch wird der Abstand insbesondere zwischen [...] und [...] in Hinblick auf das Personalkonzept etwas größer. Jedoch nicht so groß, dass eine Bewertung des Personalkonzepts von [...] auf [...] Punkte gerechtfertigt würde. Mithin bleibt es bei dem Endergebnis der vorläufigen Auswertung. Auf dieser Basis empfehlen wir die Vergabe des Fachloses TPM an die xxxxxx."

[Hervorhebungen durch die Vergabekammer]

Danach ergab sich nachfolgende finale Gewichtung der Unter-Unterkriterien der Konzepte (vgl. Auswertung finale Angebote TPM).

Ausführungskonzept:

- Planung und Steuerung:mittlere Gewichtung
- Kundenbetreuung:höhere Gewichtung
- Betreuung von Industrie-/ Sonderkunden:höhere Gewichtung
- IT und xxxxxx-Software:mittlere Gewichtung
- Materialwirtschaft:mittlere Gewichtung
- Dokumentation und Berichtserstattung:mittlere Gewichtung

Personalkonzept:

- Projektbüro:mittlere Gewichtung
- Darstellung des Personalbestandes:mittlere Gewichtung
- Projektleiter und Stellvertreter:höhere Gewichtung
- Kapazitätsplanung:mittlere Gewichtung
- Fortbildung und Schulung:mittlere Gewichtung

Den Bietern wurde die vorgenannte nach dem 13.12.2023 festgelegte Gewichtung der Unter-Unterkriterien zu den Unterkriterien Ausführungskonzept und Personalkonzept nicht vor Angebotsabgabe transparent bekannt gegeben.

Vielmehr haben die Antragsgegnerinnen ausweislich der Vergabeakte, insbesondere der E-Mails der Anwaltskanzlei vom 13.12. sowie 21.12.2023, nach Abgabe der finalen Angebote und somit im Nachhinein eine Gewichtung der Unter-Unterkriterien der Konzepte aufgestellt sowie diese im Rahmen der fachlichen Wertung und damit zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots angewandt.

Es handelt sich bei den in den Spiegelstrichen aufgesteilten Anforderungen der Konzepte (vgl. Seite 16 bis 18 der finalen Bewerbungsbedingungen vom 30.10.2023), um Kriterien, die der Ausfüllung und näheren Bestimmung eines Hauptkriteriums, nämlich des jeweiligen Konzeptes, dienten und präziser darstellten, welche Schwerpunkte die Auftraggeberinnen innerhalb der Konzepte setzen. Diese Gewichtung hätte gerade unter Berücksichtigung der Seitenbegrenzung der jeweiligen Konzepte die Angebotslegung der Bieter nach Auffassung der Vergabekammer entscheidend beeinflusst. Den Bietern wurde die Möglichkeit genommen, bei der Angebotserstellung abzuwägen, ob sie ihre Ausführungen zu den mit einer "mittleren" Gewichtung versehenen Unter-Unterkriterien zugunsten der Ausführungen der mit einer "höheren" Gewichtung versehenen Unter-Unterkriterien ggf. kürzer fassen, um dadurch ggf. eine bessere Gesamtbewertung des jeweiligen Konzeptes erzielen zu können. Durch die Nichtbekanntgabe der Gewichtung gegenüber den Bietern war es ihnen insgesamt nicht möglich, sich bei ihren Ausführungen in den Konzepten an der Schwerpunktsetzung der Auftraggeberinnen zu orientieren und ihre Konzepte demgemäß auszugestalten.

Auch die Tatsache, dass es sich vorliegend um ein Verhandlungsverfahren handelt, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn auch für das Verhandlungsverfahren gilt, dass der Auftraggeber die zunächst bekannt gemachten Zuschlagskriterien nur ändern darf, wenn er den Bietern zugleich die Möglichkeit einräumt, entsprechend modifizierte Folgeangebote einzureichen.

Die vergaberechtsfehlerhaft unterbliebene Bekanntgabe der Gewichtung der Unter-Unterkriterien zu den Unterkriterien Ausführungskonzept und Personalkonzept hat die Zuschlagschancen der Antragstellerin feststellbar geschmälert.

Die unterlassene Bekanntgabe der Gewichtung dieser Unter-Unterkriterien war auch nicht ausnahmsweise vergaberechtsgemäß. Denn die nachträglich festgelegten Gewichtungskoeffizienten sind ihrer Art nach geeignet, die Bewertung der Konzepte nach finaler Angebotsabgabe diskriminierend zu beeinflussen. Ausweislich der Vergabeakte wurde sogar angeregt, durch die Gewichtung der Unter-Unterkriterien eine Schwerpunktsetzung vornehmen, um maßgeblichen Einfluss auf die Zuschlagsentscheidung nehmen zu können (vgl. E-Mail der Anwaltskanzlei vom 13.12.2023). Eine Gleichbehandlung i. S. d. § 97 Abs. 2 GWB aller Bieter ist nach alledem nicht gewahrt worden. Vielmehr wurde die Bewertung und Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots anhand der Gewichtungswünsche der Auftraggeberinnen finalisiert.

Die Antragsgegnerinnen haben die verwendeten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung nicht ordnungsgemäß und transparent bekannt gegeben und damit gegen die Anforderungen gemäß § 127 Abs. 5 GWB sowie den Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs 1 Satz 1, Abs. 2 GWB verstoßen.

Der Nachprüfungsantrag ist insoweit begründet.

b) Nach Feststellung der Vergabekammer wurde der der Konzeptbewertung der Antragstellerin zugrunde gelegte Sachverhalt in Teilen nicht ordanungsgemäß und hinreichend erschöpfend ermittelt. Zulasten der Antragstellerin vaorgenommene Punkteabzüge werden durch die Begründungen in der finalen Auswertung der finalen Angebote (Anlage 10 zum Vergabevermerk) nicht getragen und sind daher nicht gerechtfertigt.

Zwar verfügt der öffentliche Auftraggeber bei der Angebotswertung über einen nur begrenzt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die Nachprüfungsinstanzen können diese Entscheidung daher nur auf die Grenzen der Einhaltung des Spielraums, mithin daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten sowie von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet worden sind (vgl. Ziekow/Völlink/Ziekow, 4. Aufl. 2020, GWB, § 127, Rn. 48; Burgi/Dreher/Opitz/Opitz, 4. Aufl. 2022, GWB, § 127, Rn. 91).

Es unterfällt dem - nur auf Einhaltung der rechtlichen Grenzen kontrollierbaren - Beurteilungsspielraum des Öffentlichen Auftraggebers, wie er die Bewertung organisiert und strukturiert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, Verg 39/16; Müller-Wrede in: Müller-Wrede, 2. Aufl. 2023, GWB, § 127, Rn. 24; Lausen in Burgi/Dreher, 3. Aufl., VgV, § 58, Rn. 22). Allerdings darf die Methode unter Beachtung des Transparenz- und Wettbewerbsgrundsatzes nicht zu einer Abweichung von den zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung führen. Der Auftraggeber darf daher insbesondere keine untaugliche Methode anwenden, seine Bewertungsmethode nicht auf sachwidrige Erwägungen stützen oder unzulässige Kriterien verwenden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.07.2010, Verg 22/10; Gnittke/Hattig in: Müller Wrede, 5. Aufl. 2017, VgV, § 58, Rn. 209).

Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs genügt die Bewertung der Konzepte der Antragstellerin nicht in allen Fällen den Anforderungen an eine vergaberechtsgemäße Bewertung. Wie bereits unter 2 a festgestellt, sind die Auftraggeberinnen unzulässigerweise von den zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriterien abgewichen.

Darüber hinaus haben die Antragsgegnerinnen die Bewertung der jeweiligen Bieter zwar überwiegend in einer den Anforderungen des § 8 SektVO genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert und dargelegt, weiche Gründe ihrer Meinung nach zu Punktabzügen bei den einzelnen Unter-Unterkriterien geführt haben. Allerdings haben sie dabei in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin Konzeptinhalte teilweise nicht beachtet bzw. haben diese nicht erschöpfend ermittelt. In der Folge sowie auch in weiteren Fällen wurden Punktabzüge vorgenommen, die nicht von dem der Bewertung zugrunde gelegten Sachverhalt getragen werden oder aber nicht sachlich und nachvollziehbar sind.

Als Grundlage für ihre Beurteilung, ob die Antragsgegnerinnen die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten haben, stützt die Vergabekammer sich auf die Begründungen und Ausführungen der finalen Angebotswertung (Anlage 10 zum Vergabevermerk). Der Vortrag der Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung, es handele sich im Rahmen ihrer Bewertungen nicht um eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung, sondern lediglich um Dokumentationsfehler, die durch die Rügeund Antragserwiderungen geheilt wurden, verfängt nicht. Die Antragsgegnerinnen erläuterten in der mündlichen Verhandlung, sie würden für die Auswertung der Angebote ein Software-Tool verwenden. Die Bewertung sei dennoch nur auf Grundlage der tatsächlich eingereichten Konzeptinhalte erfolgt. Dies ergebe sich aus den Vorträgen in der Rügeund Antragserwiderung, die ergänzend zur finalen Auswertung berücksichtigt werden müssten und die Dokumentationsfehler heilen würden.

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation werden nicht dadurch erfüllt, dass sich alle Beteiligten und vor allem auch die Vergabekammer aus drei Dokumenten, wobei es sich bei zwei Dokumenten um Schriftsätze handelt, die Begründungen je Unter-Unterkriterium auf Zuruf in der mündlichen Verhandlung selber zusammensuchen und folglich selbstständig eine Gesamtbewertung erstellen müssen.

Das Nachschieben von Begründungen im Nachprüfungsverfahren ist grundsätzlich zulässig. Nachträglich vorgebrachte Argumente sind nicht zugleich auch als "Ermessensgründe" anzuerkennen, wenn sie ersichtlich konstruiert wirken und keine sachgerechte Nachholung einer unterlassenen Verschriftlichung von vorhandenen, aber nicht niederlegten Gedanken sind. Eine sachgerechte Ermessensentscheidung entsteht aus einer ergebnisoffenen Faktengrundlage und ihrer Bewertung, nicht aus einer bloßen Abwehr von Argumenten des Prozessgegners (vgl. Ziekow/Völlink/Braun, 4. Aufl. 2020, GWB, § 134, Rn. 94).

Die Begründungen in der Rüge- und Antragserwiderung zu den einzelnen Kriterien widersprechen sich teilweise, so dass sich kein konsistentes Bild der Bewertungen ergibt, welches insgesamt als finale Angebotsauswertung herangezogen werden kann. Dies stellt die Antragstellerin sehr anschaulich in ihrem Schriftsatz vom 16.02.2024, Seite 12 ff. dar. Eine sachgerechte Nachholung nicht verschriftlichter Gedanken ist nicht gegeben. Die Antragsgegnerinnen haben es im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens versäumt eine aktualisierte Anlage 10 zum Vergabevermerk, also eine aktualisierte finale Auswertung der Angebote, zu erstellen, die umfassend ihre laut ihres Vortrages korrigierte Bewertung enthält. Ausgangspunkt der folgenden Ausführungen sind daher die Begründungen im Rahmen der finalen Angebotswertung (Anlage 10 zum Vergabevermerk). Im Einzelnen:

- Im Ausführungskonzept wurde zu dem Unter-Unterkriterium Planung und Steuerung gefordert (vgl. Seite 16 der finalen Bewerbungsbedingungen):

"Darzustellen ist die Vorgehensweise des Bieters bei der konkreten Planung und Steuerung des Projektes (LV TPM Ziffer 1). Von besonderer Bedeutung für die Auftraggeber ist:

- im Bereich Planung: Ausführungen zur Projektplanung, die sämtliche XXXXXX-relevanten Bereiche und Unternehmen umfasst, zum zeitlichen Ablauf der wesentlichen Prozessschritte in der Rolle als TPM, die Darstellung des verwendeten Projektplanungstools sowie eine Skizzierung des Inhalts und Umfangs des Prozesshandbuchs,

- im Bereich Steuerung: die Erläuterung der konkret eingesetzten Mechanismen zur Koordination und Kontrolle mit einem Schwerpunkt bei der Steuerung der xxxxxxfirmen."

Das Konzept der Antragstellerin erhielt insoweit Punktabzüge mit der folgenden Begründung:

"Die Ausführungen zu Planung und Steuerung sind gut nachvollziehbar, bleiben insgesamt jedoch eher aligemein. [...] stellt die Planungsanforderungen deutlich übersichtlicher dar. Darüber hinaus fehlen Ausführungen zur Disposition der xxxxxxfirmen, was im Vergleich negativ zu werten ist."

Aus der Begründung wird nur teilweise hinreichend deutlich, weiche konkreten Konzeptinhalte zu den Punktabzügen geführt haben. Die Auftraggeberinnen nahmen in zulässiger Weise eine vergleichende Bewertung der Bieterkonzepte vor, so dass grundsätzlich Punktabzüge erfolgen dürfen, wenn Konzepte anderer Bieter fachlich mehr überzeugen. Ob dies hier tatsächlich der Fall ist, kann anhand des vorletzten Satzes der oben genannten Begründung nicht festgestellt werden, da er keine weitergehende inhaltliche Begründung enthält, wieso eine deutlich übersichtlichere Darstellung zu einer besseren Bewertung führt.

Soweit die Antragsgegnerinnen einen Punktabzug auf die fehlenden Ausführungen zur Disposition der xxxxxxfirmen gestützt haben, haben sie die Konzeptinhalte der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß berücksichtigt. Ausführungen der Antragstellerin zur Disposition der xxxxxxfirmen finden sich insbesondere auf den Seiten 6, 9 und 10 des Ausführungskonzeptes. Dass die Angaben fehlen, ist somit nicht richtig. Dies greifen die Antragsgegnerinnen auch in ihrer Antragserwiderung auf. Demnach seien die Ausführungen im Bereich der Disposition im Ergebnis dieser Nachprüfung besser als zunächst berücksichtigt zu bewerten, die Darstellungen zur Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung aber schlechter als bisher erfolgt zu bewerten. Sachliche Gründe, die zu dieser Bewertung führen, werden nicht genannt. Es wird lediglich angemerkt, dass Ausführungen weniger gelungen seien. Die Antragsgegnerinnen haben den der Bewertung zugrunde gelegten Sachverhalt nicht erschöpfend ermittelt. Ein Punktabzug wäre insoweit nur gerechtfertigt, wenn die Antragsgegnerinnen sich auch inhaltlich mit den Angaben der Antragstellerin auseinandergesetzt und diese in Relation zu den Ausführungen der übrigen Bieter fachlich bewertet hätten.

Die Begründung trägt damit insgesamt nicht die vorgenommenen Punktabzüge. Sie ist nicht sachbezogen und nicht nachvollziehbar.

- Hinsichtlich des Unter-Unterkriteriums IT, xxxxxx-Software enthielten die finalen Bewerbungsbedingungen folgende Vorgaben (vgl. Seite 17):

"Im Rahmen der Darstellungen zu IT, xxxxxx-Software (LV TPM Ziffer 7) hat der Bieter die für den konkreten Einsatz geplante Software vorzustellen, wobei insbesondere die Praktikabilität einschl. Vor- und Nachteilen von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus werden Ausführungen erwartet, wie Datenschutz und Datensicherheit sowie die entsprechenden Vorsorgeleistungen im Detail gewährleistet werden."

Das Konzept der Antragstellerin erhielt insoweit einen Punktabzug mit der folgenden Begründung:

"Die Ausführungen zur IT und xxxxxx-Software sind umfangreich. Angaben zur Praktikabilität und Datensicherheit geben Einblick in eine umfangreiche und den besonderen Bedürfnissen der xxxxxx entsprechenden Datenlandschaft mit den wesentlichen Prozessen und Schnittstellen für die Projektbeteiligten. Die anderen Bieter überzeugen in diesen Punkt etwas mehr, durch die (Mit-)JEntwicklung der Software und noch übersichtlicherer Darstellung der Anwendungsplattform."

Die Antragstellerin führt diesbezüglich aus, dass sie die Begründung der Mitoder Eigenentwicklung doch sehr überrasche, den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerinnen sei durch ihre umfassende Marktkenntnis bekannt, dass die Antragstellerin Hauptnutzer der Software sei und diese in sehr enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller auf die besonderen Bedürfnisse der XXxxxx überhaupt erst entwickelt habe. Die Kenntnisse der Anwaltskanzlei können im Rahmen der Konzeptbewertung nicht berücksichtigt werden. Entscheidend sind die mit Angebotsabgabe eingereichten Konzeptinhalte. Allerdings führt die Antragstellerin auf Seite 17 unten ihres Ausführungskonzeptes Software aus:

"Auf Basis unserer praktischen Erfahrungen haben wir in Zusammenarbeit mit dem Softwarehersteller insb. die Praktikabilität für die besonderen Anforderungen bei xxxxxx-Projekten optimiert. Besonders hervorzuheben sind die folgenden projektseitigen Funktionalitäten: [...]."

[Hervorhebung durch die Vergabekammer]

Auch werden unter Nr. 6.2 des Ausführungskonzeptes Angaben zu eigenen Softwarelösungen gemacht.

Diese Angaben hätten von den Antragsgegnerinnen berücksichtigt und inhaltlich bewertet werden müssen. Sie haben auch hier den der Bewertung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt, so dass die Bewertung nicht auf ihm beruhen kann und damit nicht ordnungsgemäß ist.

- Zu dem Unter-Unterkriterium Dokumentation und Berichterstattung wurden folgende Angaben gefordert (vgl. Seite 17 der finalen Bewerbungsbedingungen):

"Zum Bereich Dokumentation und Berichterstattung (LV TPM Ziffer 9) ist ein beispielhafter Wochenbericht in der xxxxxxphase zu erstellen, der dem gegebenen Projektumfang entsprechend gestaltet ist. Besonderer Wert wird hierbei auf die individuelle Bewertung und Kommentierung der Berichterstattung durch den Projektleiter gelegt."

Das Konzept der Antragstellerin erhielt insoweit Punktabzüge mit der folgenden Begründung:

"Die Ausführungen zu Dokumentation und Berichterstattung sind nachvollziehbar. Positiv zu werten ist die zur Verfügungstellung des tagesaktuellen Management-Boards für den AG. Ein beispielhafter Wochenbericht wurde eingereicht, allerdings ohne Beispiel für eine individuelle Kommentierung, was negativ zu werten ist."

Der beispielhafte Wochenbericht der Antragstellerin enthält einige wenige nicht geschwärzte Kommentierungen (vgl. Seite 3, 5, 8, 13). Die Begründung der Antragsgegnerinnen, der Wochenbericht wurde "ohne Beispiel für eine individuelle Kommentierung" eingereicht, deckt sich nicht mit dem Konzeptinhalt. Hier fehlte die mit der Antragserwiderung vorgebrachte Bewertung, dass durch die wenigen Kommentierungen die praktische Veranschaulichung bzw. die Darstellung der Umsetzung weniger überzeugte.

Selbst unter Berücksichtigung des vorgenannten Vortrags erscheint jedoch ein Punktabzug von 2 Punkten aufgrund nicht ausreichender Kommentierungen aufgrund der vergleichenden Bewertung der Konzeptinhalte im Vergleich zu einem Punktabzug in Höhe eines Punktes bei einem anderen Bieter, der anstelle des Wochenberichtes einen Tagesbericht eingereicht hatte, nicht verhältnismäRig. Hier fehlt es an einer weiteren sachlichen Begründung.

Die Begründung trägt nicht die vorgenommenen Punktabzüge. Sie ist teilweise nicht sachbezogen und nicht nachvollziehbar.

- In Bezug auf Personalkonzept enthielten die finalen Bewerbungsbedingungen zunächst folgenden Hinweis (vgl. Seite 17 der finalen Bewerbungsbedingun- gen):

"Die Auftraggeber legen grundsätzlich Wert auf eine kontinuierliche Projektbegleitung durch die eingesetzten Mitarbeiter, auf eine der anfallenden Leistungen und Aufgaben entsprechende Expertise der Mitarbeiter sowie auf eine Bearbeitung der anfallenden Aufgaben an den jeweiligen Projektorten."

Zu dem Unter-Unterkriterium Projektbüro wurden folgende Angaben gefordert (vgl. finale Bewerbungsbedingungen):

"Zu dem Projektbüro (LV TPM Ziffer 2) wird eine Darstellung der personellen Besetzung sowie der Aufgabenzuordnung des Personals in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht erwartet. Dabei sind Leistungen, die nicht vor Ort im Projektbüro erbracht werden, einschl. der Maßnahmen zur effizienten Verzahnung dieser Leistungen darzustellen."

Dem Konzept der Antragstellerin wurde diesbezüglich ein Punkt mit der folgenden Begründung abgezogen:

"Die allgemeinen Ausführungen zu den Projektbüros, Aufgabenverteilung und Organisation sind dargestellt und erfüllen die Anforderungen des LVs. Die Besetzung des Projektbüros übertrifft die Anforderungen des LVs bzgl. der xxxxxx im zentralen Projektbüro 4 Wochen vor bis zum Abschluss der xxxxxx, was positiv zu werten ist. Negativ fällt die unübersichtliche Darstellung ins Gewicht. Es fehlen Aussagen zur Koordinierung in der dezentralen PBüro Struktur. Hier waren die Darstellungen von [...] übersichtlicher und dadurch überzeugender."

Die Begründung trägt nur teilweise den Punktabzug. Grundsätzlich bewegt sich der Auftraggeber jedoch in seinem Bewertungsspielraum, wenn andere Bieter nachvollziehbare Ausführungen zur Koordinierung gemacht haben, diese bei der Antragstellerin jedoch fehlen. Aus den Sätzen "Negativ fällt die unübersichtliche Darstellung ins Gewicht" sowie "Hier waren die Darstellungen von [...] übersichtlicher und dadurch überzeugender." lässt sich keine inhaltliche, nachvollziehbare Bewertung entnehmen. Es fehlen sachliche Argumente, die die Sätze untermauern. Die Begründung ist teilweise nicht sachbezogen und nicht nachvollziehbar.

- Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Personalbestand enthielten die finalen Bewerbungsbedingungen folgende Vorgaben (vgl. Seite 17):

"Zur Darstellung des Personalbestandes hat der Bieter eine - ggf. anonymisierte - Liste seiner aktuellen Mitarbeiter für den ausgeschriebenen Leistungsgegenstand vorzulegen mit Angaben zur Ausbildung/Qualifikation, Verantwortungsbereiche einschl. der einschlägigen Berufserfahrung, Xxxxxx-Erfahrung, Unternehmenszugehörigkeit in Jahren. Die Mitarbeiter, die in diesem Projekt eingesetzt werden sollen, sind zu kennzeichnen."

Dem Konzept der Antragstellerin wurde diesbezüglich ein Punkt mit der folgenden Begründung abgezogen:

"Die Angaben zum Personalbestand können auf allgemeiner Ebene überzeugen. Insbesondere die langjährige xxxxxx-Erfahrung nahezu aller MA ist positiv zu werten. [...] überzeugt im Ergebnis mit der Vormerkung von 24 Mitarbeitern für dieses Projekt etwas mehr."

Die Vormerkung und namentliche Benennung von Mitarbeitern können durchaus zu einer besseren Bewertung führen, sofern sachliche Gründe vorliegen, warum dies der Fall ist. Der Begründung ist nicht zu entnehmen, wieso diese Benennung zu einer besseren Bewertung eines anderen Bieters und einem Punktabzug der Antragstellerin führt. Auch die Antragserwiderung hilft insoweit nicht weiter. Ergänzend ist zudem anzumerken, dass die Antragsgegnerinnen in ihrer Antragserwiderung im Paralleiverfahren VgK-02/2024 vortragen (vgl. Seite 14/15), dass sich eine "Schlechterbewertung" oder Kritik einer nicht-namentlichen Auflistung verbiete und ebenso wenig eine Besserbewertung einer namentlichen Auflistung rechtfertigen könne.

Die Begründung ist demnach nicht nachvollziehbar und nicht sachbezogen, sie trägt nicht den vorgenommenen Punktabzug.

- Zu dem Unter-Unterkriterium Kapazitätsplanung wurden folgende Angaben gefordert (vgl. Seite 18 der finalen Bewerbungsbedingungen):

"Es wird eine Kapazitätsplanung für die gesamte Projektlaufzeit unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung und der wesentlichen Prozessschritte auf Basis des Terminplans (Anlage 3 4_Vertragsunterlagen_TPM (Entwurf)) erwartet sowie konkrete Ausführungen zur Redundanzplanung, insbesondere wie der Bieter mit planbaren Ausfällen (Urlaub) bzw. mit ungeplanten Ausfällen (kurzfristige oder länger andauernde Krankheit) umgeht und sich insoweit absichert."

Das Konzept der Antragstellerin erhielt insoweit einen Punktabzug mit der folgenden Begründung:

"Die Ausführungen zur Kapazitätsplanung sind grds. nachvollziehbar, jedoch unübersichtlich dargestellt. Angaben zur Redundanz sind plausibel, wenn auch allgemein gehalten. Die Besetzung des Projektbüros übertrifft die Anforderungen des LVs bzgl. der xxxxxx im zentralen Projektbüro 4 Wochen vor bis zum Abschluss der xxxxxx, was positiv zu werten ist."

Der vorgenannten Begründung ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, welche konkreten inhaltlichen Argumente zu einem Punktabzug geführt haben. Die Ausführungen sollen grundsätzlich nachvollziehbar, aber unübersichtlich sein. Ob die Unübersichtlichkeit trotz Nachvollziehbarkeit die Qualität der Aussagen beeinflusst, bleibt offen. Gleiches gilt für die Bewertung der Angaben zur Redundanz. Es ist unklar, ob die allgemeinen Angaben, durch ihre Allgemeinheit inhaltlich nicht aussagekräftig sind oder aber der Projektbezug nicht ausreichend dargestellt wird. Die Begründung trägt damit nicht den vorgenommenen Punktabzug. Sie ist nicht sachbezogen und nicht nachvollziehbar.

- Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen lauteten die finalen Bewerbungsbedingungen wie folgt (vgl. Seite 18):

"Ferner sind Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen für die eingesetzten Mitarbeiter aufzuzeigen sowie ein mitarbeiterscharfer Schulungsplan vorzulegen und anzugeben, ob und wie dieser Plan umgesetzt wird."

Das Konzept der Antragstellerin erhielt insoweit Punktabzüge mit der folgenden Begründung:

"Die Ausführungen zu Fortbildung und Schulung sind eher knapp gehalten, jedoch nachvollziehbar. Ein mitarbeiterscharfer Schulungsplan fehlt. Daher sind die Darstellungen von [...] etwas überzeugender."

Im Rahmen der vergleichenden Bewertung ist hier zu berücksichtigen, dass ein anderer Bieter ebenfalls die Bewertung "Die Ausführungen zu Fortbildung und Schulung sind eher knapp gehalten, jedoch nachvoliziehbar." erhielt. Dieser Bieter hatte allerdings einen mitarbeiterscharfen Schulungsplan eingehalten (der inhaltlich nicht weiter bewertet wurde) und erhielt insgesamt 5 Punkte.

Unter Berücksichtigung der Bewertung des anderen Bieters ist der Bewertung der Antragstellerin nicht zu entnehmen, ob das Fehlen des mitarbeiterscharfen Schulungsplans so schwer wiegt und einen Punktabzug in Höhe von zwei Punkten rechtfertigt sowie verhältnismäßig ist. Die Begründung trägt nicht die vorgenommenen Punktabzüge und ist nicht nachvollziehbar.

Die Überprüfung der finalen Angebotswertung durch die Vergabekammer hat insgesamt ergeben, dass der der Bewertung zugrunde gelegte Sachverhalt nicht durchgängig ordnungsgemäß ermittelt wurde sowie Punktabzüge überwiegend nicht nachvollziehbar begründet und damit vergaberechtswidrig erfolgt sind. Die Antragsgegnerinnen haben sich bei der Bewertung - unabhängig davon, dass sie nicht bekannt gemachte Gewichtungen der Unter-Unterkriterien angewandt haben - nicht durchgehend im Rahmen des ihnen gewährten Beurteilungsspielraum gehalten.

Der Nachprüfungsantrag ist insgesamt begründet.

3. Gemäß § 168 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

Hier liegt ein Grund vor, mit Maßnahmen auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens einzuwirken. Die Antragsgegnerinnen werden bei fortbestehender Beschaffungsabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor finaler Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Der Vergaberechtsfehler der fehlenden Bekanntgabe der Gewichtung der Unter-Unterkriterien ist durch eine Änderung/Ergänzung der Vergabeunterlagen zu korrigieren. Den Bietern ist nach Bekanntgabe der Gewichtung aller Unter-Unterkriterien Gelegenheit zu geben, neue Angebote abzugeben. Bei erneuter Bewertung der Bieterkonzepte sind die vorgenannten Ausführungen zu beachten.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert. Bei außergewöhnlicher wirtschaftlicher Bedeutung kann die Gebühr auf bis zu 100.000 € erhöht werden.

Der zugrunde zu legende Gegenstandswert beträgt für die ausgeschriebene Leistung XXXXXX € netto für die gesamte Vertragslaufzeit. Ausweislich der Kostenschätzung gemäß Vergabeakte liegt das geschätzte Auftragsvolumen zwischen xxxxxx € und xxxxxxx € (vgl. E- Mail der Anwaltskanzlei vom 16.02.2024 an die Vergabekammer). Für den Gegenstandswert wurde der Mittelwert der Kostenschätzungen berücksichtigt.

Bei einer Gesamtsumme von xxxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstelierin in der Hauptsache Erfolg hatte.

Die Antragsgegnerinnen sind jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der auf sie entfallenden Kosten gemäß 8 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. 8 8 Abs. 1 Nr. 3 BVerwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVerwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus 8 182 Abs. 1 Satz 2 GWB auf das BVerwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG.

Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 haben vorliegend keine Anträge zur Hauptsache gestellt. Sie waren daher nicht anteilig an den Kosten zu beteiligen.

Kosten der Antragstellerin:

Gemäß Ziffer 4 des Tenors haben die Antragsgegnerinnen die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten. Gemäß § 182 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf den Antrag der Antragstellerin gemäß Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren für die Antragstellerin notwendig war. Ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, bedurfte die Antragstellerin gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerinnen im Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache unterlegen sind und der Antrag der Antragstellerin Erfolg hatte, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

IV. Rechtsbehelf

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von dem Knesebeck
Winterberg
Dierks