Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 02.03.2005, Az.: 4 A 38/03

Abschiebung; Abschiebungsschutz; Asyl; Asylbewerber; Asylfolgeverfahren; Asylverfahren; Ausländer; Exilpolitik; exilpolitische Aktivität; exilpolitische Betätigung; Nachfluchttatbestand; politische Betätigung; Steigerung; Verfolgungswahrscheinlichkeit

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
02.03.2005
Aktenzeichen
4 A 38/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50946
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die qualitative Steigerung einer fortdauernden exilpolitischen Betätigung kann zur Annahme einer neuen Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 VwVfG führen.

2. Zu den Voraussetzungen für die Anwendung der Regel des § 28 Abs. 2 AsylVfG.

Tatbestand:

1

Die miteinander verheirateten Beigeladenen sind iranische Staatsangehörige.

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Der am . .1961 geborene Beigeladene zu 1) reiste am 09.02.1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.02.1997 die Gewährung politischen Asyls. Zur Begründung trug er vor, er sei im Oktober 1996 gemeinsam mit seiner Ehefrau nach einem Wortwechsel mit den Revolutionswächtern, anlässlich dessen er führende Persönlichkeiten des iranischen Staates beleidigt habe, verhaftet worden. Nach seiner Freilassung habe er erfahren, dass er auf einer Ausreiseverbotsliste stehe. Mit Hilfe eines Schleusers sei ihm die Flucht aus dem Iran gelungen.

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Das D. lehnte den Asylantrag des Beigeladenen zu 1) durch Bescheid vom 28.05.1997 ab. Hiergegen erhob der Beigeladene zu 1) vor dem Verwaltungsgericht Q. Klage (A 3 K /97). Im Rahmen des Klageverfahrens trug er ergänzend vor, er betätige sich im Bundesgebiet exilpolitisch und habe an mehreren Demonstrationen u. a. vor dem iranischen Generalkonsulat in Hamburg teilgenommen. Seit dem 30.12.1997 sei er aktives Mitglied der „R.“ (O.I.K.). An den monatlich stattfindenden Sitzungen der Organisation nehme er regelmäßig teil. Mit Schreiben vom 08.06.1998, 16.09.1998 und 21.10.1998 trug der Beigeladene zu 1) ergänzend zu seinen politischen Aktivitäten und insbesondere der Teilnahme an verschiedenen Demonstrationen vor. In der mündlichen Verhandlung des VG Q. am 29.08.2001 teilte er mit, er sei am 02.06.2001 zum Vorstandsvorsitzenden der Sektion S. der „T.“ (CPI) gewählt worden. In dieser Funktion überwache er die Aktivitäten der Mitglieder der Organisation, sei für die Durchführung von Info-Tischen in S. und für die Weiterleitung von Nachrichten zuständig, verteile die Aufgaben unter den Mitgliedern, betreibe Propaganda und werbe neue Mitglieder und Anhänger. Bei den Sitzungen der Sektion halte er jeweils eine längere Rede. Das Verwaltungsgericht Q. wies die Klage durch Urteil vom 29.08.2001 mit der Begründung ab, der Vortrag des Beigeladenen zu 1), er habe den Iran wegen unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, sei unglaubhaft. Aus dem Gesamtbild der Aktivitäten des Beigeladenen für die CPI sei nicht auf ein derart herausgehobenes Engagement zu schließen, dass anzunehmen sei, dass die iranischen Behörden den Beigeladenen zu 1) als ernsthaften Regimegegner ansähen. Die erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erfolgte Übernahme von Leitungsaufgaben vermöge eine herausgehobene exilpolitische Tätigkeit nicht zu begründen. Hinzu kommen müsse vielmehr, dass der Betroffene diese formelle Position inhaltlich durch persönlichen Einsatz in quantitativer und qualitativer Weise auch so ausfülle, dass sich hieraus auf eine ernsthafte Regimegegnerschaft schließen lasse. Dies sei im Fall des Beigeladenen zu 1), der in der Öffentlichkeit nur in geringem Umfang in Erscheinung getreten sei, nicht zu erkennen. Einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil lehnte das Sächsische Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 01.08.2002 - A 2 B 659/01 - mit der Begründung ab, die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung.

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Die am 10.03.1968 geborene Beigeladene zu 2) reiste nach ihren eigenen Angaben gemeinsam mit den in den Jahren 1989 bzw. 1993 geborenen Kindern der Beigeladenen am 20.10.1997 in das Bundesgebiet ein, wo sie die Gewährung politischen Asyls begehrte. Bei ihrer Anhörung durch das D. am 03.11.1997 trug sie vor, sie stamme aus einer Familie, die von Grund auf gegen das iranische Regime eingestellt sei, und habe mehrfach Probleme mit den Behörden gehabt. Nachdem Sicherheitskräfte im Juli 1997 versucht hätten, sie festzunehmen, sei sie mit ihren Kindern geflohen. Gegen einen Asyl versagenden Bescheid des D. vom 30.01.1998 erhob die Beigeladene zu 2) am 17.02.1998 vor dem Verwaltungsgericht Göttingen Klage (4 A 4033/98), die das Gericht durch Urteil vom 14.03.2001 abwies. Ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg (Beschl. d. Nds. Oberverwaltungsgerichts v. 21.06.2001 - 5 LA 1643/01 -).

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Am 27.12.2002 beantragten die Beigeladenen erneut die Gewährung politischen Asyls. Sie führten aus, der Beigeladene zu 1) betätige sich im Bundesgebiet besonders hervorgehoben exilpolitisch gegen das iranische Regime. Hierzu seien bereits im Berufungszulassungsverfahren umfangreiche Unterlagen und Nachweise vorgelegt worden. Nach dem Abschluss des Asyl-Erstverfahrens habe der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit fortgesetzt. Am 01.09.2002 sei er als Sektionsleiter der CPI und als Vorstandsvorsitzender wiedergewählt worden. Auch die Beigeladene zu 2) sei aktives Mitglied der CPI und mit verantwortungsvollen Tätigkeiten für die Partei betraut. Die Beigeladenen seien von Mitarbeitern des Nds. Landesamtes für Verfassungsschutz aufgesucht worden. Man habe ihnen mitgeteilt, dass Führungskräfte der CPI bedroht worden seien und man über die Situation besorgt sei.

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Am 11.02.2003 wurden die Beigeladenen erneut durch das D. angehört. Der Beigeladene zu 1) teilte mit, er sei in sechs Ausgaben der Zeitung „Rahe Ayande“ erwähnt worden. Man habe über seine Wahl im September 2002 berichtet und ihn als Sektionsleiter namentlich benannt. Im Fernsehprogramm der Organisation, das aus Los Angeles über Satellit verbreitet werde, habe er am 07.11., 14.11. und 21.11.2002 Interviews gegeben. In Deutschland gebe es nur 15 Sektionen der Partei. Als Leiter der Sektion S. organisiere er die Arbeit von sechs Komitees und halte Kontakt zu den oberen Ebenen der Organisation. Die Beamten des Verfassungsschutzes hätten ihn davor gewarnt, dass die Vorsitzenden der Sektionen durch das iranische Regime „unter die Lupe genommen“ worden seien. Die Beigeladene zu 2) teilte im Rahmen ihrer am selben Tage durchgeführten Anhörung mit, sie sei in der Kulturabteilung der CPI für Film- und Fotoaufnahmen verantwortlich. In dieser Funktion sei sie an allen Konferenzen, Demonstrationen usw. beteiligt. Sie sei auch Mitglied im Frauen-Komitee der Organisation und als Ehefrau des Beigeladenen zu 1) in der Öffentlichkeit bekannt geworden.

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Durch Bescheid vom 03.03.2003 lehnte das D. die Anerkennung der Beigeladenen als Asylberechtigte ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) in ihrer Person hinsichtlich des Iran vorlägen. Zur Begründung führte das D. aus, die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen vor. Die Beigeladenen hätten Anspruch auf Abschiebungsschutz, da sie als Angehörige des Führungskreises der monarchistischen CPI gefährdet seien.

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Am 17.03.2003 hat der Kläger hiergegen Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für die Durchführung eines Asylfolgeverfahrens seien nicht gegeben. Auch stehe der Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) die Neufassung des § 28 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) entgegen.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2003 aufzuheben, soweit den Beigeladenen Abschiebungsschutz gewährt worden ist.

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Die Beklagte stellt keinen Antrag.

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Die Beigeladenen beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Sie sind der Auffassung, die Neufassung des § 28 Abs. 2 AsylVfG stehe der Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG (zumindest) in ihrem Fall nicht entgegen. Sie seien weiterhin in exponierter Weise als Führungspersönlichkeiten der CPI exilpolitisch tätig. Der Beigeladene zu 1) sei am 01.02.2004 wiederum zum Vorstandsvorsitzenden der Sektion S. gewählt worden. Seinem Vertreter habe das Verwaltungsgericht S. aufgrund dieser Tätigkeit Abschiebungsschutz gewährt. Er habe am 14.11.2004 die nationale Jahresversammlung der CPI organisiert.

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Das Gericht hat die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht Bezug auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Ausländerakten des Landkreises U., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Entscheidung des D., den Beigeladenen Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) zu gewähren, ist nicht zu beanstanden.

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Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Voraussetzungen für die Durchführung eines Asylfolgeverfahrens erfüllt. Nach § 71 Abs. 1 AsylVfG ist aufgrund eines nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut gestellten Asylantrags (Folgeantrag) ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen. Nach § 51 Abs. 1 VwVfG ist ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, oder der Tatbestand der Restitutionsklage (§ 580 der Zivilprozessordnung) erfüllt ist.

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Im Rahmen des Dauersachverhalts der exilpolitischen Betätigung der Beigeladenen ist es nach Abschluss der Asyl-Erstverfahren zu einer qualitativen Steigerung gekommen, die eine neue Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 VwVfG begründet hat. Das Verwaltungsgericht Q. ist in seinem Urteil vom 29.08.2001 zu dem Ergebnis gelangt, der Beigeladene zu 1) fülle seine Position als Sektionsleiter noch nicht in einer Weise aus, die auf eine ernsthafte Regimegegnerschaft schließen lasse. Nach dem Abschluss des Erstverfahrens hat sich dies dahin gehend geändert, dass der Beigeladene zu 1) im Verlauf eines fließenden Prozesses innerhalb der CPI eine Stellung erlangt hat, die ihn deutlich aus dem Kreis exilpolitisch tätiger Asylbewerber heraushebt. Zu Beginn dieser Entwicklung und im notwendigen zeitlichen Zusammenhang (§ 51 Abs. 3 VwVfG) mit dem am 27.12.2002 gestellten Asyl-Folgeantrag hat der Beigeladene zu 1) im November 2002 als Leiter der Sektion S. der CPI mehrere über Satellit verbreitete Fernseh-Interviews gegeben. Mit der zunehmenden Verantwortung ihres Ehemanns innerhalb der CPI hat sich auch die Position der Beigeladenen zu 2) in einer Weise verändert, die zur Annahme einer neuen Sachlage führt.

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Nach § 60 Abs. 1 AufenthG (vom 30.07.2004, BGBl. I S. 1950) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Der Anwendungsbereich der Vorschrift deckt sich mit demjenigen des Art. 16 a Abs. 1 GG, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.01.1994 - 9 C 48.92 -, DVBl. 1994, 531 zum insoweit inhaltsgleichen § 51 Abs. 1 AuslG). Während die Asylanerkennung darüber hinaus den Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht sowie das Fehlen anderweitigen Verfolgungsschutzes verlangt, greift das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG auch dann ein, wenn beispielsweise politische Verfolgung wegen eines für die Asylanerkennung unbeachtlichen Nachfluchtgrundes droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.02.1992 - 9 C 59.91-, DVBl. 1992, 843 zu § 51 Abs. 1 AuslG).

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Für die Beurteilung, ob ein Schutzsuchender politisch verfolgt ist, gelten im Abschiebungsschutzverfahren des § 60 Abs. 1 AufenthG ebenso wie im Asylanerkennungsverfahren unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist. Ist der Schutzsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates unzumutbar, so ist ihm die Rückkehr nur dann zuzumuten, wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist; hierfür ist erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit als durchaus reale Möglichkeit erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 08.09.1992 - 9 C 62.91 -, NVwZ 1993, 191 m.w.N.). Hat der Schutzsuchende hingegen seinen Heimatstaat unverfolgt verlassen, so kann ihm nur dann Asyl bzw. Abschiebungsschutz gewährt werden, wenn ihm aufgrund beachtlicher Nachfluchttatbestände politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht; dies ist der Fall, wenn bei Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 - 9 C 278.86 -, BVerwGE 79, 143, 151).

21

Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt er sein Vorbringen auf Umstände im Sinne des § 28 Abs. 1 AsylVfG, die nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags entstanden sind, so kann im Asylfolgeverfahren die Feststellung, dass dem Ausländer die in § 60 Abs. 1 AufenthG bezeichneten Gefahren drohen, in der Regel nicht mehr getroffen werden (§ 28 Abs. 2 AsylVfG in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung).

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Nach den genannten Maßstäben hat das D. zu Recht festgestellt, dass in der Person der Beigeladenen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

23

Den Beigeladenen droht im Fall ihrer Rückkehr in den Iran aufgrund ihrer exilpolitischen Aktivitäten und ihrer Position innerhalb der Organisation CPI mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Das D. für Verfassungsschutz hat in seiner Auskunft an das VG S. vom 22.07.2003 ausgeführt, die CPI werde als aktivste Gruppierung innerhalb des iranischen monarchistischen Spektrums angesehen. Wie alle oppositionellen Gruppen im Exil werde auch die CPI durch den iranischen Staat als potenzielle Bedrohung betrachtet und ihre Mitglieder unterlägen einer permanenten Ausspähung durch den iranischen Nachrichtendienst. Da jedoch von den monarchistischen Gruppen keine ernsthafte Gefahr für die innere Sicherheit bzw. die Existenz des Iran ausgehe, sei anzunehmen, dass sich die Beobachtung auf Mitglieder beschränke, die eine herausgehobene Position innerhalb der Organisation einnähmen. Hierunter seien Personen zu verstehen, die Führungs- oder Funktionsaufgaben wahrnähmen, an Veranstaltungen teilnähmen, die führenden Mitgliedern der Organisation vorbehalten seien, ohne erkennbar Außenstehende zu sein, oder Verantwortung für Presseerzeugnisse, öffentliche Veranstaltungen oder wirtschaftliche Belange der Organisation hätten.

24

Diese Voraussetzungen treffen auf beide Beigeladenen zu. Der Beigeladene zu 1) hat aufgrund seiner Stellung als Vorsitzender der Sektion S. der CPI eine herausgehobene Position inne. Er hat unter den Sektionsleitern insoweit eine Sonderstellung, als er für die Vermittlung und Koordinierung zwischen dem Zentralkomitee und den einzelnen Sektionen der Organisation in Deutschland zuständig ist. Unter Berücksichtigung der o. g. Erkenntnisse des D. für Verfassungsschutz ist davon auszugehen, dass er angesichts seiner herausgehobenen Stellung innerhalb der Organisation und seiner zahlreichen, nach außen gerichteten politischen Aktivitäten (Teilnahme an Veranstaltungen in leitender Funktion, Fernsehinterviews etc.) durch iranische Stellen beobachtet wird. Dasselbe gilt für die Beigeladene zu 2), die im Bereich der Sektion S. für die Medienarbeit zuständig ist, bundesweit die Arbeit der Frauenorganisation der CPI und des Zentralkomitees koordiniert, ihren Ehemann bei seiner Tätigkeit begleitet und damit bei allen Veranstaltungen, an denen er teilnimmt, gleichfalls in Erscheinung tritt.

25

Aufgrund des besonderen Interesses der iranischen Sicherheitsstellen an Personen mit herausgehobenen oppositionellen Positionen ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beigeladenen bei ihrer Rückkehr in den Iran mit ihrer Festnahme rechnen müssten. Sie wären gefährdet, im Rahmen der zu erwartenden Verhöre asylrechtlich erhebliche Misshandlungen und Folter zu erleiden, mittels derer die Sicherheitskräfte versuchen würden, Informationen über die Aktivitäten der monarchistischen Exilopposition zu erlangen. Das Gericht folgt insoweit der Einschätzung des Deutschen Orient-Instituts (Auskünfte vom 26.05.2003 an das VG S. und an das VG Schleswig) sowie amnesty internationals (Auskunft vom 03.02.2004 an das VG Schleswig).

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Die Regel des § 28 Abs. 2 AsylVfG, wonach ein Ausländer im Asylfolgeverfahren Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG nicht mehr erhält, kommt im Fall der Beigeladenen nicht zur Anwendung. Die Neufassung des Gesetzes verfolgt den Zweck, Ausländern den Anreiz zu nehmen, nach unverfolgter Ausreise und abgeschlossenem Asylverfahren aufgrund neu geschaffener Nachfluchtgründe ein Asylverfahren zu betreiben, um damit zu einem dauernden Aufenthalt zu gelangen (BT-Drucks. 15/420, S. 109 f.). Aus der Begründung des Gesetzentwurfs folgt, dass mit der Regelung die „asylunwürdigen“ Verhaltensweisen der sog. „risikolosen Verfolgungsprovokation“ aus dem sicheren Aufenthaltsstaat heraus getroffen werden sollen (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, Stand: Dezember 2004, § 28 Rn. 47). Der betroffene Personenkreis soll zwar im Hinblick auf den weiter bestehenden subsidiären Schutz des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht schutzlos gestellt werden. Er soll jedoch in seinem aufenthaltsrechtlichen Status schlechter gestellt werden, weil derartige das Schutzbedürfnis hervorrufende Verhaltensweisen rechtspolitisch missbilligt werden. Den Beigeladenen kann nicht vorgeworfen werden, sie missbrauchten durch ihr politisches Engagement das Schutzsystem des Asylrechts. Sie haben vielmehr eine bereits im Asyl-Erstverfahren gezeigte politische Betätigung, die seinerzeit lediglich ein niedrigeres Profil aufwies, fortgesetzt und mit der Folge gesteigert, dass nunmehr eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr politischer Verfolgung besteht. Damit gehören sie nicht zu dem Personenkreis, dessen Verhalten der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 28 Abs. 2 AsylVfG treffen wollte, so dass das Gericht die gesetzliche Regel in ihrem Fall nicht anwendet.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylVfG. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt, da die Beigeladenen einen Klagabweisungsantrag gestellt haben und damit der Klage des unterlegenen Klägers erfolgreich entgegengetreten sind.

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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.