Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 22.03.2005, Az.: 2 A 38/05
Anmeldung; Beweiswert; Beweiszeichen; Gerät; Indizwert; Rundfunkgebühr; Rundfunkgebührenbescheid; Rundfunkgerät; Schausteller; Zumeldung; Zweitgerät
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 22.03.2005
- Aktenzeichen
- 2 A 38/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 51038
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs 1 RdFunkGebVtr 1991
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen Rundfunkgebührenbescheide für die Jahre 1990 bis 2003.
Er ist von Beruf Schausteller und zieht von März bis November jeden Jahres mit einem Wohnwagen umher. In den Wintermonaten bewohnt er eine Wohnung in F., die sich im Haus seiner Schwiegereltern befindet.
Im Jahr 1982 meldete der Kläger unter der Rundfunkteilnehmernummer ... für den Gebrauch im privaten Bereich ein Hörfunk- und ein Fernsehgerät an. Am 18.05.2003 meldete er ein zusätzliches Radiogerät, das er in einer Zugmaschine zu Betrieb bereit hält, für den gewerblichen Bereich ab März 2003 an.
Am 03.06.2003 suchte eine Beauftragte des Beklagten den Kläger auf einem Festplatz auf. Dabei wurde eine Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten ausgefüllt, in welcher ein Fernsehgerät im Wohnwagen und ein Radiogerät in einem KfZ als Zumeldung angegeben wurden. Für den Fernseher wurde Januar 1990 und für das Radiogerät Januar 1999 als Anmeldedatum im Formular eingetragen. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass der Kläger die rückständigen Gebühren in 8 Raten abzahlen sollte. Diese Anmeldung wurde sowohl von der Beauftragten des Beklagten als auch vom Kläger unterschrieben.
Mit Schreiben vom 12.06.2003 meldete sich der Bevollmächtigte des Klägers und teilte dem Beklagten mit, dass der Kläger die geforderten rückständigen Gebühren nicht zahlen werde. Er sei Schausteller und lebe von März bis November in einem Wohnwagen. In der übrigen Zeit bewohne er eine Wohnung im Haus seiner Schwiegereltern, wo sich ebenfalls ein ordnungsgemäß angemeldetes Fernsehgerät befinde.
Der Beklagte erwiderte, die Gebühren seien rechtmäßig festgesetzt, da Fernsehgeräte in einer Zweitwohnung oder in einem Wohnwagen gesondert angemeldet werden müssten, auch wenn bereits Geräte in der Hauptwohnung angemeldet seien. Es bestehe eine Anmelde- und Gebührenpflicht für Geräte, die sich in solchen Räumen oder Kraftfahrzeugen befänden, die nicht ausschließlich privat genutzt würden.
Mit Gebührenbescheid vom 04.02.2004 machte die G. für den Beklagten rückständige Rundfunkgebühren für die Zeit von Januar 1990 bis einschließlich Oktober 2003 sowie Rücklastschriftkosten und einen Säumniszuschlag über insgesamt 2.260,11 € gegenüber dem Kläger geltend. Im Einzelnen setzen sich die Gebühren wie folgt zusammen: 2.076,44€ für einen Fernseher im Zeitraum von Januar 1990 bis Februar 2003, 107,35 € für zwei Radios und einen Fernseher im Zeitraum von März bis Juli 2003 und 64,41 € entsprechend von September bis Oktober 2003 sowie zweimal Rücklastschriftkosten vom 29.08.2003 in Höhe von jeweils 3,40 € und einen Säumniszuschlag vom 04.02.2004 in Höhe von 5,11 €.
Hiergegen legte der Kläger am 27.02.2004 Widerspruch ein, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2004 zurückgewiesen wurde. Der Kläger habe beim Besuch der Beauftragten des Beklagten erklärt, er würde im Rahmen seiner Schaustellertätigkeit seit Januar 1990 ein Fernsehgerät und seit Januar 1999 ein Radiogerät zum Empfang bereithalten. Geräte, die nicht ausschließlich privat genutzt werden, seien anmelde- und gebührenpflichtig.
Der Kläger hat am 04.10.2004 Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, dass er nur über ein einziges Fernsehgerät verfüge und es in den Sommermonaten im Wohnwagen und in den Wintermonaten in der Wohnung im Haus der Schwiegermutter nutze. Er habe das Gerät dort ordnungsgemäß angemeldet und zahle dafür seit mehreren Jahrzehnten Rundfunkgebühren. Zudem erhebe er die Einrede der Verjährung.
Der Kläger beantragt,
den von der G. für den Beklagten erlassenen Gebührenbescheid
vom 04.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 06.09.2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor: Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig. Bei dem am 03.06.2003 angemeldeten Fernsehgerät handele es sich um eine Anmeldung im gewerblichen Bereich. Der Wohnwagen des Klägers werde gewerblich genutzt. Der Kläger habe mit seiner Anmeldung bestätigt, ein Fernsehgerät seit 1990 und ein Radiogerät seit 1999 zusätzlich zu seinem privaten Gerät im gewerblichen Bereich zum Empfang bereit zu halten. An diese Anmeldung sei der Kläger gebunden. Diese Anmeldung sei ein so starkes Beweiszeichen, dass sie nach der Lebenserfahrung einem Vollbeweis gleichkomme. Nachträglich könne der Kläger den Beweis des Gegenteils nicht mehr erbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 04.02.2004 und sein Widerspruchsbescheid vom 06.09.2004 sind lediglich in Höhe von 907, 63 € rechtmäßig; hinsichtlich der weiter gehenden Gebührenforderung in Höhe von 1.352,48 € hat der Kläger erfolgreich die Einrede der Verjährung erhoben.
Nach § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelung des § 5 RGebStV für jedes Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Rundfunkteilnehmer in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 2 RGebStV derjenige, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält; dies ist der Fall, wenn mit dem Gerät ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme unverschlüsselt oder verschlüsselt empfangen werden können. Beginn und Ende des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang sind der zuständigen Landesrundfunkanstalt unverzüglich anzuzeigen, § 3 Abs. 1 RGebStV. Die Rundfunkgebührenpflicht beginnt gemäß § 4 Abs. 1 RGebStV mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird.
Der Kläger ist unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundlagen von der im Auftrag des Beklagten tätigen G. rechtsfehlerfrei dem Grunde nach zur Zahlung von Rundfunkgebühren herangezogen worden.
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der Kläger ein Radio und ein Fernsehgerät sowie ein zusätzliches - am 18.05.2003 angemeldetes - Radiogerät in einem KfZ (Zugmaschine) zum Empfang bereit hält. Hinsichtlich dieser Geräte erkennt der Kläger seine Gebührenpflicht an.
Der Kläger unterliegt der Gebührenpflicht aber auch für das zum Empfang bereithalten eines zweiten Fernsehers sowie eines weiteren Radios. Diese Geräte hat er mittels Formular vom 03.06.2003 für die Zeit seit Januar 1990 bzw. seit Januar 1999 für den gewerblichen Bereich zusätzlich angemeldet. Dies wird dadurch deutlich, dass das Kästchen „Zumeldung“ angekreuzt wurde. Der Kläger hat die Richtigkeit dieser Angaben schließlich durch seine Unterschrift auf dem Anmeldeformular bestätigt. Daran muss er sich festhalten lassen.
Soweit er behauptet, dass er nur ein Fernsehgerät besitze, das er wischen Wohnwagen und Wohnung hin und her trage und das bereits seit dem Jahr 1982 ordnungsgemäß angemeldet sei, vermag diese Behauptung - unabhängig von ihrer sachlichen Richtigkeit - nichts an der Gebührenpflicht hinsichtlich der zusätzlich angemeldeten Geräte zu ändern.
Ob die Anmeldung eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 98 VwGO i.V.m. § 415 ZPO ist (VG Mainz NVwZ 2000, 228), also den vollen Beweis über den darin beurkundeten Vorgang erbringt, der lediglich im Wege des Gegenbeweises widerlegbar ist, oder ob die Anmeldung lediglich eine Privaturkunde i.S.d. § 98 VwGO i.V.m. § 416 ZPO darstellt, die beweist, dass der Aussteller eben diese Erklärung abgegeben hat und nicht, dass sie auch inhaltlich richtig ist (vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 14.11.2003 - 2 A 32/03 -), braucht das Gericht nicht zu entscheiden. Denn beide Rechtsansichten führen hier zum gleichen Ergebnis. Die Anmeldung stellt nämlich ein Beweiszeichen von so hohem Indizwert für das Vorhandensein eines weiteren Gerätes dar, dass sich der Anmeldende in der Regel an der von ihm abgegebenen Erklärung festhalten lassen muss. Beruft er sich im Einzelfall auf atypische, der genannten Indizwirkung entgegenstehenden Umstände, sind an deren Nachweis hohe Anforderungen zu stellen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass es sich bei der Festsetzung und Einziehung von Rundfunkgebühren um ein Geschäft der Massenverwaltung handelt, das klare Verhältnisse erfordert. Hierdurch kommt den tatsächlichen Angaben des Anmeldenden, zu denen dieser gem. § 3 Abs. 1 RGebStV verpflichtet ist, erhöhte Bedeutung zu, denn die Landesrundfunkanstalt kann angesichts mehrerer Millionen Gebührenpflichtiger nicht in jedem Einzelfall zeit- und kostenaufwendige Feststellungen zum Gebührentatbestand treffen (VG Osnabrück, Urteil v. 14.11.2003 - 2 A 32/03 -).
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat der Kläger weder den Gegenbeweis geführt noch ist er der Indizwirkung der Anmeldung hinreichend entgegengetreten. Deshalb ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger im in der Anmeldung genannten Zeitraum nicht über die streitigen zusätzlichen Rundfunkgeräte verfügte. Der Kläger trägt nämlich keinerlei atypischen Tatsachen vor, welche den Schluss zuließen, dass die durch die Unterschrift bestätigten Angaben im Anmeldeformular nicht den Tatsachen entsprechen. Soweit er angibt, dass es sich bei dem Fernsehgerät um eben das Gerät handele, welches er bereits seit 1982 angemeldet habe, so muss er sich den eindeutigen Wortlaut der Anmeldung entgegenhalten lassen. In dieser ist unmissverständlich von einer Zumeldung die Rede. Zudem hat der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nochmals vorgetragen, dass er zwei Geräte habe. Er hat durch seinen Prozessbevollmächtigten nämlich erklären lassen, dass es in dem Haus, in dem er im Winter eine Wohnung bewohnt, ebenfalls ein angemeldetes Fernsehgerät gäbe. Eine derartige Erklärung macht nur Sinn, wenn es sich dabei um ein zusätzliches Fernsehgerät des Klägers handelt und nicht um das Gerät, welches hin und her getragen würde und zudem noch der Schwiegermutter gehören soll. Insbesondere hat er nichts vorgetragen, was die Anmeldung als "Zumeldung" erklären könnte, obwohl angeblich keine weiteren Geräte als die bereits angemeldeten bei ihm vorhanden waren. Erst in der Klageschrift wird zum erstenmal die Behauptung aufgestellt, dass lediglich ein Fernsehgerät beim Kläger vorhanden sei. Hinsichtlich des weiter angemeldeten Radiogerätes findet im Übrigen ein derartiger Vortrag des Klägers nicht statt, hierzu schweigt sich der Kläger aus. Er hat somit keinen atypischen Verlauf dargestellt, der den Beweiswert der strittigen Anmeldung soweit „aufweichen“ würde, dass die Kammer von Amts wegen in der mündlichen Verhandlung eine Beweisaufnahme über den Anmeldevorgang hätte durchführen müssen. Entsprechende mündliche Beweisanträge wurden nicht gestellt.
Auch die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen der Gebührenpflicht liegen vor. Der Wohnwagen eines Schaustellers ist nämlich für die Zeit, in der er im Rahmen seiner Schaustellertätigkeit unterwegs ist, die Wohnung des Schaustellers im Sinne einer „Zweitwohnung“. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Wohnwagen, in dem selbst keine Verkaufstätigkeiten oder Schaustellungen stattfinden, gewerblich oder privat genutzt wird, da Geräte in einer Zweitwohnung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 2.HS RGebStV genauso gebührenpflichtig sind wie gewerblich genutzte Geräte. auch wenn, der Fernseher tatsächlich hin und her getragen werden sollte, wie der Kläger angibt, handelt sich bei ihm nicht um ein tragbares Gerät, welches gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 RGebStV gebührenfrei wäre. Ein solches Gerät wird begrifflich nämlich nur vorübergehend außerhalb des häuslichen Bereichs zum Empfang bereitgehalten wird (Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 5 RGebStV Rn. 24). Das Gerät befindet sich aber zumindest in der Zeit von März bis November im Wohnwagen des Klägers, d.h. es befindet sich nicht nur vorübergehend außerhalb des Hauses, sondern einen Großteil des Jahres.
Hinsichtlich des weiteren Radiogerätes bestreitet der Kläger nicht substantiiert, dieses in seinem zumindest zum Teil gewerblich genutzten KfZ zum Empfang bereit zu halten, so dass die angefochtenen Bescheide insoweit ohne weiteres Erläutern als rechtmäßig zu bewerten sind.
Der Kläger kann sich aber hinsichtlich eines Teils der Gebührenforderung, nämlich für die Zeit bis einschließlich Dezember 1998 auf Verjährung berufen. Gemäß § 4 IV RGebStV verjährt der Anspruch auf Rundfunkgebühren innerhalb von vier Jahren. Für den Beginn und das Ende der Verjährung sind die Vorschriften des BGB analog heranzuziehen (VGH München NVwZ-RR 1997, 230; Hess. VGH, AfP 1994, 252 [LAG Baden-Württemberg 29.06.1993 - 14 Sa 101/92]; Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht § 4 Rn.10, 54 f.). Das bedeutet, dass die Verjährungsfrist für alle festgesetzten Rundfunkgebühren erst am Ende des Jahres anzulaufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, also insoweit die bis zur Schuldrechtsreform geltende kurze Verjährung gem. §§ 197, 198, 201 a.F. BGB maßgeblich ist. Die Verjährungsvorschriften des BGB finden auf öffentlich-rechtliche Forderungen grundsätzlich entsprechende Anwendung, soweit es an besonderen Regelungen hierfür fehlt (Hess. VGH AfP 1994, S. 252f.). Dies trifft auf den Rundfunkgebührenstaatsvertrag zu. Sowohl aufgrund der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB, wie auch gemäß § 195 n.F. BGB beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres zu anzulaufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Das bedeutet, dass lediglich die Rundfunkgebühren von Januar 1999 bis Oktober 2003, die in dem Gebührenbescheid festgesetzt wurden, noch nicht verjährt sind.
Die Gebühren für diese Zeit berechnen sich wie folgt:
Von Januar 1999 bis Dezember 2000 betrug die monatliche Rundfunkgebühr, d.h. die Grundgebühr und die Fernsehgebühr 28,25 DM gemäß § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der Fassung des dritten und vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages.
Von Januar 2001 bis Dezember 2001 betrug die monatliche Rundfunkgebühr, d.h. die Grundgebühr und die Fernsehgebühr 31,58 DM gemäß § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der Fassung aufgrund des fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages.
Von Januar 2002 bis Februar 2003 betrug die monatliche Rundfunkgebühr, d.h. die Grundgebühr und die Fernsehgebühr 16,15€ gemäß § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der Fassung aufgrund des fünften und sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages.
Von März 2003 bis Oktober 2003: betrug die monatliche Rundfunkgebühr, d.h. die Grundgebühr, die Fernsehgebühr und die Gebühr für ein zusätzliches Radiogerät 21,47€ monatlich gem. § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages.
Daraus ergibt sich eine Gesamtsumme nicht verjährter Rundfunkgebühren in Höhe von 895,34 €.
Hinzu kommen noch die - nicht ausdrücklich angegriffenen - Kosten für die Rücklastschriften am 29.08.2003 in Höhe von zweimal 3,40 € und die Säumnisgebühr in Höhe von 5,11 €. Die Säumnisgebühr ist gem. § 6 Abs. 1 RGebStV rechtmäßig erhoben worden. Denn die Gebühren waren fällig und der Kläger befand sich mit ihrer Zahlung in Verzug. Die Rücklastschrift ging vom Kläger aus, obwohl dem Beklagten eine wirksame Einzugsermächtigung erteilt worden war. Der Gebühreneinzug war somit rechtmäßig und die zusätzlichen Kosten durch ein dem Kläger zurechenbares Verhalten entstanden. Seinerzeit hatte sich der Kläger noch nicht auf Verjährung berufen; im Übrigen bestand auch nach Erhebung der Verjährungseinrede noch eine Gebührenschuld in Höhe der erfolgten Lastschrifteinzüge fort.
Die Erhebung der Einrede der Verjährung ist nicht - wie der Beklagte meint - etwa aufgrund unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen. Die Einrede der Einrede der Verjährung kann zwar wegen unzulässiger Rechtsausübung dann ausgeschlossen sein, wenn der Rundfunkteilnehmer durch die Berufung auf die Verjährung ungerechtfertigt Vorteile aus etwaigem (vorsätzlichen) unrechtmäßigen Verhalten erlangen würde. Die Einrede der Verjährung ist jedoch nicht bereits schon deshalb wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen, wenn ein Rundfunkteilnehmer ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithält, ohne es anzumelden und so verhindert, dass die Rundfunkanstalt mangels Kenntnis vom ihr zustehenden Anspruch auf Rundfunkgebühren diese innerhalb der Verjährungsfrist nicht einzieht. Es muss vielmehr ein subjektiver Verstoß des Rundfunkteilnehmers hinzukommen. Soweit in der Rechtsprechung ein objektiv rechtswidriges Verhalten des Rundfunkteilnehmers für die Unzulässigkeit der Rechtsausübung für ausreichend gehalten wird (vgl. Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht § 4 RGebStV Rn. 59, 60; Hess. VGH AfP 1994, 253), folgt die Kammer dem nicht. Vielmehr muss zum objektiven Verstoß ein subjektiver hinzukommen (so zutreffend OVG Saarland, Urteil vom 31.08.1994 - 8 R 21/92 -). Um gegen Treu und Glauben in der Weise zu verstoßen, dass die Einrede der Verjährung aufgrund unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen ist, bedarf es zumindest der Erkennbarkeit für den Rundfunkteilnehmer (vgl. Mü-Ko zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 242 Rn. 325). Aufgrund des atypischen Falles, d.h. aufgrund des Umstandes, dass der Kläger keinen „festen“ Wohnsitz hat, sondern als Schausteller umherzieht, ist für ihn das Entstehen zusätzlicher Gebührenpflichten (und somit der Vorteil einer Nichtanmeldung) nicht zwingend erkennbar gewesen. Dem Kläger ist auch ein solcher subjektiver Verschuldensvorwurf nicht zu machen. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger hätte in Kenntnis der Gebührenpflicht die Geräte nicht angemeldet, gewinnen können. Vielmehr spricht insbesondere der Eindruck von ihm, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung im Gespräch mit ihm gewinnen konnte, für die Annahme, dass eine Anmeldung der Geräte aus fahrlässiger Unkenntnis unterblieben war. Hierzu müsste er grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben. Zwar muss sich jeder Bürger grundsätzlich über die Gesetzeslage informieren. Der Kläger ging aber davon aus, dass für seine Zweitgeräte bzw. für Geräte in seinem Wohnwagen keine Gebührenpflicht bestehe. Er wollte sich also keine Vorteile durch die Nichtanmeldung sichern, sondern ging von einer ordnungsgemäßen Anmeldung hinsichtlich aller seiner Geräte aus. Dies folgt auch daraus, dass er, nachdem die Beauftragte des Beklagten ihn entsprechend belehrt hatte, seine Geräte angemeldet hat. Zudem ist der Beklagte insoweit nicht besonders schutzwürdig, da aufgrund der Besonderheiten des Falles von ihm weitere Nachforschungen und Informationen betreffend die spezielle Berufsgruppe der Schausteller erwartet werden können. Diesem Ergebnis steht schließlich auch nicht die Tatsache entgegen, dass es sich beim Rundfunkgebührenverfahren um ein Verfahren im Rahmen der Massenverwaltung handelt. Zwar kann und muss die Behörde nicht in jedem Einzelfall erhebliche Nachforschungen anstellen, doch ist es ihr durchaus zuzumuten, in atypischen Fällen einen gewissen Verwaltungsmehraufwand zu entfalten. Beim Fall des Klägers handelt es sich um einen solchen atypischen Fall, der seitens des Beklagten eines erhöhten Aufklärungs- und somit Verwaltungsaufwandes bedurft hätte. Bei Schaustellern ist es nämlich typisch, dass diese sich einen Großteil des Jahres nicht in ihren Wohnungen, sondern in Wohnwagen aufhalten und dort Rundfunkgeräte zum Empfang bereithalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ihre vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.