Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.10.1996, Az.: II 390/94

Anspruch auf Investitionszulage (InvZul) für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen; Ausschließlich der Forschung oder Entwicklung dienendes Wirtschaftsgut; Zulagenschädliche Mischnutzung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
30.10.1996
Aktenzeichen
II 390/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18645
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:1030.II390.94.0A

Fundstelle

  • EFG 1997, 301-302 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Investitionszulage für 1989

Amtlicher Leitsatz

Investitionszulage für Forschung und Entwicklung nur bei ausschließlicher Nutzung für begünstigte Zwecke. Das Tatbestandsmerkmal "ausschließlich" ist eng auszulegen

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Das Tatbestandsmerkmal " ausschließlich" als Voraussetzung einer Investitionszulage nach § 4 Investitionszulagengesetz (InvZulG) ist eng auszulegen, so dass jede anderweitige Nutzung eines Wirtschaftsgutes, das gegenüber den Forschungs- und Entwicklungszwecken eine eigenständige Bedeutung erlangt, zulagenschädlich ist.

  2. 2.

    Wird eine Pilotanlage an zwei von insgesamt sieben Tagen in der Woche nicht für Forschungs- und Entwicklungszwecke, sondern für gewöhnliche Produktion eingesetzt, liegt eine nicht unerhebliche betriebliche Mitnutzung der Pilotanlage vor, die aufgrund des engen Begriffsmerkmals der "Ausschließlichkeit" als zulagenschädliche Mischnutzung zu werten ist.

Der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 30. Oktober 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Dipl.-Ing.
ehrenamtlicher Richter ... Betriebswirt
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Klägerin (Kl.) eine Investitionszulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen gem. § 4 Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1986 für das Streitjahr 1989 zusteht.

2

Die Kl. betreibt die Herstellung und den Vertrieb von Vliesstoffen, die insbesondere für die Herstellung von Babywindeln verwendet werden. Im Streitjahr investierte sie insgesamt 8.160.973 DM in ein Projekt zur Neu- und Weiterentwicklung von Erzeugnissen und Herstellungsverfahren i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 bb und cc Einkommensteuergesetz (EStG) und beantragte hierfür eine Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986. Von den Gesamtinvestitionen entfielen dabei 5.383.281 DM auf eine sog. Pilotanlage. Das Finanzamt (FA) hatte zunächst Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986 vorlagen. Es wurden deshalb zunächst die Feststellungen einer im Jahr 1993 durchgeführten Außenprüfung (Ap.) abgewartet. Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen der Ap. ist der Dreijahreszeitraum für die streitigen Wirtschaftsgüter erfüllt (Bl. 25 des Bp.-Berichts vom 05.01.1993). Das FA gewährte jedoch dennoch keine Investitionszulage, da die Wirtschaftsgüter in dem maßgeblichen Dreijahreszeitraum nicht ausschließlich der Forschung und Entwicklung gedient hätten.

3

Nach den Feststellungen der Ap. diente die Pilotanlage mit einer Fertigungsbreite von 1 Meter an jeweils fünf Wochentagen (Montag bis Freitag) unmittelbar der Forschung und Entwicklung gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Neben dem Schwerpunkt Produktions- und Verarbeitungstechnologie wurde an neuen Produkten Problemlösungskonzepten sowie an neuen Erkenntnissen bezüglich der Rohmaterialien gearbeitet, über das Wochenende wurde von samstags sechs Uhr bis montags sechs Uhr die Pilotanlage weitergefahren, da das Abschalten der Anlage und die Wiederinbetriebnahme infolge des hierfür erforderlichen Zeitaufwandes von 20 bis 24 Stunden erhebliche Kosten im Personal- und Sachbereich verursacht hätte. Das Fertigungsprogramm am Wochenende umfaßte im wesentlichen die Herstellung von Produkten aus dem Forschungs- und Entwicklungsbereich, die entgeltlich an Kunden zur Erprobung geliefert wurden. Daneben wurden aber auch waren aus dem laufenden Programm hergestellt. Bedingt durch die Konstruktion der Pilotanlage, die entgegen der Kapazität von anderen Anlagen nur eine Fertigungsbreite von einem Meter hatte, konnten jedoch nur wenige Produkte der gesamten Produktpalette und hiervon auch nur kleinere lose gefertigt werden. Nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung für die Wochenendproduktion ergab sich aufgrund des Verkaufs der Produkte nur eine geringfügige Unterdeckung von 265 DM je Wochenende (hierzu Berechnung in den Bp.-Arbeitsakten), die in keinem Verhältnis zu den Kosten des Abschaltens der Anlage gestanden hätte.

4

Das FA lehnte die Gewährung einer Investitionszulage auch unter Berücksichtigung der Ansicht des BFH-Urteils vom 24.01.1992 (BStBl II 1992, 427 [BFH 24.01.1992 - III R 24/89]) ab, da eine Zwangsläufigkeit im Sinne des BFH-Urteils nicht erkennbar sei. Anders als in dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall sei hier für das Gelingen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens die andere betriebliche Nutzung nicht Bedingung gewesen, bzw. habe sich nicht aus dem vorhaben selbst ergeben. Gründe personeller und ökonomischer Art, seien sie auch aus der Sicht des Investors noch so gewichtig, könnten das Tatbestandsmerkmal der "Ausschließlichkeit" nicht ersetzen. Die Kl. habe vielmehr, wie in dem vom BFH entschiedenen Fall, die auf der Pilotanlage hergestellten Produkte im normalen Geschäftsgang veräußert. Dieses sei gerade nicht zwangsläufig, so daß im Streitfall eine gemischte Nutzung und damit keine ausschließliche Nutzung zu Forschungs- und Entwicklungszwecken vorliege. Der verkauf der Produkte sei deshalb zulageschädlich.

5

Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Kl. Einspruch und nachfolgend Klage ein.

6

Die Kl. meint, das FA verkenne, daß zur technischen Erprobung auch der Nachweis der Lauffähigkeit auf den Maschinen der Abnehmer gehöre. Erst hier habe definitiv festgestellt werden können, ob die Maßnahmen der Entwicklungsingenieure im Rahmen der Pilotproduktion technisch einwandfreie Produkte ergaben. Das FA interpretiere zudem das BFH-Urteil vom 24.01.1992, wonach ein mit einem Forschungsvorhaben zwangsläufig einhergehender zusätzlicher Nutzen nicht zulageschädlich sei, zu eng. Die Entscheidung könne nicht auf rein technisch-physikalische Zwänge eingeengt werden. Sinn und Zweck der Förderung nach § 4 InvZulG, sei vielmehr, die deutsche Wirtschaft in die Lage zu versetzen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben selbst durchzuführen, um so die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu stärken, wenn deshalb ein zwangsläufiger Zusatznutzen unschädlich sei, so müsse es auch ökonomische Zwänge geben, die zur Unschädlichkeit führen. Die Kl. sei aus produktionstechnischen Gründen gezwungen, die Pilotanlage ohne Unterbrechung in Betrieb zu halten. Die Produktionskapazität der Anlage könne daher nicht oder jedenfalls nur sehr geringfügig variiert werden. Es würde dem ökonomischen Ziel des Gesetzes widersprechen, wenn zur Erhaltung des Anspruchs auf Zulage die Vernichtung dieser unvermeidlichen Zusatzproduktion oder deren schenkweise Abgabe verlangt würde. Auch Gründe der Ressourcen- und Umweltschonung sprechen zwingend für die von der Kl. praktizierte Handhabung. Somit sei der von der Kl. durch den verkauf von geringen Mengen normaler Produktion erzielte Zusatznutzen zwangsläufig erzielt worden und führe nicht zur zulageschädlichen Mitnutzung für nichtbegünstigte Zwecke. Die firmeneigene Prüfung selbst habe sich nur auf die Einhaltung der technischen Parameter der Produkte, nicht jedoch auf die Maschinenlauffähigkeit selbst erstrecken können. Die Prüfung, ob ein neues Produkt vom Markt angenommen werde, sei zumindest für die Kl. Teil der Produktentwicklung, denn Ziel einer Neuentwicklung sei regelmäßig ein marktgängiges Produkt. Bevor dieser Nachweis nicht erbracht sei, könne eine verantwortliche Investitionsentscheidung zugunsten einer neuen Produktionslinie im Volumen eines zweistelligen Millionenbetrages nicht erfolgen. Die Fertigung von Produkten für Markttests auf einer Versuchsanlage dürfe nicht mit der nach Meinung der Finanzverwaltung schädlichen Produktion im Rahmen einer Markteinführung der Entwicklungsergebnisse gleichgesetzt werden. Das BFH-Urteil vom 27.04.1978 (BStBl II 1978, 657 [BFH 27.04.1978 - III R 43/76]) habe eben gerade nicht eine Versuchsanlage betroffen, sondern eine neu entwickelte Maschine, deren Produktion im normalen Geschäftsgang verkauft worden sei.

7

In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Geschäftsführer der Klägerin die bisherigen Angaben:

8

Eine Pilotanlage sei unerläßlich, um neue Vliesstoffe für die Herstellung von Windeln zu erproben. Diese Erprobung habe drei Testphasen. In Testphase 1 würden nur wenige Meter des neuen Vlieses hergestellt und untersucht, ob dieses Produkt überhaupt abnahmefähig sei. In Phase 2 werde erprobt, ob der neue Stoff auf den Maschinen des Hauptabnehmers Proctor und Gamble weiterverarbeitet werden könne. In der dritten Testphase werde das Produkt bei den Kunden untersucht.

9

Die Herstellung der Vliesstoffe sei sehr komplex, so daß es immer wieder schwierig und zeitaufwendig sei, die Maschinen nach einer Unterbrechung neu anzufahren. Aus ökonomischen Gründen habe man die Pilotanlage deshalb auch an den Wochenenden durchgefahren. An den Wochenenden sei allerdings nicht weiter geforscht worden, da der Einsatz der hierzu notwendigen Physiker und Chemiker zu teuer geworden wäre. Auch für die während der Woche gefertigten Testprodukte sei von dem Abnehmer ein Preis gezahlt worden, der allerdings unter dem des normalen Produktes gelegen habe.

10

Die Kl. beantragt,

unter Änderung des Investitionszulagenbescheides 1989 vom 28.10.1993 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 26. Juli 1994 eine weitere Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986 von 403.747 DM festzusetzen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Die vorgetragenen Gründe für den durchgängigen Betrieb der Pilotanlage auch an den Wochenenden seien rein ökonomischer Natur. Die Zulagengewährung trotz kommerzieller Mitbenutzung würde deshalb zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen und sei vom Gesetzeswortlaut und vom Gesetzeszweck her nicht gedeckt. Soweit erstmals in der Klagebegründung eine technische Erprobung der Entwicklungsprodukte beim Kunden durch Nachweis der Lauffähigkeit geltend gemacht werde, handele es sich nach Auffassung des FA um eine Schutzbehauptung. Noch im Vorverfahren habe der Prokurist Lüer auf ausdrückliches Befragen über den Hintergrund der Erprobung der Forschungs- und Entwicklungsprodukte beim Kunden angegeben, diese Erprobung umfasse im wesentlichen nur die Prüfung der Marktgängigkeit. Eine technische Erprobung erfolge durch die firmeneigene Qualitätsprüfung. Nach Überzeugung des FA spreche zudem auch die entgeltliche Abgabe der Produkte dagegen, daß die technische Erprobung der Maschinentauglichkeit beim Abnehmer vorrangiger Zweck der Wochenendproduktion gewesen sei.

13

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Kl. vom 25.08., 14.10.1994 und 27.02.1995, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie auf den Schriftsatz des Beklagten vom 21.11.1994.

14

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Zeugen Thomas Lüer vernommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift im Protokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist unbegründet. Der Kl. steht eine InvZul für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen gem. § 4 InvZulG nicht zu, da sie nicht nachgewiesen hat, die Pilotanlage ausschließlich für begünstigte Zwecke genutzt zu haben.

16

I.

Gem. § 4 Abs. 2 InvZulG dürfen bei der Bemessung der InvZul für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen nur die Anschaffungskosten von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens berücksichtigt werden, wenn sie, wie im Streitjahr allerdings unstreitig, drei Jahre nach ihrer Anschaffung im Betrieb des Steuerpflichtigen verbleiben und zudem ausschließlich der Forschung und Entwicklung i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. o Satz 4 EStG dienen. Gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. o Satz 4 EStG dienen Wirtschaftsgüter der Forschung und Entwicklung, wenn sie zur Gewinnung von neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen und Erfahrungen allgemeiner Art (Grundlagenforschung) oder zur Neuentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren oder zu Weiterentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren verwendet werden, soweit wesentliche Änderungen dieser Erzeugnisse oder Verfahren entwickelt werden.

17

1.

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Wirtschaftsgut ausschließlich der Forschung oder Entwicklung dient, hat der BFH in verschiedenen Entscheidungen Stellung genommen. Er hat dabei in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Vergünstigung nach § 4 InvZulG nur für solche beweglichen Wirtschaftsgüter gewährt wird, die neben den Forschungs- oder Entwicklungsaufgaben nicht auch noch zusätzlich für andere betriebliche Zwecke mitverwendet werden (BFH-Urteile vom 27. April 1978 III R 43/76, BStBl II 1978, 657; vom 24.01.1992 III R 24/89, BStBl II 1992, 427; vom 25.06.1993 III R 2/89, BStBl II 1993, 791 [BFH 09.06.1993 - I R 81/92]; BFH-Beschluß vom 1. Dez. 1995 III B 55/95, BFH/NV 1996, 641).

18

Mit dem von der Kl. herangezogenen Urteil des BFH vom 24. Jan. 1992 hat er entschieden, daß ein bewegliches Wirtschaftsgut dann noch ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient, wenn es zur Erreichung des Zwecks des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens bei positivem verlauf schon in der Forschungsphase zwangsläufig auch einen anderen Nutzen für den Investor hat. Diese Entscheidung gilt jedoch nur für Fälle, in denen das Wirtschaftsgut nicht notwendiger Bestandteil des Betriebs oder der privaten Sphäre des Investors ist, sondern den Nutzen zusätzlich zu den dort vorhandenen notwendigen Wirtschaftsgütern abwirft. Ist dagegen das Wirtschaftsgut nach seiner Herstellung für die betrieblichen oder privaten Zwecke des Investors unverzichtbar, so steht der Forschungs- und Entwicklungszweck nicht mehr so im Vordergrund, daß diese anderen Zwecke vernachlässigt werden könnten. Die anderen Zwecke haben dann neben dem Forschungs- und Entwicklungszweck selbständige Bedeutung, so daß das Wirtschaftsgut dann nicht mehr ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient (so insbes. BFH-Urteil vom 25.06.1993, a.a.O.).

19

In seiner Entscheidung vom 24.01.1992 (a.a.O.) hat der BFH ausdrücklich betont, daß die dort hergestellte Wärmerückgewinnungsanlage für den Betrieb des Investors nicht erforderlich war, sondern die Beheizung der betrieblichen Räume unabhängig davon auch durch die bereits vorhandene Heizung erfolgen konnte. Der Nutzen habe sich zwangsläufig aus dem forschungsbedingten Betrieb der Anlage ergeben, er sei der betriebenen Forschung gleichsam immanent gewesen. Ohne die Inkaufnahme der Energieeinsparung habe der Erfolg oder Mißerfolg des Forschungs- oder Entwicklungsvorhabens nicht festgestellt werden können (BFH-Urteil vom 24.01.1992, a.a.O.). Der III. Senat hat in seiner Entscheidung vom 24.01.1992 allerdings ausdrücklich betont, daß er sich mit seiner Entscheidung nicht in widerspruch zu seiner vorhergehenden Entscheidung vom 27. April 1978 (a.a.O.) setze. In der Entscheidung vom 27. April 1978 sei es um die Entwicklung eines neuen, wirtschaftlicheren Verfahrens zur Herstellung von Produkten gegangen. Der Steuerpflichtige habe im entschiedenen Fall darüber hinaus die dabei hergestellten Produkte im normalen Geschäftsgang verkauft. Diesen verkauf habe der Senat als zulagenschädlich angesehen, da er zur Verwirklichung bzw. Beurteilung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens nicht unbedingt nötig gewesen sei; das Forschungsergebnis habe nicht vom verkauf der Produkte im normalen Geschäftsgang abgehangen.

20

Diese Grundsätze hat der BFH nochmals in seinem Beschluß vom 1. Dez. 1995 (a.a.O.) betont. Insbesondere sei danach die Zulagenbegünstigung zu verneinen, wenn der verkauf der auf der Anlage produzierten Wirtschaftsgüter eine Bedeutung erlangt habe, die gegenüber dem Forschungs- und Entwicklungszweck nicht (mehr) vernachlässigt werden könne. In seiner Entscheidung vom 25.06.1993 hat der III. Senat weiter ausgeführt, daß der Forschungs- und Entwicklungszweck derart im Vordergrund stehen müsse, daß die anderen allgemeinen betrieblichen Zwecke vernachlässigt werden könnten. Dieses könne dann nicht mehr gelten, wenn die auf der neuen Anlage produzierten und auch verkauften Wirtschaftsgüter ein solches Gewicht erlangten, daß sie gegenüber dem Forschungs- und Entwicklungszweck nicht mehr in den Hintergrund treten könnten. Sie hätten dann vielmehr im Hinblick lauf den wirtschaftlichen wert der Produkte eine eigenständige Bedeutung, so daß eine Mischnutzung der Anlage vorliege und eine InvZul gem. § 4 InvZulG nicht mehr gewährt werden könne.

21

II.

Danach liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Investitionszulage im Streitfall nicht vor. Die Kl. hat nicht nachweisen können, die Pilotanlage ausschließlich für Zwecke der Forschung und Entwicklung eingesetzt zu haben.

22

Nach der aufgezeigten Rechtsprechung des BFH ist das Tatbestandsmerkmal "ausschließlich" eng auszulegen. Jede anderweitige Nutzung eines Wirtschaftsgutes, das gegenüber den Forschungs- und Entwicklungszwecken eine eigenständige Bedeutung erlangt, ist zulagenschädlich. Die Kl. trifft insoweit die objektive Feststellungslast. Der BFH hat in mehreren Entscheidungen erkannt, daß der Investor für das zulagebegründende Merkmal der Ausschließlichkeit die Feststellungslast trägt (BFH-Urteile vom 06.04.1990 III R 2/87, BStBl II 1990, 752; vom 19.11.1985 VIII R 4/83, BStBl II 1986, 289). Dieser Nachweis ist der Kl. nicht gelungen, vielmehr liegt ein Fall der zulageschädlichen Mischnutzung der Pilotanlage vor. Der Geschäftsführer der Kl. hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, daß die Pilotanlage an den Wochenenden für zwei Tage nicht für Forschungs- und Entwicklungszwecke eingesetzt worden ist. Auf der Anlage seien an den Wochenenden Produkte aus der ganz normalen Produktpalette der Kl. gefertigt worden. An den Wochenenden habe die Forschungstätigkeit nicht fortgesetzt werden können, da hierzu der Einsatz von Chemikern und Physikern erforderlich gewesen sei. Deren Einsatz am Wochenende sei allerdings zu teuer und somit für die Kl. unökonomisch gewesen. Man habe die Anlage allerdings an den Wochenenden auch nicht abstellen können, da das Anfahren der Anlage zu zeitaufwendig gewesen wäre. Man habe sich deshalb entschieden, an den Wochenenden mit der Maschine normale Produkte zu produzieren und diese zu veräußern. Diese Angaben wurden so auch von dem Zeugen Thomas Lüer in seiner Vernehmung bestätigt.

23

Demnach ist die Pilotanlage an zwei von insgesamt sieben Tagen in der woche nicht für Forschungs- und Entwicklungszwecke eingesetzt worden. Der Senat verkennt dabei nicht, daß für die Kl. die Forschungs- und Entwicklungsarbeit schwierig ist und es sicherlich auch unökonomisch ist, die Anlage an den Wochenenden abzustellen. Die Wochenendproduktion hat jedoch gegenüber der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit während der woche ein nicht mehr zu vernachlässigendes Eigengewicht bekommen. Durch die Wochenendproduktion wurde die Pilotanlage zu etwa 28 % nicht für Forschungs- und Entwicklungszwecke eingesetzt. Diese nicht unerhebliche betriebliche Mitnutzung der Pilotanlage ist aufgrund des engen Begriffsmerkmals der "Ausschließlichkeit" als zulagenschädliche Mischnutzung zu werten.

24

Die Klage ist nicht begründet.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.