Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.10.1996, Az.: V 271/96

Umsatzsteuerfreiheit der Verpachtung eines Eigenjagdrechts; Grundstücksbestandteilseigenschaft eines Jagdrechts; Verpachtung eines Jagdsrechts als Grundstücksverpachtung; Verpachtung eines Jagdrechts als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft ; Definition des Begriffs "Hilfsumsatz"; Verpachtung eines Rechts als Vermögensverwaltung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
24.10.1996
Aktenzeichen
V 271/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18744
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:1024.V271.96.0A

Fundstellen

  • EFG 1997, 184-185 (Volltext mit red. LS)
  • UR 1998, 430-431

Verfahrensgegenstand

Umsatzsteuerpflicht von Schmiergeldzahlungen

Umsatzsteuer 1993 und 1994

In dem Rechtsstreit
hat der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 24. Oktober 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vizepräsidentin des Finanzgerichts ... als Vorsitzende
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Dipl.-Ing.
ehrenamtlicher Richter ... Industrie-Kfm.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Der Streitwert wird auf 1.272,00 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger versteuert die im Rahmen des von ihm betriebenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erzielten Umsätze nach Durchschnittsätzen. Mit Vertrag vom 28. Februar 1993 verpachtete er sein Eigenjagdrecht an einer Fläche von ca. 150 ha zu einem jährlichen Pachtzins von 5.000,00 DM, ohne dabei die Fläche als solche zu verpachten.

2

Im Anschluß an eine steuerliche Außenprüfung unterwarf der Beklagte die Pachtumsätze des Klägers dem Regelsteuersatz und erließ für die Streitjahre entsprechende Umsatzsteuerbescheide. Im Einspruchsverfahren berichtigte der Beklagte einen Rechenfehler, änderte die angefochtenen Bescheide geringfügig und wies im übrigen den Einspruch als unbegründet zurück.

3

Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Der Kläger vertritt die Ansicht, die Verpachtung des Eigenjagdrechtes werde von der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 a Umsatzsteuergesetz (UStG) umfaßt, weil das Eigenjagdrecht bürgerlich-rechtlich Grundstücksbestandteil sei. Darüber hinaus sei die Besteuerung der Pachtumsätze auch deshalb rechtswidrig, weil die Verpachtung des Eigenjagdrechts als Hilfsgeschäft der Land- und Forstwirtschaft der Durchschnittsatzbesteuerung unterliege.

4

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 1993 und 1994 auf jeweils 0 DM herabzusetzen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er ist der Meinung, die Verpachtung des Eigenjagdrechtes sei nicht nach § 4 Nr. 12 a UStG von der Umsatzsteuer befreit, weil nicht das Grundstück als solches, sondern ein darauf ruhendes Recht Gegenstand des Pachtvertrages sei. Die Verpachtung unterliege auch nicht als Hilfsgeschäft der vom Kläger betriebenen Land- und Forstwirtschaft der Durchschnittsatzbesteuerung. Die Verpachtung eines Rechtes könne nicht als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft angesehen werden.

7

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer ... sowie die Gerichtsakten verwiesen.

8

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Die Umsätze des Klägers aus der Verpachtung des Eigenjagdrechtes sind nicht nach § 4 Nr. 12 a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Diese Norm stellt u.a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer frei. Zwar ist das Jagdrecht bürgerlich-rechtlich gemäß § 96 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Grundstücksbestandteil (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 96, Rdnr. 2). Die Steuerbefreiung erfordert aber die Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks als solchem. Das setzt bei der Miete die Gebrauchsüberlassung, bei der Pacht darüber hinaus die Gewährung des Fruchtgenusses voraus. Mit der Verpachtung des Eigenjagdrechtes hat der Kläger dem Pächter aber nur ein aus seinem Grundstückseigentum abgeleitetes Nutzungsrecht überlassen. Hierin ist keine Grundstücksvermietung oder Grundstücksverpachtung zu sehen (vgl. Urteile des RFH vom 27. Juni 1941 V 81/41, RStBl 1941, 686; vom 12. Februar 1926 V A 57, 26, RFHE 18, 201; Urteil des FG Nürnberg vom 27. April 1955 I 240-241/54, EFG 1955, 316 Rkr.; Urteil des FG Münster vom 28. Juli 1976 V 596-598/75 U, EFG 1976, 591 Rkr.; Schwarze/Reiß/Kraeusel, UStG, § 4 Nr. 12 Rdnr. 20; Wenzel in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 4 Nr. 12 Rdnr. 23, 24; Vogel in Vogel/Reinisch/Hoffmann/Schwarz, UStG, § 4 Nr. 12 Rdnr. 16; Rüttinger in Plückebaum/Malitzki, UStG, § 4 Rdnr. 207).

11

Die Verpachtungsumsätze des Klägers unterliegen auch nicht der Durchschnittsbesteuerung, weil es sich nicht um land- und forstwirtschaftliche Umsätze handelt. Weder die Jagd noch die Verpachtung von Jagdrechten ist in § 24 Abs. 2 UStG als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft genannt. Die Verpachtung des Eigenjagdbezirkes stellt auch keinen land- und forstwirtschaftlichen Hilfsumsatz dar. Hilfsumsätze sind Umsätze, die zwar zu der jeweiligen unternehmerischen Tätigkeit gehören, jedoch nicht den eigentlichen Unternehmensgegenstand bilden. Die Verpachtung eines Eigenjagdbezirkes kann der Land- und Forstwirtschaft selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn der Verpächter die Grundflächen des Eigenjagdbezirkes selbst bewirtschaftet (Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, VII Rdnr. 131 ff.; Rüttinger, Umsatzsteuer in der Land- und Forstwirtschaft, Abschnitt C Rdnr. 47, 48; anderer Ansicht FG Münster, Urteil vom 28. Juli 1976 V 596-598/75 U, EFG 1976, 591). Die Verpachtung eines Rechtes ist eine Form der Vermögensverwaltung, die sich nicht von der Überlassung anderer Objekte in Miet- oder Pachtverträgen unterscheidet. Hierbei handelt es sich nicht um die Nutzung des Bodens zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse. Ob sich der Verpächter ansonsten der Landwirtschaft widmet, kann auf die Beurteilung keinen Einfluß haben.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

13

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 1.272,00 DM festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13, 25 Gerichtskostengesetz (GKG).