Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.10.1996, Az.: II 17/94
Vor der Eheschließung erbrachte Unterhaltsleistungen gegenüber einem jetzigen Ehepartner als außergewöhnliche Belastungen ; Entstehen von Aufwendungen im Einkommensteuerrecht; Sittliche Verpflichtung zu einer Unterhaltsleistung an den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.10.1996
- Aktenzeichen
- II 17/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 18643
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1996:1017.II17.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 33a Abs. 1 EStG
- § 116 BSHG
- § 122 BSHG
- § 137 Abs. 2a AFG
- § 120 Abs. 1 BSHG
- § 2 BaföG
Fundstellen
- EFG 1997, 233-235 (Volltext mit red. LS)
- NWB 1997, 75
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1992
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Aufwendungen entstehen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die vorstehend aufgezählten Gründe von außen, d.h., vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig, auf seine Entscheidung in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht auszuweichen vermag.
- 2.
Eine sittliche Verpflichtung besteht dann, wenn sie so unabwendbar auftritt, dass sie ähnlich einer Rechtspflicht von außen her als Forderung oder zumindest Erwartung der Gemeinschaft derart auf den Steuerpflichtigen einwirkt, dass ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Missachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig empfunden wird.
- 3.
Unterhaltsleistungen an den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft entstehen regelmäßig weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Auch Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen ist nicht schon aufgrund des Zusammenlebens und wegen der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung zu bejahen. Vielmehr kommt eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung nur in Betracht, wenn die Bedürftigkeit des Partners gemeinschaftsbedingt ist und besondere Umstände vorliegen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen lassen.
- 4.
Leistungen aufgrund einer vertraglich oder durch einseitige Erklärung eingegangenen Verpflichtung können nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn die Übernahme der Rechtspflicht ihrerseits auf rechtlichen - dann Zwangsläufigkeit wegen bestehender Rechtspflicht - oder sittlich bindenden - dann Zwangsläufigkeit wegen sittlicher Verpflichtung - Gründen oder einer tatsächlichen Zwangslage beruht.
- 5.
Bei ausländischen Studierenden ist ein besonderer Härtefall nach § 26 BSHG nicht bereits dann gegeben, wenn es ihnen deshalb unmöglich ist, im Fall eines Abbruchs oder der Unterbrechung der Ausbildung im Bundesgebiet erwerbstätig zu sein, weil sie wegen der ungünstigen lage am Arbeitsmarkt keine Arbeitserlaubnis erhalten; denn eine ungünstige lage am Arbeitsmarkt betrifft auch eine Vielzahl anderer Auszubildenden, die deshalb möglicherweise schon keine Arbeitsstelle finden. Auch die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit den Lebensunterhalt im Heimatland sicherzustellen, begründet noch keinen besonderen Härtefall.
Der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung am 17. Oktober 1996
durch
den Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 06.09.1993 und des Einspruchsbescheides vom 09.12.1993 wird die Einkommensteuer 1992 auf 17.078 DM herabgesetzt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob vor der Eheschließung erbrachte Unterhaltsleistungen des Klägers (Kl.) gegenüber seiner jetzigen Ehefrau als außergewöhnliche Belastungen steuerlich zu berücksichtigen sind.
Der Kl. erzielte im Streitjahr als Steuersachbearbeiter bei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 25.09.1993 heiratete er.
Die Ehefrau des Kl. ist gebürtige Portugiesin. Sie hält sich nach der Meldebescheinigung der Stadt W. vom 12.07.1991 (Bl. 32 Gerichtsakte-GA) mindestens seit dem 20.06.1991 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Gegenüber der Ausländerbehörde gab sie an, Kunstwissenschaften studieren zu wollen. Sie erhielt zunächst zwei auf drei Monate befristete Aufenthaltsgenehmigungen, in denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit untersagt war, im März 1992 dann eine einjährige Aufenthaltsbewilligung ohne Nebenbestimmungen (Einzelheiten vgl. Bl. 41, 43, 45 GA).
Die Ehefrau hatte in Portugal Ende Juli 1990 ihr Studium der Geschichtswissenschaften abgeschlossen und damit die Befähigung erworben, als Lehrerin tätig zu werden. Im September 1990 gab sie ihre Bewerbungsunterlagen für eine Lehrerstelle bei der zuständigen Behörde ab (Bl. 63, 64 GA). Eine Einstellung als Lehrerin erfolgte nicht.
Im Streitjahr 1992 hat der Kl. seine Ehefrau unterhalten. Er hatte im Februar 1992 gegenüber der Stadt Braunschweig erklärt, für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau zu bürgen (Bl. 17 GA). Die Ehefrau erzielte aus einer Vorpraktikantenstelle ab Ende August 500 DM monatlich, insgesamt 2.150 DM im Streitjahr.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kl. den Unterhalt als außergewöhnliche Belastung geltend, und zwar die Hälfte der Mietaufwendungen (470,05 DM) sowie Aufwendungen für Lebensmittel und Kleidung (600 DM), mithin 12.840,60 DM (Einzelheiten siehe Bl. 11 Einkommensteuerakte - EStA). In dem angefochtenen Bescheid vom 06.09.1993 (Bl. 6 GA, dort Ziffer 3 der Erläuterungen) versagte der Beklagte (Bekl.) den Steuerabzug, da die Aufwendungen nicht zwangsläufig gewesen seien. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kl. den Abzug der Unterhaltsleistungen im Umfang des Höchstbetrags von 6.300 DM gem. § 33 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als außergewöhnliche Belastung begehrt.
Der Kl. meint, die Aufwendungen seien ihm zwangsläufig erwachsen. Er habe sich ihnen aus rechtlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen können. Die Ehefrau sei nur deshalb eingereist, um ihn zu heiraten. Er habe ihr in Anwesenheit ihrer Eltern die Ehe versprochen. Eigentlich sei die Heirat für Mai 1992 geplant gewesen. Der Termin habe jedoch verschoben werden müssen, weil er nicht in der Lage gewesen sei, die von Anfang an in Lissabon geplante Hochzeitsfeier zu finanzieren, weil er nach einem Mietrechtsstreit Zahlungen an den Vermieter zu leisten gehabt habe und umgezogen sei. Ferner habe auch noch ein neues Auto angeschafft werden müssen. Um den Familien die Teilnahme an der Hochzeitsfeier zu ermöglichen, sei die Eheschließung dann erst im September 1993 erfolgt.
Zu den Unterhaltsleistungen sei er rechtlich und sittlich verpflichtet gewesen. Die rechtliche Verpflichtung habe sich aus dem Eheversprechen und der Bürgschaft gegenüber der Stadt B. ergeben. Gegenüber Eltern, Geschwistern, verwandten und Freunden habe darüber hinaus eine gesellschaftliche Verpflichtung bestanden, so daß es ihm auch aus sittlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, keinen Unterhalt zu zahlen. Die Ehefrau habe auch darauf vertraut, daß er ihr Unterhalt gewähre. Im Hinblick hierauf habe sie ihre Einkunfts- und Verdienstmöglichkeiten in Portugal aufgegeben. Die Bedürftigkeit der Ehefrau, die über kein eigenes vermögen verfüge, sei daher durch das gemeinschaftliche Zusammenleben bedingt. Der angefochtene Bescheid lasse das Grundrecht auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) außer acht, aus dem auch Vorwirkungen auf die Zeit vor der Eheschließung abzuleiten seien (Hinweis auf BFH-Urteil vom 30.07.1993 III R 16/92, BFHE 172/85, BStBl II 1994, 31).
Die Unterhaltsaufwendungen seien auch schon deshalb zwangsläufig, weil für die Berechnung der Sozialhilfe die Einkünfte der Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften gem. § 122 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zusammenzurechnen seien. Insoweit werde auf das BFH-Urteil vom 21.09.1993 III R 15/93 (BFHE 172/516, BStBl II 1994, 236) hingewiesen.
Der Kl. beantragt,
die Einkommensteuer auf 17.078 DM herabzusetzen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. meint, die Aufwendungen seien dem Kl. nicht zwangsläufig erwachsen. Eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltszahlung habe nicht bestanden. Die Eltern seien weiterhin unterhaltsverpflichtet gewesen. Aber auch eine sittliche Verpflichtung sei nicht gegeben. Die Bedürftigkeit der Ehefrau sei nicht durch das Zusammenleben mit dem Kl. und die spätere Eheschließung verursacht worden. Die Ehefrau habe sich bereits in Portugal erfolglos um eine Lehrerstelle beworben und sei daher bereits vor ihrer Einreise unterhaltsbedürftig gewesen. Es sei im übrigen nicht nachgewiesen, daß die Ehefrau zum Zwecke der Eheschließung eingereist sei. Hiergegen spreche der Zeitraum von mehr als zwei Jahren zwischen der Einreise und der Eheschließung.
Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Ehefrau zu der Frage, aus welchen Gründen sie 1991 eingereist ist. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.1996 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Unterhaltsaufwendungen sind in der beantragten Höhe von 6.300 DM als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig.
1.)
Nach § 33 a Abs. 1 EStG setzt der Abzug von Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer anderen Person u.a. voraus, daß dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen sind. Aufwendungen entstehen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die vorstehend aufgezählten Gründe von außen, d.h., vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig, auf seine Entscheidung in einer weise einwirken, daß er ihnen nicht auszuweichen vermag.
Eine sittliche Verpflichtung wird dabei erst bejaht, wenn sie so unabwendbar auftritt, daß sie ähnlich einer Rechtspflicht von außen her als Forderung oder zumindest Erwartung der Gemeinschaft derart auf den Steuerpflichtigen einwirkt, daß ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Mißachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig empfunden wird (BFH-Urteil vom 11.11.1988 III R 262/83, BFHE 154/548, BStBl II 1989, 280 m.w.N.).
2.)
Ausgehend von diesem Begriff erwachsen Unterhaltsleistungen an den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) regelmäßig weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Auch Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen ist nicht schon aufgrund des Zusammenlebens und wegen der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung zu bejahen. Vielmehr kommt eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung nur in Betracht, wenn die Bedürftigkeit des Partners gemeinschaftsbedingt ist und besondere Umstände vorliegen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen lassen,
- BFH-Urteile vom 30.07.1993, III R 16/92, BFHE 172/85,
- BStBl II 1994, 31 [BFH 30.07.1993 - III R 16/92]; vom 30.07.1993 III R 38/92, BFHE 174/19,
- BStBl II 1994, 442 [BFH 30.07.1993 - III R 38/92]; vom 21.09.1993 III R 15/93, BFHE 172/516,
- BStBl II 1994, 236 [BFH 21.09.1993 - III R 15/93]; vom 12.04.1991 III R 85/89, BFHE 164/82,
- BStBl II 1991, 518 [BFH 12.04.1991 - III R 85/89]; vom 27.10.1989 III R 205/82, BFHE 158/431,
- BStBl II 1990, 294 [BFH 27.10.1989 - III R 205/82], vom 18.04.1990 III R 102/87, BFHE 160/519,
- BStBl II 1990, 886 [BFH 18.04.1990 - III R 102/87]).
3.)
Entgegen der Auffassung des Kl. war dieser allerdings nicht schon rechtlich verpflichtet, seine Ehefrau vor der Heirat zu unterhalten.
Eine rechtliche Verpflichtung ergab sich weder aus dem Eheversprechen noch aus der Bürgschaft gegenüber der Stadt B.
Das Eheversprechen begründet nach deutschem Recht, welches gem. § 33 a Abs. 1 Satz 4 HS. 2 EStG für die Beurteilung von Unterhaltsverpflichtungen als außergewöhnliche Belastungen maßgeblich ist, keine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung.
Auch aufgrund der Bürgschaft gegenüber der Stadt B. war der Kl. nicht verpflichtet, Unterhalt zu leisten, sondern hatte er nur für den Fall, daß die Stadt Unterhaltsleistungen an die Ehefrau hätte erbringen müssen, diese Aufwendungen der Stadt zu ersetzen. Selbst wenn man aber aus der übernommenen Bürgschaft die Verpflichtung des Kl. ableitete, Unterhalt zu leisten, änderte sich im Ergebnis nichts. Leistungen aufgrund einer vertraglich oder durch einseitige Erklärung eingegangenen Verpflichtung können nämlich nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn die Übernahme der Rechtspflicht ihrerseits auf rechtlichen - dann Zwangsläufigkeit wegen bestehender Rechtspflicht - oder sittlich bindenden - dann Zwangsläufigkeit wegen sittlicher Verpflichtung - Gründen oder einer tatsächlichen Zwangslage beruht (BFH-Urteil vom 18.07.1986 III R 178/80, BFHE 147/171, BStBl II 1986, 745). Der Kl. war aufgrund des Eheversprechens, wie oben ausgeführt, nicht rechtlich verpflichtet, für den Unterhalt der späteren Ehefrau zu sorgen, mithin auch nicht verpflichtet, für Unterhaltsleistungen derer Eltern zu bürgen.
4.)
Die Aufwendungen sind aber aus sittlichen Gründen zwangsläufig.
Die Unterhaltsbedürftigkeit der späteren Ehefrau des Kl. war nämlich gemeinschaftsbedingt und es lagen auch besondere Umstände vor, die die Unterhaltsgewährung unter Würdigung aller Umstände für den Kl. als unausweichlich erschienen ließen.
a)
So hat der BFH mit Urteil vom 30.07.1993 III R 16/92 (a.a.O.) ausgeführt, eine gemeinschaftsbedingte Unterhaltsbedürftigkeit sei gegeben, wenn eine Verlobte wegen der beabsichtigten Eheschließung und der damit zusammenhängenden Ausreise aus ihrem Heimatland dort ihre Arbeitsstelle aufgeben mußte; insoweit habe die - unter dem Schutz des Art. 6 Grundgesetz stehende - eheliche Lebensgemeinschaft bereits gewisse Vorwirkungen, die es gerechtfertigt erscheinen ließen, eine im Zuge der Ehebegründung auftretende Unterhaltsbedürftigkeit eines Partners steuerlich zu begünstigen.
In einem solchen Falle lägen auch besondere Umstände vor, die die Unterhaltsgewährung unter Würdigung aller Umstände für den Partner als unausweichlich erschienen ließen. Sei nämlich eine beabsichtigte und alsbald durchgeführte Eheschließung Anlaß und Grund der Unterhaltsbedürftigkeit, so könne die sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht von der länge und den besonderen Umständen der zwischen dem Steuerpflichtigen und seiner Verlobten bestehenden Lebensgemeinschaft abhängen. Darauf könne es nur ankommen, wenn die Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung aus der Lebensgemeinschaft selbst (und weiteren damit zusammenhängenden Umständen) hergeleitet werde.
- Solche "weiteren Umstände" hat der BFH z.B. bejaht bei Wegfall von Ansprüchen auf Arbeitslosenhilfe (BFH-Urteil vom 30.07.1993 III R 38/92, a.a.O.) oder auf Sozialhilfe (BFH-Urteil vom 21.09.1993 III R 15/93, a.a.O.), weil nach den maßgebenden Vorschriften gem. § 137 Abs. 2 a Arbeitsförderungsgesetz AFG) bzw. § 122 i.V.m. § 116 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Lebenspartners einer eheähnlichen Gemeinschaft wie die des Ehegatten zu berücksichtigen sind. -
Müsse aber zur Zusammenführung eines zur Heirat entschlossenen Paares ein Partner seine Berufstätigkeit (oder eine alleinige Unterhaltsquelle) aufgeben und werde er dadurch unterhaltsbedürftig, so sei der andere Partner, der diese Folgen (mit) veranlaßt habe, sittlich verpflichtet, die dadurch entstandene Unterhaltsbedürftigkeit zu beseitigen.
b)
Der BFH hat in dem angeführten Urteil allerdings zu enge Grenzen gezogen, wenn er verlangt, der bedürftige Partner müsse einen seinen Unterhalt sichernden Beruf bereits ausgeübt oder eine andere alleinige Unterhaltsquelle aufgegeben haben und die beabsichtigte Eheschließung müsse alsbald durchgeführt werden.
Es kann nicht darauf ankommen, ob die spätere Ehefrau des Kl. schon in Portugal einen existenzsichernden Beruf ausübte. Sie hat, um mit dem Kl. eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu begründen, auf die begründete Aussicht, nach ihrem erfolgreich abgeschlossenen Studium eine Anstellung als Lehrerin - sie hatte sich bei der zuständigen Stelle entsprechend beworben - zu erhalten, aufgegeben. Alleine dieses muß schon ausreichen, eine gemeinschaftsbedingte Unterhaltsbedürftigkeit zu bejahen. Außerdem wäre sie, bis sie eine ihrem Studium entsprechende Ausbildung gefunden hätte, von ihren Eltern wie bisher während des Studiums zweifelsohne auch weiter unterhalten worden. Sie ist, erst, indem sie sich über den Wunsch des Vaters, daß zunächst geheiratet werde, hinwegsetzte und mit dem Kl. in die BRD ging, gemeinschaftsbedingt unterhaltsbedürftig geworden, nachdem die Eltern ihr fortan keinen Unterhalt mehr gewährten.
Die sittliche Verpflichtung kann nicht davon abhängen, aus welchen Quellen ein ausländischer Lebenspartner in seinem Heimatland bis zu seiner Ausreise, um eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu begründen, seinen Unterhalt bestritten hat, sei es, daß die Eltern oder sonstige Angehörige noch dazu beigetragen haben, sei es, daß er selbst ganz oder zum Teil von Gelegenheitsarbeiten gelebt hat, sei es, daß er im Heimatland staatliche Hilfe erhalten hat; er muß zwangsläufig in Irgend einer Form seinen lebensunterhalt bestritten haben und muß diese Form der Bestreitung des Lebensunterhalts aufgeben, wenn er sein Heimatland verläßt, um zu seinem Lebenspartner in einem anderen land zu ziehen.
Fällt durch den Wegzug zur Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft mithin dieser lebensunterhalt weg, ist eine hierdurch eingetretene Unterhaltsbedürftigkeit gemeinschaftsbedingt.
c)
Insoweit kann es auch nicht, wie aber das FA meint, darauf ankommen, ob die Eltern der späteren Ehefrau des Kl. noch unterhaltspflichtig gewesen sind. Sie haben jedenfalls keinen Unterhalt mehr gezahlt. Entscheidend können nur die tatsächlichen Verhältnisse sein.
d)
Die spätere Ehefrau des Kl. konnte auch nicht etwa selbst für ihren Unterhalt sorgen. Sie hatte schließlich nur Aufenthaltsgenehmigungen, die ihr eine Erwerbstätigkeit nicht gestatteten. Es mag offenbleiben, ob sie von vornherein die Absicht gehabt hatte, in der BRD - weiter - zu studieren, oder ob sie dieses gegenüber der Ausländerbehörde zunächst nur deshalb angegeben hatte, um überhaupt eine längere Aufenthaltsgenehmigung bis zur Heirat zu erhalten.
Selbst im Falle eines von vornherein im Hinblick auf die Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem Kl. beabsichtigten weiteren Studiums wäre eine hierdurch eingetretene Unterhaltsbedürftigkeit gemeinschaftsbedingt gewesen; es war der späteren Ehefrau des Kl. nämlich nicht zumutbar, nach einem qualifizierten Studienabschluß in Portugal, der ihr die Ausübung des Lehrerberufs ermöglicht hätte, hier eine einfache Tätigkeit aufzunehmen, sofern das überhaupt rechtlich möglich gewesen wäre, statt, wie geschehen, auf ihrem Studium aufbauend hier ein in der BRD anerkanntes Ergänzungsstudium unter Teilanerkennung ihres in Portugal absolvierten und beendeten Studiums aufzunehmen. Dies wiederum war nur möglich unter Verzicht auf eine Arbeitserlaubnis, so daß sie nicht selbst für ihren lebensunterhalt sorgen konnte.
e)
Auch das vom BFH aufgestellte Erfordernis, eine beabsichtigte Eheschließung müsse alsbald durchgeführt werden, ist zu eng. Geht man mit dem BFH zu Recht davon aus, daß aus einem Eheversprechen und einer hieraus entstandenen eheähnlichen Gemeinschaft bis zur Heirat eine sittliche Verpflichtung, dem Lebenspartner Unterhalt zu gewähren, folgt, die ähnlich einer Rechtspflicht von außen auf den Lebenspartner derart einwirkt, daß ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Mißachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig angesehen wird, ist kein tragfähiger Grund erkennbar, das Vorhandensein dieser sittlichen Verpflichtung an ein Zeitmoment zu binden. Die Zeitnähe der nachfolgenden Heirat mag ein Indiz für das Vorhandensein und die Ernsthaftigkeit eines Eheversprechens sein, kann aber keinen Grund darstellen, eine sittliche Verpflichtung bei größerem Zeitabstand zur Heirat auszuschließen.
Die Ehefrau des Kl. hat als Zeugin die Behauptung des Kl. bestätigt, er habe ihr Mitte 1991 die Ehe versprochen; so habe er ihrem Vater auch gesagt, daß sie so schnell wie möglich heiraten wollten. Auch das FA bezweifelt dieses nicht. Anhaltspunkte, die gegen das vorliegen eines - ernsthaften - Eheversprechens sprächen, sind nicht vorhanden.
Auch daß die Hochzeit erst nach ca. zwei Jahren (im September 1993) stattgefunden hat, spricht noch nicht gegen dessen Ernsthaftigkeit. Nach der Lebenserfahrung liegen zwischen Verlobung und Hochzeit oftmals längere Zeiträume; ein zeitlicher Abstand von zwei Jahren stellt dabei keine Seltenheit dar.
f)
Da die spätere Ehefrau des Kl. diesem in die BRD gefolgt ist, weil beide heiraten wollten, liegen auch besondere Umstände vor, die die Unterhaltsgewährung unter Würdigung aller Umstände für den Kl. als unausweichlich erschienen ließen. Im Zusammenhang mit einem Eheversprechen erwartet die Gemeinschaft, daß die Lebenspartner sich gegenseitig unterstützen und wird deshalb die Mißachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig empfunden.
Die Unterhaltsgewährung war nach alledem zwangsläufig, so daß der Kl. die Aufwendungen im Umfang des Höchstbetrages von 6.300 DM gem. § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehen kann.
5.)
Entgegen der Auffassung des Kl. läßt sich der Anspruch des Kl. allerdings nicht damit begründen, die Unterhaltsgewährung sei auch schon deshalb aus sittlichen Gründen zwangsläufig, weil der damaligen Verlobten im Hinblick auf ihr Zusammenleben mit dem Kl. in einer eheähnlichen Gemeinschaft gem. § 122 Satz 1 BSHG Sozialhilfe, hätte sie diese beantragt, verweigert worden wäre.
Zwar hat der BFH mit Urteil vom 21.09.1993 III R 15/93 (a.a.O.) entschieden, Unterhaltsleistungen entstünden einem in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Steuerpflichtigen aus sittlichen Gründen zwangsläufig, wenn dem hilfsbedürftigen Partner die Sozialhilfe im Hinblick auf das Zusammenleben gem. § 122 Satz 1 BSHG verweigert werde, weit dann die entstandene oder fortbestehende Unterhaltsbedürftigkeit gemeinschaftsbedingt sei und auch besondere Umstände vorlägen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen ließen; denn wenn der Gesetzgeber den Bedürftigen auf das Einkommen und vermögen seines Lebenspartners verweise, könne der Anspruch des bedürftigen Lebenspartners auf Sozialhilfe nur dadurch erhalten werden, daß er sich von dem anderen Partner trenne; wenn er dieses aber nicht tue, sei der andere unter den gegebenen Umständen sittlich verpflichtet, für den Unterhalts zu sorgen.
Diese Begründung trifft indes dann nicht zu, wenn auch ohne die eheähnliche Lebensgemeinschaft ein Anspruch auf leistungen nach dem BSHG von vornherein nicht besteht (so BFH-Urteil vom 30.07.1993 III R 38/92, a.a.O. zu der vergleichbaren Rechtslage wegen Versagung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe im Hinblick auf § 137 Abs. 2 a AFG unter 3.). Danach ist eine sittliche Verpflichtung nur dann gegeben, wenn der Lebenspartner ohne Zusammenleben mit dem leistenden tatsächlich einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt hätte. Dies muß auf die Sozialhilfe übertragen werden. Auch dort kann eine sittliche Verpflichtung nur bestehen, wenn der bedürftige Lebenspartner ohne die eheähnliche Lebensgemeinschaft einen Anspruch auf Sozialhilfe hätte.
Daran fehlt es im Streitfall. Die spätere Ehefrau des Kl. hätte zwar gem. § 120 Abs. 1 BSHG grundsätzlich auch Anspruch auf Sozialhilfe in dem dort etwas eingeschränkten Umfang, jedenfalls Anspruch auf Hilfe zum lebensunterhalt, nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11.12.1953 (Bundesgesetzblatt II 1953, 563), dem auch Portugal beigetreten ist, sogar in einem weiteren Umfang, und wäre dieser Anspruch auch nicht etwa nach § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG schon ausgeschlossen, da sie nicht in die BRD eingereist ist, lediglich um hier Sozialhilfe zu erlangen. Indes entfällt der ihr dem Grunde nach zustehende Anspruch auf Sozialhilfe von vornherein deshalb, weil sie Studentin ist. Gem. § 26 BSHG haben nämlich Auszubildende, deren Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, kann nur in besonderen Härtefällen solche gewährt werden. Dem Grunde nach ist aber der Besuch von Hochschulen, höheren Fachschulen und Akademien nach § 2 BaföG förderungswürdig. Auch ein Anspruch nach der Härteregelung in § 26 Satz 2 BSHG bestünde nicht. Dieser setzt einen atypischen Lebenssachverhalt voraus, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen objektiv nicht zumutbar erscheinen läßt, seine Ausbildung abzubrechen oder zu unterbrechen. Bei ausländischen Studierenden ist aber ein besonderer Härtefall nicht bereits dann gegeben, wenn es ihnen deshalb unmöglich ist, im Fall eines Abbruchs oder der Unterbrechung der Ausbildung im Bundesgebiet erwerbstätig zu sein, weil sie wegen der ungünstigen lage am Arbeitsmarkt keine Arbeitserlaubnis erhalten; denn eine ungünstige lage am Arbeitsmarkt betrifft auch eine Vielzahl anderer Auszubildenden, die deshalb möglicherweise schon keine Arbeitsstelle finden. Auch die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit den Lebensunterhalt im Heimatland sicherzustellen, begründet noch keinen besonderen Härtefall (siehe Oestereicher/Schelter/Kunz, BSHG, § 26 Rdnr. 8 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Da der Kl. jedenfalls aus anderen Gründen (vergleiche die Ausführungen zu 4.)) sittlich verpflichet war, seiner Ehefrau, solange sie mit ihm in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte und bedürftig war, Unterhalt zu gewähren, ist die Klage begründet.
Es ergibt sich folgende Steuerberechnung:
zu versteuerndes Einkommen lt. angefochtenemEinkommensteuerbescheid 1992 vom 06.09.1993 | 73.716 DM |
---|---|
abziehbare Unterhaltsaufwendungen(Höchstbetrag gem. § 33 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG | - 6.300 DM |
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 67.416 DM |
Einkommensteuer (Grundtabelle) lt. Urteil | 17.078 DM. |
Der Höchstbetrag war nicht zu kürzen, da die eigenen Einkünfte der unterhaltenen Person den Betrag von 6.300 DM im Streitjahr nicht überstiegen.
Die Revision gegen dieses Urteil wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 FGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung möglicherweise deshalb von dem BFH-Urteil vom 30.07.1993 III R 16/92 (a.a.O.) abweicht, in dem die in der Urteilsbegründung noch enthaltenen engen Voraussetzungen (beabsichtigte und alsbald durchgeführte Eheschließung; Aufgabe der eigenen Berufstätigkeit oder einer anderen alleinigen Unterhaltsquelle) ausgeweitet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).