Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.01.2008, Az.: 9 W 124/07
Liquidationslose Beendigung einer GmbH bei tatsächlicher Vermögenslosigkeit; Erforderlichkeit einer Liquidation neben der Löschung aus dem Handelsregister als grundsätzliche Voraussetzung der Beendigung einer GmbH; Fortsetzungsfähigkeit einer gelöschten GmbH
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.01.2008
- Aktenzeichen
- 9 W 124/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 10731
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0103.9W124.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 18.10.2007 - AZ: 7 T 5/07
Rechtsgrundlage
- § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG
Fundstellen
- BB 2008, 173 (Kurzinformation)
- DB 2008, 288 (amtl. Leitsatz)
- DStR 2008, XI Heft 13 (amtl. Leitsatz)
- GmbH-Report 2008, R54 (Kurzinformation)
- GmbH-StB 2008, 38 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- GmbHR 2008, 211-212 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-Spezial 2008, 241 (Kurzinformation)
- NZG 2008, 271-272 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2008, 161-162
- Status:Recht 2008, 57
- ZAP EN-Nr. 565/2008
- ZIP 2008, 605 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
Eine Fortsetzung der Gesellschaft durch schlichten Fortsetzungsbeschluss (und dessen Eintragung) ohne die bei einer wirtschaftlichen Neugründung erforderliche Registerkontrolle nach §§ 7, 8 GmbHG ist nicht möglich, wenn die Gesellschaft nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG als vermögenslos gelöscht ist. Dies gilt nicht nur dann, wenn die gelöschte Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist, sondern auch im Fall der gelöschten, tatsächlich aber nicht vermögenslosen Gesellschaft.
In der Handelsregistersache
...
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 3. Januar 2008
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 5. November 2007 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Ob die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Löschung Vermögen hatte oder nunmehr über Vermögen verfügt, ist unerheblich. Zwar wäre bei noch vorhandenem Vermögen eine "Beendigung" der Gesellschaft durch die Löschung im Handelsregister nicht eingetreten. vielmehr führt die Löschung der GmbH nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG im Handelsregister nur dann zur liquidationslosen Beendigung (also zum Erlöschen der juristischen Person), wenn sie tatsächlich vermögenslos ist (Kleindiek in: Lutter-Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 60 Rdnr. 17). Hat die Gesellschaft also noch verwertbares Vermögen, so ist sie zu liquidieren, sodass in diesem Fall der Löschungseintrag nicht zur Beendigung, sondern lediglich zur Auflösung der GmbH führt, denn die Beendigung erfordert Löschung und tatsächliche Beendigung der Liquidation (Lehre vom Doppeltatbestand der Beendigung, Kleindiek, a. a. O.).
Eine Fortsetzung der Gesellschaft durch schlichten Fortsetzungsbeschluss (und dessen Eintragung) ohne die bei einer wirtschaftlichen Neugründung erforderliche Registerkontrolle nach §§ 7,8 GmbHG ist in diesem Stadium gleichwohl nicht möglich. Dies gilt im Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 7 nicht nur dann, wenn die Gesellschaft beendet ist, also wenn die gelöschte Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist, sondern auch im Fall der nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG als vermögenslos gelöschten, tatsächlich aber nicht vermögenslosen Gesellschaft (Kleindiek, a. a. O., § 60 Rdnr. 32). In beiden Fällen führt die Zäsur der Löschung im Rechtsverkehr zum Anschein der Beendigung der Gesellschaft. Die aufgelöste Gesellschaft ist nämlich aus dem Handelsregister entfernt. ihr dennoch anzunehmendes Fortbestehen als Liquidationsgesellschaft soll allein die erforderliche Restabwicklung erleichtern. Dieser Einschnitt ist mindestens ebenso bedeutsam wie der Beginn der Vermögensverteilung unter den Gesellschaftern (Kleindiek, a. a. O., § 60 Rdnr. 29, 32), sodass - wie dort - ein Neubeginn nur durch Neugründung möglich ist. Anderenfalls müsste nämlich auch festgestellt werden, dass zur Zeit der Löschung noch Restvermögen vorhanden war, es sei denn, man stellt darauf ab, ob in der Zeit danach bis zum Fortsetzungsbeschluss Vermögen erworben worden ist (obwohl die Liquidationsgesellschaft keinen werbenden Zweck verfolgt), und ob sodann durchgehend auch Vermögen vorhanden war. Des Weiteren stellte sich die Frage, ob im Zeitpunkt des Fortsetzungsbeschlusses - oder möglicherweise seiner Anmeldung - nachgewiesen werden müsste, dass das Stammkapital gedeckt war.
Die herrschende Meinung nimmt deshalb an, dass eine nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG gelöschte Gesellschaft ausnahmslos nicht fortsetzungsfähig ist (Kleindiek, a. a. O., Rdnr. 32 a. E. mit weit. Nachw. in Note 2. vgl. insbesondere auch Karsten Schmidt in: Scholz: GmbHG, 9. Aufl., § 60 Rdnrn. 99, 83). Zwar ist die Fortsetzung der Gesellschaft auch im Fall etwa der Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG zulässig (Kleindiek, a. a. O., § 60 Rdnr. 31). sie ist jedoch nur dann möglich, wenn der Fortsetzungsbeschluss vor dem Beginn der Vermögensverteilung unter den Gesellschaftern zustande gekommen ist. Haben die Gesellschafter mit der Vermögensverteilung begonnen, ist eine Fortsetzung ausgeschlossen, sodass der Neubeginn dann der Neugründung bedarf (Kleindiek, a. a. O., § 60 Rdnr. 29). Auch für diesen Fall gilt, dass die aufgelöste Gesellschaft fortbesteht, um die allein erforderliche Restabwicklung zu erleichtern. Damit ist die Fortsetzung ausgeschlossen, was umso eher gelten muss für eine Gesellschaft, die bereits deswegen gelöscht worden ist, weil Vermögen nicht mehr vorhanden war. Diese Annahme begegnet auch deshalb keinen Bedenken, weil gegen die Löschung die Rechtsbehelfe des Widerspruchs, der sofortigen Beschwerde sowie der sofortigen weiteren Beschwerde statthaft sind. Ein solches Verfahren hat stattgefunden: Der Widerspruch der Gesellschaft vom 16. April 1997 gegen die beabsichtigte Löschung der Firma wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 2 LöschG ist durch Beschluss des Amtsgerichts Winsen vom 14. Mai 1998 zurückgewiesen worden. Dagegen hat die Gesellschaft am 5. Juni 1998 sofortige Beschwerde eingelegt, die durch Beschluss des Landgerichts vom 14. Juli 1998 zurückgewiesen worden ist. auch die sofortige weitere Beschwerde war erfolglos. Dieses Verfahren würde konterkariert, würde man eine Fortsetzung durch schlichten Beschluss für zulässig halten.