Landgericht Verden
Urt. v. 27.10.2009, Az.: 7 O 141/09

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
27.10.2009
Aktenzeichen
7 O 141/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 50614
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 09.06.2010 - AZ: 9 U 113/09
BGH - 24.01.2012 - AZ: II ZR 119/10

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. März 2009 sowie die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1.419,19 € zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Beklagte war Geschäftsführer der  ...  GmbH in X (im Folgenden D). Am 18. Mai 2005 schloss die Klägerin mit der D einen Frachtvertrag. Der Auftrag wurde am 23. Mai 2005 durch die Klägerin erledigt. Die Seefracht in Höhe von 39.000,00 € war drei Tage später fällig. Am 15. Juni 2005 avisierte die D eine Zahlung in Höhe von 18.750,00 €, einen Zahlungseingang konnte die Klägerin jedoch nicht verzeichnen. Die D hatte ein Geschäftskonto bei der  ...  Bank. In der Zeit von März bis Juni 2005 war dieses Konto durchweg mit einer hohen fünfstelligen Summe im Soll. Per Juni bestand ein Dispositionskredit in Höhe von 100.114,74 €. Die letzte BWA für die D wurde für den Monat April erstellt und erbrachte ein vorläufiges Negativergebnis in Höhe von 51.841,75 €.

Am 1. Juli 2005 erhielt die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 2.500,00 € auf ihre Forderung. Am 13. Juli 2005 wurde auf dem Konto der D bei der  ...  Bank ein Zahlungseingang in Höhe von 70.000,00 € verbucht, so dass danach noch ein Negativsaldo in Höhe von 30.145,84 € bestand. Für diese Kreditlinie haftete der Beklagte persönlich. Unter dem 14. Juli 2005 stellte der Beklagte für die Beklagte einen Antrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 6. September 2005 wurde die Durchführung dieses Insolvenzverfahrens abgelehnt, weil die D Verbindlichkeiten in Höhe von 452.000,00 € habe und auch keine Vermögenswerte vorhanden seien. Am 20. August 2005 hatte der Beklagte als Geschäftsführer der D eidesstattlich versichert, dass Schulden in entsprechender Höhe bestünden und keinerlei Aktiva vorhanden seien. Die D hatte sich im Zeitpunkt der Auftragsvergabe an die Klägerin mehreren Zahlungsforderungen ausgesetzt gesehen, welche sie zum Großteil nicht bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens mehr befriedigen konnte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Klagerwiderungsschriftsatz vom 29. Juni 2009 (Bl. 44, 45 d. A.) verwiesen.

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

Klagabweisung.

Der Beklagte lässt vortragen, als die Forderung der Klägerin fällig gewesen sei, sei für D Zahlungsaufstockung eingetreten gewesen. Durch eine ständige Geschäftsbeziehung habe die D Einkünfte in Höhe von 90.125,00 € monatlich generieren können. Als die Klägerin Geschäftspartnerin von der vorübergehenden Zahlungsaufstockung informiert habe, habe letztere die Geschäftsbeziehung zu der D beendet. Die Forderung der B über 110.843,64 € habe nicht bestanden. Dieses Unternehmen sei dafür verantwortlich gewesen, dass es zu einem Hauptmaschinenausfall an dem gecharterten Schiff gekommen sei, so dass die Frachtverträge nicht hätten erfüllt werden können. In der Folge seien Nachfolgeverträge nicht zustande gekommen, weshalb die D Schadensersatzansprüche in einer die Forderungen übersteigenden Höhe  habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 GmbHG aF begründet. Denn die D war im Zeitpunkt der Vergabe der Aufträge zahlungsunfähig. Der Beklagte hätte als ihr Geschäftsführer schon zuvor das Insolvenzverfahren einleiten müssen.

Richtig ist, dass die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig für die Frage der Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Auftragsvergabe ist. Dieser Darlegungslast hat sie genügt, wobei sich der Beklagte nicht ausreichend dagegen verteidigt hat. Die Entscheidung ergeht deshalb auf der Basis unstreitigen Vorbringens.

Die D konnte die offene Forderung der Klägerin nur mit einem geringfügigen Zahlbetrag in Höhe von 2.500,00 € bedienen, und dass deutlich nach der vertraglich vereinbarten Fälligkeit, nämlich Monate später. Sie hatte ihren Dispositionskredit ausgereizt und keine Reserven mehr. Die letzte BWA für den Monat April war negativ. Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Beklagte für die D eidesstattlich versichert, dass Schulden in Höhe von 452.000,00 € offen und kein verwertbares Vermögen vorhanden sei. Diese Sachinformation ist zur Darstellung der Zahlungsunfähigkeit der D im Zeitpunkt der Auftragsvergabe ausreichend.

Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, einzuwenden, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der streitgegenständlichen Forderung eine "Zahlungsstockung" bestanden habe.  Dieser Vortrag reicht nicht aus für ein wirksames Bestreiten. Der Beklagte hätte schon im Einzelnen darlegen müssen, welche offenen Ausstände die D im Zeitpunkt der Auftragsvergabe an die Klägerin noch gehabt hat und wann mit welchen konkreten Zahlungen zu rechnen gewesen wäre und warum diese noch nicht eingegangen waren. Selbst nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten bestanden offene Forderungen gegen die D in Höhe von 255.075,65 €. Aber auch die Forderung der B über 110.843,64 € ist auf Basis des unstreitigen Vorbringens mit einzurechnen. Denn mit den bruchstückhaften Ausführungen des Beklagten kann dieser nicht gehört werden. Gegenforderungen der D, mit welchen gegen die unstreitige Forderung hätte aufgerechnet werden können, sind nicht ansatzweise einlassungsfähig vorgetragen. Der Beklagte kann sich nicht damit begnügen vorzubringen, dass "Nachfolgeaufträge nicht hätten geschlossen" werden können. Denn damit kann die Klägerin sich nicht substantiell auseinandersetzen und muss dies auch nicht tun.

Zurecht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang auch auf den unstreitigen Umstand hin, dass der Beklagte im Rahmen seiner eidesstattlichen Versicherung für die D von einem Schuldenstand in Höhe von 452.000,00 € ausgegangen ist, wofür kein Anlass gewesen wäre, wenn die Forderung aufgrund einer wirksamen Aufrechnung mit Gegenansprüchen nicht mehr bestanden hätte.

Soweit der Beklagte vorträgt, ihm sei sein ständiger Geschäftspartner abhanden gekommen, weil die Klägerin diese von der Zahlungsstockung der D informiert habe, bürdet er der Sache nach die Verantwortung für die wirtschaftliche Schieflage der Klägerin auf. Vorab ist hier anzumerken, dass die Geschäftsbeziehung nicht sehr fest und verlässlich gewesen sein kann, wenn die bloße Mitteilung, dass Rechnungen zurzeit von der D nicht bezahlt würden, zu deren Auflösung geführt haben sollen.  Im Übrigen gilt auch insoweit, dass das unspezifizierte Vorbringen des Beklagten prozessual nicht beachtlich ist, weil es kein wirksames Bestreiten darstellt. Mit welcher konkreten Begründung die Geschäftspartnerin die Geschäftsbeziehung aufgekündigt hat, wann und durch welche Person, und warum es dem Geschäftsführer nicht gelungen ist, einen nur vorübergehenden Zahlungsengpass glaubhaft zu machen, all das trägt der Beklagte nicht einlassungsfähig vor, wozu er jedoch zumindest nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast gehalten gewesen wäre. Die Klägerin hat detailreich unter Bezugnahme auf das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren, und auf die dort durchgeführten Beschlagnahmen bei den Beklagten, sowie unter Bezugnahme auf die eidesstattliche Versicherung Beklagten als Geschäftsführer des D vorgetragen. Gemessen daran hätte es  dem Beklagten oblegen, sich dagegen mit einer spezifizierten Gegendarstellung zur Wehr zu setzen, welche jedoch nicht festzustellen ist.

Die Forderung der Kläger ist auch nicht verjährt. Der Verjährungsbeginn hängt gemäß § 199 BGB von der Person des Schuldners ab, welche aber erst mit dem Abschlussbericht des Landeskriminalamtes Bremen vom 19. August 2008 bei der Klägerin vorhanden war.

Zinsen schuldet der Beklagte der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 BGB. Der Beklagte hat zudem die vorgerichtlichen Anwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges der Klägerin zu ersetzen.