Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.10.2008, Az.: 6 AD 2/08

Anforderungen an die Substantiierung eines Berufungszulassungsgrundes im verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittelverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.10.2008
Aktenzeichen
6 AD 2/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 25770
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2008:1028.6AD2.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 19.06.2008 - AZ: 14 A 3117/07

Fundstellen

  • NJW 2009, 1990
  • NVwZ 2009, 360 (Volltext mit amtl. LS)
  • NVwZ-RR 2009, V Heft 3 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ-RR 2009, 360

Amtlicher Leitsatz

Kein "Nachschieben" der Bezeichnung des Zulassungsgrundes nach Ablauf der Frist für die Darlegung der Berufungszulassungsgründe.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig, weil mit seiner Begründung, soweit sie fristgerecht ist, keiner der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO hinreichend dargelegt worden ist (§§ 64 Abs. 2 Satz 2 BDG; 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO).

2

Die Antragsbegründungschrift vom 15. September 2008 genügt nicht den Anforderungen, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (i. V. m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG) an die Darlegung der Zulassungsgründe zu stellen sind. Nach dieser Vorschrift sind nämlich innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Berufung kann nach § 124 Abs. 2 VwGO (i. V. m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG) nur aus den dort genannten Gründen zugelassen werden. Es ist mithin in der Begründung des Zulassungsantrages darzulegen, ob die Zulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), wegen Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bezeichneten Gerichte oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) beantragt wird. Ferner muss im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründet werden, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt ist. Im Falle der Geltendmachung mehrerer Zulassungsgründe müssen dabei alle diese Gründe jeweils selbständig dargelegt werden (Nds. OVG, Beschl. v. 1. 9. 2008 - 5 LA 305/05 -; Bader, in: Bader u. a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124a Rn. 81). Es obliegt nicht dem Oberverwaltungsgericht, sondern gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (i. V. m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG) dem Rechtsbehelfsführer, einzelne Zulassungsgründe ausdrücklich oder konkludent zu bezeichnen und ihnen dann jeweils diejenigen Elemente seiner Kritik an der erstinstanzlichen Entscheidung klar zuzuordnen, mit denen er das Vorliegen des jeweiligen Zulassungsgrundes darlegen möchte (Nds. OVG, Beschl. v. 12. 6. 2006 - 5 LA 80/06 -; Bader, a. a. O., § 124a Rn. 81 m. w. N.). Insbesondere ist es nicht die Aufgabe des Senats, sich aus einem "Darlegungs-Gemenge" dasjenige herauszusuchen, was sich bei wohlwollender Auslegung den einzelnen Zulassungsgründen zuordnen ließe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 1. 9. 2008 - 5 LA 305/05 - und Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 58, m. w. N.).

3

In seiner Antragsbegründungschrift vom 15. September 2008 hat der Kläger Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO weder ausdrücklich bezeichnet noch käme statt mehrerer nur ein einziger unter ihnen dafür in Betracht, diesem das Zulassungsvorbringen zuzuordnen. Vielmehr ließe sich der Inhalt der Begründungschrift (teilweise) sowohl mit dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§§ 64 Abs. 2 Satz 2 BDG, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch mit demjenigen des Vorliegens eines geltend gemachten und der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§§ 64 Abs. 2 Satz 2 BDG, 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), in Verbindung bringen - wobei noch zwischen verschiedenen denkbaren Verfahrensmängeln zu unterscheiden wäre (vgl. etwa Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

4

Die nachträgliche Klarstellung des Klägers mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2008, dass sich seine "Berufung" auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils stütze, vermag dem Zulassungsantrag nicht mehr zur Zulässigkeit zu verhelfen (vgl. Happ, a. a. O., § 124a Rn. 58). Diese Ergänzung ist nämlich nicht innerhalb der bereits mit dem 16. September 2008 abgelaufenen Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (i. V. m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG) vorgenommen worden. Die Darlegung eines Zulassungsgrundes kann aber nach dem Ablauf der genannten Frist nur insoweit noch ergänzt werden, als der konkrete Zulassungsgrund bereits in offener Frist den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt worden ist (vgl.: Happ, a. a. O., § 124a Rn. 53), woran es hier, wie oben ausgeführt, indessen gerade fehlt.

5

Es bedarf schließlich auch keiner obergerichtlichen Auseinandersetzung mit dem "gesamten erstinstanzlichen Vorbringen", auf das sich der Kläger am Ende seiner Antragsbegründungschrift bezieht. Denn eine derartige pauschale Bezugnahme ist zur Begründung eines Antrages auf Zulassung der Berufung ohnehin grundsätzlich - und so auch hier - nicht statthaft (Bader, a. a. O., § 124a Rn. 79, m. w. N.).

6

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§§ 64 Abs. 2 Satz 2 BDG, 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).