Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.10.2008, Az.: 9 LA 159/08

Heranziehung zu einer Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung bei lediglicher Ableitung des Wassers über ein kurzes Teilstück in ein öffentliches Gewässer; Fehlende Verbindung des Wasserabflusses mit dem übrigen Kanalnetz der Gemeinde als Grund für die Befreiung von einer Gebührenpflicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.10.2008
Aktenzeichen
9 LA 159/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 25767
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2008:1027.9LA159.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 21.11.2007 - AZ: 8 A 81/07

Fundstellen

  • FStNds 2009, 44-45
  • IR 2009, 21-22

Amtlicher Leitsatz

Orientierungssatz:

Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung

Amtlicher Leitsatz

Wird das auf einem Grundstück anfallende Niederschlagswasser über gemeindliche Leitungen abgeleitet, die unter die angrenzende Straße hindurchführen und sodann in ein Gewässer münden, so kann eine Gebührenpflicht des Grundstückseigentümers für die Niederschlagswasserbeseitigung auch dann bestehen, wenn die Leitungen nur eine geringe Länge aufweisen und mit dem übrigen Kanalnetz der Gemeinde nicht verbunden sind.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einer Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung in Höhe von 617,85 EUR. Sein Grundstück grenzt im Norden an die Straße B.. Das Niederschlagswasser, das auf den bebauten und befestigten Flächen des Grundstücks anfällt, gelangt in mehrere Leitungen, welche die Straße B. unterirdisch queren und sodann in den nördlich der Straße gelegenen B. münden.

2

Das Verwaltungsgericht hat in seinem - die Klage gegen den Heranziehungsbescheid abweisenden - Urteil eine Gebührenpflicht des Klägers bejaht. Die im Untergrund der Straße B. verlaufenden Leitungen seien aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 2 Abs. 6 c (gemeint ist offensichtlich a) der Abwasserbeseitigungssatzung der Beklagten - ABS - Bestandteil der von der Beklagten betriebenen öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung.

3

Mit seinem auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung wendet der Kläger ein, für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sein Grundstück an die Niederschlagswasserkanalisation angeschlossen sei, reiche das bloße Vorhandensein einer Anschlussleitung nicht aus. Nach § 9 Abs. 1 ABS müsse jedes Grundstück einen eigenen, unmittelbaren Anschluss an die zentralen Abwasseranlagen haben. Die bloße Verbindung eines Grundstücks mit einem öffentlichen Gewässer stelle keinen solchen Anschluss dar. Das Verwaltungsgericht hätte der Frage nachgehen müssen, ob der B. Bestandteil der zentralen Niederschlagswasserbeseitigungsanlage der Beklagten sei.

4

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ebenso wenig zu begründen wie das Vorliegen eines Verfahrensfehlers. Es geht davon aus, dass es sich bei den Leitungen unter der Straße B. um "Anschlussleitungen" handelt, die der Spezialregelung in § 9 Abs. 1 ABS unterliegen. Diese Betrachtungsweise verkennt Bedeutung und Tragweite der genannten Regelung. Unter einem Anschlusskanal wird in § 9 ABS die Verbindung zwischen Grundstücksgrenze und (insbesondere) der Hauptleitung in der Straße, eventuell aber auch einem anderen Bestandteil der zentralen Abwasseranlage verstanden. Um solche Anschlusskanäle handelt es sich bei den unter der Straße B. verlaufenden Leitungen zwischen dem Grundstück des Klägers und dem B. nicht. Die Leitungen sind vielmehr - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - selbstständige Bestandteile der zentralen Anlagen der Beklagten zur Niederschlagswasserbeseitigung, die gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 ABS an der Grenze des zu entwässernden Grundstücks enden. Dem steht die geringe Länge der Leitungen ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass weitere Grundstücke an die Leitungen nicht angeschlossen sind und die Leitungen keine direkten Verbindungen zum übrigen Kanalnetz der Beklagten besitzen. Denn zu den zentralen Abwasseranlagen im Sinne von § 2 Abs. 6 a ABS zählen - unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen - alle Abwasser führenden Leitungen, die von der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht gewidmet worden sind und bereitgehalten werden (ebenso BayVGH, Beschluss vom 18.12.2006 - 23 ZB 06.2956 - zitiert nach [...] für einen "unter der gemeindlichen Straße hindurchführenden Regenwasserkanal", der das Regenwasser "dem natürlichen Wasserkreislauf (... bach) zuführt"). Nach dem Willen der Beklagten werden auch die Leitungen unter der Straße B. zu Zwecken der Niederschlagswasserbeseitigung entsprechend ihrem Satzungsrecht vorgehalten.

5

An die in diesem Sinne zu verstehende zentrale Abwasseranlage muss das Grundstück des Klägers nach der - von ihm im Zulassungsverfahren hervorgehobenen - Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 ABS "einen eigenen, unmittelbaren Anschluss" haben. Diesem Erfordernis ist eindeutig genüge getan, weil Niederschlagswasser vom Grundstück des Klägers unmittelbar in die Leitungen unter der Straße B. gelangt. Da bereits diese Leitungen selbstständige Bestandteile der Abwasseranlage der Beklagten sind, kommt es nicht mehr auf die vom Kläger als klärungsbedürftig angesehene Frage an, ob der B. als öffentliches Gewässer Bestandteil der zentralen Niederschlagswasserbeseitigungsanlage der Beklagten sein kann (zu den Voraussetzungen für die Einbeziehung von Gewässern siehe allgemein Lichtenfeld, in Driehaus: Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2008, § 6 Rdnr. 712).