Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.10.2018, Az.: 7 LA 84/18

isolierte Anfechtung; Anhörungsrüge; Anschlussberufung; Kostenentscheidung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.10.2018
Aktenzeichen
7 LA 84/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74241
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.06.2018 - AZ: 11 A 3178/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Antrag auf Zulassung der Berufung ausschließlich gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist unzulässig.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 11. Kammer (Einzelrichterin) - vom 14. Juni 2018 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 1.035,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 14. Juni 2018 hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.

1.

Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger weder in seinem Zulassungsantrag vom 16. August 2018 noch in dem (weiteren) Zulassungsantrag vom 10. September 2018 angeführt hat, aus welchem der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung beantragt wird. Er genügt damit nicht seinen Darlegungserfordernissen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Es ist mithin in der Begründung des Zulassungsantrags anzugeben, aus welchem der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung beantragt wird, und es muss darüber hinaus im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründet werden, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt ist. Im Falle der Geltendmachung mehrerer Zulassungsgründe müssen diese grundsätzlich jeweils selbständig dargelegt werden. Es obliegt nicht dem Oberverwaltungsgericht, sondern gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dem Rechtsbehelfsführer, einzelne Zulassungsgründe ausdrücklich oder konkludent zu bezeichnen und ihnen dann jeweils diejenigen Elemente seiner Kritik an der erstinstanzlichen Entscheidung klar zuzuordnen, mit denen er das Vorliegen des jeweiligen Zulassungsgrundes darlegen möchte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 04.09.2012 - 7 LA 17/11 -, n. v., und vom 28.10.2008 - 6 AD 2/08 -, NVwZ-RR 2009, 360 [OVG Niedersachsen 28.10.2008 - 6 AD 2/08]).

Diese Anforderungen sind angesichts des vor dem Oberverwaltungsgericht herrschenden Vertretungszwangs (§ 67 Abs. 4 Sätze 1 und 2 VwGO), der Dauer der Antragsbegründungfrist von zwei Monaten (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und der beschränkten Anzahl von nur fünf Zulassungsgründen (§ 124 Abs. 2 VwGO) ohne unzumutbare Erschwernisse erfüllbar. Sie sind sachlich gerechtfertigt, weil sie der mit der Einführung der Zulassungsberufung bezweckten Entlastung der Rechtsmittelinstanz dienen (vgl. Beschluss des Senats vom 04.09.2012, a. a. O.). Sie ergeben sich zudem zwanglos aus dem Wesen der dem Rechtsbehelfsführer durch § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO aufgegebenen Darlegung. Die fünf Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO haben nämlich unterschiedliche, teilweise recht komplexe Voraussetzungen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 04.09.2012 und 28.10.2008, a. a. O.).

Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Er hat einen Zulassungsgrund nicht bezeichnet. Seine Ausführungen gleichen vielmehr einer Berufungsbegründung. Dies genügt nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

2.

Der Zulassungsantrag des Klägers bleibt aber selbst dann erfolglos, wenn man zu seinen Gunsten davon ausgeht, dass er in der Antragsbegründungsschrift seinen Zulassungsgrund noch ausreichend bezeichnet hat und den Zulassungsantrag auf ein Bestehen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stützen möchte. Denn ein Antrag auf Zulassung der Berufung ausschließlich gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist unzulässig (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.05.1998 - 12 A 12501/97 -, juris).

Nach § 158 Abs. 1 VwGO ist die Anfechtung von Kostenentscheidungen unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Zweck dieser Bestimmung besteht darin, das Rechtsmittelgericht von der Pflicht freizustellen, ohne Entscheidung zur Hauptsache allein die Kostenentscheidung isoliert überprüfen zu müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.06.1999 - 4 B 18.99 -, juris). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger wendet sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung allein gegen die Kostenentscheidung in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 14. Juni 2018. Er hat sowohl in seinem Zulassungsantrag vom 16. August 2018 als auch in dem Zulassungsantrag vom 10. September 2018 beantragt, das verkündete Urteil aufzuheben, „soweit es dem Berufungskläger die Kosten auferlegt.“ Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ihm keine Kosten aufzuerlegen seien, da er zu keinem Zeitpunkt den Rechtsstreit aufgenommen habe. Vielmehr sei der Rechtsstreit durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01. September 2017 nach § 240 ZPO unterbrochen worden. Eine Kostentragungspflicht seinerseits sei daher aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt erdenklich. Daraus folgt unmissverständlich, dass sich der Kläger ausschließlich gegen die Kostenentscheidung wendet.

Eine Berufungszulassung ausschließlich wegen einer angeblich falschen Kostenentscheidung scheidet aus (vgl. Bader in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, a. a. O., § 158 Rn. 2). Dies gilt auch für Fälle, in denen ein durch die Kostenentscheidung beschwerter Beteiligter - wie hier - mangels Beschwer in der Hauptsache kein zulässiges Rechtsmittel einlegen kann oder wenn ein Beteiligter - ohne insoweit beschwert zu sein - lediglich ein Hauptsacherechtsmittel ergreift, um die für ihn ungünstige Kostenentscheidung anzugreifen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.06.1999, a. a. O.; Bader in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, a. a. O., § 158 Rn. 2; Zimmermann-Kreher in: BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 46. Edition, Stand: 01.07.2018, § 158 Rn. 4). Es muss dem Rechtsmittelführer auch auf eine Überprüfung der Sachentscheidung ankommen; daher ist das Rechtsmittel unzulässig, das offenbar zur Umgehung des Verbots der isolierten Anfechtung eingelegt wird (vgl. Rennert in: Eyermann, a. a. O., § 158 Rn. 4).

Grundsätzlich zulässig in solchen Fällen bleibt - bei Vorliegen der dort geregelten besonderen Voraussetzungen - eine auf den Kostenpunkt beschränkte Anschließung an das Hauptrechtsmittel in Form einer Anschlussberufung nach § 127 VwGO (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 03.03.2010 - 1 E 3/10 -, juris; Bader in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, a. a. O., § 158 Rn. 4; Rennert in: Eyermann, a. a. O., § 158 Rn. 4) oder die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO (vgl. Rennert in: Eyermann, a. a. O., § 158 Rn. 1). Ob die Voraussetzungen dieser Rechtsmittel gegeben sind, braucht an dieser Stelle nicht näher vertieft zu werden.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Kläger wendet sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung allein gegen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach er - zusammen mit dem Kläger des Verfahrens 7 LA 53/18 - die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Diese belaufen sich - berechnet auf einen Streitwert von 20.000,00 € - auf 1.035,00 €.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).