Verwaltungsgericht Oldenburg
v. 19.09.2017, Az.: 7 A 6230/17
Benzodiazephanabhängigkeit; Gesundheit; Gesundheitliche Versorgung; Krankheit; Lesbische Regierungschefin; Medizinische Behandlung; Psychische Störungen; Psychose; Reiseunfähigkeit; Roma; Schizophrenie; Schutz vor Übergriffen; Sicherer Herkunftsstaat; Verfassungsrechtliche Anforderungen an fachärztliches Attest; Zielstaatsbezogenes Vollstreckungshindernis
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 19.09.2017
- Aktenzeichen
- 7 A 6230/17
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2017, 54169
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 29a AsylVfG
- § 60 Abs 7 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Serbien ist sicher für alle. Dort ist inzwischen eine lesbische Frau Regierungschefin.
Der serbische Staat ist schutzfähig und -willig gegen Übergriffe privater Dritter; dies gilt auch für Roma.
Alle Erkrankungen und Störungen psychischer Art sind in Serbien (auch für Roma) behandelbar und können grundsätzlich das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht begründen, soweit die Würdigung im Einzelfall nichts anderes ergibt (hier verneint).
Fortführung der ständigen Rechtsprechung in der Kammer, wie sie sich aus den folgenden Entscheidungen (jeweils juris) insbesondere ergibt:
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -,
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschluss vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -,
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 - und
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschluss vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist der Gerichtsbescheid vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Roma aus Serbien und reiste Anfang des Jahres 2017 nach Deutschland, wo sie im Februar 2017 Asylantrag stellte. Es kam zunächst zu einem persönlichen „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrages am 20.02.2017 in Braunschweig“ (Seite 28 ff. Beiakte 1 zu 7 A 6173/17). Danach meldete sich die Klägerin anwaltlich vertreten mit Schriftsatz vom 29. März 2017 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und brachte vor, sie leide unter einer schweren, behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung und sei nach dem niedersächsischen PsychKG eingewiesen worden. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien erfüllt. Im Jahre 2010 sei sie in Serbien mehrfach vergewaltigt worden und leide seither fortlaufend unter entsprechend psycho-pathologischen Verhaltensauffälligkeiten.
Dazu legte sie vor den Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt in ihrer Unterbringungssache - 6 XIV 1999/17 - vom 7. April 2017 (Seite 56 f. der Beiakte 1 zu 7 A 6173/17), der Bezug nimmt auf das ärztliche Zeugnis des Herrn K……….., Facharzt für Psychiatrie, der unter dem 24. Februar 2017 einen Benzodiazephanentzug mit psychotischer Symptomatik festgestellt hatte. Mit weiteremSchriftsatz vom 20. April 2017 (Seiten 62 f. Beiakte 1 zu 7 A 6173/17) legte die Klägerin die fachliche Stellungnahme der AWO, Psychiatriezentrum, Vor dem ………. 10, …………, vom 23. März 2017 vor (Blatt 64 f. Beiakte 1 zu 7 A 6173/17), in welcher es hinsichtlich der Diagnose heißt: „F23.1 Akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie.“
In einer „Anamnese“ (Blatt 86 Beiakte 1 zu 7 A 6173/17) heißt es unter anderem (Stand: 15. Mai 2017), dass die Klägerin seit vier Jahren Benzodiazepine einnehme.
Am 1. August 2017 wurde die Klägerin bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Oldenburg persönlich angehört.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge………, vom 11. August 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Asylanerkennung, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen, forderte die Klägerin unter Abschiebungsandrohung nach Serbien zur Ausreise binnen Wochenfrist auf, ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an, befristete dieses auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Die Klägerin hat am 23. August 2017 Klage erhoben und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung bringt sie vor, ernsthaft psychisch erkrankt zu sein, weshalb die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Dazu bezieht sie sich auf den Beschluss des Amtsgerichts Helmstedt vom 7. April 2017 in der Unterbringungssache (Blatt 35 f. der Gerichtsakte) und die Stellungnahme der AWO (Psychiatriezentrum ……………) vom 23. März 2017 (Blatt 31 ff. Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt sinngemäß (vgl. Klageschrift vom 23. August 2017, Seite 2 oben, Blatt 2 Gerichtsakte):
die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass in ihrer Person ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt,
und den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. August 2017 aufzuheben.
Die Beklagte tritt der Klage bezugnehmend auf die Gründe des angegriffenen Bescheides entgegen (Schriftsatz vom 5. September 2017, Blatt 51 Gerichtsakte) und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 29. August 2017 hat das Gericht dem Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben - 7 B 6231/17 -.
Im Übrigen nimmt das Gericht Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die das Gericht nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 24. August 2017 durch den Einzelrichter und nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheides entscheidet, ist unbegründet, § 113 Abs. 1, § 113 Abs. 5 VwGO.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Der angegriffene Bescheid erweist sich insoweit und im Übrigen als rechtmäßig. Seine Begründungen sind zutreffend. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, welche hier allein Gegenstand des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin sind. Daher bezieht sich das Gericht auch zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung, §§ 77 Abs. 1 AsylG, zu dem diese Bescheidgründe weiterhin tragend sind, auf diese Gründe und macht sie sich hierfür zu Eigen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend hält das Gericht Folgendes fest:
Serbien ist sicher.
Dies folgt aus dem Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland i.S.d. § 29a AsylG (Stand: September 2016) des Auswärtigen Amtes, Berlin, vom 1. November 2016, und der hier maßgeblichen Rechtsprechung in der 7. Kammer des Gerichts, wie sie sich aus den folgenden Entscheidungen insbesondere ergibt:
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg),
Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, juris,
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg),
Beschluss vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -, juris,
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg),
Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, juris, und
Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg),
Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -, juris.
Inzwischen ist in Serbien (sogar) eine offen lesbische Frau Regierungschefin (……….).
Aus dem individuellen Vorbringen der Klägerin könnte sich zwar ergeben, dass sie ursprünglich aus womöglich nachvollziehbaren, doch im asyl- und flüchtlingsrechtlichen Verfahren nach dem AsylG und nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG rechtlich unbeachtlichen Gründen heraus Serbien verlassen hat und nach Deutschland gekommen ist, die insbesondere nicht die gesetzliche Vermutung aus § 29a AsylG i.V.m. Anlage II AsylG (Serbien) berühren; die bekundeten allgemeinen Lebensschwierigkeiten und speziellen Probleme erfüllen auch gerade eben nicht etwa die Voraussetzungen subsidiären Schutzes oder eines Abschiebungshindernisses.
Ihr droht bei einer Rückkehr nach Serbien keine Verfolgung wegen der behaupteten Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma. Es gibt keine Gruppenverfolgung von Roma in Serbien, weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure [vgl. Auswärtiges Amt, „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne von § 29a AsylVfG“ vom 1. November 2016 - Lagebericht -; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 8 LA 129/14 -, juris; std. Rspr. in der Kammer, vgl. oben, juris]. Anhaltspunkte dafür, dass sie im Falle einer Rückkehr mit asyl- oder flüchtlingsrelevanten staatlichen oder nichtstaatlichen Maßnahmen zu rechnen hätte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung ihres individuellen Vorbringens, erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-, s. o.). Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser gesetzgeberischen Entscheidung hat das Gericht nicht, s. o.
Zudem müsste sich die Klägerin gegenüber Übergriffen seitens privater Dritter auf den Schutz der Polizei verweisen lassen, die nicht erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 - 1 K 234/14 -, juris; Lageberichte vom 18. Oktober 2013 und 15. Dezember 2014; std. Rspr. in der Kammer). Nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes könnten zwar die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (Vgl. VG Sigmaringen a.a.O. Rn. 35; Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 7 UE 1365/05.A -, juris). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei, wie bereits ausgeführt, nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (wohl vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Minderheitsangehörigen auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen (vgl. VG Sigmaringen a.a.O.). Insoweit hat die Klägerin auch nicht glaubhaft gemacht, sich hinreichend um den Schutz staatlicher Organe bemüht gehabt zu haben. Zudem könnte sie sich unbehelligt an anderer Stelle in Serbien aufhalten, hatte und hätte mithin eine zumutbare inländische Fluchtalternative. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) liegen schon danach ebenso nicht vor. Ihr droht auch kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG. Ebenso wenig liegen insoweit Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.
Das Gericht vermag insgesamt keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) der Klägerin bei gedachter Rückkehr nach Serbien zu erkennen. Die allgemein schwierigen Lebensbedingungen der Roma in Serbien begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist dies bei allgemeinen Gefahren grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt bei diesen allgemeinen Gefahren im Hinblick auf die wegen Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift nur bei Vorliegen einer extremen Gefahrenlage, d. h. der Ausländer müsste im Falle der Aufenthaltsbeendigung gleichsam sehenden Auges den sicheren Tod oder schwerste Verletzungen gewärtigen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 ff., juris). Einer Gefährdung in diesem Sinne wäre die Klägerin in Serbien nicht wegen der allgemeinen Gefahren ausgesetzt. Das Gericht verkennt dabei nicht die noch immer prekäre wirtschaftliche Situation und die schwierigen sozialen Verhältnisse in Serbien. Die Bevölkerungsgruppe der Roma ist in Serbien von einem höheren Armuts- und Arbeitslosigkeitsrisiko betroffen als der übrige Teil der serbischen Bevölkerung. Der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt ist oft aufgrund von sozialen Vorurteilen versperrt, so dass sich viele in der Schwarzarbeit oder aufgrund mangelnder Qualifikation als ungelernte Arbeitskräfte in Fabriken oder als Wertstoffsammler verdingen (vgl. akt. Lagebericht vom 1. November 2016). Auch wenn dies vielfach ein Leben unter schwierigsten Umständen bedeutet, so lässt sich hieraus noch keine extreme Gefahrenlage ableiten. Ferner muss der Eintritt der Gefahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland zu erwarten sein und zudem nicht nur am/im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>), wovon aber hier (u.a. angesichts der Schutzfähigkeit und -willigkeit des serbischen Staates) gerade eben nicht auszugehen ist.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen auch nicht vor, soweit es die geltend gemachten Erkrankungen und sonstigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (psychische Störungen, eventuell Benzodiazephanabhängigkeit, wahrscheinlich Schizophrenie, daneben voraussichtlich psychotische Erscheinungen) anbelangt, welche insbesondere das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses hier nicht begründen können (vgl. Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2015 - 7 A 2814/14 - Vnb., bezugnehmend insb. auf VG Augsburg, Urteil vom 5. November 2013 - Au 6 K 13.30331 -, juris, und Beschluss vom 9. April 2015, a.a.O. sowie Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, juris, und Gerichtsbescheid vom 11. September 2017 - 7 A 5672/17 - V.n.b.), § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese ist u.a. dann gegeben, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland die wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung einer Krankheit zu erwarten ist (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997
- 9 C 58.97 - BVerwGE 105, 383 <387>, juris), wobei in zeitlicher Hinsicht ein Prognosezeitraum von etwa einem Jahr angemessen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. März 2006 - 10 LA 287/05 - <Seite 6>). Zu berücksichtigen ist dabei, ob dem Ausländer die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen individuell zugänglich sind, insbesondere finanziert werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 - NVwZ-Beilage 2003, 53, juris). Es ist aber nicht erforderlich, dass die Versorgung
im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist
(§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Die Gefahr muss zudem nicht nur im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit
bestehen (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>). Diese Voraussetzungen decken sich insoweit mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung in der Kammer (vgl. Urteil vom 8. November 2016 - 7 A 3449/16 -, Vnb., Beschlüsse vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -, vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, und Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -, jeweils juris; siehe auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. August 2016 - 8 ME 87/16 - juris) und sind hier auch nicht aufgrund der geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden, Störungen und Beeinträchtigungen (s.o.) erfüllt.
Personen, die erkrankt sind, werden im serbischen Gesundheitssystem auch kostenfrei behandelt (Lagebericht vom 23. November 2015, Seite 17). Der Klägerin ist die erforderliche medizinische Behandlung auch nicht deswegen verwehrt, weil sie Roma ist. Diese haben in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung. Ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Kinder unter 18 Jahren werden grundsätzlich kostenfrei behandelt, wenn sie registriert sind (Lagebericht, S. 12). Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ist für bisher nicht registrierte Personen mit Gesetz vom 31. August 2012 die Grundlage für eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister unter vereinfachten Bedingungen geschaffen worden. Damit soll ihr rechtlicher Status verbessert werden. In dem Ende 2011 in Kraft getretenen neuen Meldegesetz ist darüber hinaus eine Regelung aufgenommen worden, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Auch diese Regelung zielt darauf, bisher nicht Registrierten die Anmeldung zu ermöglichen. Sie werden auch dann grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung in Serbien behandelt, wenn sie dort wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Mit der "Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialversicherung" ist geregelt, dass sie im System der Sozialversicherung angemeldet sein können, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie Roma (bzw. Ashkali) sind, und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthalts abgeben (Auswärtiges Amt vom 1. Juli 2014 - 508-516.80/48127). Zwar ist dem Gericht bekannt, dass sie in staatlichen Einrichtungen u.U. im Einzelfall Opfer von diskriminierender Behandlung werden könnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auch für sie eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten in Serbien keinen ausreichenden Schutz gegen die willkürliche Versagung des Zugangs zu Sozial- und Gesundheitsleistungen bieten (vgl. VG Münster, Urteil vom 11. Mai 2015, juris). Auch der Umstand, dass in Serbien für neun Monate im Jahr Sozialhilfe bewilligt wird, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts, da in der übrigen Zeit zumindest ein Anspruch auf Nothilfe der Gemeinde besteht (SFH, Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali, 15. März 2015, S. 6).
Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien unter der Voraussetzung der Registrierung eine gesetzliche Pflichtversicherung. Diese gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind versichert, ohne Versicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Gleiches gilt für Angehörige der Volksgruppe der Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. keinen Aufenthalt in Serbien haben (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Nach den Feststellungen des Lageberichts sind keine nachgewiesen Fälle von Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen bekannt (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Sollte dessen ungeachtet nach der Rückkehr eine Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verweigert werden, ist es jedenfalls zuzumuten, unter Zuhilfenahme der dafür zuständigen Stellen, beispielsweise der Roma-Gesundheitsmediatoren, des Republikanischen Krankenversicherungsfonds, oder erforderlichenfalls durch Inanspruchnahme gerichtlichen (Eil-) Rechtsschutzes ihren Anspruch auf Behandlung gegenüber einem diese rechtswidrig verweigernden Arzt durchzusetzen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2015 - 7 K 476.14 A -, juris).
Selbst für den Fall, dass man auf eine Behandlung in Serbien länger warten müsste als in Deutschland und deren Standard hinter dem hiesigen zurückbleibt, genügt dies nicht, um von einer konkreten, d.h. alsbald eintretenden und erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation auszugehen, vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Zur Überbrückung der Zeit bis zum Beginn der Behandlung in Serbien ist es zudem möglich, die ggf. in Deutschland erhaltenen Medikamente zu gebrauchen. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Schließlich könnte man eventuell benötigte Medikamente auch in Serbien erhalten. Die gesetzliche Pflichtversicherung umfasst auch die Versorgung mit den notwendigen Medikamenten. Zwar mag für die Klägerin eine medizinische Behandlung ihrer Beschwerden, insbesondere der psychischen Störungen, in Deutschland vorteilhaft sein; dies muss rechtlich aber hier dahinstehen.
Das Voranstehende gilt insgesamt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-).
Die tatsächlichen Erkenntnisse, auf die das Gericht seine Überzeugungsbildung stützt, werden insgesamt bestätigt durch den
„Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: November 2015)“
des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015, vgl. ausführlich Beschluss vom 1. Juni 2016 (7 B 1888/16, juris), und insbesondere den weiterhin aktuellen
„Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien
als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: September 2016)“
des Auswärtigen Amtes vom 1. November 2016, in dem es hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Wortlaut heißt:
1.6. Medizinische Versorgung
In Serbien gibt es eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung. Grundsätzlich ist eine Registrierung für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig (s. Ziff. IV.1.3.). Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Nachgewiesene Fälle der Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt.
Kostenfrei werden folgende Personengruppen – sofern sie registriert sind (s. Ziff. IV.1.3.) - behandelt (Serbische Verfügung über die Beteiligung von Versicherten an den Kosten des Krankenschutzes, Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 31. vom 31.05.2001, geändert am 17.12.2012, Amtsblatt Nr.119/12):
Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, bzw. bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres (bei Schülern und Studenten),
Frauen im Falle der Schwangerschaft, Entbindung, Mutterschaft (bis 12 Monate nach der Entbindung),
Personen über 65 Jahre,
gemeldete Arbeitslose, die Arbeitslosenhilfe beziehen, Sozialhilfeempfänger
Invalide
freiwillige Organ- und Gewebespender,
Blinde und andere Behinderte,
Angehörige der Volksgruppe Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. Aufenthalt in Serbien haben
Opfer von familiärer Gewalt oder Menschenhandel
Angehörige eines kirchlichen Ordens
Flüchtlinge und vertriebene Personen,
Für alle Patienten kostenfrei sind die Behandlung im Notfall sowie staatlich vorgeschriebene Impfungen. Kostenfrei behandelt werden, unabhängig vom Status des Patienten (d.h. nicht nur bei vorstehend beschriebenen Personengruppen), grundsätzlich folgende Krankheitsbilder:
Infektionskrankheiten (u.a. Aids), Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, endemische Nephropathie, progressive Nerven- und Muskelerkrankungen, zerebrale Paralyse, multiple Sklerose, zystische Fibrose und Hämophilie, außerdem anerkannte Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz.
Darüber hinaus sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle Patienten kostenlos.
„Obligatorische“ Impfungen sowie gezielte präventive Untersuchungen (staatliches „Screening“) sind ebenfalls kostenlos.
Der gesetzliche Krankenversicherungsschutz umfasst nach Art. 18 des serbischen Krankenversicherungsgesetzes:
medizinische Maßnahmen und Verfahren zur Gesundheitsförderung bzw. zur Vorbeugung, Bekämpfung und frühzeitigen Feststellung von Erkrankungen und sonstigen Störungen der Gesundheit;
ärztliche Untersuchungen und sonstige medizinische Hilfe zur Feststellung, Erhaltung und Prüfung des gesundheitlichen Zustandes (Prävention);
Behandlung von Erkrankten und Verletzten und sonstige medizinische Hilfe;
Vorbeugung und Heilung von Zahn- und Munderkrankungen;
medizinische Rehabilitation unter poliklinischen und stationären Bedingungen;
Medikamente, Hilfs- und Sanitätsmaterial;
Prothesen, orthopädische und sonstige Hilfsmittel, Zahnprothesen und zahnärztliches Material.
Für einige Behandlungen (z.B. Einsatz künstlicher Gelenke, Zahnersatz, Brillen und Hörgeräte) ist eine Eigenbeteiligung von bis zu 50 % vorgeschrieben.
In Belgrad und allen größeren Städten gibt es staatliche Krankenhäuser. Privatkrankenhäuser existieren nur in Belgrad. In staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen. Für Operationen gibt es oft Wartelisten, lebensbedrohliche Erkrankungen werden im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden.
Überlebensnotwendige Operationen
sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderdatenbank.
Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung):
Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher),
orthopädische Erkrankungen (auch krankengymnastische u.ä. Therapien),
psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung),
Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale),
Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen),
Epilepsie,
ein Großteil der Krebsformen,
Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc.
Dialyse (bei Verfügbarkeit eines Platzes).
Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind.“
Danach sind generell und bei grundsätzlicher Betrachtung die hier angegebenen Krankheiten, Störungen und Beschwerden, insbesondere psychischen Störungen, bei gedachter Rückkehr nach Serbien dort behandelbar und erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz. Daran hält das Gericht im und als Grundsatz fest. Dies gilt auch hier für die Klägerin.
Allerdings muss insoweit berücksichtigt werden, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz angesichts einer Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, insbesondere des konkreten Krankheitsbildes, der konkreten notwendigen medizinischen Behandlungen und deren individueller Verfügbarkeit im Herkunftsstaat zugänglich ist, die grundsätzlich nicht „abstrakt“ für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann (Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 11. August 2015 - 8 LA 145/15 -, V.n.b., m.w.N.).
Die insoweit gebotene Einzelfallbetrachtung führt hier aber zu keinem anderen Ergebnis, zumal die psychischen Störungen schon in Serbien bestanden (und offenbar auch sogar behandelt wurden, jedenfalls medikamentös). Zwar mag sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert haben. Auch dies verhilft der Klage indes nicht zum Erfolg.
Das Gericht macht sich hierfür zu Eigen, was schon das VG München in seinem Urteil vom 14. Juli 2011 - M 17 K 11.30185 -, juris, ausdrücklich wie folgt im Verfahren einer Roma mit paranoider Schizophrenie festgehalten hat:
„Das erkennende Gericht konnte sich aufgrund der vorliegenden ärztlichen Schreiben nicht davon überzeugen, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin alsbald nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat wesentlich verschlechtern würde. Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit zu kontinuierlicher Überwachung und Behandlung auch in Serbien besteht und das aktuelle Krankheitsbild der Antragstellerin dort - wenn auch nicht mit den in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Standard - hinreichend behandelbar ist. So ergibt sich aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010 S. 22 ff.), dass Belgrad und alle größeren Städte Serbiens mit allgemeinen Krankenhäusern ausgestattet sind, teilweise auch mit Spezialkliniken. Demzufolge gibt es nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien aufgrund der fehlenden Ausrüstung grundsätzlich nicht oder nur sehr schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es bestehe jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen. Es gebe Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten (vgl. a.a.O. S. 23).
Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung die gesetzliche Pflichtversicherung. Die Pflichtversicherung gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind ebenfalls versichert, zahlen jedoch keine Versicherungsbeiträge. Angehörige der Volksgruppe der Roma genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte, wie die serbische Mehrheitsbevölkerung (vgl. a.a.O. S. 22).
Im Falle der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass sie tatsächlich nicht in der Lage wäre, die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten in Serbien in Anspruch zu nehmen. Ist die Verschlimmerung der Krankheit eine Folge der Abschiebung, weil eine im Bundesgebiet gebotene Behandlung abgebrochen oder eine bestehende persönliche Betreuung beendet werden muss, kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis vorliegen, das von der Ausländerbehörde zu prüfen und festzustellen ist, nicht jedoch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot (BVerwG v. 29.10.2001, DVBl 2003,463). Vorliegend ist nicht dargetan, dass die Klägerin wegen fehlender Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung eine Betreuungsperson benötigt, die die medikamentöse und ärztliche Behandlung der Klägerin in Serbien überwacht. Vielmehr wird in dem Arztbericht vom … Januar 2011 abschließend festgestellt, die Klägerin sei zum Entlassungszeitpunkt formal geordnet, affektiv stabilisiert, nicht psychotisch und glaubhaft von Suizidalität distanziert gewesen. Dass ihr die Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung fehlt, und sie alsbald nach ihrer Rückkehr nach Serbien wegen fehlender Betreuung die Behandlungsmöglichkeiten nicht wahrnimmt, ist nicht dargetan und durch ärztliche Atteste belegt. Ob der Abbruch der derzeitigen ambulanten Behandlung zu einer Verschlimmerung ihrer Erkrankung führt, ist nicht im Asylverfahren und dem darauf bezogenen Gerichtsverfahren zu klären.“
So liegt der Fall hier.
Außerdem sind die ärztlichen Bescheinigungen insoweit, d.h. insbesondere zur Begründung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG, Satz 1 nicht hinreichend aussagekräftig.
Wird eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung (hier insbesondere hinsichtlich des Krankheitsbildes einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis <zuzüglich einer Abhängigkeit von Psychopharmaka>) geltend gemacht, ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attestes notwendig, das gewissen Mindestanforderungen genügt. Auch kann im Einzelfall eine nichtfachärztliche Stellungnahme genügen (VGH München, Beschl. v. 11.8.2016 – 20 ZB 16.30110), jedenfalls um Beweiserheblichkeit zu begründen (so schon die bisherige Handhabung in der Kammer). Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa zumindest Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird etwa das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (s. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, juris). So ist z.B. eine präzise und insbesondere glaubhafte Darlegung des angeblich traumatisierenden Ereignisses in substantiierter Form unerlässlich. Ein ärztliches Attest kann allerdings im Falle des Fehlens der Reisefähigkeit bei einer akuten paranoiden Schizophrenie mit stationärer Unterbringung im Falle unmittelbar bevorstehender Abschiebung nicht als unzureichend substantiiert abgelehnt werden, wenn die Kürze der Zeit keine ausführliche Stellungnahme erlaubt (so: BVerfG, Beschluss vom 20. Juli 2017, 2 BvR 1621/17, juris).
Gemessen daran genügen die Angaben der Klägerin und die ärztlichen Atteste insgesamt nicht, um dem maßgeblichen Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Zudem sind die aus dem Frühjahr 2017 stammenden ärztlichen Stellungnahmen insgesamt veraltet. Darauf aufmerksam gemacht und anheimgestellt, aussagekräftige Stellungnahmen vorzulegen (vgl. Verfügung vom 29. August 2017), hat sich die Klägerin verschwiegen; sie hat insbesondere innerhalb der Frist aus § 74 Abs. 2 AsylG nicht weiter vorgetragen.
Auch besteht selbst unter Berücksichtigung der ärztlichen Stellungnahmen keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Verschlimmerung.
Die Klägerin macht auch keine Gefahren geltend, die gerade im Zielstaat Serbien drohen, sondern die wahrscheinlich in der Abschiebung an sich begründet sind. Solche inlandsbezogenen Hindernisse könnten allenfalls beachtlich sein bei der gemäß § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ggfl. zu prüfenden Frage, ob dem Ausländer eine Duldung erteilt werden kann, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Insoweit begründen die geltend gemachten Umstände aber jedenfalls kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern - wie angeführt - allenfalls ein u.U. von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens in eigener Verantwortung zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, was sich wie folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt (Auszug aus dem Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39/12 -, juris, Rn. 4):
„In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich geklärt, dass bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränkt ist, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen (vgl. Urteil vom 21. September 1999 - BVerwG 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 <309 f.> m.w.N.). Nur insoweit kann das Bundesamt im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet werden sowie zur Ausnahme einer Bezeichnung der betroffenen Staaten in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten der Abschiebung. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen zählen beispielsweise fehlende Ausweise oder Ersatzpapiere, krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit, aber auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (Urteil vom 21. September 1999 a.a.O. S. 310 f.).“
Hier begründen die geltend gemachten psychischen Erkrankungen/Störungen kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, sondern könnten allenfalls von der Ausländerbehörde mit Blick auf eine etwaige Reiseunfähigkeit eventuell zu prüfen sein (vgl. ausführlich zur Differenzierung zwischen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG und bloß inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen <hier: eventuell eine Reiseunfähigkeit?>: Verwaltungsgericht Oldenburg, Beschluss vom 16. Februar 2017 - 7 B 983/17 - m.w.N., juris).
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.