Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 21.09.2017, Az.: 12 A 3046/15

Beihilfefläche; Betriebsprämie; Disteln; Günstigkeitsprinzip; landwirtschaftliche Nutzung; Wildpferde

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
21.09.2017
Aktenzeichen
12 A 3046/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53975
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1.Disteln, Brennnesseln und andere Unkräuter, die eine Fläche beherrschen und den Charakter dieser Fläche prägen, sind keine förderfähigen landwirtschaftlichen Flächen.
2. Die tatsächliche Beweidung der Flächen durch Wildpferde wie auch das einmalige Mulchen der Flächen reichen für die Annahme einer Beihilfefähigkeit der Flächen nicht aus.
3. Die Beweidung einer Fläche durch Wildpferde einer Naturschutzorganisation stellt keine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche dar.
4. Zur Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung der Betriebsprämie für das Wirtschaftsjahr 2014.

Er bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb in … im Nebenerwerb. Am 2. April 2014 stellte er bei der Beklagten den Sammelantrag Agrarförderung und Agrarumweltmaßnahmen 2014 und beantragte unter anderem die Auszahlung der Betriebsprämie 2014 unter Aktivierung der ihm zustehenden Zahlungsansprüche. In seinem Antrag gab er an, dass er 8 Kälber, 7 Rinder und 23 Mutterkühe halte. In seinem Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis führte er insgesamt 106,33 ha landwirtschaftliche Nutzflächen an. Alle Nutzflächen waren bis auf eine 3,19 ha große Fläche (Schlag Nummer 14 mit dem Kulturcode 480 „Streuobstfläche mit Grünlandnutzung“) mit dem Kulturcode 453 „Weiden und Almen“ gekennzeichnet. Zum Teil liegen die Flächen in einem FFH- Gebiet. Dem Kläger standen für das Jahr 2014 Zahlungsansprüche in entsprechender Höhe zur Aktivierung zur Verfügung.

Die Beklagte führte im Juli 2014 Betriebskontrollen auf dem Betrieb des Klägers durch. In dem hierzu gefertigten Vermerk vom 6. August 2014 heißt es:

„Bei den Flächenkontrollen vom 10. bis 25.07.2014 wurde festgestellt, dass ein Großteil der Flächen in einem sehr schlechten Pflegezustand ist. Ein Teil der Flächen wurde gemessen.

Bei den Schlägen 11, 12, 111, 268, 256,  20, 252, 261, 266, 263, 265 und 267 konnte keine klare Abgrenzung zwischen bewirtschafteter und nicht bewirtschafteter Fläche festgestellt werden, da die Flächen größtenteils mit Brennnesseln, Disteln und weiterem Unkraut bewachsen waren. (Siehe Fotos.)“

Im Einzelnen ist zum 1. Kontrolltermin am 10. Juli 2014 ausgeführt: Ein Großteil der Flächen sei in einem sehr schlechten Pflegezustand. Die Flächen seien stark verunkrautet und es habe zu diesem Zeitpunkt noch keine Nutzung stattgefunden. Eine Bemessung der Flächen sei zum Teil nicht möglich gewesen. Auf im Einzelnen genannten Schlägen finde eine Beweidung durch Wildpferde (Koniks) statt. Die Streuobstfläche werde mit Schafen beweidet. Der Kläger gab während des Kontrolltermins an, dass die Pferde dem Naturschutzzentrum … … e.V. und die Schafe einer Privatperson gehörten, mit denen er Beweidungsverträge geschlossen habe.

Die im Sammelantrag angegebenen Flächen wurden im Dezember 2014 erneut kontrolliert, nachdem der Kläger die Beweidungsverträge in schriftlicher Form vorgelegt hatte und beanstandete Flächen gemulcht worden waren.

In dem Vermerk vom 15. Dezember 2014 zu den Flächenprüfungen heißt es, dass die Flächengrößen aufgrund der Nachmessungen zum Teil wegen des seitlichen Einwuchses von Gehölz, nicht genutzten Bereichen und nicht angegebenen Landschaftselementen verringert worden seien. Die Schläge 11, 12, 15, 111, 256,  261, 267 und 268 seien insgesamt nicht förderfähig. Auf diesen Schlägen fände ausschließlich (bis auf einen Monat) eine Beweidung mit Pferden statt. Die Schläge 11, 111 und 15 seien zusätzlich mit Rindern einer Privatperson beweidet worden. Ende November 2014 seien die Schläge durch ein Lohnunternehmen gemulcht worden. Der Schlag 261 sei auch beim 2. Kontrolltermin stark zugewachsen und ausschließlich durch die Beweidung mit Pferden genutzt worden. Der Schlag 256 sei zum 1. Kontrolltermin ausschließlich mit Brennnesseln bewachsen gewesen, zum 2. Kontrolltermin planiert und neu eingesät worden. Im Antragsjahr 2014 habe dort keine Nutzung stattgefunden.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Auszahlung der Betriebsprämie 2014 ab. Zur Begründung führte sie im Einzelnen aus: Im Rahmen der Kontrollen sei eine Differenz zwischen der im Sammelantrag gemeldeten Flächengröße und der förderfähigen Größe von insgesamt 35,21 ha festgestellt worden. Dies betreffe zum einen Verringerungen von Flächengrößen und zum anderen gesamte Flächen. Förderfähig seien nur Flächen, die als Ackerland, Dauergrünland oder mit Dauerkulturen genutzt würden. Ein Teil der Flächen werde lediglich durch Beweiden durch Wildpferde des Naturschutzzentrums … … e.V. genutzt. Die Abweichung zwischen beantragter und ermittelter Fläche und betrage 48,10 %, sodass der Antrag insgesamt abgelehnt werde.

Der Kläger hat am 6. August 2015 Klage erhoben. Zur Begründung führte er aus: Es  handele sich bei den von der Beklagten beanstandeten Flächen um landwirtschaftliche Nutzflächen. Er habe die Flächen durch die Wildpferde des Vereins beweiden lassen, um sie in einem guten ökologischen Zustand zu halten, und habe sie im Jahre 2014 auch mulchen lassen und sie somit ordnungsgemäß bewirtschaftet. Ihm dürfe nicht vorgehalten werden, dass es sich um Dauergrünlandflächen handele. Wenn für Ackerflächen eine Betriebsprämie gezahlt werde, wenn diese einer Selbstbegrünung überlassen und nur einmal im Jahr gemulcht oder gemäht würden, müsse dies auch für Dauergrünlandflächen gelten. Aus der von ihm eingereichten Fotodokumentation ergebe sich, dass er durch die von ihm vorgenommene Bewirtschaftung der Flächen den Bereich, in denen Brennnesseln vorgefunden worden seien, nahezu vollständig zurückgedrängt habe. Außerdem liege die Fläche mit der Schlagnummer 256 in einem FFH-Gebiet, sodass sie bereits aus diesem Grund als landschaftliche Fläche anerkennungsfähig sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für das Jahr 2014 die von ihm beantragte Betriebsprämie entsprechend seinem Antrag abzüglich des bereits zuerkannten Betrages von 6.271,37 Euro zu gewähren und den nachzubewilligenden Betrag mit 0,5 % Zinsen pro Monat ab 6. August 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und tritt den Ausführungen des Klägers im Einzelnen entgegen. Die beanstandeten Flächen seien nicht förderfähig, da sie die Anforderungen an landwirtschaftliche Nutzflächen nicht erfüllten. Auch die Belegenheit einer Fläche in einem FFH-Gebiet löse ihre Beihilfefähigkeit nicht aus.

Im Klageverfahren teilte die Beklagte mit, dass sie wegen der Änderung des Sanktion-sumfanges durch die Verordnung (EU) 2016/1393 eine Nachbewilligung der Betriebs-prämie 2014 in Höhe von 6271,37 € vornehmen werde. Dies ergebe sich aus dem hier anzuwendenden Günstigkeitsprinzip, weil die Sanktionsregelungen mit der Verordnung (EU) 2016/1393 der Kommission vom 4. Mai 2016 geändert worden seien. Danach komme es bei einer Flächenabweichung von mehr als 3% oder mehr als 2 ha nicht mehr zur doppelten, sondern nur noch zu einer 1,5 - fachen Sanktion. Die Sanktionsstufen bei Abweichungen von mehr als 20% oder mehr als 50% seien entfallen.

Die Beteiligten haben im Hinblick auf diese Zusage den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren ein-zustellen.

Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2015 ist, soweit er weiterhin im Streit ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine über die Zusicherung hinausgehende weitergehende Bewilligung der Betriebsprämie 2014 (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Gewährung der Betriebsprämie 2014 wie auch die Kürzung der Bewilligung dieser Betriebsprämie sind die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009, der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 und der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 – jeweils mit späteren Ände-rungen. Die Umsetzung dieser Vorschriften auf nationaler Ebene ist durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG -) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) sowie durch die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV -) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204) - mit späteren Änderungen - erfolgt. Weitere Konkretisierungen auf nationaler Ebene enthält die Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoSV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194) - mit späteren Änderungen.

Gemäß Art. 33 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 73/2009 können Betriebsinhaber die Be-triebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie Zahlungsansprüche besitzen, die sie nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 oder im Rahmen der VO (EG) Nr. 73/2009 u.a. durch Übertragung oder aus der nationalen Reserve erhalten haben. Gemäß Art. 34 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 wird den Betriebsinhabern eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge. Dabei müssen die Hektarflächen gem. Art. 34 Abs. 2 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 73/2009 - außer im Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände - den Beihilfebedingungen jederzeit während des Kalenderjahres entsprechen.

Der Betriebsinhaber meldet nach Art. 35 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen.

Liegt gem. Art. 58 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen, ausge-nommen die Regelungen für Stärkekartoffeln und Saatgut gemäß Titel IV Kapitel 1 Abschnitte 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009, über der gemäß Art. 57 VO (EG) Nr. 1122/2009 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche sanktioniert.

Dem Kläger steht hiernach eine über die zugesicherte Nachbewilligung hinausgehende Bewilligung der Betriebsprämie 2014 nicht zu.

Der Kläger meldete in seinem Sammelantrag 2014 eine Gesamtfläche von 108,45 ha an. Die von der Beklagten ermittelte Fläche beträgt dagegen lediglich 73,20 ha. Von der angemeldeten Gesamtfläche sind zunächst die Flächengrößen in Abzug zu bringen, die sich aufgrund von Neuvermessungen, Verringerungen der Flächengrößen wegen der räumlichen Ausdehnungen von Gehölzstreifen, nicht genutzten Flächenteilen und nicht berücksichtigten Landschaftselementen ergeben. Diese Feststellungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid sind nicht zu beanstanden, sie werden vom Kläger auch nicht infrage gestellt.

Der Kläger wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung der gemeldeten Schläge 11, 12, 15, 111, 256,  261, 267 und 268. Auch insoweit ist der angefochtene Bescheid aber nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass diese Schläge nicht beihilfefähig sind.

Eine beihilfefähige Hektarfläche ist gemäß Art. 34 Abs. 2 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 73/2009 jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird oder hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, wenn sie auch für nichtlandwirtschaftliche Zwecke genutzt wird. Eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist nach Art. 2 Buchstabe c) VO (EG) Nr. 73/2009 die Erzeugung, die Zucht oder der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 6 dieser Verordnung. Gemäß Art. 2 Buchstabe h) dieser Verordnung ist landwirtschaftliche Fläche jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland oder mit Dauerkulturen genutzt wird. Die Begriffe „Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen“ werden in Art. 2 VO (EG) Nr. 1120/2009 bestimmt.

Nach Art. 2 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1120/2009 sind „Ackerland“ für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen genutzte Flächen oder gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhaltene Flächen, unabhängig davon, ob sich diese Flächen unter Gewächshäusern oder anderen festen oder beweglichen Abdeckungen befinden oder nicht. „Dauerkulturen” sind nach Buchstabe b) dieser Vorschrift nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb. Gemäß Buchstabe c) dieser Vorschrift sind „Dauergrünland” Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren, ausgenommen Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates, gemäß den Artikeln 22, 23 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates und gemäß Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates; zu diesem Zweck sind „Gras oder andere Grünfutterpflanzen” alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind (unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden). Die Beihilfefähigkeit der Fläche setzt also zum einen voraus, dass die Fläche objektiv beihilfefähig ist und dass sie entsprechend der Zuordnung landwirtschaftlich genutzt wird.

Die beantragten Beihilfeflächen müssen als weitere Voraussetzung dem Betriebsinhaber zum maßgeblichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, Art. 35 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 73/2009. Für den maßgeblichen Zeitpunkt war gemäß Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 (Vorläuferverordnung) aus Gründen der Praktikabilität ein Stichtag festzulegen. Demnach muss der Betriebsinhaber die Fläche nicht während des gesamten Kalenderjahres tatsächlich nutzen, sie muss ihm nur an einen bestimmten Stichtag zur Verfügung stehen (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - C 11/12 -, NVwZ 2013, 134 und juris; Nds. OVG, Urteil vom 20. Mai 2014 - 10 LB 94/13 -, RdL 214, 224). Die Bundesrepublik Deutschland hat diesen Stichtag nach § 3 Abs. 1 Betriebsprämiendurchführungsverordnung auf den 15. Mai des Jahres festgelegt, für das die Betriebsprämie beantragt wird. Die Fläche muss dem Landwirt demnach am 15. Mai 2014 zur Verfügung gestanden haben.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Landwirt befugt ist, die Fläche zum Zweck der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten, d.h. wenn er hinsichtlich dieser Fläche über eine hinreichende Selbstständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt.

Typischerweise verfügt ein Betriebsinhaber dann über eine Fläche, wenn er diese selbst bewirtschaftet. Nur in diesem Sinn ist die Formulierung im Urteil des Nds. OVG vom 20. Mai 2014 (a.a.O.) zu verstehen, dass der Betriebsinhaber „die streitigen Flächen genau an diesem Stichtag tatsächlich landwirtschaftlich genutzt haben muss“. Eine tatsächliche Selbstbewirtschaftung im Sinne einer Bearbeitung der Fläche oder auch nur Anwesenheit auf der Fläche an genau diesem Stichtag ist damit aber nicht gemeint. Die gesetzliche Regelung des Art. 35 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 verlangt auch nur ein „Zurverfügungstehen“. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber an dem Stichtag das wirtschaftliche Risiko für die Antragsflächen trägt, so dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen für ihn erfolgt und keinem anderen Landwirt oder Dritten zugerechnet wird. Dabei kommt es auf die rechtliche Grundlage für die Nutzung nicht an. Art. 35 VO (EG) Nr. 73/2009 wie auch andere Regelungen dieser Verordnung verlangen keine bestimmte Form der rechtlichen Beziehung des Betriebsinhabers zu den Flächen. Er kann Eigentümer, Pächter oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigt sein. Diese Nutzungsmöglichkeit darf nur nicht durch anderweitige rechtliche Regelungen soweit eingeschränkt sein, dass der Betriebsinhaber die Flächen nicht mehr (für seinen Betrieb) landwirtschaftlich nutzen kann. Die Fläche darf nicht dem Betrieb eines anderen Landwirts zugeordnet werden können. Dies ist etwa der Fall, wenn dieser Landwirt die Fläche an dem Stichtag für seinen Betrieb nutzt und sie dann als Teil seines Betriebes ansieht. Demnach muss die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche „im Namen und für Rechnung des Betriebsinhabers“ erfolgen (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-61/09 -, EuZW 2011, 58 [EuGH 14.10.2010 - Rs. C-61/09] und juris). Die Parteien können das der Nutzung der betreffenden Fläche zugrunde liegende Rechtsverhältnis somit frei gestalten und auch eine unentgeltliche Überlassung der Fläche vereinbaren (Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 2016 - 10 ME 35/16 -, juris). Bei der Nutzung einer Grünlandfläche ist bei mehreren Nutzern einzelfallbezogen danach zu fragen, wer auf eigenes Risiko und selbstständig die Fläche überhaupt bzw. überwiegend gesät, sonst gepflegt und „geerntet“ hat (Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 2016, a.a.O.).

Die Beihilfefähigkeit von Flächen für einen Betrieb setzt also kumulativ voraus, dass der anspruchsberechtigte Betriebsinhaber rechtlich über die Beihilfefläche am Stichtag 15. Mai verfügte und dass er darauf hinreichend selbständig eine von ihm geltend gemachte landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat (Nds. OVG, Urteil vom 29. September 2015 - 10 LB 2/15 -, Veröffentlichung nicht bekannt, m.w.N.; vgl. zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in Art. 44 Abs. 1 der Verordnung Nr.1782/2003: EuGH, Urteil vom 9. Juni 2016 -C -333/15, C-334/15 -, juris).

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den beanstandeten Flächen nicht um beihilfefähige Flächen des Klägers.

Der Kläger hat für die beanstandeten Flächen jeweils den Kulturcode 453 „Weiden und Almen“ angegeben. Hierbei handelt es sich nach den angeführten Begriffsbestimmungen allenfalls um Dauergrünlandflächen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für Ackerflächen und Dauerkulturen offenkundig nicht vorliegen. Als Dauergrünlandflächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen grünen Futterpflanzen genutzt werden und mindestens 5 Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes gewesen sind, können die beanstandeten Schläge aber ebenfalls nicht angesehen werden. Als Gras oder andere grüne Futterpflanzen im Sinne des Art. 2 Buchstabe c) VO (EG) Nr. 1120/2009  gelten nur solche Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind. Die Pflanzen des Grünlandes umfassen die drei Hauptgruppen Futtergräser, Kleearten (und andere Leguminosen) sowie Kräuter (vgl.

Nds.OVG, Beschluss vom 13. August 2012 – 10 LA 93/11 –, Rn. 7, juris). Disteln und Brennnesseln oder gar Brombeersträucher sind zwar auch Grünpflanzen, selbst wenn sie nicht typischerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen sind. Sie können in natürlichem Grünland vorkommen, sodass das vereinzelte Vorkommen dieser Pflanzen der Einordnung einer Fläche als Dauergrünland nicht entgegensteht. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn diese Pflanzen den Charakter der Fläche prägen, weil sie die Fläche beherrschen. Sie sind dann nicht mehr nur ein Teil des durch Gräser geprägten Grünlandes als Wiese oder Weide. Disteln, Brennnesseln und andere Unkräuter, die eine Fläche beherrschen und den Charakter dieser Fläche prägen, sind keine förderfähigen landwirtschaftlichen Flächen. Nach den Feststellungen bei den Betriebskontrollen auf dem Betrieb des Klägers im Juli 2014 wurde nicht nur festgestellt, dass ein Großteil der Flächen in einem sehr schlechten Pflegezustand war. Bei den Schlägen 11, 12, 111, 268, 256,  20, 252, 261, 266, 263, 265 und 267 konnte eine klare Abgrenzung zwischen bewirtschafteter und nicht bewirtschafteter Fläche nicht festgestellt werden, da die Flächen größtenteils mit Brennnesseln, Disteln und weiterem Unkraut bewachsen waren. Die Flächen waren so stark verunkrautet, dass eine abgrenzbare landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr festgestellt werden konnte.

Der Kläger führt im Klageverfahren an, dass er die Flächen durch Wildpferde beweiden lasse, um die Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu halten. Deshalb habe er die Flächen auch mulchen lassen. Die von ihm eingereichten Fotografien belegten, dass die Bereiche, in denen Brennnesseln vorgefunden worden seien, nahezu vollständig zurückgedrängt worden seien. Dies sei ohne den Einsatz von Herbiziden erfolgt und nur auf die besondere Form der Bewirtschaftung zurückzuführen.

Dass die Flächen tatsächlich als Weideland für Wildpferde genutzt werden, ist nach der ausdrücklichen Begriffsbestimmung in Art. 2 Buchstabe c) VO (EG) Nr. 1120/2009 („unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden“) nicht entscheidungserheblich. In gleicher Weise genügt auch für die Annahme der Beihilfefähigkeit einer Fläche nicht, dass die Fläche einmal im Jahr gemulcht wurde. Der Kläger bezieht sich dabei auf die Regelung in § 2 Abs. 1 der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung vom 3. November 2014 zu der Begriffsbestimmung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in Art. 4 Abs. 1 Buchstabe c Unterbuchstabe ii oder iii der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013. Danach liegt eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieses Artikels auf einer landwirtschaftlichen Fläche, die während des gesamten Jahres, für das ein Antrag auf Direktzahlung gestellt wird, nicht für eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe c Unterbuchstabe i der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 genutzt wird, vor, wenn der Betriebsinhaber einmal während des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt. Abgesehen davon, dass diese Regelungen für das Prämienjahr 2014 noch keine Anwendung finden, liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Es reicht gerade nicht aus, dass auf irgendeiner Fläche eine als landwirtschaftliche Tätigkeit definierte Handlung vorgenommen wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass sich die Handlung auf eine landwirtschaftliche Fläche, somit auf Ackerland, Dauergrünland oder auf eine mit Dauerkulturen genutzte Fläche bezieht.

Das gilt auch für die Behauptung des Klägers, er habe die Fläche in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gehalten. Nach  Art. 2 Buchstabe c) in Verbindung mit Art. 6 der hier für das Betriebsjahr 2014 noch anwendbaren VO (EG) Nr. 73/2009 liegt eine landwirtschaftliche Tätigkeit vor, wenn die Fläche in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gehalten wird. Allein eine solche Tätigkeit reicht aber für die Annahme einer Beihilfefähigkeit nicht aus. Neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit muss die Fläche selbst die tatbestandlichen Voraussetzungen einer zu fördernden Fläche genügen. Der Kläger hätte die Fläche für eine Nutzung als Grünland nicht sich selbst überlassen dürfen, sondern sie aktiv bewirtschaften d. h. düngen, mähen, gfl. spritzen müssen, um eine nutzbares Gras verdrängende Verunkrautung zu verhindern. Eine von den Unkräutern beherrschte Fläche kann nicht mehr als Dauergrünlandfläche angesehen werden.

Für eine Einstufung als Dauergrünland ist ebenfalls unschädlich, dass die Fläche gleichzeitig auch und ggf. sogar überwiegend anderen Zwecken - etwa der Landschaftspflege oder dem Naturschutz - dient (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-61/09 - juris; BVerwG, Beschluss vom 26. November 2012 – 3 B 17/12 –, juris; Nds.OVG, Beschluss vom 13. August 2012, 10 LA 93/11, juris, Rn. 15, 16). Diese Nutzungskonkurrenz ist durch Art. 34 Abs. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 mit dem durch Art. 9 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 1120/2009 konkretisierten Vorrang der hauptsächlichen Nutzung klargestellt worden. Eine beihilfefähige Fläche ist danach nicht schon dann gegeben, wenn die betreffende Fläche dem Naturschutz und der Landschaftspflege dient. Entscheidend ist vielmehr, dass die betreffende Fläche weiterhin eine landwirtschaftliche Ackerland- oder Dauergrünlandfläche ist und eine entsprechende landwirtschaftliche Nutzung vorliegt. Maßgebend für die Bewertung der Beihilfefähigkeit der Fläche ist also weiterhin der Dauergrünlandbegriff gemäß Art. 2 Buchstabe c der VO (EG) 1120/2009.

Das gilt auch für den Hinweis des Klägers, eine Fläche liege in einem FFH-Gebiet, sodass sie bereits aus diesem Grund als landschaftliche Fläche anerkennungsfähig sei. Auch insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass allein die Belegenheit einer Fläche in einem FFH-Gebiet ihre Beihilfefähigkeit nicht auslöst.

Die Nutzung der Flächen durch Dritte belegt zudem, dass auch die weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit nicht vorliegt.

Der Kläger war bzw. ist zwar Eigentümer bzw. Pächter der beanstandeten Flächen und war demnach befugt, diese im Prämienjahr 2014 zu nutzen. Eine tatsächliche Nutzung durch den Kläger selbst konnte allerdings nicht festgestellt werden. Er nutzte die Flächen weder am maßgeblichen Stichtag noch in der Folgezeit. Nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vereinbarungen vom 28. Juli 2014 vereinbarte der Kläger mit dem Naturschutzbund Dümmer eine Mitbeweidung der Schläge 261, 267 und 268 durch Wildpferde. Der Beginn des Weideauftriebs sollte nicht vor dem 20. Juni 2014 erfolgen. Die Nutzung und Beweidung erfolgte nicht im Namen und für Rechnung des Klägers. Auch das Mulchen der Fläche durch ein Lohnunternehmen Ende November 2014 erfolgte nicht für den klägerischen Betrieb. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Tätigkeiten daraufhin wesentlich bestimmt hat, welche Nutzung ausgeübt werden durfte und das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeiten trug. Er war weder am Ertrag der Tätigkeit interessiert, noch trug er das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeiten.

Eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche durch Dritte während des Betriebsjahres schließt zwar die Beihilfefähigkeit nicht aus. Gem. Art. 34 Abs. 2 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 73/2009 müssen - außer im Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände - die Hektarflächen den Beihilfebedingungen aber jederzeit während des Kalenderjahres entsprechen. Voraussetzung ist also, dass überhaupt eine landwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Dies setzt nicht voraus, dass das Gras und die anderen Grünfutterpflanzen, zu deren Anbau die Flächen dienen müssen, unmittelbar für die Viehzucht des landwirtschaftlichen Betriebes verwendet werden (EuGH, Urteil vom 9. Juli 2016, -C -333/15, C-334/15 -, juris). Hinsichtlich der von Wildpferden beweideten Flächen liegt aber schon keine landwirtschaftliche Nutzung vor. Es handelt sich bei den Wildpferden um Tiere des Naturschutz-Zentrums … … e.V. Hierbei handelt es sich um eine Naturschutzorganisation, deren Zweck es u. a. ist, Lebensgrundlagen für eine artenreiche Tier-und Pflanzenwelt zu erhalten, zu schaffen und zu verbessern. Die Organisation verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, überparteiliche und überkonfessionelle Zwecke (www.naturschutz-zentrum-...-....de). Eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des Art. 34 Abs. 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 73/2009 liegt damit nicht vor.

Finden auf einer Fläche keine landwirtschaftlichen Nutzungen statt, sind diese Teilflächen von den im Übrigen landwirtschaftlich genutzten Flächen abzuziehen, wenn nicht diese besonderen Flächen durch Sonderbestimmungen zum Bestandteil der beihilfefähigen Fläche erklärt werden. Dies gilt nach Art. 9 Verordnung (EG) Nummer 640/2014 unter anderem für Hecken, Gräben oder Mauern, geschützte Landschaftselemente oder Bäume bis zu einer bestimmten Besatzdichte. Anerkannt ist, dass etwa Ödland, Gräben, bauliche Anlagen, Maststandorte, aber auch Wege grundsätzlich nicht zu den beihilfefähigen Fläche gehören (Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2017 - 10 LB 81/16 -; BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2016 - 3 B 59/15 - und Beschluss vom 22. August 2016 - 3 B 36/16 -, jeweils juris).

Gemäß Art. 57 ff der VO (EG) Nr. 1122/2009 werden die Beihilfebeträge gekürzt, wenn Flächen größeren Umfanges oder mehr Flächen beantragt als ermittelt werden. Dabei wird gemäß Art. 57 Abs. 2 der genannten Verordnung bei Überbeantragung zunächst auf die Anzahl der dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche zurückgegriffen. Gem. Art. 57 Abs. 3, 1.Uabs. der genannten Verordnung ist sodann maßgebliche Grundlage für die Berechnung der Betriebsprämie die ermittelte (Gesamt-)Fläche; d.h. die Fläche bzw. die Flächen, die allen in den Vorschriften für die Beihilfe-gewährung festgelegten Voraussetzungen genügen, Art. 2 Nr. 23 VO (EG) Nr. 1122/2009. Die in Art. 58 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 vorgesehene Sanktionierung, wonach für eine Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt wird, wenn bei dieser Kulturgruppe die Differenz zwischen der angemeldeten Fläche und der ermittelten Fläche über 20 % der ermittelten Fläche liegt, ist hier nach dem von der Beklagten auch im gerichtlichen Verfahren angesprochenen Günstigkeitsprinzips nicht mehr anzuwenden. Nach Art. 19a Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1393 vom 4. Mai 2016 (ABl. EU L 225 S. 41) wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5-fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt. Diese Regelung ist als die gegenüber der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Regelung des Art. 58 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1122/2009, die eine Kürzung um das Doppelte der festgestellten Differenz vorsah, weniger strenge Bestimmung unter Berücksichtigung des Günstigkeitsprinzips (Art. 2 Abs. 2 Verordnung <EG> Nr. 2988/95) zugunsten des Klägers rückwirkend anzuwenden.

Damit steht dem Kläger für die festgestellte Fläche von 23,20 ha und der 1,5- fach zu berücksichtigenden Differenz von 35,25 ha ein über den zugestandenen Betrag von 6271,37 € hinausgehender Betrag nicht zu. Der Berechnung liegen folgende Angaben zu Grunde: Von der Antragsfläche von 108,45 ha wurden 73,20 ha ermittelt. Das 1,5 - fache der Abweichung (35,25 × 1,5 = 52,875) führt zu der zu berücksichtigenden Restfläche von 20,32 ha. Bei einem Durchschnittswert der Prämie von 304,10 € pro Hektar ergibt sich ein Wert von 6179,31 €, der um den Wert der Haushaltsdisziplin (1,302214 %) zu reduzieren und um 2,7920 % zu erstatten ist, somit 6271,37 €. Demnach ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, das dem Kläger für die beanstandeten Flächen nur die bereits zugestandene Betriebsprämie zusteht. Sie hat die beanstandeten Flächen zu Recht als nicht ermittelte bzw. festgestellte Flächen betrachtet. Auch die Berechnung selbst stellt der Kläger nicht infrage.

Eine Ausnahme von der weiterhin anzuwendenden Sanktion gemäß Art. 58 Unterabsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist hier nicht zu machen. Nach Art. 73 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 finden die vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse zwar keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Beide Fälle liegen hier aber nicht vor.