Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.10.2005, Az.: 8 LA 141/05

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.10.2005
Aktenzeichen
8 LA 141/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 44004
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2005:1010.8LA141.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - AZ: 5 A 1819/03

Gründe

1

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO sind schon nicht hinreichend im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden, im Übrigen aber auch nicht gegeben.

2

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehre, ihn zur mündlichen Prüfung in der Physiotherapie "zuzulassen", und hat die so verstandene Klage aus drei das Urteil selbständig tragenden Gründen abgewiesen.

3

Der Kläger hätte seinen Anspruch auf Ablegung der noch fehlenden Prüfungsleistungen schon nicht mehr gegenüber der Bezirksregierung C., in deren Zuständigkeit er mit der Prüfung begonnen hatte und bei der er die Prüfung fortführen wollte, sondern gegenüber der Bezirksregierung D. als nunmehr zuständiger Prüfungsbehörde geltend machen müssen. Dies ergebe sich aus dem Bescheid der Bezirksregierung C. vom 18. März 1997. Darin sei dem Kläger nach einer vergleichsweisen Verständigung aufgegeben worden, den mündlichen Teil der Prüfung für das Fach "Spezielle Krankheitslehre" noch als Bestandteil der Erstprüfung nachzuholen und für das Fach "Physiologie" zu wiederholen. Zusätzlich habe die Bezirksregierung C. dem Kläger wunschgemäß gestattet, sich bei einer von ihm namentlich benannten Schule in Meppen anzumelden und gleichzeitig bei der Bezirksregierung D. einen Antrag auf "Zulassung zur Wiederholungsprüfung zu stellen". Damit sei für die Abnahme dieser Prüfungsteile die Zuständigkeit der Bezirksregierung D. begründet worden.

4

Aus der vorgesehenen Anmeldung an der vom Kläger gewählten Schule in Meppen hat das Verwaltungsgericht weiterhin entnommen, dass der Kläger vor einer erneuten Zulassung zur bzw. Fortsetzung der Prüfung an einer weiteren schulischen Ausbildung habe teilnehmen müssen. Dass er dies unterlassen habe, stehe dem geltend gemachten Anspruch auf Zulassung zur bzw. Fortsetzung der Prüfung zusätzlich entgegen.

5

Schließlich sei ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Fortsetzung der Prüfung auch durch Zeitablauf erloschen. Dies folge aus allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätzen. Es hätte danach ihm oblägen, sich entsprechend den angeführten Vorgaben der Bezirksregierung C. bei der gewünschten Schule anzumelden und bei der Bezirksregierung D. einen Antrag auf Zulassung zur bzw. Fortsetzung der Prüfung zu stellen. Tatsächlich habe er sich jedoch nicht zeitnah um die Fortsetzung der Prüfung bemüht, sondern sei erst im Oktober 2002 auf die Angelegenheit zurückgekommen und habe gegenüber der Bezirksregierung C. um Prüfung der Voraussetzungen "für eine Zulassung zum Physiotherapeuten" gebeten. Zu diesem Zeitpunkt sei sein Anspruch auf Fortsetzung der Prüfung aber bereits durch Zeitablauf erloschen gewesen.

6

Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung somit auf die drei angeführten, selbständig tragenden Gründe gestützt, so sind Zulassungsgründe wegen eines jeden dieser drei die Entscheidung tragenden Gründe darzulegen (vgl. Happ, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, Kommentar, § 124 a Rn. 24, Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 124 Rn. 25 und § 124 a Rn. 95, m. w. N.). Der Kläger hat sich in seinem Zulassungsantrag aber nur mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Zuständigkeit der Bezirksregierung C. sowie zur Beendigung eines Prüfungsverfahrens durch Zeitablauf auseinandergesetzt. Darlegungen zu dem vom Verwaltungsgericht für die "Zulassung zur" Prüfung zusätzlich für notwendig erachteten Schulbesuch fehlen. Der Zulassungsantrag entspricht daher nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und kann schon deshalb keinen Erfolg haben.

7

Im Übrigen bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil das angefochtene Urteil im Ergebnis - worauf abzustellen ist (vgl. BVerwG, Beschl.. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838 f.) - zutreffend ist. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger sinngemäß keinen Anspruch auf erneute Zulassung zur Prüfung gemäß § 4 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten (PhysTh-APrV) vom 6. Dezember 1994 (BGBl. I. S. 3786) geltend macht, sondern einen Anspruch auf Fortsetzung der begonnenen, seiner Ansicht nach aber noch nicht abgeschlossenen Prüfung als Physiotherapeut. Er war bereits im Juni 1995 zur Erstprüfung und im Januar 1996 zur Wiederholungsprüfung zugelassen worden. Beide Prüfungen waren nach dem Bescheid der Bezirksregierung C. vom 18. März 1997 nicht beendet. Vielmehr sollte danach die laufende Prüfung z.T. als Erst- und im Übrigen als Wiederholungsprüfung fortgeführt werden. Um die Fortsetzung dieser Prüfung geht es dem Kläger. Er beruft sich selbst darauf, sich z.T. sogar noch im Erstprüfungsverfahren zu befinden. Einer somit ohnehin überflüssigen, erneuten Zulassung des Klägers zur Physiotherapeutenprüfung steht zudem entgegen, dass eine zweite Wiederholung dieser Prüfung nach § 7 Abs. 3 PhysTh-APrV unzulässig ist. Der Kläger könnte daher nur dann nochmals zur Prüfung zugelassen werden, wenn die zuvor begonnene Wiederholungsprüfung als nicht unternommen gilt. Das macht er aber selbst nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Dass ihm der stattdessen sinngemäß geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung des begonnenen, aber nicht durch einen Bescheid beendeten Prüfungsverfahrens nicht mehr zusteht, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden.

8

Die Prüfung, die nach dem Bescheid der Bezirksregierung C. vom 18. März 1997 z.T. als Erst- und im Übrigen als Wiederholungsprüfung fortzuführen war, gilt nämlich gemäß § 9 PhysTh-APrV als nicht bestanden und ist damit beendet. § 9 PhysTh-APrV bestimmt:

9

" (1) Versäumt ein Prüfling einen Prüfungstermin oder gibt er eine Aufsichtsarbeit nicht oder nicht rechtzeitig ab oder unterbricht er die Prüfung, so gilt die Prüfung als nicht bestanden, wenn nicht ein wichtiger Grund vorliegt; § 7 Abs. 3 gilt entsprechend. Liegt ein wichtiger Grund vor, so gilt die Prüfung als nicht unternommen.

10

(2) Die Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund vorliegt, trifft der Vorsitzende des Prüfungsausschusses. § 8 Abs. 1 Satz 1 und 4 gilt entsprechend."

11

Vorliegend hat der Kläger seine Prüfung i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 PhysTh-APrV dadurch unterbrochen, dass er sich nach Erlass des Bescheides der Bezirksregierung C. vom März 1997 bis zum Oktober 2002 nicht um die Fortsetzung seines noch laufenden Prüfungsverfahrens gekümmert hat. Da das "Unterbrechen" der Prüfung in § 9 Abs. 1 PhysTh-APrV ausdrücklich neben dem Versäumen eines Prüfungstermins oder der Frist zur Abgabe einer Aufsichtsarbeit genannt wird, setzt ein "Unterbrechen" nur die Untätigkeit des Prüflings, d.h. seine fehlende Mitwirkung an der Fortführung des Prüfungsverfahrens voraus. Nicht erforderlich ist hingegen, dass dem Prüfling zuvor vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 PhysTh-APrV ausdrücklich ein Termin oder eine Frist zur Fortsetzung der Prüfung gesetzt worden ist. Ab welcher Zeitspanne der Untätigkeit eines Prüflings ein "Unterbrechen" vorliegt, kann hier dahin stehen. Denn der Kläger hat sich nach Erlass des Bescheides der Bezirksregierung C. im März 1997 über 5 1/2 Jahre nicht um die Fortsetzung seiner Prüfung bemüht. Erst im Oktober 2002 hat er sich wieder im Prüfungsverfahren gemeldet. Diese 5 1/2 Jahre stellen allemal ein "Unterbrechen" der Prüfung dar.

12

Die Voraussetzungen, unter denen eine unterbrochene Prüfung nicht als "nicht bestanden", sondern ausnahmsweise als "nicht unternommen" gilt, liegen nicht vor. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 PhysTh-APrV hätte der Kläger dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses dazu unverzüglich schriftlich einen wichtigen Grund für die Unterbrechung der Prüfung benennen müssen. Dies hat der Kläger nicht getan, obwohl er mit der Zulassung zur Prüfung auf § 9 PhysTh-APrV "besonders hingewiesen" worden ist. Außerdem ist ein solcher Grund auch nicht ersichtlich. Die vom Kläger angeführte berufliche Tätigkeit als Masseur und medizinischer Bademeister rechtfertigt die jahrelange Unterbrechung nicht. Denn dieser beruflichen Belastung ist bereits durch die besonderen Prüfungsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PhysTh-APrV Rechnung getragen worden. Dem Kläger steht daher der sinngemäß geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens nicht zu. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen somit nicht.

13

Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der Kläger beruft sich dazu auf besondere Schwierigkeiten bei der Auslegung des Bescheides der Bezirksregierung C. vom 18. März 1997. Hierauf kommt es aber für die Entscheidung nicht an, da dem Anspruch des Klägers auf Fortführung des Prüfungsverfahrens bereits § 9 PhysTh-APrV entgegensteht. Diese Feststellung kann ohne besondere Auslegungsprobleme getroffen werden.

14

Deshalb ist auch die vom Kläger aufgeworfene allgemeine Frage, wann ein Prüfling das Recht, einen noch fehlenden Prüfungsbestandteil bzw. eine Wiederholungsprüfung zu absolvieren, durch Zeitablauf verliert, nicht entscheidungserheblich und vermittelt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.