Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 04.12.2012, Az.: 12 C 4164/12
Festsetzung der Aufnahmekapazität durch § 72 Abs. 15 NHG hinsichtlich der Zulassung zum Studium der Humanmedizin; Kapazitätsberechnung nach der KapVO trotz legislativer Festsetzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 04.12.2012
- Aktenzeichen
- 12 C 4164/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 39743
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2012:1204.12C4164.12.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Zur Festsetzung der Aufnahmekapazität durch § 27 Abs. 15 NHG.
- 2.
Trotz legislativer Festsetzung richtet sich die Kapazitätsberechnung nach der KapVO.
Gründe
Die Antragstellerinnen und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege der einstweiligen Anordnung ihre vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der ... Universität O. (Antragsgegnerin) zum Wintersemester 2012/2013.
Aufgrund der Zulassung durch Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (MWK) vom 26. Januar 2012 ist der Modellstudiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin zum Wintersemester 2012/2013 eingerichtet. Nach dem Bescheid ist der Modellstudiengang für die Jahre 2012 bis 2021 zugelassen. Im Zulassungsbescheid ist ausgeführt, dass der Modellstudiengang vom Regelstudiengang insbesondere wegen der grenzüberschreitenden Kooperation mit der ... (Universität G.), der Verknüpfung von vorklinischen und klinischen Studieninhalten, der modularisierten und fachübergreifenden Ausbildung und durch das Entfallen der Ärztlichen Vorprüfung abweiche. Die neunjährige Laufzeit des Studiums ergebe sich aus der von der Antragsgegnerin erlassenen Studienordnung (Entwurfsfassung vom 16. Dezember 2011). Das von der Antragsgegnerin vorgestellte Konzept des Modellstudiengangs entspreche den sich aus der Ärzteapprobationsordnung - ÄApprO -, insbesondere § 41 ÄApprO, ergebenden Anforderungen an einen medizinischen Modellstudiengang.
Das Präsidium der Antragsgegnerin schlug auf seiner Sitzung vom 28. Februar 2012 die Zulassungszahl 40 für den Studiengang Humanmedizin für das Studienjahr 2012/2013 vor. Von dem Erfordernis einer auf der Basis der Kapazitätsverordnung normativ berechneten Aufnahmekapazität werde wegen des Erprobungscharakters des neuen Studienganges abgewichen. In der Begründung zum Vorschlag der Festsetzung der Zulassungszahl heißt es:
"Zum jetzigen Zeitpunkt kommen die Berichterstatterinnen und der Berichterstatter auf Grundlage der erläuterten evidenten Engpässe für die Aufnahmekapazität zu dem Schluss, dass die Aufnahme von 40 Studienanfängerinnen und -anfängern für die beteiligten Kooperationspartner G. und O. sowie für die beteiligten Abteilungen in den Krankenhäusern unter Ausnutzung aller verfügbaren Kapazitäten gerade zu verkraften ist.
Auf Grundlage der vertraglich mit der Partneruniversität G. im "Cooperation Agreement" vereinbarten Studierendenanzahl für den Austausch von jährlich maximal 40 Studierenden sowie der von der Kooperationsuniversität durchgeführten Lehre in den Kursen und Praktika der Anatomie für maximal 40 Studierende wird keine Möglichkeit gesehen, mehr als 40 Studienanfängerinnen und -anfänger aufzunehmen, ohne dass damit eine Gefährdung des internationalen innovativen gemeinsamen Projektes verbunden wäre.
Auch die Möglichkeiten der Krankenhäuser, sich auf die universitäre Lehre und Forschung einzustellen und die neuen Anforderungen mit der Krankenversorgung abzustimmen, müssen sukzessive aufgebaut werden.
Nach Einschätzung der Berichterstatterinnen und des Berichterstatters sind die Kapazitäten aufgrund der zusätzlichen Aufgaben in der Organisation, in der Hochschuldidaktik und im Aufbau der Kooperationsbeziehungen in den ersten Jahren mit den ausgewiesenen 40 Studierenden ausgelastet. Unter Inanspruchnahme der in §§ 1 und 20 KapVO getroffenen Regelungen für die Erprobung von Studiengängen und den Aus- und Aufbau der erforderlichen Infrastrukturen wird eine solche Festsetzung auch für den Fall befürwortet, dass Kapazitäten temporär nicht vollständig ausgelastet bleiben könnten, weil der Studiengang nur so qualitätsgesichert aufgebaut werden kann." (Anlage 5 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 5. Oktober 2012, S. 8).
Eine Rechtsgrundlage für die nach der Konzeption des Modellstudiengangs erforderliche Kooperation der medizinischen Fakultät an der Antragsgegnerin mit einbezogenen Krankenhäusern und insbesondere der Universität G. wurde durch die Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 20. Juni 2012 - NHG - (Nds. GVBl. S. 186 f) geschaffen. Nach § 72 Abs. 15 dieses Gesetzes wird die jährliche Zulassungszahl für den Studiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin ab dem Wintersemester 2012/2013 auf 40 festgesetzt, die Evaluation von Forschung und Lehre der medizinischen Fakultät soll zum 1. Oktober 2019 erfolgen. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es:
"Die gesetzliche Festlegung der jährlichen Zulassungszahl im Studiengang Humanmedizin auf 40 in dem neuen Absatz 15 Satz 1 beruht auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Hochschule in dem Antrag auf Zulassung des Modellstudiengangs. Hierdurch wird den begrenzten Möglichkeiten der Universität O., der kooperierenden Krankenhäuser und der Universität G. Rechnung getragen, wie sie im Konzept für die EMS zugrunde gelegt sind, dem der Wissenschaftsrat grundsätzlich zugestimmt hat. Insbesondere auf eine weitergehende Bereitstellung von Kapazitäten für patientenbezogene Forschung und Lehre in den kooperierenden Krankenhäusern sowie an der Universität G. hat das Land keinen Einfluss.
Die in Absatz 15 Sätze 2 und 3 vorgesehene Evaluierung dient der Umsetzung der Empfehlung des Wissenschaftsrats, der für die EMS eine Erprobungsphase vorgeschlagen hat. Unter Berücksichtigung der regelmäßigen Dauer des mit dem Staatsexamen abschließenden Medizinstudiengangs, der eine Regelstudienzeit von 12 Semestern vorsieht, soll die Evaluation zum 1. Oktober 2019 erfolgen, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem die ersten Studierenden ihr Medizinstudium an der Universität Oldenburg abgeschlossen haben. Im Zusammenhang mit der Evaluation soll auf der Basis des Lehrangebots aus Stellen, der Patientenverfügbarkeit in den kooperierenden Krankenhäusern und den Möglichkeiten des Kooperationspartners Universität G. ein Kapazitätsberechnungsmodell etabliert werden." (LT-Drucksache 16/4680, S. 9 bis 10).
Das MWK hat die Zahl der bei der Antragsgegnerin im Studiengang Humanmedizin zu vergebenden Studienplätze in der Zulassungszahlenverordnung 2012/2013 vom 8. Juli 2012 - ZZ-VO - (Nds. GVBl., S. 221 f) auf 40 Studienplätze festgesetzt.
Die Antragsteller begehren ihre Zulassung zum Medizinstudiengang außerhalb der durch die festgesetzte Zulassungszahl bestimmten Ausbildungskapazität. Zum Teil beschränken sie den verfolgten Anordnungsanspruch auf eine (Teil-)Zulassung zum Studium im vorklinischen Ausbildungsabschnitt. Zum Teil begehren sie zusätzlich die Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität.
Die Antragsteller sind im Besitz einer Hochschulzugangsberechtigung. Sie bewarben sich zum Wintersemester 2012/2013 erfolglos über die Stiftung für Hochschulzulassung bei der Antragsgegnerin um eine Zulassung zum Studium im 1. Fachsemester. Soweit die Antragsteller zum Auswahlverfahren der Antragsgegnerin zugelassen, von dieser aber nicht ausgewählt wurden, erhielten sie von der Antragsgegnerin die ablehnende Entscheidung, soweit sie zum Auswahlverfahren der Antragsgegnerin nicht zugelassen wurden, erhielten sie die ablehnende Entscheidung von der Stiftung für Hochschulzulassung namens und im Auftrag der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller bewarben sich fristgerecht bis zum 15. Oktober 2012 bei der Antragsgegnerin um eine Studienzulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität. Über diese Anträge ist bislang nicht entschieden worden.
Zur Begründung ihrer gerichtlichen Anträge führen die Antragsteller aus: Zulassungsbeschränkungen dürften nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen erfolgen. Trotz der gesetzlichen Regelung der Zulassungszahl im Niedersächsischen Hochschulgesetz sei die Antragsgegnerin an die Vorgaben der KapVO gebunden. Die legislative Festsetzung betreffe lediglich eine "Mindestkapazität". Die tatsächliche Kapazität könne über diese 40 Studienplätze hinausgehen. Auch bei einem Modellstudiengang müsse eine Kapazitätsüberprüfung vorgenommen werden, die Antragsgegnerin müsse deshalb nachprüfbare Kapazitätsberechnungen vorlegen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass bislang keine Stellen besetzbar oder besetzt seien. Auch dürfe die Zulassungszahl nicht vom Inhalt der Kooperationsverträge, die sie mit drei Kliniken in O. abgeschlossen habe, abhängig gemacht werden. Sie könne mit weiteren Krankenhäusern und Kliniken der Umgebung kooperieren. Außerdem handele es sich bei den drei Krankenhäusern, mit denen bereits kooperiert werde, um Lehrkrankenhäuser der Universität B. Dies müsse bei der Berechnung der Kapazität berücksichtigt werden. Die Antragsgegnerin müsse darlegen, dass die ihr vom Land Niedersachsen bereitgestellten Geldmittel tatsächlich für den Studiengang Humanmedizin und nicht zur Stopfung von Löchern in anderen Studiengängen verwendet worden seien. Es handele sich nicht um einen echten Modellstudiengang, sondern um einen bereits in G. erprobten Studiengang. Die Erfahrungswerte dieser Universität müssten berücksichtigt werden.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nach Maßgabe eines gerichtlich angeordneten Vergabeverfahrens im Wintersemester 2012/2013 vorläufig zum Studium der Humanmedizin, 1. Fachsemester, zuzulassen,
die Antragstellerin zu 119) beschränkt den Antrag ausdrücklich auf den vorklinischen Studienabschnitt, die Antragsteller zu 3) bis 10), 12) bis 18), 21), 22), 25), 26), 33) bis 39), 99), 100), 102) bis 118), 120) bis 123) beantragen zusätzlich,
hilfsweise den Antrag auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin auf den vorklinischen Studienabschnitt zu beschränken,
die Antragsteller zu 3) bis 10), 12) bis 17) weiter hilfsweise,
den Antrag auf eine Beteiligung an einer Verlosung offener Studienplätze zu beschränken,
der Antragsteller zu 11) beantragt die
Zulassung im 5. (1. klinischen), hilfsweise im 4. bzw. 3., 2. oder 1. Fachsemester und hilfsweise eine Beteiligung an einer Verlosung offener Studienplätze,
die Antragsteller zu 19), 101) und 120) beschränken ihre Anträge nicht ausdrücklich auf die außerkapazitäre Zulassung,
die Antragstellerin zu 20) beschränkt ihren Antrag ebenfalls nicht ausdrücklich auf die außerkapazitäre Zulassung und beantragt zusätzlich,
sie hilfsweise auf den vorklinischen Studienabschnitt auf einen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl liegenden Studienplatz und hilfsweise auf einen innerhalb der festgesetzten Zulassungszahl liegenden Studienplatz zuzulassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Sie tritt den Ausführungen der Antragsteller entgegen und begründet, dass die gesetzlich festgelegte Aufnahmekapazität durch die 40 zugelassenen und eingeschriebenen Studenten und Studentinnen ausgeschöpft sei. Im Unterschied zu sonstigen Modell- und Methodenerprobungen, die vorhandene Regelstudiengänge ablösten oder ergänzten, handele es sich bei dem humanmedizinischen Studiengang EMS in O. um die Ersteinführung eines Medizinstudienganges. Die Kapazität dieses neu geschaffenen Modellstudienganges sei durch das Nds. Hochschulgesetz gesetzlich auf 40 Studienanfängerplätze festgesetzt worden. Schon wegen dieser formell-gesetzlichen Regelung müssten alle gerichtlichen Eilanträge erfolglos bleiben.
Die Regelung der Festsetzung auf 40 Plätze orientiere sich im Übrigen an der sich aus dem Kooperationsvertrag mit der Partneruniversität G. und der noch nicht näher festgelegten Kooperation mit den O. Krankenhäusern begrenzten Kapazität. Eine exakte rechnerische Bewertung der Kapazität nach der KapVO sei wegen der Neuetablierung des Studienganges ohnehin nicht möglich. Das gelte schon deshalb, weil zu Beginn des Studienganges noch keine (Personal-)Strukturen vorhanden seien, auf die sich der (gesamte) Studiengang aufbauen könnte. Die vorhandenen Lehrkapazitäten seien überdies mit Organisationsfragen und der Aufbauarbeit belastet. Auch die Lehrnachfrage könne zu Beginn des neuen Studienganges nicht annähernd berechnet werden. Das gelte ebenso für eine etwaig zu berücksichtigende Schwundquote.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Generalakte des Verwaltungsgerichts Oldenburg zum Medizinstudiengang an der Antragsgegnerin zum Wintersemester 2012/2013 verwiesen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn sowohl die besondere Dringlichkeit (Anordnungsgrund) als auch ein Anspruch auf Zulassung zum Studium wegen nicht vollständig ausgenutzter Aufnahmekapazität (Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht worden ist (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 293 ZPO). Die Anträge scheitern an der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs.
A) Innerkapazitärer Hochschulzulassungsanspruch
Eine Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität scheitert bereits daran, dass die Antragsgegnerin die festgesetzten 40 Studienplätze nach ihren Angaben, denen die Antragsteller nicht widersprochen haben, vergeben hat. Dabei reicht es aus, dass die Antragsgegnerin bloße Immatrikulationslisten ohne Nennung der Namen vorgelegt hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 2 NB 423/10 -, [...]). Mangels qualifizierten Bestreitens ist eine individualisierte Nachprüfung der vorgelegten Immatrikulationslisten nicht erforderlich. Wegen der tatsächlich erschöpften Kapazität ist für einen Anspruch auf Zulassung innerhalb der Kapazität kein Raum mehr.
Außerdem haben die Antragsteller entweder nicht glaubhaft gemacht, dass sie ihre innerkapazitäre Hochschulzulassung für den Studiengang Humanmedizin bei der Stiftung für Hochschulzulassung (rechtzeitig) beantragt haben oder die ablehnenden Bescheide der Stiftung für Hochschulzulassung sind bestandskräftig geworden.
Soweit die Antragsteller zu 19) und 120) insoweit rechtzeitig Klage erhoben haben und sie - wohl auch - die Zulassung innerhalb der Kapazität begehren, ist nicht dargetan, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft erfolgt ist. Der Vergleich der maßgeblichen Rangzahlen zeigt, dass die vom Antragsteller zu 120) geltend gemachte Berufsausübung bei der Rangfeststellung berücksichtigt wurde, er den erforderlichen Grenzrang dennoch bei Weitem nicht erreicht hat.
B) Außerkapazitärer Hochschulzulassungsanspruch
I.
Der Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin richtet sich nach Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, eine Ausbildungsstätte frei zu wählen. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen, muss er jedem Bürger, der die subjektiven Zugangsvoraussetzungen erfüllt, den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. hierzu und zum Folgenden grundlegend: BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303, 331 f). Der Zugang zu den vorhandenen Ausbildungsstätten darf nur unter strengen formell- und materiellrechtlichen Voraussetzungen beschränkt werden (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393/85 - u.a., BVerwGE 85, 36 ff.). Die Einschränkungen sind nur durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verfassungsrechtlich statthaft. Materiellrechtlich ist die Grundrechtseinschränkung nur verfassungsgemäß, wenn ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, hier die Funktionsfähigkeit der Hochschule in Wahrnehmung ihrer Aufgabe in Forschung, Lehre und Studium, geschützt werden soll. Die Zulassungsbeschränkung darf somit nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungsstätten angeordnet werden.
Dem sich hieraus ergebenden Erfordernis einer bundeseinheitlichen Regelung der Kapazitätsermittlung und Kapazitätsfestlegung hat der Gesetzgeber Rechnung getragen und für die Auswahl der Bewerber und für den Bereich der Ermittlung der Ausbildungskapazität im Hochschulrahmengesetz - HRG - eine gesetzliche Regelung geschaffen. Die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen haben die Länder durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen in Verbindung mit den jeweiligen Zustimmungsgesetzen der Landesgesetzgeber (für Niedersachsen durch das Zustimmungsgesetz vom 17. Februar 2010, Nds. GVBl. 2010, 47) - Staatsvertrag - umgesetzt. In § 29 Abs. 1 HRG ist die Entwicklung von einheitlichen Maßstäben zur Ermittlung der Kapazität festgeschrieben. Der Staatsvertrag enthält in Art. 6 Abs. 3, 4 und 5 Grundsätze der Kapazitätsermittlung, die in den Ländern durch Kapazitätsverordnungen (in Niedersachsen durch Verordnung über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen [Kapazitätsverordnung - KapVO -] vom 23. Juni 2003, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Juli 2012 [Nds. GVBl., S. 220]) konkretisiert worden sind. Das Gebot der Erschöpfung der Ausbildungskapazität ist ausdrücklich in § 29 Abs. 2 HRG und Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag (wie auch in § 1 Abs. 1 KapVO) wiedergegeben. Abweichungen erlaubt § 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag für die Erprobung neuer Studiengänge und -methoden (§§ 1 Abs. 2, 20 KapVO). Für zulassungsbeschränkte Studiengänge regelt das Nds. Hochschulzulassungsgesetz (NHZG) vom 29. Januar 1998, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 29. Juni 2011 (Nds. GVBl., S. 202) die Studienplatzvergabe. Danach obliegt die Studienplatzvergabe der Hochschule, soweit nicht die Stiftung für Hochschulzulassung zuständig ist. § 9 Abs. 1 NHZG ermächtigt das Fachministerium, durch Verordnung die Festsetzung der Zulassungszahlen zu regeln.
II.
Die Ermittlung der Aufnahmekapazität nach den Regelungen des Staatsvertrages, dem Nds. Hochschulzulassungsgesetz und der KapVO ist durch § 72 Abs. 15 Niedersächsisches Hochschulgesetz in der Fassung vom 26. Februar 2007, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2012 (Nds. GVBl. S. 186), - NHG - nicht ausgeschlossen.
1. In § 72 Abs. 15 NHG heißt es, dass die jährliche Zulassungszahl für den Studiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin ab dem Wintersemester 2012/2013 auf 40 festgesetzt wird, dass die Evaluation zum 1. Oktober 2019 erfolgt und dass die Landesregierung das Ergebnis der Evaluation dem Landtag mit einer Stellungnahme zur weiteren Entwicklung des Studiengangs Humanmedizin an der Universität O. unter Berücksichtigung der Ausbildungskapazität bis zum 30. Juni 2020 vorlegen soll. Die Festsetzung der jährlichen Zulassungszahl auf 40 durch diese Regelung des Nds. Hochschulgesetzes ersetzt die in Niedersachsen durchzuführende Kapazitätsermittlung nach dem Staatsvertrag, der Zulassungszahlenverordnung und der KapVO nicht.
2. Grundsätzlich kann zwar der Teilhabeanspruch durch Gesetz und damit durch ein Landesgesetz eingeschränkt werden. Als neues Landesrecht ginge es den bisherigen Landesregeln nach dem lex-posterior-Grundsatz vor. Nach diesem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung abgeleiteten Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" verdrängt eine spätere Norm die frühere, wenn derselbe Sachverhalt normiert wird (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 8. November 2001 - 3 C 9/01 -, BVerwGE 115, 231). Ob die neue gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ist, wäre erst nachfolgend bedeutsam.
3. Nach Auffassung der Kammer greift aber weder das lex-posterior-Prinzip noch ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit der NHG-Regelung zu klären, weil sie die Regelung in § 72 Abs. 15 NHG nicht als neue Kapazitätsermittlungsnorm wertet, die die bisher geltenden Landesregeln, die im Übrigen für andere Studiengänge unzweifelhaft weitergelten, ablösen sollte. Dies gilt nach Auswertung der vorgelegten und allgemein zugänglichen Gesetzmaterialien jedenfalls im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Dabei ist die Kammer von folgenden Überlegungen ausgegangen:
a) Der Wortlaut des § 72 Abs. 15 NHG spricht zwar für eine gesetzlich festgelegte Kapazitätsbeschränkung. Die Festsetzung auf 40 Studienplätze ist nach dem Wortlaut insoweit eindeutig, dass eine bloße Richt- oder Zielzahl, die in den kommenden Jahren angestrebt werden soll, nicht angenommen werden kann. Auch wenn die Festsetzung der Zulassungszahl eindeutig eine bestimmte Zahl erfasst, ist dem bloßen Wortlaut der Festsetzung der konkreten Zulassungszahl gleichwohl nicht zu entnehmen, dass diese das Ergebnis einer Kapazitätsermittlung ist. Die Festsetzung einer konkreten Zahl und auch die weiteren Sätze sind nicht als Ergebnis einer Kapazitätsermittlung formuliert und damit im Hinblick auf den Adressaten und seine Zielrichtung offen.
b) Maßgebend ist deshalb zunächst die Gesetzesbegründung zur Auslegung des § 72 Abs. 15 NHG heranzuziehen.
In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, wie oben angegeben, dass die gesetzliche Festlegung der jährlichen Zulassungszahl auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Hochschule in dem Antrag auf Zulassung des Modellstudienganges beruhe. Die Beschränkung der Zahl ergebe sich aus den von der Antragsgegnerin angegebenen Möglichkeiten, das Konzept für den Studiengang umzusetzen. Diese seien begrenzt durch die Kapazitäten, die von den kooperierenden Krankenhäusern sowie der Universität G. zur Verfügung gestellt würden. Letztlich solle die Evaluation zum 1. Oktober 2019 vorgenommen werden. Nach dem schriftlichen Bericht zum Gesetzentwurf ist in den Ausschüssen auf die verfassungsrechtliche Problematik, die jährliche Aufnahmekapazität unabhängig von der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse auf unbestimmte Zeit im Voraus festzusetzen, hingewiesen worden. Die Ausschussmehrheit verwies auf die Stellungnahme der Landesregierung, dass sich die im Gesetzesentwurf vorgesehene Evaluation auch auf die Kapazitätsberechnung beziehen solle, gegenwärtig wegen der Vorgaben der Universität G. eine konkrete Kapazitätsberechnung aber nicht möglich sei (LT-Drucksache 16/4856, S. 5 bis 6). Dem Änderungsantrag einer Landtagsfraktion, die jährliche Zulassungszahl für bestimmte Semester festzusetzen (LT-Drucksache 16/4909), folgte der Landesgesetzgeber nicht, ohne die geforderte jährliche Kapazitätsermittlung zu problematisieren.
Damit weist der Gesetzgeber zwar auf eine konkrete jährliche Zulassungszahl hin. Diese soll aber nach der Gesetzesfassung in § 72 Abs. 15 NHG nicht, wie es § 29 Abs. 2 HRG vorgibt, jährlich an Hand der vorhandenen Kapazitäten ermittelt werden. Angeknüpft wird vielmehr an die Überlegungen des Wissenschaftsrates, bei der Gründung einer Universitätsmedizin zunächst in eine Erprobungsphase zu treten und mit lediglich 40 Studierenden pro Jahr zu beginnen. Darauf aufbauend haben die Antragsgegnerin und die Universität G. ein Konzept entwickelt, an der Antragsgegnerin in Kooperation mit drei O. Kliniken den Studiengang Humanmedizin mit 40 Studierenden pro Jahr einzurichten. Die Absicherung des Konzepts der ... School O. erfolgte durch eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zwischen beiden Universitäten. Die Festlegung auf eine kleine Jahrgangsstärke erfolgte, um einen erfolgreichen Aufbau und eine Sicherung der Strukturen zu gewährleisten (Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage im Landtag, LT-Drucksache 16/3307, S. 9). "Die Errichtung einer Universitätsmedizin (sei) ein Entwicklungsprozess, der sich über mehrere Jahre (erstrecke) und stets begleitender Arbeiten und Abstimmungsprozesse (bedürfe)" (a.a.O., S. 9). Auf die Frage nach der verfassungsrechtlich gebotenen Kapazitätsauslastung heißt es dann, dass die genaue Aufnahmekapazität in der Phase des Aufbaus des Studiengangs jährlich neu an Hand der zugrundeliegenden patientenbezogenen und personalbezogenen Parameter sowie der Ausbildungsanforderungen zu ermitteln sei. Die Studienanfängerzahl werde nach Auslaufen der Errichtungs- und Erprobungsphase auf der Basis patientenbezogener und personalbezogener Parameter jeweils jährlich auf Grundlage der Nds. KapVO zu berechnen sein, so dass die Studienanfängerzahl von der personellen Ausstattung sowie in der medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin auch von der personellen und patientenbezogenen Ausstattung in Bezug auf die assoziierten Kliniken abhinge (LT-Drucksache 16/3698, S. 11).
In der Gesetzesbegründung wird somit allein auf die angesprochene Kooperation zwischen den beiden Universitäten abgestellt, ohne dass die jährlich erforderliche Kapazitätsermittlung, wie sie im Vorfeld der Gesetzesfassung - wie dargestellt - erörtert wurde, abgelehnt wurde. Wenn die Festsetzung der konkreten Zulassungszahl in § 72 Abs. 15 NHG das Ergebnis einer Kapazitätsermittlung hätte sein sollen und diese Festsetzung auch für die kommenden Jahre bis zum Jahr 2019 die nach der Verfassung und dem Hochschulrahmengesetz erforderliche Kapazitätsermittlung ersetzen sollte, wäre es naheliegend gewesen, dass der Gesetzgeber sich zu dieser Kapazitätsermittlungspflicht geäußert hätte. Wegen der fehlenden Äußerung ist eher anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit der Feststellung der konkreten Zulassungszahl nicht das Ergebnis der jährlichen Kapazitätsermittlung festlegen wollte.
Der Landesgesetzgeber hat auch eine Ablösung von den im Staatsvertrag vereinbarten Anforderungen für den Medizinstudiengang bei der Antragsgegnerin nicht angesprochen. Deshalb ist der Schluss naheliegend, dass eine solche Ablösung durch § 72 Abs. 15 NHG auch nicht erfolgen sollte.
c) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Festsetzung der konkreten Zulassungszahl im Nds. Hochschulgesetz. In der Gesetzesbegründung heißt es zu Anlass, Ziel und den Schwerpunkten des Gesetzes, dass die neue medizinische Fakultät der Universität O. ihre Aufgaben nach einem Kooperationsmodell erfüllen soll mit einer rechtlichen Trennung des Trägers von Forschung und Lehre einerseits und der Krankenversorgung andererseits. Die Einzelheiten in der Zusammenarbeit zwischen der Universität O. und den an Forschung und Lehre beteiligten Krankenhäusern sowie der Universität G. würden in den jeweiligen Kooperationsvereinbarungen geregelt. Das neue Niedersächsische Hochschulgesetz schaffe die rechtlichen Rahmenbedingungen, "damit die Universität O. ab dem Wintersemester 2012/2013 jährlich 40 Studienanfängerinnen und -anfänger im Studiengang Humanmedizin aufnehmen kann" (LT-Drucksache 16/4680, S. 5).
Damit verweist der Gesetzgeber wiederholt auf die für das Konzept der EMS maßgeblichen Kooperationsverträge, die die Antragsgegnerin abschließen müsse. Die Verträge müssten gewährleisten, dass die in den Krankenhäusern tätigen Mitglieder und Angehörigen der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eingeräumte Freiheit von Forschung und Lehre und die nach dem NHG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Um die Einhaltung dieser Voraussetzungen zu überprüfen, muss das Fachministerium gem. § 63 i Abs. 1 S. 3 NHG den Vereinbarungen zustimmen.
Damit wird die Umsetzung des Konzeptes der EMS in erster Linie der Antragsgegnerin übertragen, die Medizinerausbildung bleibt aber in staatlicher Verantwortung. Diese Konzeption liegt auch der Kapazitätsermittlung zugrunde. Mit der Festsetzung der Zulassungszahl auf 40 durch den Gesetzgeber in § 72 Abs. 15 NHG will nicht dieser die Kapazitätsermittlung vornehmen. Eine - wie dargelegt - jährlich vorzunehmende Kapazitätsermittlung sollte durch den Gesetzgeber nicht erfolgen. Die Festsetzung in § 72 Abs. 15 NHG stützt sich letztlich nur auf die vom MWK als dem zuständigen Fachministerium gebilligten Kooperationsverträge der Antragsgegnerin insbesondere mit der Universität G. Es liegt auf der Hand, dass sich die Vereinbarungen und Inhalte der Kooperationsverträge je nach Entwicklung des Studiengangs, der Ausstattung bei der Antragsgegnerin ändern bzw. fortentwickeln können und sich dann die für die Frage der Zulassung zum Studium maßgebliche Kapazitätsauslastung in den kommenden Jahren ändern kann. Der Zielsetzung des Gesetzes entspricht es nicht, dass der Gesetzgeber diese hiermit zusammenhängenden Fragen Jahr für Jahr selbst klären will. Selbst dem Änderungsvorschlag einer Landtagsfraktion, die jährliche Zulassungszahl nur eingeschränkt für das Wintersemester 2012/2013 und das Wintersemester 2013/2014 fortzusetzen, hat der Niedersächsische Gesetzgeber abgelehnt und damit erneut betont, dass er die jährliche Kapazitätsermittlung nicht vornehmen wird. Eine andere Interpretation der Gesetzesfassung liefe darauf hinaus, dass die Gesetzesregelung jedenfalls in den Jahren, in denen sich eine über 40 Plätze hinausgehende Kapazität errechnet, verfassungswidrig wäre. Dass der Gesetzgeber dies in Kauf genommen hat, liegt nicht nahe und entspricht nicht den übrigen Gesetzesregelungen. Dem Gesetzeszweck entspricht es somit, dass § 72 Abs. 15 NHG mit der jährlichen Zulassungszahl nicht die Ermittlung oder den Einsatz der vorhandenen Lehrkapazität regeln sollte. Die Festsetzung der Zulassungszahl ist vielmehr - quasi als Vorstufe der Ermittlung - als Verpflichtung des Landes mit seinen zur Finanzierung des Lehrangebots zuständigen Stellen und insbesondere der Antragsgegnerin zu verstehen, die festgesetzte Zahl der Studienplätze bei der Realisierung des Lehrangebots zu beachten. Die Festsetzung der jährlichen Zulassungszahl in diesem Gesetz stellt sich damit nicht als Ergebnis eines Abwägungsprozess der in der Hochschule und bei den Hochschulbewerbern zu berücksichtigenden Interessen dar. In § 72 Abs. 15 NHG ist (letztlich nur) der gesetzliche Auftrag zu sehen, die für 40 Studienplätze erforderliche Kapazität zu schaffen. Die konkrete Zulassungszahl dient dazu, den Studiengang landeshaushaltsrechtlich abzusichern und ihn in die vorhandene Hochschule einzugliedern.
d) Dies entspricht offenkundig auch der Auffassung der Antragsgegnerin und des Niedersächsischen Verordnungsgebers, dem MWK. Die Antragsgegnerin hat im Antragsschreiben zur Genehmigung des Modellstudiengangs Humanmedizin vom 11. Januar 2012 (Anlage 3 der Antragserwiderung vom 5. Oktober 2012) nicht nur die vorgesehene abschließende Evaluation durch den Wissenschaftsrat zum 1. Oktober 2019 angesprochen, sondern auf die von ihr vorgesehene begleitende Evaluation hingewiesen, die jährlich erfolgen solle. Auch das Präsidium der Antragsgegnerin beschloss, beim MWK die Festsetzung einer Zulassungszahl von 40 zu beantragen (Anlage 5 der Antragserwiderung vom 5. Oktober 2012). Dem entsprach das MWK und setzte die Kapazität für den Studiengang in der Zulassungszahlenverordnung 2012/2013 vom 8. Juli 2012 auf 40 Studienplätze fest (GVBl. 2012, 221). Auch das Fachministerium ging somit nach Inkrafttreten der Änderung des NHG weiterhin davon aus, dass die Einschränkung des Hochschulzugangs nicht durch Gesetz, hier § 72 Abs. 15 NHG, sondern aufgrund eines Gesetzes durch die Regelungen im Staatsvertrag, dem Hochschulzulassungsgesetz und der Zulassungszahlenverordnung erfolgen sollte.
Damit richtet sich die Frage der Einschränkung des Zulassungsanspruchs (wie bei allen anderen zulassungsbeschränkten Studiengängen in Niedersachsen) weiterhin nach § 6 Staatsvertrag i.V.m. den Regelungen der Nds. KapVO.
III.
1. Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag sind die Zulassungszahlen so festzusetzen, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird; die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung, sind zu gewährleisten. Die Vorschrift gibt damit unter Beachtung des Kapazitätserschöpfungsgebots den Rahmen vor, dem eine Festsetzung der Zulassungszahl gem. Art. 6 Abs. 1 Staatsvertrag zu genügen hat. Die weiteren Regelungen des Art. 6 Abs. 1 und 3 Staatsvertrag führen diese grundsätzliche Vorgabe näher aus. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 3 wird die Zulassungszahl auf der Grundlage der jährlichen Aufnahmekapazität festgesetzt, diese wird nach Art. 6 Abs. 3 auf der Grundlage des Lehrangebots, des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien ermittelt. Das in den Folgesätzen dieser Regelung vorgegebene Ermittlungsprogramm wird dann durch das Berechnungsverfahren nach der KapVO konkretisiert.
Abweichend von Artikel 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag, der auf die im "Normalfall" eingerichteten Studiengänge zugeschnitten ist, erlaubt Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag bei der Erprobung neuer Studiengänge und -methoden sowie bei der Neuordnung von Studiengängen und Fachbereichen eine abweichende Festsetzung der Zulassungszahlen. Die Regelung eröffnet damit im Hinblick auf gewichtige Besonderheiten, wie sie sich aus Strukturveränderungen, aber auch aus dem Aufbau neuer Ausbildungsgänge ergeben können, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die Möglichkeit, eine Ausbildungskapazität zu ermitteln, die diesen Ausnahmefällen Rechnung trägt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - 2 NB 347/06 -, [...] = NordÖR 2007, 137 [nur Leitsatz], m.w.N.). Dem entsprechen die §§ 1 Abs. 2 und 20 KapVO, wonach bei Modellvorhaben und Hochschulstrukturveränderungen Zulassungszahlen abweichend von dem in § 1 Abs. 1 KapVO normierten und näher umschriebenen Gebot der erschöpfenden Auslastung der Ausbildungskapazität und von den Vorgaben des Zweiten und Dritten Abschnitts der KapVO festgesetzt werden können. Bei der Erprobung neuer Studiengänge soll die Regelung von dem Erfordernis freistellen, die jährliche Aufnahmekapazität nach den genannten und in Art. 6 Abs. 3 Staatsvertrag näher konkretisierten Kriterien exakt zu errechnen.
2. Bei Anwendung dieser verfassungsgemäßen (a) Ausnahmeregelungen für Modellstudiengänge liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die mit 40 festgesetzte Zulassungszahl unterhalb der tatsächlichen Aufnahmekapazität verbleibt, nicht vor (b).
a) Die Regelungen des Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag und die §§ 1 Abs. 2, 20 KapVO sind weder gemäß Art. 31 GG wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 2 HRG unwirksam, noch verstoßen sie gegen das sich aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des GG (Art. 20 Abs. 1 GG) ergebende Kapazitätserschöpfungsgebot. Hierzu hat das Nds. Oberverwaltungsgericht zum Modellstudiengang HannibaL der MHH H. im Ergebnis ausgeführt, dass die Länder nach der Rahmenregelung des § 29 Abs. 3 HRG für begründete Ausnahmefälle wie bei der Einführung von Modellstudiengängen vom Kriterienkatalog abweichende landesrechtliche Bestimmungen beschließen und anwenden dürfen. Ein neuer Studiengang erbringe während der Aufbauphase naturgemäß noch keine Erkenntnisse darüber, welche Ausbildungskapazität er unter Berücksichtigung der Interessen der Hochschule, von Forschung, Lehre und Heilbehandlung zu erbringen in der Lage sei, so dass das aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und dem Sozialstaatsprinzip folgende Kapazitätserschöpfungsgebot grundsätzlich nicht verletzt sei. Die Regelung des Art. 7 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag - nunmehr Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag - erlaube, die für die Festsetzung der Zulassungszahl grundsätzlich maßgebende Aufnahmekapazität anders als nach den in Art. 7 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Staatsvertrag - nunmehr Art. 6 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Staatsvertrag - genannten Kriterien, die in der KapVO näher konkretisiert seien, zu ermitteln. Diese vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelte Ausnahmevorschrift sei geltendes Recht und sei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu berücksichtigen (Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2006, a.a.O.). Dem schließt sich die erkennende Kammer für den hier vorliegenden Studiengang bei der Antragsgegnerin an. Bei einem Medizinstudiengang kann wie bei anderen Studiengängen im "Normalfall" auf relativ gesicherte Daten des Lehrangebots und der Lehrnachfrage, auf Erfahrungswerte des Lehrbetriebs in früheren Semestern zurückgegriffen werden, um so vor Beginn des jeweiligen Semesterbetriebs das erwartete Veranstaltungsangebot, den Einsatz des Lehrpersonals und die erwartete Nachfrage der Studenten im Berechnungsjahr hinreichend vorherzusagen und so die Zulassungszahl festzusetzen. Im medizinischen Regelstudiengang kommen als weiterer bestimmender Parameter die Anforderungen des § 17 KapVO (patientenbezogene Kapazität) hinzu. Bei neu eingerichteten Modellstudiengängen nach § 41 ÄApprO fehlen diese kapazitätsrelevanten Umstände, so dass sich das aus den Verfassungsbestimmungen abgeleitete Kapazitätserschöpfungsgebot hierauf nicht beziehen kann.
Die Ausnahmeregelungen sind allerdings verfassungskonform so auszulegen, dass die Kapazitätsermittlung nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag und § 1 Abs. 1 KapVO weiterhin zu erfolgen hat, soweit der Modell- bzw. Erprobungscharakter des neuen Studiengangs nicht beeinträchtigt wird. Zudem stehen die Ausnahmeregelungen unter einem Willkürverbot (OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Oktober 2001 - 3 Nc 152/00 -, NVwZ-RR 2002, 747, 748; OVG NW, Beschluss vom 28. Mai 2004 - 13 C 20/04 -, [...]).
b) Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die tatsächliche Aufnahmekapazität höher ist als die in der ZZ-VO für den Medizinstudiengang bei der Antragsgegnerin festgesetzte Zulassungszahl von 40 Studienplätzen. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag und des § 20 KapVO liegen vor.
Eine von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag abweichende Festsetzung der Zulassungszahl ist nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag bei der Erprobung neuer Studiengänge zulässig. Ein solcher neuer Studiengang liegt vor.
Das MWK hat in enger Abstimmung und unter Mitzeichnung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familien, Gesundheit und Integration (MS) mit Wirkung zum Wintersemester 2012/2013 für die Antragsgegnerin den Modellstudiengang (EMS) für die Jahre 2012 bis 2021 gem. § 41 Abs. 2 ÄApprO zugelassen.
Zweifel am Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des § 41 ÄApprO bestehen nicht. Im Bescheid des MWK vom 26. Januar 2012 ist im Einzelnen dargelegt, dass insbesondere die Anforderungen des § 41 Abs. 2 ÄApprO erfüllt sind. Es wird zwar im Wesentlichen auf das entsprechende Antragsschreiben der Antragsgegnerin und die übersandte Entwurfsfassung der Studienordnung Bezug genommen. Diese liegt aber nunmehr wie auch die Prüfungsordnung in den Beschlussfassungen vom 28. September 2012 vor (abrufbar auf der Homepage der Antragsgegnerin unter www...). Änderungen zur Entwurfsfassung, die die Zulassung des Modellstudiengangs in Frage stellen können, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Aus den allgemeinen Hinweisen eines Antragstellers, die Planungs- und Einrichtungsphase des Studiengangs sei zu kurz gewesen ("mit heißer Nadel gestrickt") und es liege kein echter Modellstudiengang, sondern ein bereits in G. erprobter Studiengang vor, lassen sich solche Anhaltspunkte nicht ableiten. Die Zusammenarbeit und Kooperation mit der Universität G. hat lediglich zur Gründung einer gemeinsamen Einrichtung, der ... School O. geführt, eine bloße Abteilung oder Ergänzung des in G. vorhandenen Studiengangs ist darin nicht zu sehen.
Im Übrigen bedarf es keiner weiteren Ausführung zur Frage des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen der Einrichtung des Modellstudienganges, denn anders als in den Fällen, in denen sich aus einem bereits vorhandenen Regelstudiengang ein Modellstudiengang entwickelt hat (so etwa in Berlin oder in Hannover), ist bei der Antragsgegnerin ein völlig neuer Studiengang Humanmedizin, der von Anfang an als Modellstudiengang konzipiert ist, eingerichtet. Das angestrebte Verfahrensziel der Antragsteller auf Zulassung zum Studium an der Antragsgegnerin setzt die Einrichtung des Studiengangs voraus. Aus diesem Grund gehen auch fast alle Antragsteller - zutreffend - von der rechtmäßigen Einrichtung des Modellstudiengangs bei der Antragsgegnerin aus.
Demnach konnte gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag die Zulassungszahl bei der Erprobung des neuen Studiengangs abweichend von Satz 1 festgesetzt werden. Dem folgen die §§ 1 Abs. 2 und 20 KapVO, wonach bei Modellvorhaben Zulassungszahlen abweichend von dem in § 1 Abs. 1 KapVO normierten und näher umschriebenen Gebot der erschöpfenden Auslastung der Ausbildungskapazität und von den Vorgaben des Zweiten und Dritten Abschnitts der KapVO festgesetzt werden können. Dabei bezieht sich die Abweichungsbefugnis des § 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag nicht nur auf das in Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag enthaltene Gebot der erschöpfenden Nutzung der (nach den in Absatz 3 genannten Kriterien errechneten) Ausbildungskapazität, sondern gerade auch auf die darin angesprochene Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten nach dem Berechnungsmodell der für den "Normalfall" eingerichteten Studiengänge. Demnach muss die jährliche Aufnahmekapazität nach den genannten (und in Absatz 3 näher konkretisierten) Kriterien nach dieser Abweichungsregelung des Artikels 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag nicht exakt berechnet werden (Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2006, a.a.O.).
Die von der KapVO bei der Erprobung neuer Studiengänge vorgesehene negative Abgrenzung zu den Anforderungen der Kapazitätsermittlung wird nicht durch eine hiervon abweichende positive Regelung der gleichwohl erforderlichen Berechnung ersetzt. Im Regelfall wird die jährliche Aufnahmekapazität gem. § 3 KapVO ermittelt durch Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO und eine sich anschließende Überprüfung des Berechnungsergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts der KapVO. Bei der Berechnung der personellen Ausstattung sind das Stellengebot (§ 8 KapVO), die Lehrdeputate (§ 9 KapVO), Lehraufträge (§ 10 KapVO), die Inanspruchnahme durch Dienstleistungen (§ 11 KapVO), gegebenenfalls die Anteilsquoten eines Studiengangs (§ 12 KapVO) und insbesondere die Curricularnormwerte (§ 13 KapVO) einschließlich der besonderen Berechnungsanforderungen für den Studiengang Medizin (§§ 7 Abs. 3 und 4, 8 Abs. 1 S. 2, 9 KapVO) zu berücksichtigen. Die Überprüfung erfolgt nach § 14 ff. KapVO etwa in den Fällen des Fehlens von Räumen oder sachlicher Mittel, des Fehlens wissenschaftlicher oder nicht wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der notwendigen Zahl, des Fehlens einer ausreichenden Anzahl geeigneter Patientinnen und Patienten für die Ausbildung im Studiengang Medizin und insbesondere auch durch die Berücksichtigung einer Schwundquote (§ 16 KapVO). Im Studiengang Medizin ist zusätzlich die für patientenbezogene Einflussfaktoren maßgebliche Sonderregelung des § 17 KapVO heranzuziehen. § 20 KapVO lässt bei Modellstudiengängen eine von diesen Anforderungen der Bestimmungen des Zweiten und Dritten Abschnitts abweichende Festsetzung zu. Die Zulassung einer Abweichungsmöglichkeit für Modellstudiengänge kann wie für den Medizin-Modellstudiengang HannibaL an der Medizinischen Hochschule H. nach § 17 Abs. 2 KapVO eingeschränkt sein. Eine solche Sonderregelung für den Modellstudiengang an der Antragsgegnerin fehlt in der KapVO. Damit ist allein die Abweichungsmöglichkeit für den Medizinstudiengang bei der Antragsgegnerin geregelt, ohne dass eine Ermittlungsmethode positiv geregelt ist.
Dass eine solche positive normative Regelung in § 20 KapVO nicht vorliegt, ist nach Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgerichts bei hinreichender Gewichtung der Interessen der Wissenschaftsverwaltung, der Hochschule und der Studienplatzbewerber selbst dann nicht zu beanstanden, wenn mit der Änderung eines Ausbildungskonzeptes zahlreiche Studienplätze des in den Vorjahren angebotenen Regelstudiengangs wegfallen (Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2006, a.a.O.; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 13. März 1996 - 7 NC 147.95 -, NVwZ 1996, 1239 [OVG Berlin 13.03.1996 - 7 NC 147/95]). Bei einem völlig neu konzipierten Studiengang, der sich im Aufbau und in der Erprobung befindet, kann eine Aufnahmekapazität nach den in der KapVO angesprochenen Parametern, wie etwa dem Sollstellenprinzip oder dem Curricularnormwert, naturgemäß nicht ermittelt werden. Es ist lediglich die Abweichungsbefugnis selbst für die Erprobungsphase gesondert zu regeln (vgl. OVG Thüringen, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 1 NcO 339/98 -, DÖV 1998, 934 [OVG Thüringen 17.06.1998 - 1 NcO 339/98]). Demnach ist eine positive Regelung der Abweichungsbefugnis nicht erforderlich.
Diese Abweichungsbefugnis darf allerdings - wie festgestellt - nicht beliebig bzw. willkürlich umgesetzt werden. Dieser Grundsatz soll etwa verletzt sein, wenn erkennbar Ausbildungsluxus oder Bedarfslenkung betrieben wird (OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Oktober 2001 - 3 Nc 152/00 - NVwZ-RR 2002, 747, 748). Anhaltspunkte für eine solche willkürliche Entscheidung scheiden hier schon deshalb aus, weil der Studiengang neu eingerichtet worden ist.
Der von einigen Antragstellern aufgestellten Forderung, bei einem neu eingerichteten Modellstudiengang müssten schon wegen der erheblichen Nachfrage durch Studienbewerber weitere Studienplätze geschaffen werden, ist entgegenzuhalten, dass auch bei der Einführung von Modellstudiengängen der Teilhabeanspruch (lediglich) auf die Ausschöpfung vorhandener Kapazität gerichtet ist, er bildet keinen Anspruch auf Schaffung neuer Kapazitäten. Anhaltspunkte für eine evidente Verletzung dieses unter engen Voraussetzungen zu erörternden Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Studienplatzkapazitäten (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 10. März 1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972, a.a.O., S. 333 f) bestehen nicht. Eine solche evidente Verletzung bei der Zugrundelegung der für eine hochschulmedizinische Ausbildung aufzuwendenden Finanzierung, den Interessen der Studienplatzbewerber und der Bewältigung anderer staatlicher Aufgaben in den Zeiten des allgemeinen staatlichen Sparzwangs ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen.
Zutreffend weisen einige Antragsteller darauf hin, dass § 20 KapVO zwar eine Abweichungsbefugnis regelt, dass gleichwohl aber kein rechtsfreier Raum entstanden sei. Die Festsetzung der Zulassungszahl darf - wie dargelegt - nicht beliebig erfolgen. Erforderlich sind bei der Ermittlung eines tauglichen Kontrollmaßstabes objektivierbare und nachprüfbare Kriterien, die sich am Kapazitätserschöpfungsgebot des Art. 12 GG, Art. 3 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip ausrichten müssen. Entscheidend zu berücksichtigen ist aber, dass eine Kapazität bei der Planung des Modellstudiengangs noch nicht vorhanden ist. Die für die Ermittlung einer vorhandenen Kapazität maßgeblichen Parameter schon der personellen Ausstattung, des Lehrangebots sowie der Lehrnachfrage sind am Anfang der Neuerrichtung des Studiengangs nicht ermittelbar.
Es ist deshalb im Rahmen der Kapazitätsermittlung des neu eingerichteten Modellstudiengangs nicht zu beanstanden, dass zu Beginn des Studiums die personelle Ausstattung des Studiengangs nur zur Sicherung des Lehrbetriebs ab 1. Oktober 2012 stattgefunden hat. Hierfür standen dem Studiengang nur eine besetzte Professorenstelle (Stand: 18. September 2012) zur Verfügung, so dass zur Sicherung des Lehrbetriebs Lehraufträge erteilt werden mussten. Ob diese Personalausstattung sich bis zum Beginn des Studiums am 1. Oktober 2012 noch geändert hat, kann dahinstehen, da die Ausstattung nur für das 1. Studienjahr erfolgt und die für die weiteren Studienjahre erforderliche Personalausstattung sukzessive erfolgen wird. Eine Berechnung der personellen Ausstattung wie auch der Nachfrage, die sich auf das gesamte Studium vom 1. Semester bis zum Examenssemester bezieht, ist nicht möglich. Auf die von einigen Antragstellern geforderte Vorlage von Unterlagen zu den Lehraufträgen für das 1. Semester kommt es demnach nicht an. Ebenso ist auch hinsichtlich der Lehrnachfrage eine Vorlage der Studienpläne für alle Studienjahre nicht erforderlich. Sie sind für die Frage der Kapazitätsermittlung, die auf eine höhere Aufnahmekapazität als die 40 festgesetzten Studienplätze gerichtet ist, unerheblich.
Es kommt hinzu, dass die Kapazität derzeit auch durch die Kooperationsvereinbarung mit der Universität G. begrenzt ist. Nach der Studienordnung der Antragsgegnerin und den hierauf für das 1. Studienjahr entwickelten Studienplänen wird auch schon im ersten Jahr ein Teil des Studiums, die Anatomiepraktika, in G. absolviert. Die Aufnahmekapazität ist insoweit durch die 40 Laborplätze, die die Universität G. zur Verfügung stellt, begrenzt. Selbst wenn die Kapazität im Übrigen über die festgesetzte Zahl von 40 hinausginge, wie die Antragsteller vortragen, ist dieser sich aus der tatsächlichen Begrenzung der Laborplätze ergebende Engpass zu berücksichtigen. Das inländische Kapazitätsermittlungsrecht führt nämlich nicht dazu, dass die kooperierende Hochschule G. an dieses Ergebnis gebunden wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. April 1991 - 9 S 2515/90 -, [...]). Die Universität Groningen kann weder von der Antragsgegnerin noch vom Gericht zu einer Änderung der Kooperationsvereinbarung gezwungen werden, selbst wenn dort eine höhere Kapazität als die in den Verträgen aufgeführte festgestellt wird. Eine solche Kapazitätsermittlungspflicht für die Verhältnisse an der Universität G. verbietet sich daher. Die Antragsgegnerin hat im Übrigen hinreichend deutlich gemacht, dass eine tatsächliche Ausweitung der Laborplätze an der Hochschule O. selbst zurzeit nicht in Betracht kommt. Bei der Neuerrichtung eines Studiengangs kommt eine Verpflichtung, diese Laborplätze im innerstaatlichen Umfeld bei anderen Hochschulen oder Krankenhäusern zu suchen, nicht in Betracht. Die Annahme, einen unzulässigen Kapazitätsengpass künstlich geschaffen zu haben, liegt fern.
Aus diesen Gründen kommt bei dem erst im Aufbau befindlichen Modellstudiengang entgegen der Auffassung einiger Antragsteller die Berücksichtigung einer - mangels verwertbarer Erkenntnisse - vermuteten Schwundquote ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 2006, a.a.O.). Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Da aber - wie dargelegt - die Aufnahmekapazität bei der Erprobung des neuen Studiengangs schon nicht nach den im Zweiten Abschnitt der KapVO genannten Kriterien berechnet werden kann, können auch die für Regelstudiengänge maßgeblichen Kriterien des § 16 KapVO nicht in gleicher Weise herangezogen werden. Maßgebliche empirische Prognosegrundlagen, die sich auf das Studierverhalten in der Vergangenheit stützen, fehlen jedenfalls in den ersten Studienjahren und damit auch im hier maßgeblichen ersten Studienjahr. Mangels Vergleichbarkeit mit medizinischen Regelstudiengängen oder auch anderen medizinischen Modellstudiengängen können auch keine anderen Orientierungswerte angenommen werden.
Damit bleiben auch die Teilanträge auf Zuweisung von Teilstudienplätzen (Zuweisung eines auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkten Studienplatzes) wie auch die von einigen Antragstellern erhobenen Hilfsanträge ohne Erfolg.
Soweit der Antragsteller zu 11) einen Zulassungsanspruch als Studienbewerber für ein höheres Fachsemester verfolgt, scheitert der Anordnungsanspruch wegen der Neueinrichtung des Studiengangs schon daran, dass ein höheres Semester nicht vorhanden ist.
C. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der von einigen Antragstellern gleichzeitig geltend gemachte innerkapazitäre Hochschulzulassungsanspruch sowie die teilweise begehrte Teilnahme an einer Verlosung wirken sich kostenrechtlich nicht aus, da der Hochschulzulassungsanspruch als solcher unabhängig von der jeweilige Rechtsgrundlage im Streit steht.
D. Streitwertfestsetzung
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Der Wert von 5.000 € war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Satz 2 der Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (a.a.O.) nicht zu halbieren, da die begehrte Regelungsanordnung der Vorwegnahme der Hauptsache gleichkäme. Der entsprechenden ständigen Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 10. Mai 2012 - 2 OA 187/12 -, [...]) schließt sich die Kammer an.