Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 05.12.2012, Az.: 5 A 2252/11

Biogasanlage; Biomasseanlage; Blockheizkraftwerk; Satelliten-Blockheizkraftwerk

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
05.12.2012
Aktenzeichen
5 A 2252/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44534
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Errichtung eines zweiten Blockheizkraftwerks, das über eine Mikrogasleitung an eine bereits bestehende Biogasanlage angeschlossen werden soll (sog. Satelliten-Blockheizkraftwerk) und das dazu dienen soll, den erzeugten Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen und mit der anfallenden Abwärme einen Hähnchenmastbetrieb zu versorgen, ist nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig, weil die energetisch genutzte Biomasse - das Biogas - nicht aus einem Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. b) BauGB, sondern aus einer Biogasanlage und damit aus einer ihrerseits nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Anlage stammt. Dass die Biogasanlage selbst wiederum an eine bereits bestehende privilegierte Anlage i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. b) BauGB anknüpft, genügt nicht.

§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB stellt eine spezielle und im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 BauGB abschließende Regelung dar.

Eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Vorhabens als bauliche Erweiterung eines gewerblichen Betriebes im Außenbereich (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB) setzt unter anderem voraus, dass ein funktionaler Zusammenhang zwischen der bereits bestehenden baulichen Anlage und dem neuen Vorhaben besteht. Dies ist der Fall, wenn das neue Vorhaben dem vorhandenen Bestand dient. Maßgebend ist, ob ein vernünftiger Betriebsinhaber ein derartiges Vorhaben auch unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereiches errichten würde und das Vorhaben durch die Zuordnung zu dem konkreten Betrieb geprägt wird (hier im Einzelfall mangels Wirtschaftlichkeit des Blockheizkraftwerks in Bezug auf die bestehende bauliche Anlage verneint).

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Blockheizkraftwerks.

Der Kläger betreibt am im Außenbereich der Stadt F. gelegenen Standort „I.“, zwei Hähnchenmastställe mit je 42.000 Plätzen. Etwa 1,5 km südlich davon, am Standort „H.“ in F. befindet sich eine Biogasanlage, die vom Kläger gemäß der Genehmigung vom 1. August 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Oktober 2006 mit den Einsatzstoffen Maissilage und Rindergülle aus Eigenbetrieb (insges. 7.292 t/a) sowie Maissilage, Getreide und CCM aus Fremdbetrieben (insges. 2.276 t/a) betrieben werden darf.

Am 29. November 2010 beantragte der Kläger die Erteilung einer Genehmigung für die Änderung der Hähnchenmastanlage zur Errichtung eines Blockheizkraftwerk-Containers mit einer elektrischen Leistung von 205 kW und einer Feuerungswärmeleistung von 524 kW als Nebenanlage sowie für den Neubau einer Betonplatte für die Rückkühler des Containers am Standort „I.“ auf dem Flurstück … der Flur . der Gemarkung F.. Es sei beabsichtigt, das am Standort „H. Weg“ erzeugte Biogas nicht nur dort, sondern auch über eine 1.200 m lange Mikrogasleitung im neu geplanten Blockheizkraftwerk zu verbrennen, um den dabei erzeugten Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen und mit der anfallenden Abwärme die Masthähnchenställe mit Wärme zu versorgen.

Anfang 2012 beantragte er die Genehmigung einer dahingehend geänderten Nutzung der Biogasanlage, das als Einsatzstoffe neben Maissilage und Rindergülle (insges. 6.260 t/a) auch Hähnchenmist (600 t/a) aus Eigenbetrieb sowie Einsatzstoffe aus Fremdbetrieben in einer Menge von 3.740 t/a verwendet werden dürfen. Über diesen Änderungsantrag hat der Beklagte bisher nicht entschieden.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2011 lehnte der Beklagte den Antrag betreffend das Blockheizkraftwerk nach vorangegangener Anhörung ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:

Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB seien nicht gegeben. Ein Blockheizkraftwerk, welches das primäre Ziel der Einspeisung von Strom in das öffentliche Versorgungsnetz gegen Entgelt verfolge, sei eine im Außenbereich unzulässige gewerbliche Betätigung, die ebenso im beplanten oder unbeplanten Innenbereich erfolgen könne.

Die geplante Baumaßnahme diene nicht einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.

Es handele sich auch nicht um eine Nebenanlage zu einem Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Die zur bisher genehmigten Nutzung der Hähnchenmast hinzutretende gewerbliche Nutzung - Stromeinspeisung gegen Entgelt in das Netz der Energieversorger - sei nicht zulässig, da das Blockheizkraftwerk an einem Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB installiert werden solle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 4. November 2008 - 4 B 44.08 - juris) zu landwirtschaftlichen Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei ein Vorhaben nicht zulässig, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieversorgung den zur Einspeisung in das öffentliche Netz bestimmten Anteil nicht deutlich überwiege, weil es in diesen Fällen an der dienenden Funktion der Anlage fehle. Dabei sei auf die gesamte Energieerzeugung abzustellen, die neben Wärme auch Strom umfasse. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sehe eine „dienende Funktion“ bereits nicht vor, so dass eine entsprechende Prüfung gar nicht erst vorzunehmen sei. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch den Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB diese Möglichkeit offenstehe, hätte er dies geregelt.

Das geplante Blockheizkraftwerk stelle auch keine eigenständige Biogasanlage i.S.d.
§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB dar. Vorhaben in diesem Sinne definierten sich als Summe baulicher Anlagen zur Herstellung von Biogas und Biomasse und dessen Verwertung zur Gewinnung von Strom und Wärme. Regelmäßig bestehe eine Biomasseanlage daher aus Fahrsilo, Fermenter, Nachgärer, Gärrestbehälter, Blockheizkraftwerk und weiteren Nebenanlagen. Eine Mikrogasleistung, die zu einem in 1.200 m entfernt liegenden Blockheizkraftwerk führe, stelle daher keine Biomasseanlage in diesem Sinne dar. Es fehle an den typischen Komponenten, um Gas zu produzieren, aufzubereiten und zu verwerten. Das Blockheizkraftwerk müsse auch nicht zwingend durch Biogas befeuert werden. Aufgrund der weiten Entfernung  zur eigentlichen Biogasanlage fehle es auch an einem räumlichen Zusammenhang.

Eine Zulassung könne auch nicht im Ermessenswege gem. § 35 Abs. 2 BauGB erfolgen. Die Einspeisung von Strom gegen Entgelt mittels Biogasgenerator stelle keinen bestimmten Einzelfall dar, sondern stehe für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Die Zulassung eines Blockheizkraftwerks zu einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB schaffe eine Vorbild, dessen Nachahmung aufgrund der lukrativen Vergütung nicht mehr zu korrigieren sei. Es sei auch zu befürchten, dass durch das geplante Vorhaben gem. § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB eine Splittersiedlung vor dem Hintergrund einer selbständigen Anlage entstehe.

Zwar seien in der Vergangenheit einzelne Blockheizkraftwerke im Außenbereich genehmigt worden. Ein Teil davon sei als Nebenanlage zu landwirtschaftlichen Betrieben mit „dienender Funktion“ nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genehmigt worden. Die übrigen, nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilten Genehmigungen, würden nach heutiger Rechtsauffassung und Rechtsauslegung sowie aufgrund der mittlerweile ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nicht mehr erteilt werden.

Das Vorhaben diene auch nicht dem Klimaschutz, sondern dazu, Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen. Der angegebene Wärmebedarf sei ausschließlich zur Deckung des Spitzenlastbedarfes erforderlich, der jedoch höchstens während der Einstallungsphase der Küken in den ersten Tagen anfalle. Auch daraus ergebe sich die Unzulässigkeit des Blockheizkraftwerks als Heizungsanlage. Eine Auflage zur Wärmesteuerung sei nicht möglich, da das überschüssige Biogas an der Biogasanlage verbrannt werden müsste. Das Blockheizkraftwerk müsse das ganze Jahr über unter gleicher Last betrieben werden, um ein Abfackeln des durch die Biogasanlage erzeugten Biogases zu verhindern. Eine dem Wärmebedarf der Hähnchenmastställe angepasste wärmegeführte Steuerung des Blockheizkraftwerks würde zwangsläufig zum Verbrennen des Biogases führen, da das Blockheizkraftwerk auf der Biogasanlage dieses nicht kompensieren könne. Da nach dem vorgelegten Rechtsgutachten die Wärme des Blockheizkraftwerks zur Spitzenlastzeit nicht ausreiche, sondern der Bedarf durch eine zusätzliche Heizungsanlage kompensiert werden müsse, sei zudem nicht nachvollziehbar, weshalb das Blockheizkraftwerk notwendigerweise dort errichtet werden müsse. Der ausschließliche Einbau einer Heizungsanlage würde auch die Umwelt weniger belasten.

Gegen die Ablehnung legte der Kläger am 14. Juni 2011 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass es sich bei dem Bauvorhaben jedenfalls um eine bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB handele. Zudem sei die Rechtsauffassung zur Definition der Biogasanlage über die Summe ihrer Bestandteile unzutreffend. Die Aussage, eine Auflage zur Wärmesteuerung sei nicht möglich, sei technisch unbegründet.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2011 zurück. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen die Ausführungen aus dem angefochtenen Bescheid und ergänzte: Das Vorhaben wäre als „dienende Anlage“ zu einer gewerblichen Tierhaltungsanlage nur zulässig, wenn die erzeugte Energie vollständig in dieser Anlage genutzt würde. Bei dem Vorhaben handele es sich nicht um eine Erweiterung der bereits errichteten Hähnchenställe, sondern nach den zum Antrag vorgelegten Unterlagen um eine eigenständige Anlage zur Stromerzeugung mit dem bloßen Nebeneffekt einer zusätzlichen Heizmöglichkeit für die Ställe. Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB scheide aus, weil es sich bei dem Blockheizkraftwerk-Container nicht um eine selbständige Biomasseanlage im rechtlichen Sinne handele, da es nur der Nutzung, nicht aber auch der Herstellung von Biomasse diene. Das Vorhaben könne nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigt werden, da es gem. § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB der Darstellung des Flächennutzungsplans der Stadt Friesoythe widerspreche, nach dem am geplanten Standort eine „Fläche für die Landwirtschaft“ ausgewiesen sei. Die in § 35 Abs. 4 BauGB enthaltene Privilegierung sei nicht auf Vorhaben anwendbar, die - wie hier hinsichtlich der genehmigten Hähnchenställe - nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BauGB zu beurteilen seien.

Der Kläger hat am 19. September 2011 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Die Privilegierung des Vorhabens ergebe sich zunächst aus § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, weil das Blockheizkraftwerk ein Vorhaben sei, das der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines privilegierten Betriebes diene. Voraussetzung sei nicht, dass die Anlage auch der Herstellung von Biomasse diene. Die Privilegierung ergebe sich auch aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, da es sich bei dem Blockheizkraftwerk um eine Nebeneinrichtung zu den sehr großen Hähnchenställen handele, die diesen zum einen bereits von ihrer baulichen Substanz her untergeordnet sei, zum anderen auch bei Volllast nicht ausreiche, um den entsprechenden Wärmebedarf ohne Zuheizung zu decken. Dadurch, dass in einem Blockheizkraftwerk betriebsnotwendig Wärme und Strom gleichzeitig erzeugt würden und nur die Wärme in den Hähnchenställen genutzt und der Strom in das öffentliche Netz eingespeist werde, werde daraus keine eigenständige gewerbliche Anlage. Dass der betriebsbezogene Anteil der erzeugten Energie 100 % betragen müsse, sei nicht zutreffend. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2008 (a.a.O.) beziehe sich auf Windkraftanlagen, die in ihrer baulichen Dimension nicht mit Blockheizkraftwerken vergleichbar seien. Die Angemessenheit der mit dem Blockheizkraftwerk beabsichtigten baulichen Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB folge aus dessen geringen Ausmaßen im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb. Der erforderliche funktionale Zusammenhang  werde durch die Zuführung der Abwärme hergestellt. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB sei auch anwendbar.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Juni 2011 sowie des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2011 zu verpflichten, den Genehmigungsantrag vom 29. November 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen die bisherigen Ausführungen und ergänzt: Die Voraussetzung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. b) BauGB seien nicht gegeben, weil das geplante Blockheizkraftwerk mangels Vergärungseinheit nicht in der Lage sei, aus überwiegend aus dem Betrieb - hier den Hähnchenmastställen - oder nahe gelegenen Betrieben stammender Biomasse Gas zu erzeugen. Der in der gewerblichen Stallanlage hergestellte Hähnchenmist könne allenfalls in der Biogasanlage eingesetzt werden. Eine Genehmigung hierfür fehle bisher. Das von der Biogasanlage produzierte Biogas sei zwar Biomasse im Sinne der Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse - Biomasseverordnung -, könne aber eine Privilegierung eines einzelnen Blockheizkraftwerks nicht auslösen. Erst die Biogasanlage als Ganzes einschließlich des Blockheizkraftwerks ermögliche die energetische Nutzung von Biomasse und stelle ein Vorhaben im Sinne der Vorschrift dar. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2008 (a.a.O.) beziehe sich zwar auf Windkraftanlagen, sei aber auf Blockheizkraftwerke übertragbar. Er stelle maßgeblich darauf ab, ob der „betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht falle“. Damit sei nicht die größenmäßige Dimensionierung der Anlage im Vergleich zur Hofstelle oder zum Betrieb gemeint. Wenn danach für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB die Erweiterungsmöglichkeit um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil bereits nicht eröffnet sei, gelte das erst Recht für einen Tierhaltungsbetrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Das Blockheizkraftwerk stelle auch keine bauliche Erweiterung i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB dar, weil hierfür ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem vorhandenen Gebäude und der beabsichtigten baulichen Änderung Voraussetzung sei. Das sei nicht der Fall, da das Blockheizkraftwerk unabhängig von der gewerblichen Tierhaltung betrieben werden könne. Ein Zusammenhang werde nur dadurch hergestellt, dass die Abwärme den Ställen zugeführt werde, unabhängig davon, ob Bedarf bei den Tieren bestehe oder nicht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommen allein §§ 4, 6, 16 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG - in Betracht. Gem. § 16 Abs. 1 BImSchG bedarf u.a. die Änderung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und andere öffentlich-rechtlichen Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Das vom Kläger angestrebte Vorhaben entspricht nicht dem öffentlichen Baurecht.

1. Das geplante Blockheizkraftwerk ist an dem gewählten Standort bauplanungsrechtlich nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig. Nach dieser Bestimmung ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und es zur energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebes nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder eines Betriebes nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, und wenn darüber hinaus die weiteren unter Buchstaben a) bis d) genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. b) BauGB setzt voraus, dass die energetisch genutzte Biomasse überwiegend aus dem Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1, 1. Halbsatz BauGB, im Rahmen dessen die energetische Nutzung der Biomasse erfolgen soll oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben (Nr. 1), Gartenbaubetrieben (Nr. 2) oder Tierhaltungsbetrieben (Nr. 4) stammt. Daran fehlt es hier.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass unter den Begriff der Biomasse, der im Baugesetzbuch selbst nicht definiert ist, entsprechend der Definition in § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 Biomasseverordnung nicht nur Energieträger aus pflanzlicher bzw. tierischer Herkunft, sondern auch entsprechende Folgeprodukte, also auch „durch Vergärung erzeugtes Biogas“ umfasst, so dass es sich bei dem geplanten Blockheizkraftwerk auch dann um ein Vorhaben „zur energetischen Nutzung von Biomasse“ handelt, wenn es - wie hier - zur Umwandlung von Biogas in Strom und Wärme dienen soll.

Allerdings soll die verwendete Biomasse - hier: das Biogas -  dem geplanten Blockheizkraftwerk ausschließlich aus der am Standort „H.“ betriebenen Biogasanlage über eine Mikrogasleitung zugeführt werden, weil das geplante Blockheizkraftwerk nicht über eine eigene Vergärungseinheit zur Herstellung von Biogas verfügt. Bei dieser Biogasanlage handelt es sich jedoch nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne einer der genannten Vorschriften, sondern um ein - nach heutiger Gesetzeslage - nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiertes Vorhaben.

Dass die Biogasanlage selbst wiederum an eine bereits bestehende privilegierte Anlage i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. b) BauGB anknüpft, nämlich an den landwirtschaftlichen Betrieb sowie den Rindermastbetrieb des Klägers (Maissilage und Rindergülle als Einsatzstoffe) und zudem beabsichtigt ist, die Biogasanlage auch mit Hähnchenmist aus der Hähnchenmastanlage zu betreiben, genügt nicht.

§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB hat seine jetzige Fassung durch das Gesetz vom 27. Juni 2004 - Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG - (BGBl. I S. 1359) erhalten. Bis dahin konnten Biogasanlagen lediglich dann als privilegierte Vorhaben im Außenbereich genehmigt werden, wenn sie von landwirtschaftlichen Betrieben i.S.v. § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB „mitgezogen“ wurden. Diese Regelung wurde vor dem Hintergrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft als nicht ausreichend erachtet. Zum rentablen Betrieb von Biomasseanlagen sei - insbesondere für kleinere landwirtschaftliche Betriebe - die Verwendung von Fremdstoffen zur Gaserzeugung sowie eine Stromeinspeisung in das öffentliche Versorgungsnetz häufig zu größeren Teilen erforderlich, als dies nach bisheriger Rechtslage zulässig gewesen sei. Die Erweiterung der Privilegierungstatbestände sollte daher ausdrücklich auch die Nutzung der Energie von aus Biomasse erzeugtem Gas im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der auf der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebs ermöglichen, wenn mehrere nahe liegende land- oder forstwirtschaftliche Betriebe kooperieren (vgl. Gesetzesentwurf, BR-Drs. 756/03, S. 152 ff.). Die bei ihnen anfallende Biomasse sollte „an Ort und Stelle“ in Gas, Strom usw. umgewandelt werden, um den für die Energieerzeugung benötigten Primärenergiebedarf durch geringen Energieaufwand für den Transport der Biomasse gering zu halten (Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Band II, Kommentar, Stand: Juni 2012, § 35 Rn. 59). Wie sich bereits aus der Verwendung des Begriffs Privilegierung ergibt und durch die Stellung der Vorschrift im Regelungsgefüge des Baugesetzbuches bestätigt wird, ging es dem Gesetzgeber aber offensichtlich nicht darum, Biogasanlagen, die mit landwirtschaftlichen Produkten oder Abfallprodukten betrieben werden, generell im Außenbereich zuzulassen. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB stellt eine Ausnahme (Privilegierung) von dem in § 35 BauGB zugrunde liegenden Grundsatz dar, nach dem eine Bebauung im Außenbereich grundsätzlich unzulässig ist. Von diesem Grundsatz lässt die Vorschrift dann Ausnahmen zu, die bei dem Vorhaben nach Absatz 1 erleichtert, bei Vorhaben nach Absatz 2 nur unter erschwerten Voraussetzungen genehmigt werden können. Als Ausnahmevorschrift ist die Vorschrift daher grundsätzlich eng am Maßstab des Grundsatzes auszulegen.

Es widerspräche dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs vor Bebauung, wenn es bereits genügte, dass ein privilegiertes Vorhaben im Sinne der genannten Vorschriften Teil einer Verarbeitungskette von Energieträgern ist, um die Errichtung und den Betrieb einer beliebigen - nur durch die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Biogasanlage (und die weiteren Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 lit. a) bis d) BauGB) eingeschränkte - Anzahl selbständiger privilegierter Vorhaben zu ermöglichen. Eine einzelne Biogasanlage diente damit über die bloße Verbindung mittels Gasleitungen als Multiplikator für eine Vielzahl weiterer Biomasseanlagen im Außenbereich, ohne dass der im Rahmen der Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB verfolgte Zweck, die Möglichkeit zur Verwendung von Fremdstoffen zu erweitern, erfüllt werden müsste. Auch die weitere Rechtfertigung für die privilegierte Zulässigkeit von Biomasseanlagen, die  Biomasse „an Ort und Stelle“ weiterverarbeiten zu können, um lange Transporte zu vermeiden, entfiele, da durch die Verbindung einer Biogasanlage mit einer Mikrogasleitung die Überwindung auch größerer Entfernungen ohne die Notwendigkeit von Biomassetransporten ohne weiteres möglich ist.

2. Die Zulässigkeit des Blockheizkraftwerks ergibt sich auch nicht aus § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Danach ist ein Vorhaben auch dann privilegiert zulässig, wenn es wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.

Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist bereits nicht eröffnet, da § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB eine abschließende Regelung von Vorhaben zur energetischen Nutzung von Biomasse enthält. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat zu dieser Frage im Beschluss vom 6. April 2009 - OVG 11 S 59.08 - juris) ausgeführt:

„Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist eine Privilegierung der hier unstreitig nicht die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfüllenden Biogasanlage gemäß § 35 Abs. 1 BauGB wenig wahrscheinlich.

Dabei spricht in der Tat bereits vieles dafür, dass § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB die Voraussetzungen einer Privilegierung von Biomasseanlagen speziell und insofern auch im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 BauGB abschließend regelt (in diesem Sinne z.B. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn 59; Berkemann, in: Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004, Bonn 2005, § 35 Rn 68; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 35 Rn 38a; Kraus, UPR 2008, 218, 221; vgl. auch Broschüre "Zulässigkeit von Biomasseanlagen" des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg, November 2008, S. 25 und Biomasseerlass Brandenburg vom 5. April 2006, „Allgemeines“ und Nr. 6; a.A. z.B. Loibl/Rechel, UPR 2008, 134, 139, sowie - im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - Mantler, BauR 2007, 50, 62). Auch bei den gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Biogasanlagen, die „im Rahmen“ eines gem. Nr. 1, 2 oder gem. 4 (wegen Tierhaltung) privilegierten Betriebes errichtet und betrieben werden, handelt es sich regelmäßig um solche, die auch der öffentlichen Versorgung dienen (wie sich aus der ausdrücklichen Einbeziehung der erforderlichen Anlagen zum Anschluss an das öffentliche Versorgungsnetz in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ergibt). Deshalb würden die vom Gesetzgeber in Nr. 6 a) bis d) festgelegten einschränkenden Voraussetzungen, die sogar für die wegen ihrer Verbindung mit einem bereits bestehenden Betrieb im Außenbereich (vgl. dazu BVerwG, Urteil v. 11. Dezember 2008 - 7 C 6.08 -, zit. nach juris, Rn 18) in besonderer Weise „außenbereichsgebundenen“ Anlagen gelten, häufig leer laufen, da auf § 35 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 BauGB ausgewichen werden könnte. Gegen eine Spezialität der Privilegierung unter Nr. 6 spricht auch nicht, dass dieser Tatbestand in der Gesetzesbegründung ausdrücklich nur als eine gegenüber § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB speziellere Regelung bezeichnet ist (BT-Drucks. 15/2250, S. 55). Für eine entsprechende Aussage zu § 35 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 BauGB bestand schon deshalb kein Anlass, weil diese Privilegierungstatbestände - anders als Nr. 1 - bis dahin ohnehin regelmäßig nicht als geeignet angesehen worden waren, eine privilegierte Zulassung von Biogasanlagen im Außenbereich zu begründen (vgl. Fillgert, AgrarR 2002, 341, 343 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerwG v. 16. Juni 1994, BVerwGE 96, 95 ff. = NVwZ 1995, 64 ff., wo eine Privilegierung von Windkraftanlagen nach diesen, seinerzeit in § 35 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BauGB geregelten Tatbeständen abgelehnt wurde). Trotz des Wortlauts von § 35 Abs. 1 Nr. 6 d) BauGB, der (nur) eine Beschränkung der installierten elektrischen Leistung einer privilegierten Anlage auf 0,5 MW vorsieht, ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht anzunehmen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nur für solche Biogasanlagen eine abschließende Regelung treffen sollte, die zur Stromerzeugung genutzt werden, während für Anlagen, die (auch) der öffentlichen Versorgung mit Wärme dienen, § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB anwendbar sein sollte. Denn unabhängig von der Übertragbarkeit der Leistungsgrenze unter Nr. 6 d) auf nicht stromproduzierende Biogasanlagen (zum Streitstand insoweit vgl. einerseits Loibl/Rechel, UPR 2008, 134, 138 f., andererseits Kraus, UPR 2008, 218, 220f.) privilegiert § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB Vorhaben, die “der energetischen Nutzung von Biomasse“ dienen. Eine energetische Nutzung stellt neben der Erzeugung von Strom oder Gas aber unzweifelhaft auch die Wärmeerzeugung dar. Die Anwendbarkeit des Privilegierungstatbestandes - und damit auch seine etwaige, andere Privilegierungstatbestände ausschließende Spezialität - hängt ersichtlich nicht von der Art der konkret beabsichtigten energetischen Nutzung ab.“

Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an. Die dem entgegenstehende Auffassung, die entweder überhaupt keine Argumente bemüht (so Loibl/ Rechel, UPR 2008, 134, 139), sich auf „unterschiedliche Zielrichtungen“ der Privilegierungstatbestände (so Mantier, BauR 2007, 50, 62) oder darauf stützt, dass auch zwischen anderen Varianten des § 35 Abs. 1 BauGB keine Spezialität gelte und insbesondere anerkannt sei, dass Windkraftanlagen trotz der speziellen Regelung in Nr. 5 der Vorschrift auch nach Nr. 1 privilegiert sein können, wenn sie einem Landwirtschaftsbetrieb dienen (so Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rn. 63a) übersieht, dass die für Biomasseanlagen geschaffene Regelung in Nr. 6 anders als die für Windenergieanlagen geschaffene Regelung in Nr. 5 umfangreiche und erhebliche einschränkende Voraussetzungen enthält, die dem Schutz des Außenbereichs dienen. Diese engen Voraussetzungen würden unterlaufen, wenn Vorhaben, die den Vorgaben nicht entsprechen, insbesondere weil sie über eine höhere installierte elektrische Leistung verfügen als in Nr. 6 lit. d) vorgesehen, über die weiteren Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB zugelassen werden könnten und müssten.

Dass dies vom Gesetzgeber nicht gewollt ist, ergibt sich ausdrücklich aus der Begründung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BT-Drs. 15/2996, S. 31, 67), der die gegenüber dem ersten Entwurf der Bundesregierung und dem modifizierten Vorschlag des Bundesrates erstmals als zusätzliche Voraussetzung in Nr. 6 lit. d) aufgenommene Begrenzung der zulässigen installierten elektrischen Leistung der Anlage auf - seinerzeit - maximal 0,5 MW vorgeschlagen hat (entspricht § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB in der bis zum 29. Juli 2011 geltenden Fassung).

Dort heißt es zur Begründung:

„Die Änderung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB in der Fassung des Gesetzentwurfs greift einen Vorschlag des Bundesrates auf. Zum Schutz des Außenbereichs soll die Privilegierung jedoch auf Biomasseanlagen beschränkt werden, deren installierte elektrische Leistung 0,5 MW nicht überschreitet.“

Auch aus dem Plenarprotokoll 15/106 zur Sitzung des Deutschen Bundestages vom 30. April 2004, in welcher der durch die Vorschläge des Bundesrates und des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen modifizierte Gesetzesentwurf einstimmig angenommen wurde, ergibt sich, dass die Privilegierung von Vorhaben, die die Voraussetzungen des neu geschaffenen Tatbestandes nicht erfüllen, insbesondere weil sie die vorgesehene Leistungsbegrenzung überschreiten, nicht gewollt war.

So heißt es in dem Redebeitrag von Peter Götz, MdB, (S. 9614):

„Wir wollen den Einsatz der erneuerbaren Energien dort verstärken, wo er Sinn macht. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Aufnahme der Privilegierung von Biomasseanlagen zur Herstellung und Nutzung von Energie in den Katalog der künftig im Außenbereich zulässigen Vorhaben. Wir waren uns auch über die Fraktionsgrenzen hinweg einig, dass zum Schutz des Außenbereichs die Privilegierung von Biomasseanlagen begrenzt werden muss. Wir haben uns auf eine Größenordnung von 0,5 Megawatt installierte elektrische Leistung verständigt. Größere Vorhaben auf diesem Gebiet bedürfen künftig wie heute schon eines Bebauungsplans oder eines Vorhaben- und Erschließungsplans.

Durch die vorweggenommene Einschränkung soll vermieden werden – das war unser Ziel –, dass wir in einigen Jahren bei der Biomasse eine vergleichbare Diskussion wie heute bei der Windenergie in unserem Land haben.“

In dem Redebeitrag von Joachim Günther, MdB, heißt es dazu (S. 9617):

Zum Komplex Bauen im Außenbereich gehört auch die Begrenzung von Biomasseanlagen auf eine installierte elektrische Leistung von 0,5 Megawatt, die wir erreicht haben. Wir haben bei der Privilegierung der Windkraftanlagen schließlich unsere Erfahrungen gesammelt. Deswegen finde ich die Begrenzung richtig. Wer seine Anlage größer bauen will, wird daran nicht gehindert, aber er muss den Gesetzesweg gehen und Anträge stellen, so wie es andere auch tun müssen.

Nur der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für seine Auffassung u.a. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, § 35 Rn. 59, zitiert hat, der an der genannten Stelle von einer abschließenden Regelung der nach § 35 Abs. 1 zu beurteilenden Vorhaben zur energetischen Nutzung von Biomasse ausgeht, dagegen an anderer Stelle (a.a.O., § 35 Rn. 55) § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB als „Auffangtatbestand für solche privilegierten Vorhaben, die von den Nrn. 1 bis 3, 5 bis 7 nicht erfasst werden“ - demnach auch für Biomasseanlagen nach Nr. 6 - betrachtet. Die letztgenannte,  insoweit widersprüchliche Darstellung überzeugt nicht, weil sich Söfker dabei zur Begründung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezieht. Allerdings stammen die von ihm zitierten Entscheidungen aus den Jahren 1972 - 1994 und berücksichtigen nicht die Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB durch das EAG Bau 2004.

Soweit die Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz in ihrem Beschluss vom 23. März 2012 ebenfalls von einem abschließenden Charakter des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für Biomasseanlagen ausgeht, für Satellitenblockheizkraftwerke jedoch „im Einzelfall eine Zulässigkeit im Außenbereich als dienende Anlage z.B. eines nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB privilegierten Vorhabens“ annimmt (Bl. 50 bzw. 51 der Gerichtsakte), überzeugt diese Auffassung ebenfalls nicht, zumal sie bereits nicht erkennen lässt, auf welche Rechtsgrundlage eine solche Zulässigkeit danach gestützt werden sollte.

Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und unter welchen Umständen das Blockheizkraftwerk als Nebeneinrichtung zu den Hähnchenmastanlagen als nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert anzusehen ist, kommt es daher nicht an.

Aber selbst wenn man die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB bejahen sollte, dürfte entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht zu Windenergieanlagen (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 10.82 - BVerwGE 67, 41 zu § 35 Abs  1 Nr. 5 BBauG, der inhaltlich in etwa § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB entspricht; Urteil vom 16. Juni 1994 - BVerwG 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95) eine Privilegierung abzulehnen sein. Es fehlt aller Voraussicht nach an einem unmittelbaren Bezug der Anlage zu dem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb - hier: der Hähnchenmastanlage - und damit an der dienenden Funktion der Anlage, weil der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung - hier: die Erzeugung ausschließlich thermischer Energie und dies im Wesentlichen nur für die etwa zweiwöchige Zeit zwischen jeweiliger Einstallung der Küken bis zur ersten Daunenbildung und bei kalten Außentemperaturen - gemessen an der Gesamtkapazität des Blockheizkraftwerks den zur Einspeisung in das öffentliche Netz bestimmten Anteil nicht deutlich überwiegt.

3. Die Zulässigkeit des Blockheizkraftwerks nach der für öffentliche Versorgungseinrichtungen vorgesehenen Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB scheidet außer aufgrund der - wie ausgeführt - für Biomasseanlagen speziellen Regelung in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auch deshalb aus, weil die geplante Anlage - wie auch der Kläger zugesteht - die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur für gewerbliche Betriebe, sondern auch für Vorhaben der öffentlichen Versorgung erforderliche Ortsgebundenheit nicht aufweist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 - 4 C 20.93 - BVerwGE 96, 95).

4. Das vom Kläger geplante Blockheizkraftwerk ist auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Danach können sonstige Vorhaben im Außenbereich im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Sind öffentliche Belange nicht beeinträchtigt, besteht regelmäßig ein Rechtsanspruch auf Genehmigung (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 73).

a) Der Beklagte bezweifelt zwar zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 2 BauGB auf den vorliegenden Sachverhalt, indem er darauf abstellt, dass die Einspeisung von Strom gegen Entgelt mittels Biogasgenerator keinen bestimmten „Einzelfall“ darstelle, sondern für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle stehe. Die Formulierung „im Einzelfall“ bringt nur zum Ausdruck, dass ein Vorhaben abweichend von dem Grundgedanken des § 35 BauGB, nach dem die bauliche Nutzung grundsätzlich den Teilen des Gemeindegebietes vorbehalten ist, die rechtlich oder tatsächlich als Bauland dienen, durch Verwaltungsakt zugelassen werden darf (BVerwG, Urteil vom 29. April 1964 - I C 30.62 - BVerwGE 18, 247; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 73).

b) Ein Anspruch auf Genehmigungserteilung folgt andererseits nicht bereits aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar hat der Beklagte zugestanden, in der Vergangenheit in einigen Fällen mit Rohbiogas betriebene Blockheizkraftwerke im Außenbereich teilweise als Nebenanlage zu landwirtschaftlichen Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, teilweise nach Nr. 4 der Vorschrift genehmigt zu haben. Jedoch hat der Beklagte im Lauf des Verfahrens auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die bisherige Rechtsauffassung aufgrund neuer gerichtlicher Entscheidungen mittlerweile geändert habe und nach heutiger Rechtsauffassung und Rechtsauslegung eine Genehmigung dieser Vorhaben nicht mehr erfolgen würde (vgl. Vermerk vom 27. Mai 2011, Bl. 36 der Beiakte). Dieses Vorgehen steht mit geltendem Recht in Einklang. Einer Behörde steht es frei, sich von einer bisher praktizierten, neuerdings als falsch erkannten Praxis zu lösen und künftig nach anderen Maßstäben vorzugehen, solange die neue Praxis nicht ihrerseits gleichheitswidrig ist. Sie ist nicht zur Fortsetzung einer einmal begonnenen aus ihrer Sicht rechtswidrigen Verwaltungspraxis verpflichtet.

c) Eine Zulässigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB scheidet aber aus, weil das Vorhaben öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 7 BauGB beeinträchtigt.

aa) Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB.

Nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Friesoythe ist die Vorhabenfläche als „Fläche für die Landwirtschaft“ ausgewiesen. Bei der Verbrennung von Biogas zur Erzeugung von Strom und Wärme handelt es sich nicht um Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB, da es an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Nutzung der Erträge aus Ackerbau bzw. Tierhaltung fehlt.

Zwar erfolgte laut Mitteilung der Stadt Friesoythe die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ ohne eine besondere Begründung (vgl. Vermerk vom 16. November 2012, Bl. 63 R der Gerichtsakte). Allerdings bedarf es einer konkreten standortbezogenen Aussage zugunsten einer landwirtschaftlichen Nutzung mit verdrängender Wirkung nur für privilegiert zulässige Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 - 4 C 28.86 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 258). Gegenüber einem - wie hier - nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich setzt sich die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ im Flächennutzungsplan in der Regel durch, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, nach denen diese Darstellung für das Vorhaben-grundstück keine Aussagekraft haben kann (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 56.79 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 211, m.w.N.).

Derartige Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass die Stadt F. im Rahmen der 25. Änderung des Flächennutzungsplans nördlich und westlich des hier betroffenen Flurstücks umfangreiche gewerbliche Bauflächen dargestellt hat, die zwischenzeitlich innerhalb des Zweckverbandsgebietes des interkommunalen Gewerbeparks „…..“ liegen (vgl. o.g. Vermerk), genügt nicht, zumal die Planbereiche durch die S. (K …) bzw. T. (B ..) voneinander abgetrennt sind.

bb) Durch das Vorhaben wäre zudem die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.

Eine Splittersiedlung ist gekennzeichnet durch in einem engeren räumlichen Bereich liegende Bauten, die in keiner organischen Beziehung zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen stehen und die selbst keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil darstellen, auch in keiner organischen Beziehung zu einem solchen stehen oder sich nicht in die geordnete städtebauliche Entwicklung einfügen. Es handelt sich um eine bloße Ansammlung von Gebäuden, wobei die Zahl der Bauwerke kein Gewicht hat oder die Bebauung auch nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Sie erfüllt in ihrer gesamten Struktur keine städtebauliche Funktion, sondern führt zur Zersiedlung der Landschaft im Außenbereich. Es muss sich nicht um Gebäude handeln, die Wohnzwecken dienen. Auch andere Bauten, die mit dem Aufenthalt von Menschen verbunden sind, können eine Splittersiedlung bilden. Stehen zum Aufenthalt von Menschen nicht geeignete Anlagen in einem funktionalen Zusammenhang mit den bebauten und als Splittersiedlung zu beurteilenden Bereichen im Außenbereich, sind diese Anlagen dem Begriff der Splittersiedlung zuzuordnen (Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 104).

Hier wäre die Entstehung einer Splittersiedlung in Gestalt einer unorganischen Streubebauung zu befürchten, wenn ausgehend von nur einer Biogasanlage eine Mehrzahl von Blockheizkraftwerken geschaffen würde, die - wenn mit ihnen der Hauptzweck einer Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz verfolgt wird - aufgrund der Verbindung durch Gasleitungen an weitgehend beliebigen Standorten im Außenbereich angesiedelt werden könnten.

Diese Befürchtung ist vor allem deshalb begründet, weil nach der Empfehlung der Clearingstelle EEG vom 1. Juli 2010 zum Anlagenbegriff im EEG 2009 (Empfehlung 2009/12, https://www. clearingstelle-eeg.de/files/2009-12_Empfehlung.pdf, S. 2, 63 ff.) jedes Blockheizkraftwerk, das zusätzlich an einer Biogasanlage installiert wird, vergütungstechnisch nicht als Anlagenerweiterung, sondern unter bestimmten - hier nach dem vom Kläger eingeholten „Rechtsgutachten zum Anlagenbegriff bei Satelliten-BHKW“ (Bl. 13 der Beiakte A) vorliegenden - Voraussetzungen als neue Anlage gewertet wird. Das hat zur Folge, dass das neue Blockheizkraftwerk die hohe Grundvergütung sowie unter Umständen auch Bonusvergütungen (KWK-Bonus, NawaRo-Bonus und Gülle-Bonus) erhält, da es mit seiner Leistung von Null an gewertet wird und nicht wie bislang zur Leistung des vorhandenen Blockheizkraftwerkes addiert wird.

cc) Der Kläger kann sich für die Zulässigkeit seines Vorhabens nicht auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB berufen. Danach kann einem sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 u.a. nicht entgegengehalten werden, dass es Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, wenn es sich um die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs handelt und diese im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.

Eine bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs - hier: der Hähnchenmastanlage -, die im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist, liegt hier nicht vor.

Zur angemessenen Erweiterung gehören zwar grundsätzlich auch bauliche Maßnahmen zur Energieversorgung des Gebäudes mit erneuerbaren Energien, wie hier thermischer Energie aus der Verbrennung von Biogas (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 163). Die bauliche Erweiterung eines gewerblichen Betriebes nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB setzt darüber hinaus aber voraus, dass ein funktionaler Zusammenhang zwischen den bereits bestehenden baulichen Anlagen und dem neuen Vorhaben besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 1991 - 4 B 161.91 - BRS 52 Nr. 84). Einen Anhaltspunkt hierfür bietet der Begriff des „Dienens“ für die Erweiterung landwirtschaftlicher Betriebe nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 163; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Juni 1999 - 1 L 94/98 - NordÖR 2001, 212 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 17. September 1991 -, a.a.O., das zumindest „auf die durchaus vergleichbare Sachlage nach § 35 Abs. 1 BauGB“ verweist). Maßgeblich ist danach, ob die Erweiterung im Hinblick auf die Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs von einem vernünftigen Inhaber eines derartigen Betriebes mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung verwirklicht würde. Hinzukommen muss im Hinblick auf den Schutzzweck des § 35 BauGB, dass das Vorhaben durch die so umrissene Zuordnung zu dem konkreten Betrieb - auch äußerlich erkennbar - geprägt wird. Das ist dann nicht der Fall, wenn es zwar nach seinem Verwendungszweck gerechtfertigt sein mag, nach seiner Beschaffenheit, Gestaltung oder Ausstattung aber nicht durch diesen Verwendungszweck erschöpfend geprägt wird (so grundlegend zum Begriff des „Dienens“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauGB: BVerwG, Urteil vom 3. November 1972 - IV C 9.70 -  BVerwGE 41, 138, Rn. 19 nach juris).

Daran fehlt es hier. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Hähnchenmastställe derzeit über eine Beheizung mit Flüssiggas verfügen. Der Kläger besitzt zwei Tanks mit 5.500 Litern Fassungsvermögen. Das Gas wird über einen Brenner zur Erhitzung von Heizwasser verwendet, das über Konvektoren geleitet wird und so die Ställe heizt (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 13. November 2012, Bl. 62 der Gerichtsakte). Die Beheizung durch das Blockheizkraftwerk müsste - singulär betrachtet - erheblich wirtschaftlicher als die bisherige Beheizung durch Flüssiggas sein, um - aus Sicht eines vernünftigen Landwirtes - das Vorhaben zu rechtfertigen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Nach der vom Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2012 übersandten, von der H…… Kontor Unternehmensmanagement GmbH & Co. KG erstellten Wirtschaftlichkeitsberechnung (Bl. 78 der Gerichtsakte) beträgt der Wärmebedarf der Hähnchenmastanlage insgesamt 840.000 kW/ Jahr (84.000 Plätze á 10 kW/ Jahr). Bei Verwendung von Flüssiggas sei von jährlichen Gesamtkosten in Höhe von 45.600 EUR pro Jahr auszugehen (Heizkosten pro kW = 0,054 EUR). Demgegenüber entstünden bei dem geplanten Einsatz eines zweiten Blockheizkraftwerks zur Grundlastabdeckung sowie der bestehenden Flüssiggasheizung zur Spitzenlastabdeckung jährliche Gesamtkosten von nur 15.178 EUR pro Jahr (Heizkosten pro kW = 0,0181 EUR).

Dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung wurden folgende Annahmen zugrunde gelegt:

Berechnung für die ausschließliche Verwendung der Flüssiggasheizung:

1 Liter Flüssiggas entspricht

10,5 kW

Flüssiggasbedarf (840.000 / 10,5)

80.000 Liter/ Jahr

Preis pro Liter Flüssiggas

57 EUR/ 100 l

Gesamtkosten Flüssiggas (80.000 x 57/ 100)

45.600 EUR/ Jahr

Berechnung für den Einsatz eines zweiten Blockheizkraftwerks zur Grundlastabdeckung sowie der bestehenden Flüssiggasheizung zur Spitzenlastabdeckung:

BHKW-Auslegung:

Volllaststunden

3.000,0 h/ Jahr

BHKW-Auslegung

280,0 kWh

beantragte Leistung des BHKW

245 kWh thermisch

Abdeckung durch BHKW (245 x 3.000)

735.000 kW

Berechnung des verbleibenden Bedarfs Flüssiggasheizung

zusätzlicher Wärmebedarf

35,0 kWh

zusätzlicher Wärmebedarf pro Jahr (840.000 - 735.000)

105.000 kW

Flüssiggasbedarf (105.000 / 10,5)

10.000 Liter/ Jahr

Preis pro Liter Flüssiggas

57 EUR/ 100 l

Gesamtkosten Flüssiggas (10.000 x 57/ 100)

5.700 EUR/ Jahr

Kosten insgesamt/ Jahr

Investitionskosten Mikrogasleitung: 50.341 EUR; jährliche Kosten bei Abschreibung über 10 Jahre

5.034 EUR

Zinsen 4 %

1.762 EUR

Kosten für größeren Gasverdichter

1.682 EUR

Wartung

1.000 EUR

Kosten Flüssiggas für Spitzenlastabdeckung

5.700 EUR

Gesamtkosten

15.178 EUR

Die übersandte Wirtschaftlichkeitsrechnung überzeugt jedoch nicht, weil sie - wie auch der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugestanden hat - teilweise unvollständig ist.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt als Investitionskosten nur die Kosten für die Mikrogasleitung mit 50.341 EUR. Für das geplante Vorhaben ist darüber hinaus aber die Errichtung des Blockheizkraftwerks einschließlich Container und Betonplatte für die Rückkühler zu berücksichtigen. Die voraussichtlichen Investitionskosten hat der Kläger für die Bestimmung des vorläufigen Streitwertes dagegen mit 207.448,16 EUR beziffert (Bl. 26 der Gerichtsakte).

Auch widerspricht der nun im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzte zusätzliche Wärmebedarf durch Flüssiggasheizung nach Abzug der vom Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme den Angaben, die in dem vom Kläger eingeholten und an den Beklagten übersandten „Rechtsgutachten zum Anlagenbegriff bei Satelliten-BHKW“ (Bl. 13 R der Beiakte A) enthalten sind und die der Beklagte bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag zugrunde gelegt (vgl. Seite 3 f. des Ablehnungsbescheides vom 8. Juni 2011, Bl. 52 f. der Gerichtsakte) und von denen beide Beteiligte auch im gerichtlichen Verfahren ausgegangen sind (vgl. einerseits Seite 3 der Klageerwiderung des Beklagten vom 13. Oktober 2011, Bl. 36 der Gerichtsakte und andererseits Seite 2 der Erwiderung durch den Kläger mit Schriftsatz vom 15. November 2011, Bl. 39 der Gerichtsakte). Aus dem vorgenannten Gutachten ergibt sich, dass der Kläger von einer Abdeckung der Grundlast durch das Blockheizkraftwerk in Höhe von 70 % ausgegangen ist. Bei einem Wärmebedarf von 840.000 kW/ Jahr wären damit 588.000 kW/ Jahr durch das Blockheizkraftwerk abgedeckt, während 252.000 kW/ Jahr durch den Betrieb der Flüssiggasheizung abgedeckt werden müssten. Demgegenüber geht die nunmehr vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung - ohne weitere Begründung und ohne dass der Kläger diesen Wert in der mündlichen Verhandlung erklären konnte  - von einem zusätzlichen Wärmebedarf von nur 105.000 kW/ Jahr aus, also einem Anteil von 12,5 % statt zuvor 30 %.

Unter Zugrundelegung des bisherigen Vortrags ergeben sich demnach folgende Kosten durch den Betrieb der Flüssiggasheizung:

Berechnung des verbleibenden Bedarfs Flüssiggasheizung

zusätzlicher Wärmebedarf pro Jahr (30 % von 840.000)

252.000 kW

Flüssiggasbedarf (252.000 / 10,5)

24.000 Liter/ Jahr

Preis pro Liter Flüssiggas

57 EUR/ 100 l

Gesamtkosten Flüssiggas (24.000 x 57/ 100)

13.680 EUR/ Jahr

Bei Zugrundelegung dieses Betrags sowie der - wie ausgeführt - korrekten voraussichtlichen Investitionskosten würden sich die jährlichen Gesamtkosten auf 44.368 EUR und dementsprechend die Heizkosten pro kW auf 0,05281 EUR erhöhen:

Investitionskosten insgesamt: 207.448,16 EUR;        jährliche Kosten bei Abschreibung über 10 Jahre

20.745 EUR

Zinsen 4 %

7.261 EUR

Kosten für größeren Gasverdichter

1.682 EUR

Wartung

1.000 EUR

Kosten Flüssiggas für Spitzenlastabdeckung

13.680 EUR

Gesamtkosten

44.368 EUR

Die Beheizung durch das Blockheizkraftwerk wäre bereits hiernach nicht erheblich wirtschaftlicher als die bisherige Beheizung durch Flüssiggas, bei der laut Wirtschaftlichkeitsberechnung von jährlichen Gesamtkosten in Höhe von 45.600 EUR pro Jahr und damit Heizkosten pro kW von 0,054 EUR auszugehen sei.

Hinzu kommt, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung bei der Darstellung der Kosten für das geplante Vorhaben unberücksichtigt lässt, dass die Biogasanlage ohne Anschluss eines zweiten Blockheizkraftwerks höher gefahren werden kann und dass im geplanten Blockheizkraftwerk Biogas verbrannt werden soll, dass der bisherigen Verwendung zur Verstromung im bereits vorhandenen Blockheizkraftwerk nicht mehr zur Verfügung stehen würde, so dass es insoweit zu finanziellen Einbußen kommt. Laut Aktenvermerk des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. Januar 2011 sollen bei dem geplanten Blockheizkraftwerk etwa 797.000 m3 Biogas verbraucht werden (Bl. 27 der Beiakte A). Bei einem angenommenen elektrischer Wirkungsgrad bei der Verstromung des Biogases im bisherigen Blockheizkraftwerk von 35 % lassen sich pro 1 m3 ca. 1,8 - 2,5 kWh Strom erzeugen (vgl. dazu die Faustzahlen für die Biogaserzeugung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft - Institut für Landtechnik und Tierhaltung -, http://www.lla-bayreuth.de/files/1_Aktuelles/infos/datei/Vergleichszahlen.pdf). Bei konservativer Rechnung mit dem Wert 1,8 kWh ergibt sich daraus eine Strommenge von 1.434.600 kWh, die nicht mehr in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden könnte und zu dementsprechenden Einnahmeausfällen führte. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des geplanten Vorhabens hat ein „vernünftiger Landwirt“ aber auch diese nachteilige Veränderung seines „status quo“ berücksichtigen.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er wäre auch mit einer Genehmigungserteilung unter der Auflage des Einbaus einer wärmegeführten Steuerung einverstanden, bei der die Anlage entsprechend dem jeweiligen Wärmebedarf gefahren würde, ändert dies an den vorstehenden Ausführungen nichts. Daher kann auch dahinstehen, ob eine solche Steuerung technisch möglich wäre, was der Beklagte bezweifelt (Bl. 38 der Beiakte A).

Unter Berücksichtigung der dargestellten Kosten-/ Nutzenanalyse sowie der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs würde ein vernünftiger Betriebsinhaber eine vergleichbare Baumaßnahme nicht verwirklichen. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB  lässt Bauvorhaben, die der Erweiterung eines im Außenbereich bereits zulässigerweise errichteten Betriebs dienen, nur deshalb bevorzugt zu, weil der Außenbereich an dieser Stelle durch die vorhandenen zum Betrieb gehörenden baulichen Anlagen bereits vorgeprägt ist und deshalb angenommen werden kann, die Situation vor Ort habe sich auf diese bauliche Nutzung eingestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2011 - 4 C 9.10 - BVerwGE 139, 21, Rn. 21 nach juris). Hier steht jedoch tatsächlich nicht die Erweiterung des bestehenden Betriebes - also der Hähnchenmastanlage - im Vordergrund. Im Hinblick auf die dargestellte Beschlusslage der Clearingstelle EEG besteht das vorrangige Motiv des Klägers offensichtlich vielmehr darin, durch die mit Anschluss eines zweiten Blockheizkraftwerks verfolgte künstliche Aufspaltung der bisherigen Biogasanlage die Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz als selbständigen neuen gewerblichen Betrieb zu führen. Diese Interessenlage rechtfertigt eine Zulassung des Vorhabens im Außenbereich nicht.