Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.08.2001, Az.: 5 K 21/00
Umsatzsteuerbefreiung für Verwaltungsgebühren für eine treuhänderische Kreditvergabe für die Landestreuehandstelle; Zahlungen für eine Kreditvergabe, die im Rahmen der Kreditgewährung umsatzsteuerfrei sind
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.08.2001
- Aktenzeichen
- 5 K 21/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 21127
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0823.5K21.00.0A
Rechtsgrundlage
- § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Verwaltungsgebühren, die ein Stpfl. für die treuhänderische Kreditvergabe für die Landestreuhandstelle erhalten hat, können gem. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei sein.
- 2.
Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Verwaltungsgebühren nicht um ein Entgelt für Kreditverwaltungsleistungen gegenüber der Landestreuhandstelle handelt, sondern um Zahlungen für die Kreditvergabe, die im Rahmen der Kreditgewährung als solche umsatzsteuerfrei sind.
Tatbestand
Die Klägerin ist im Streitjahr im Rahmen von Kreditvergaben treuhänderisch für die ....... Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen .... (LTS) tätig gewesen. Die LTS vergab u.a. Baudarlehen zur Förderung bestimmter wohnungsbaupolitischer Zwecke, die sie aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt bekam.
Die Darlehensgewährung erfolgte aufgrund eines von der LTS erteilten Bewilligungsbescheides. Dieser enthielt bestimmte Auflagen, die der Adressat des Bescheides zu beachten hatte. U.a. enthielt er die Auflage, mit dem darlehensverwaltenden Kreditinstitut einen formularmäßig vorgeschriebenen Darlehensvertrag abzuschließen und alle weiteren Verhandlungen mit diesem Institut zu führen. Wegen der Einzelheiten des Bewilligungsbescheides wird auf den als Muster vorgelegten Bescheid Bezug genommen.
Zur Kreditvergabe bediente sich die LTS u.a. der Klägerin. Grundlage der Vereinbarungen zwischen der LTS und der Klägerin sind die allgemeinen Vertragsbedingungen der Landestreuhandstelle für den Wohnungsbau vom 1. Januar 1957, auf die verwiesen wird. Die Konditionen für die Kreditvergabe wurden mittels Rundschreiben der LTS an die Klägerin festgelegt. Aus diesen Rundschreiben (Nr. 1/57 und 2/84), auf die Bezug genommen wird, ergeben sich insbesondere einzelne Modalitäten zur Verzinsung und Tilgung der Darlehen sowie zu den an Darlehensnehmer in Rechnung zu stellenden Bearbeitungs- und Verwaltungsgebühren. Ferner ist in den Rundschreiben die Aufteilung der Gebühren zwischen der LTS und der Klägerin geregelt. Danach verbleibt die Bearbeitungsgebühr vollständig bei der Klägerin. Von dem erhobenen Verwaltungskostenbeitrag behält die Klägerin einen in den Rundschreiben festgesetzten Teilbetrag.
Die Darlehensvergabe erfolgte durch die Klägerin in eigenem Namen. Zu diesem Zweck wurde ein nach den Vorgaben der LTS ausgestalteter Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Darlehensnehmer geschlossen, in dem u.a. auf den Bewilligungsbescheid der LTS Bezug genommen wird. Wegen der Einzelheiten wird auf den Darlehensmustervertrag verwiesen.
Die LTS zahlte die Darlehensmittel unter Einbehalt ihres Gebührenanteils an die Klägerin aus. Diese reichte den verbleibenden Darlehensbetrag unter Einbehalt ihres Gebührenanteils und einer weiteren mittels Rundschreiben der LTS festgelegten Bearbeitungsgebühr an den jeweiligen Darlehensnehmer weiter, so dass insgesamt nur ein Teilbetrag des Darlehens zur Auszahlung an den Darlehensnehmer kam. Die laufenden Zins- und Tilgungsleistungen wurden dem jeweiligen Darlehensnehmer während der Vertragslaufzeit von der Klägerin in Rechnung gestellt, von dieser eingezogen und an die LTS abgeführt.
In ihrer Umsatzsteuererklärung ging die Klägerin davon aus, dass es sich bei den Gebühren für die Verwaltung der Treuhandkredite um steuerfreie Umsätze handelt. Demgegenüber unterwarf der Beklagte die Umsätze der Klägerin aus der Verwaltung der Treuhandkredite der Regelbesteuerung und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Hiergegen richtet sich die von der Klägerin erhobene Sprungklage, der der Beklagte zugestimmt hat.
Die Klägerin meint, die Umsätze aus der Verwaltung der Kredite sei nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie umsatzsteuerfrei. Da die Richtlinie insofern eindeutig sei, könne sich die Klägerin unmittelbar auf sie berufen. Ferner ergebe sich die Steuerfreiheit der Umsätze unter dem Gesichtspunkt der Leistungskommission aus Artikel 6 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie. Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Leistungskommission im nationalen Umsatzsteuerrecht sei mittlerweile vom BFH in seinen Urteilen vom 7. Oktober 1999 (V R 79,80/98) und vom 25. Mai 2000 (V R 66/99) anerkannt.
Die Klägerin beantragt,
Die Umsatzsteuer um 43.471,57 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, mit dem Wegfall der Steuerbefreiung von Kreditverwaltungsleistungen durch das Jahressteuergesetz 1996 in§ 4 Nr. 8 a UStG seien die entsprechenden Umsätze nicht mehr umsatzsteuerbefreit. Auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie könne sich die Klägerin nicht berufen, da dort nur die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber, nicht aber die Fremdkreditverwaltung umsatzsteuerbefreit sei. Die Grundsätze der Leistungskommission seien nach bisheriger, u.a. in Richtlinien festgeschriebener, allgemeiner Rechtsauffassung im deutschen Umsatzsteuerrecht nicht anwendbar. Dabei handele es sich um entgegenstehende Regelungen im Sinne des Artikels 28 Abs. 3 Buchstabe e der 6. EG-Richtlinie, die im nationalen Recht weiterhin angewandt werden dürften. Da der Bundesfinanzhof dies in seinen neueren Entscheidungen zur Leistungskommission verkannt habe, sei diese insofern nicht anwendbar.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte verwiesen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu Steuer-Nr. .... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 zulässige Sprungklage ist begründet. Die Verwaltungsgebühren, die die Klägerin für die treuhänderische Kreditvergabe für die LTS erhalten hat, sind gemäß § 4 Nr. 8 Buchstabe a Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei.
Durch die Neufassung des § 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 sind die Kreditverwaltungsleistungen für Dritte nach nationalem Recht grundsätzlich nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit. Bei den Verwaltungsgebühren, die die Klägerin von der LTS erhalten hat, handelt es sich jedoch nicht um ein Entgelt für Kreditverwaltungsleistungen gegenüber der LTS, sondern um Zahlungen für die Kreditvergabe, die im Rahmen der Kreditgewährung als solcher umsatzsteuerfrei sind.
Bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen ist zunächst zu unterscheiden, wem gegenüber die Klägerin welche Leistungen erbracht hat. Inhalt der Leistung der Klägerin gegenüber den Darlehnsnehmern ist eine reine Kreditvergabe. Aufgrund des im Wesentlichen von der LTS vorgegebenen Vertragsinhalts ist die Klägerin zwar ebenso wie die Darlehnsnehmer an bestimmte Inhalte bei der Kreditvergabe gebunden. Bei diesen Abweichungen von üblichen Kreditvergabebedingungen handelt es sich aber lediglich um bestimmte Modalitäten der Kreditvergabe, die keine zusätzlichen Leistungen der Klägerin gegenüber dem Darlehnsnehmer beinhalten. Zusätzliche Leistungen hat die Klägerin - wenn überhaupt - allein gegenüber der LTS in Form von Kreditverwaltungsleistungen übernommen und erbracht.
Rechtsgrundlage der Kreditverwaltungsleistungen der Klägerin sind die allgemeinen Vertragsbedingungen vom 1. Januar 1957 (allgemeine Vertragsbedingungen) als vertragliche Rahmenbedingung zwischen der Klägerin und der LTS in Verbindung mit den sie teilweise konkretisierenden Rundschreiben Nr. 1/57 und 2/84. Nach § 1 Abs. 1 der allgemeinen Vertragsbedingungen ist die Klägerin neben der Durchführung der Beleihung und der Darlehensauszahlung auch mit der Darlehensverwaltung beauftragt. Die Übertragung der Darlehensverwaltung auf die Klägerin erfolgt unter Bezugnahme auf Nr. 58 der Wohnungsbauförderungsbestimmungen, die der Durchführung der im Zweiten Wohnungsbaugesetz gestellten Aufgaben dienen. Aufgrund dieser Vereinbarungen hat es die Klägerin u.a. übernommen, die vertragsgemäß zu leistenden Tilgungsleistungen von den Darlehensnehmern einzuziehen, hierüber gesonderte Aufzeichnungen zu führen, die LTS über eine vorzeitige Darlehenskündigung zu unterrichten und außerplanmäßige Rückzahlungen der Darlehensnehmer umgehend unter Angabe spezifischer Informationen an die LTS weiter zu leiten. Für diese aufgrund der allgemeinen Vertragsbedingungenübernommenen Kreditverwaltungsleistungen ist der Klägerin die Verwaltungsgebühr gezahlt worden.
Die Klägerin und die LTS gehen zwar davon aus, dass es sich bei den übernommenen Aufgaben der Klägerin um über denüblichen Rahmen von Kreditverwaltungsleistungen hinausgehende Tätigkeiten und damit sonstige Leistungen in Form von Geschäftsbesorgungen an die LTS handelt. Tatsächlich hat die Klägerin aber keine nennenswerten zusätzlichen Tätigkeiten erbracht, die sie nicht auch bei eigenen Kreditvergaben zu leisten gehabt hätte. Die Verwaltungsgebühren, die von der LTS für Kreditverwaltungsleistungen an die Klägerin gezahlt wurden, sind daher tatsächlich Gebühren für die Kreditvergabe, die bereits als solche nach § 4 Nr. 8 a UStG umsatzsteuerfrei sind. Somit kann im Streitfall dahinstehen, ob die Grundsätze der Leistungskommission im deutschen Umsatzsteuerrecht entsprechend §§ 3 Abs. 3 bzw. 11 UStG in richtlinienkonformer Auslegung oder unmittelbar gemäß Artikel 6 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie zu beachten sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).