Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.08.2001, Az.: 2 K 516/98

Voraussetzugnen der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken; Eigenheimzulage bei Verpflichtung zur Errichtung eines Altenteilerhauses

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
15.08.2001
Aktenzeichen
2 K 516/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14609
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0815.2K516.98.0A

Fundstellen

  • DStRE 2002, 626 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZEV 2002, 252

Tatbestand

1

Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger für das Haus in X Eigenheimzulage nebst Kinderzulage ab 1997 zu gewähren ist.

2

Durch notariellen Vertrag vom 06.04.1996 wurde dem Kläger von seinem Vater der landwirtschaftliche Hof in X im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. In § 4 des Übergabevertrages wurde ein Altenteil vereinbart. In § 4 a wurde damals folgende Regelung getroffen:

"Freies unentgeltliches Wohnungsrecht in sämtlichen Räumen des auf dem Flurstück 58/8 des Übertragungsgegenstandes befindlichen Wohnhauses. Der Übernehmer errichtet auf dem Flurstück 58/8 ein Altenteilerhaus. Nach Fertigstellung dieses Hauses werden die Altenteiler dorthin umziehen; der Übernehmer wird mit seiner Familie in das alte Wohnhaus ziehen. Die Altenteiler verpflichten sich, bei Bezugsfertigkeit des Altenteilerhauses dorthin umzuziehen und das bisherige Wohnhaus zu räumen. Mit dem Umzug der Altenteiler erlischt das Wohnungsrecht an dem alten Wohnhaus und wird zu Gunsten der Altenteiler an dem neuen Wohnhaus begründet.

Auch nach dem Ableben eines Berechtigten verbleibt das Wohnrecht für die gesamte Wohnung bei dem Letztlebenden."

3

Aufgrund der im Januar 1996 erteilten Baugenehmigung wurde mit dem Bau des Altenteilerwohnhauses im April 1996 begonnen. Die Herstellungskosten betrugen insgesamt 195.146 DM. Seit Anfang 1997 war das Altenteilerhaus fertiggestellt, die Übergeber (Eltern des Klägers, Altenteiler) bewohnen seit der Fertigstellung das Haus.

4

Der Kläger stellte einen Antrag auf Eigenheimzulage für das neu errichtete Objekt ab 1997. Das Finanzamt gewährte zunächst Eigenheimzulage, jedoch ohne Kinderzulage. Der Kläger legte wegen Nichtgewährung der Kinderzulage Einspruch gegen den Bescheid ein. Im Einspruchsverfahren hob das Finanzamt sodann den Eigenheimzulagebescheid auf. Es war im Einspruchsverfahren zu der Rechtsansicht gelangt, das neu errichtete Wohnhaus werde von den Eltern des Klägers aufgrund vorbehaltenen Wohnrechtes genutzt.

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Hiergegen richtet sich die Klage.

6

Der Kläger ist der Ansicht, nach § 4 des Eigenheimzulagegesetzes (EigZulG) sei Eigenheimzulage zu gewähren, da er das Haus unentgeltlich an Angehörige im Sinne des § 15 Abgabenordnung (AO) zu Wohnzwecken überlassen habe. Das Altenteilerwohnhaus werde von seinen Eltern bewohnt. An dem Altenteilerwohnhaus sei kein Wohnrecht in dem Übergabevertrag vorbehalten worden. Lediglich an dem alten, zum Betrieb gehörenden Wohnhaus, sei ein unentgeltliches Wohnrecht bestellt worden. Der Kläger habe darüber hinaus in dem Übergabevertrag lediglich seine Bereitschaft bekundet, ein Altenteilerwohnhaus zu errichten. Eine zivilrechtliche Verpflichtung ergebe sich daraus jedoch nicht. Die Altenteiler hätten sich verpflichtet, nach Bezugsfertigkeit des Altenteilerhauses dorthin umzuziehen. Daher sei das Wohnrecht in dem alten Haus erloschen, an dem neuen Wohnhaus sei ein neu zu wertendes Wohnrecht bestellt worden. Daraus folge, dass den Altenteilern das Wohnrecht an dem neuen Wohnhaus zugewendet worden sei. Ein Vorbehalt zum Wohnrecht könne nicht vorliegen, da die Eltern des Klägers zu keinem Zeitpunkt Eigentümer des neuen Gebäudes geworden seien.

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Der Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 22. Juni 1996 ab 1997 Eigenheimzulage von jährlich 5.000 DM sowie eine Kinderzulage von jährlich 4.500 DM festzusetzen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

10

Bereits im Hofübergabevertrag habe der Kläger die Verpflichtung übernommen, das Altenteilerhaus zu errichten. Damit hätten sich die Eltern im Ergebnis im Hofübergabevertrag das Wohnrecht an dem noch zu errichtenden Gebäude vorbehalten. Der Kläger habe aufgrund der im Übergabevertrag eingegangenen Verpflichtung nicht mehr frei entscheiden können, ob er das Haus nach Fertigstellung den Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen solle oder nicht. Eine unentgeltliche Überlassung an Angehörige im Sinne des § 4 EigZulG liege daher nicht vor.

Gründe

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Die Klage ist nicht begründet.

12

Nach § 4 Abs. 1 EigZulG besteht ein Anspruch auf Gewährung einer Eigenheimzulage nur für Kalenderjahre, in denen der Anspruchsberechtigte die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Allerdings liegt gemäß § 4 Satz 2 EigZulG eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vor, soweit eine Wohnung unentgeltlich an eine Angehörige im Sinne des § 15 der AO zu Wohnzwecken überlassen wird. Eine Überlassung der Wohnung setzt dabei voraus, dass der Nutzungsberechtigte seine Berechtigung vom Eigentümer ableitet. Dies wäre zweifelsfrei der Fall, wenn der Eigentümer aufgrund eines zugewendeten obligatorisch neu dinglichen Rechts die fremde (unentgeltliche) Nutzung gestattet. Ein Überlassen im Sinne von § 4 Satz 2 EigZulG ist hingegen zu verneinen, wenn der bisherige Eigentümer sich bei der Übertragung des Objektes ein dingliches oder schuldrechtliches Nutzungsrecht vorbehält; denn die Nutzungsrechtsbestellung ist nicht als Gegenleistung des Erwerbers, sondern als vorbehaltene Minderung des übertragenen Vermögens zu qualifizieren (Wacker, Kommentar zum EigZulG, § 4 Rdz. 25; so auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 8. März 2000 V 116/99).

13

Der Senat kann im Streitfall dahingestellt sein lassen, ob es sich bei dem Wohnrecht an dem neu errichteten Altenteilerhaus um einen Vorbehaltsnießbrauch oder um einen Zuwendungsnießbrauch handelt.

14

In § 4 a des Übergabevertrages allerdings hat der Kläger bereits gegenüber den Altenteilern die Verpflichtung übernommen, ein Altenteilerhaus zu errichten. In § 4 a Satz 2 heißt es ausdrücklich: "Der Übernehmer errichtet auf dem Flurstück 58/8 ein Altenteilerhaus." In § 4 a Satz 4 ist für die Altenteiler die weitere Verpflichtung aufgenommen, bei Bezugsfertigkeit des Altenteilerhauses dorthin umzuziehen und das bisherige Wohnhaus zu räumen.

15

Bereits bei Abfassung des Übergabevertrages ist deshalb zwischen dem Kläger und den Altenteilern klar und eindeutig die Verpflichtung geregelt worden, ein Altenteilerhaus zu errichten. Die Altenteiler waren zudem verpflichtet, in dieses Haus umzuziehen. Aufgrund § 4 a bestand für den Kläger eine einklagbare Verpflichtung auf Räumung des alten Wohnhauses.

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Aufgrund dieser besonderen vertraglichen Konstellation könnte man in diesem Sonderfall davon ausgehen, dass sich die Altenteiler ein Nießbrauchsrecht an dem noch zu errichtenden Haus haben bestellen lassen. Die Nutzung dieses Hauses wäre demnach noch Ausfluss ihrer eigenen Vermögensposition gewesen. Dieses könnte durchaus als Vorbehaltsnießbrauch angesehen werden. Dies kann jedoch dahinstehen.

17

Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise leiten die nutzungsberechtigten Altenteiler, hier jedenfalls, das Nutzungsrecht aus ihrer ehemaligen Stellung als Hofeigentümer und Vermögensübergeber ab. Der Kläger war nach § 4 a des Altenteilervertrages gerade nicht mehr frei in seiner Entscheidung, seinen Eltern das Nutzungsrecht an dem neu zu errichtenden Haus zu überlassen.

18

Wenn nun ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes Grundstück mit Zustimmung des Berechtigten gegen ein anderes Grundstück getauscht und an diesem neuen Grundstück wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, setzt sich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vorbehaltsnießbrauch an dem neuen Grundstück als Surrogat fort, auch wenn sich der Nießbrauch zivilrechtlich an dem neuen Grundstück als Zuwendungsnießbrauch darstellt (BFH-Urteil vom 24. Januar 1995 IX R 40/92, BFH/NV 1995, 770). In dem vom BFH entschiedenen Fall war es dabei so gewesen, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt die Auswechselung des Grundstückes zwischen den Beteiligten einvernehmlich vereinbart worden ist. Im Streitfall hingegen ist bereits im Rahmen des Übergabevertrages vereinbart worden, dass sich innerhalb kurzer Zeit der Nießbrauch an einem neu zu errichtenden Gebäude fortsetzen soll. In diesem Fall ist erst recht davon auszugehen, dass sich der Vorbehaltsnießbrauch als Surrogat an dem neu zu errichtenden Altenteilerhaus fortsetzt.

19

Deshalb allerdings nutzen die Eltern des Klägers das Altenteilerhaus aufgrund eigenen Rechtes. Eine unentgeltliche Überlassung im Sinne des § 4 Satz 2 EigZulG an sie liegt nicht vor.

20

Die Klage war mit der Kostenfolge des § 135 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.