Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.03.2004, Az.: 21 UF 157/03

Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge; Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge; Darlegung von Änderungen an einer kontinuierlichen, vom Antragsteller vor und nach Scheidung der Parteien zumindest stillschweigend Jahre lang gebilligten Betreuungssituation rechtfertigenden Umständen; Einen Wechsel des Sohnes aus der jahrelang erprobten verlässlichen Betreuungssituation bei der Mutter rechtfertigende "Geschwisterzusammenführung"; Nichtvorliegen einer mit einer klassischen Geschwistersituation vergleichbaren Beziehung; Interesse des Kindeswohls

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
12.03.2004
Aktenzeichen
21 UF 157/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 35386
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2004:0312.21UF157.03.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
AG Neustadt am Rübenberg - 12.03.2004 - AZ: 34 F 91/02

Fundstelle

  • FamRZ 2005, 52 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Elterliche Sorge für das mdj. Kind M. C., geb. 1996

Tenor:

  1. 1.

    Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt vom 8. Juli 2003 wird gerichtsgebührenfrei und im Übrigen auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

    Beschwerdewert: 3.000 EUR

  2. 2.

    Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers für die Beschwerdeinstanz wird gerichtsgebührenfrei zurückgewiesen.

Gründe

1

1.

Die Beschwerde des Antragstellers, mit der er statt der Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Mutter in erster Linie die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sich, hilfsweise die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder zumindest die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge erstrebt, ist unbegründet. Die zudem weiterhin hilfsweise erstmals in der Beschwerdeinstanz im Wege der Erweiterung des Verfahrensgegenstandes erstrebte Regelung des Umgangsrechts, welcher die Antragsgegnerin nicht zugestimmt hat, ist mangels Sachdienlichkeit (die Verhältnisse müssten insoweit erstmals aufgeklärt werden) analog § 533 ZPO unzulässig.

2

Zu Recht hat das Amtsgericht durch die angefochtene Entscheidung die elterliche Sorge für den gemeinsamen inzwischen 6-jährigen Sohn M. allein der Mutter übertragen.

3

Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien im Jahr 1999 bei der Mutter, bei der er sich sowohl nach dem Bericht des Jugendamtes der Region Hannover als auch nach dem persönlichen Eindruck des Amtsrichters, welcher das Kind zuhause angehört hat, wohl fühlt und von der er gut betreut wird. Sachliche Gründe, an dieser kontinuierlichen Betreuungssituation, die der Antragsteller vor und nach Scheidung der Parteien zumindest stillschweigend Jahre lang gebilligt hat, etwas zu ändern, hat der Antragsteller bisher weder dargetan, noch sind solche Umstände sonst ersichtlich.

4

Die vom Antragsteller erstmals in diesem Verfahren nach Verlust seines Arbeitsplatzes für eine Betreuung des Sohnes ins Feld geführte "Geschwisterzusammenführung" rechtfertig keinen Wechsel des Sohnes aus der jahrelang erprobten verlässlichen Betreuungssituation bei der Mutter hin in die neue "Familie" des Vaters, bestehend aus dem Vater, dessen Lebensgefährtin, deren 5-jähriger Tochter und dem gemeinsamen 1-jährigen Kind aus dieser neuen Beziehung. Zu dieser lange nach Trennung der Eltern (Parteien) in der neuen Beziehung des Vaters geborenen Schwester hat M. über das Zusammentreffen gelegentlich des Umgangs beim Vater keine einer klassischen Geschwistersituation vergleichbare Beziehung. Zudem würde die Betreuung im Haushalt des Vaters zumindest nach Beendigung seiner Arbeitslosigkeit im Wesentlichen durch eine Fremde, nämlich seine neue Lebensgefährtin erfolgen.

5

Der Antragsteller hat auch keine der Aufklärung durch ein Sachverständigengutachten zugänglichen Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass das Kindeswohl einen Wechsel von M. in seinen Haushalt erfordere.

6

Bei dieser Sachlage entspricht auch aus Gründen der Kontinuität ein Verbleib von M. in der Betreuung durch die Mutter dem Kindeswohl weiterhin am besten.

7

Zu Recht hat das Amtsgericht es bei den vorliegenden Verhältnissen weiter nicht lediglich bei einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter unter Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen bewenden lassen. Denn die Parteien sind, wie die gescheiterten Vermittlungsbemühungen des Amtsgerichts und des Jugendamts in diesem Verfahren und der gesamte Akteninhalt exemplarisch belegen, derart zerstritten, dass im Interesse des Kindes ein gedeihliches Zusammenwirken auch bei den nur wenigen der gemeinsamen elterlichen Sorge durch § 1687 BGB vorbehaltenen Grundsatzentscheidungen nicht erwartet werden kann.

8

Daher ist der Mutter die im Interesse des Kindeswohls gemäß § 1571 Abs. 2 Ziffer 2 BGB erforderlich alleinige elterliche Sorge zu übertragen.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 3 KostO, § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

10

2.

Das Prozesskostenhilfegesuch des Vaters für die Beschwerdeinstanz ist aus den Gründen zu Ziffer 1. mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (§ 14 FGG i.V.m. § 114 ZPO) unbegründet.

11

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 3.000 EUR