Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 20.04.2006, Az.: L 8 SO 50/05

Anspruch eines Kostenbeitrags aus den Zinsen der Schmerzensgeldzahlung; Zuständigkeit des Landes für den Kostenbescheid als überörtlicher Träger der Sozialhilfe; Berücksichtigung der Entschädigung eines Nichtvermögensschadens bei der Einkommensanrechnung; Erstreckung des Schutzes auf die aus dem Kapital des Schmerzensgeldes herrührenden Zinserträge

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
20.04.2006
Aktenzeichen
L 8 SO 50/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 17076
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0420.L8SO50.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 28.04.2005 - AZ: S 16 SO 4/05

Redaktioneller Leitsatz

Zinseinkommen auf Grundlage einer Schmerzensgeldentschädigung ist nicht als Einkommen i.S.d. § 76 BSHG zu berücksichtigen, da dieses Einkommen umfassend geschützt werden soll.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. April 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die zweitinstanzlich angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die stationär untergebrachte Klägerin wendet sich gegen einen Kostenbeitragsbescheid des Beklagten, mit dem jährlich anfallende Zinsen aus einer Schmerzensgeldzahlung als Kostenbeitrag verlangt werden.

2

Die im August 1962 geborene Klägerin ist geistig behindert (cerebrales Anfallsleiden bei frühem Cerebralschaden; geistige Behinderung vom Grade einer Debilität). Sie ist seit langem in einer Werkstatt für Behinderte in H. aufgenommen. Mit ihrem Bruder ist die Klägerin seit September 1995 in der Wohnanlage der I. H. untergebracht (Kostenanerkenntnis vom 29. August 1995, Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.V.m. § 43 Abs. 1 BSHG). Die Klägerin erzielt aus ihrer Tätigkeit in der Werkstatt für Behinderte ein Arbeitseinkommen in Höhe von 95,00 EUR monatlich; außerdem erhält sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente der Landesversicherungsanstalt (LVA) J. (nach dem letzten bekannten Bescheid vom 15. Mai 2004 beträgt die monatliche Zahlung 625,66 EUR). Aufgrund eines in der Anlage der I. erlittenen Unfalls erhielt die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,00 EUR (Vergleich am 28. August 2003 vor dem Landgericht (LG) H., Aktenzeichen K. - danach zahlt die Beklagte jenes Verfahrens "an die Klägerin 50.000,00 EUR aus Kulanz ohne Anerkennung einer Rechtspflicht als Schmerzensgeld" -). Die Betreuerin der Klägerin legte dieses Kapital am 2. Februar 2004 auf einem Sparbuch bei der Sparkasse H. an (Kontonummer L.). Zum 31. Dezember 2004 wies dieses Sparbuch Habenzinsen in Höhe von 228,47 EUR auf.

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Die Zinsen dieses Jahres und die weiteren jährlich anfallenden Zinsen will der Beklagte als Kostenbeitrag vereinnahmen und regelte dies mit Bescheid vom 21. Januar 2004. Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, die Zinsen dienten dem Erhalt der Kaufkraft der Schmerzensgeldzahlung, die als Vermögen nicht eingesetzt werden müsse. Diese Funktion des Kapitalbetrages könne nur bewahrt werden, wenn neben dem Kapitalbetrag selbst auch die hieraus zu ziehenden Nutzungen sozialhilferechtlich nicht berücksichtigt würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2004 wies das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Landessozialamt den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kostenbeitrag werde zu Recht gefordert, weil es sich bei den jährlichen Zinszahlungen um Einkommen gemäß § 76 Abs. 1 BSHG handele. Die Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 BSHG komme nicht zur Anwendung, weil diese sich nur auf Vermögen beziehe. Mithin seien die Zinsen aus dem Schmerzensgeld nach § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Einnahmen zu berücksichtigen. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes zur Kompensation eines materiellen Schadens erfolge nach punktueller Einschätzung und Vergütung des verletzten Gutes. Insoweit werde damit der erlittene Schaden vollständig abgedeckt. Eine Verzinsung erhöhe den Schadensausgleich und würde wie im vorliegenden Fall den vereinbarten Vergleich aushöhlen, wenn die Zinsen der Klägerin verblieben. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 11. Dezember 2004 zugestellt.

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Die Klägerin hat am 11. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben. Sie hat vorgetragen, dass das Schmerzensgeldkapital einschließlich der durch verzinsliche Anlage zu erzielenden Erträge dem Ausgleich der körperlichen Unversehrtheit mit Dauerfolgen und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen diene, welche ihr aufgrund des Unfallereignisses im November 1998 entstanden seien und auch weiterhin entstünden. Die Zinsen dienten allein dem Erhalt der Kaufkraft eines als Vermögen nicht zu berücksichtigenden Kapitalbetrages, der für eine lebenslängliche Beeinträchtigung gezahlt worden sei. Die in § 77 Abs. 2 BSHG angeordnete Nichtanrechnung des Schmerzensgeldes als Einkommen müsse dahin verstanden werden, dass ein Schmerzensgeld in vollem Umfang unberücksichtigt bleibe, so dass auch die Zinsen der Kapitalentschädigung nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien. Der Beklagte hat zur Stützung seiner Rechtsansicht auf ein Rechtsgutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge hingewiesen (NDV 2003, Seite 35), wonach Zinsen aus einem Schmerzensgeld Einnahmen i.S. des § 76 BSHG seien. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 28. April 2005 im Wesentlichen stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klage wurde hinsichtlich gestellter Feststellungsanträge abgewiesen. Zur Begründung der Stattgabe wurde ausgeführt, dass es sich bei den fraglichen Zinsen um Einkommen i.S. des § 76 Abs. 1 BSHG handele, welches gemäß § 77 Abs. 2 BSHG sozialhilferechtlich nicht zu berücksichtigen sei. Das SG bezog sich hierzu im Wesentlichen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 1. August 2002 - 3 A 202/01 -. Das Urteil wurde dem Beklagten am 4. Mai 2005 zugestellt.

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Der Beklagte hat am Montag, den 6. Juni 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt unter Berufung auf das Gutachten des Deutschen Vereins weiterhin vor, dass die Zinseinnahmen als Einkommen sozialhilferechtlich nicht geschützt seien, anders als der Schmerzensgeldbetrag als Vermögen. Die Zinseinkünfte seien als Leistungen Dritter anzusehen, die mit dem ursprünglichen Zweck des Schmerzensgeldes nicht mehr in unmittelbarer Verbindung stünden. Seine - des Beklagten - sachliche Zuständigkeit ergebe sich aus der Heranziehungsverordnung Sozialhilfe, die aufgrund des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des BSHG erlassen worden sei. Eine Heranziehungsverordnung nach dem ab 1. Januar 2005 geltenden Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) sei bislang nicht erlassen worden.

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Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. April 2005 zu ändern und die Klage vollständig abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene sozialgerichtliche Urteil.

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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Der Berufungsbeschwerdewert von 500,00 EUR des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wird überschritten. Denn der Beklagte macht mit seinem Bescheid Kostenbeiträge nicht nur für 1 Jahr, sondern für die Jahre ab 2004 in die Zukunft geltend, solange Zinsen aus der Schmerzensgeldzahlung erzielt werden und solange die Klägerin auf Kosten des Beklagten stationär untergebracht ist. Es liegt daher ein Dauerverwaltungsakt vor, der die Zinsen des Jahres 2004 und der kommenden Jahre erfasst. Da der Zinsjahresbetrag für 2004 bereits 228,47 EUR beträgt, wird unter Einschluss der Folgejahre der Beschwerdewert von 500,00 EUR überschritten. Die Berufung ist weiterhin fristgemäß in der Frist des § 151 SGG eingelegt worden. Der eigentliche Fristlablauf am 4. Juni 2005 verlängerte sich gemäß § 64 Abs. 3 SGG auf Montag, den 6. Juni 2005, weil der 4. Juni 2005 ein Samstag war. An diesem Montag ist die Berufung bei Gericht eingegangen.

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Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Beklagte aus den Zinsen der Schmerzensgeldzahlung keinen Kostenbeitrag verlangen darf. Dieses Einkommen ist in Anwendung des § 77 Abs. 2 BSHG geschützt. Für die Folgezeit ab 1. Januar 2005 - dem In-Kraft-Treten des SGB XII - gilt die gleich lautende Vorschrift des § 83 Abs. 2 SGB XII.

12

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenbeitrag kommt § 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BSHG in Betracht (inhaltsgleich § 88 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 SGB XII). Dies ergibt sich aus § 28 BSHG (entspricht § 19 Abs. 3 SGB XII), wonach Hilfe in besonderen Lebenslagen gewährt wird, soweit dem Hilfe Suchenden die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des Abschnitts 4 nicht zuzumuten ist. Die fragliche Vorschrift des § 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BSHG findet sich in diesem 4. Abschnitt. Danach kann die Aufbringung der Mittel, auch soweit das Einkommen unter der Einkommensgrenze liegt, verlangt werden, (Nr. 3) soweit bei der Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung zur teilstationären Betreuung Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden; darüber hinaus soll im angemessen Umfange die Aufbringung der Mittel verlangt werden von Personen, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder gleichartigen Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen anderen überwiegend unterhalten.

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Der Bescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Denn aus dem Bescheid wird hinreichend deutlich, dass der Beklagte als Kostenbeitrag die jährlich anfallenden Zinsen aus der Schmerzensgeldzahlung verlangt.

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Der Beklagte war für das Jahr 2004 sachlich zuständig für den Erlass des streitigen Kostenbeitragsbescheides. Nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des BSHG (Nds AG BSHG) war zur Leistungserbringung zuständig der überörtliche Träger der Sozialhilfe (Hilfe in besonderen Lebenslagen für die in § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG genannten Personen bei stationärer Unterbringung). Überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist das Land, dessen Aufgaben durch das Landessozialamt wahrgenommen werden. Nach der Heranziehungsverordnung Sozialhilfe (vom 25. August 2001, Nds GVBl S 599) wurden u.a. die Landkreise - und damit der Beklagte - zur Durchführung der in der sachlichen Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe liegenden Aufgaben herangezogen. Sie werden dabei im eigenen Namen tätig und entscheiden auch über Prozesshandlungen, § 1 Heranziehungsverordnung. Demnach war der Beklagte aufgrund der Heranziehung befugt, jedenfalls bis Ende des Jahres 2004 die Aufgaben des überörtlichen Trägers wahrzunehmen, also auch den hier fraglichen Kostenbeitrag einzufordern.

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Für die Zeit ab dem 1. Januar 2005, also ab Geltung des SGB XII, hat sich an der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nichts geändert, § 97 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII, § 6 Abs. 2 Nr. 1a Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII (Nds AG SGB XII) vom 16. Dezember 2004 (Nds GVBl S 644). Allerdings ist bislang eine neue Heranziehungsverordnung, die weiterhin eine sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe - also hier des Beklagten - herstellen würde, und die aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen ab 1. Januar 2005 ergehen müsste, bislang nicht erlassen worden. Die entsprechende Ermächtigung zum Erlass der Heranziehungsverordnung enthält § 8 Abs. 2 Nds AG SGB XII. Demnach verbleibt es bei dem gegenwärtigen Rechtsstand ohne Heranziehungsverordnung für die Zeit ab 1. Januar 2005 bislang bei der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, der hier originär nicht tätig geworden ist. Bereits aus diesem Grunde wegen der fehlenden sachlichen Zuständigkeit ab 1. Januar 2005 ist der Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2004 rechtswidrig. Allerdings kann für die Entscheidung offen bleiben, ob dies zur Rechtswidrigkeit des Kostenbeitragsverlangens insgesamt führt. Denn einerseits ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe durch Erlass des Widerspruchsbescheides tätig geworden, so dass zu prüfen gewesen wäre, ob dies einen ausreichenden Ersatz darstellen kann oder ob ggf. der Rechtsstreit auszusetzen gewesen wäre, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, das fehlende Verfahren bzw. Widerspruchsverfahren nachzuholen. Eine Entscheidung dazu erübrigt sich, weil die Heranziehung in jedem Falle aus den unten dargestellten Gründen rechtswidrig ist, da die hier fraglichen Zinsen nicht für einen Kostenbeitrag verlangt werden dürfen.

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Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage liegen dem Grunde nach vor. Die Klägerin erhält seit langem Eingliederungshilfe von dem Beklagten und wird in der Wohnanlage umfassend betreut. Damit ist der Pflegebegriff des § 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BSHG (jetzt § 88 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 SGB XII) erfüllt. Denn der Pflegebegriff ist im weitesten Sinn zu verstehen, ohne Rücksicht darauf, ob dabei stationäre Krankenhilfe, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege (oder Tuberkulosehilfe) in Frage steht (vgl Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. November 1982 - 5 C 13/82 - FEVS 32, Seite 309; Oestreicher/Schelter/Kunz, Kommentar zum BSHG, Loseblattsammlung Stand Juni 2003, § 85 Rdnr 11 mit weiteren Nachweisen). Das Einkommen der Klägerin liegt weiterhin unter dem Grundbetrag des § 81 Abs. 1 Nr. 1 BSHG von 853,00 EUR (ab 1. Januar 2005 § 85 Abs. 1 SGB XII, zweifacher Eckregelsatz = 690,00 EUR zuzüglich Kosten der Unterkunft).

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Den Einkommenseinsatz regeln die Vorschriften der §§ 76 ff BSHG. Danach gehören die hier fraglichen Zinsen gemäß § 76 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 6 Abs. 1 Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG zu dem sozialhilferechtlich berücksichtigungsbedürftigen Einkommen. Insoweit ist gemäß § 6 Abs. 1 der genannten Verordnung zurückzugreifen auf § 20 Abse 1 bis 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind die fraglichen Zinsen Einkünfte i.S. des Steuerrechts und damit Einkommen i.S. des BSHG.

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Nach § 77 Abs. 2 BSHG ist eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist und nach § 253 Abs. 2 BGB geleistet wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 83 Abs. 2 SGB XII. Nach dieser Vorschrift wird Schmerzensgeld als Einkommen überhaupt nicht berücksichtigt. Das Schmerzensgeld wird gemäß § 253 Abs. 2 BGB (früher § 847 BGB) im Fall der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung wegen des Schadens gewährt, der nicht Vermögensschaden ist (so genannter immaterieller Schaden). Das Schmerzensgeld ist daher eine Leistung, die die Sozialhilfe nicht kennt und die deshalb anrechnungsfrei bleiben soll (vgl Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Auflage 2002, § 77 Rdnr 21). Wird das Schmerzensgeld als Kapital in einem Betrag ausgezahlt, wird es im Zuflussmonat als Einkommen angesehen; der nach Ablauf des Monats nicht verbrauchte Teil wächst dem Vermögen zu und ist nach der Vorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG zu beurteilen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für den Hilfe Suchenden grundsätzlich eine Härte i.S. von § 88 Abs. 3 BSHG (jetzt § 90 Abs. 3 SGB XII) bedeutet (Urteil vom 18. Mai 1995 - 5 C 22/93 - BVerwGE 98, Seite 256 = FEVS 46, Seite 57). Aus diesem Grunde wird das der Klägerin in einem Betrag als Kapital ausgezahlte Schmerzensgeld offenbar nicht als Vermögen berücksichtigt.

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Entsprechendes muss für die Zinsen gelten, die aus dem Kapital des Schmerzensgeldes herrühren. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 13. August 1992 - 5 C 2/88 - FEVS 43, Seite 353) entschieden, dass Leistungen nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" (vom 17. Dezember 1971, BGBl I Seite 2018) gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Stiftungsgesetz weder als Einkommen noch als Vermögen auf die Sozialhilfe anzurechnen sind, dies allerdings für Zinsen aus der Anlage von Stiftungsleistungen nicht angenommen, die demnach nicht den Anrechnungsschutz des § 21 Abs. 2 Satz 1 Stiftungsgesetz genießen. Diese Überlegungen lassen sich auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen. So erfasst das BSHG bzw. das SGB XII einen anderen Personenkreis als den, der vom Stiftungsgesetz erfasst wird (Leistungen an contergangeschädigte Kinder, dazu BVerfGE 42, Seite 263). Insbesondere kann nicht der die Entscheidung tragenden Begründung zugestimmt werden, die Zinsen seien keine Leistungen aus dem Stiftungsvermögen, sondern Leistungen Dritter, nämlich der Sparkasse. Aus der gesetzlichen Regelung des § 77 Abs. 2 BSHG und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Freistellung des Schmerzensgeldkapitals als Vermögen ergibt sich, dass das Schmerzensgeld sozialhilferechtlich nicht einzusetzen ist. Hätte die Klägerin nicht eine einmalige Kapitalzahlung, sondern eine laufende Rentenzahlung - in welcher Zinsen bereits eingerechnet sind , vereinbart, aus welcher Zinsen nicht herrühren würden, wäre die Rentenzahlung für die gesamte Laufzeit gemäß § 77 Abs. 2 BSHG geschützt. Dies Beispiel verdeutlicht, dass die Art der Schmerzensgeldzahlung für den Zugriff des Sozialhilfeträgers nicht ausschlaggebend sein darf.

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Die aus dem Kapital Schmerzensgeld von der Sparkasse zu leistenden Zinsen sind als Einkommen i.S. des § 77 Abs. 2 BSHG anzusehen. Zwar werden diese Zinsen nicht unmittelbar vom Schädiger entrichtet, der das Schmerzensgeld in einem Einmalbetrag gezahlt hatte, sondern von der Sparkasse, bei welcher das Kapital angelegt wurde. Gleichwohl hat dieses Zinseinkommen seine Grundlage in der Entschädigung nach § 253 Abs. 2 BGB, die nach dem Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umfassend geschützt sein soll. Mithin sind die Zinsen nicht als Einkommen der Klägerin gemäß § 76 BSHG zu berücksichtigen. Sie können daher nicht als Kostenbeitrag vereinnahmt werden.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Beklagte mit seiner Berufung unterliegt, trägt er die zweitinstanzlich angefallenen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung bleibt unberührt.

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Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden.