Landgericht Braunschweig
Urt. v. 14.02.2018, Az.: 3 O 1915/17

Abgasskandal; Schadensersatz; Fahrzeughersteller

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
14.02.2018
Aktenzeichen
3 O 1915/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74500
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Dem Erwerber eines bei einem Autohändler gekauften, vom sog Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens steht gegen den Hersteller von Fahrzeug und Motor kein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung zu.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 6.000,00 €.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Schadensersatz von der Beklagten als Herstellerin seines von einem Autohändler gekauften Gebrauchtwagens, der vom sog. Abgasskandal betroffen ist.

Der Kläger kaufte am 31.08.2012 von der Firma xxx, einen gebrauchten Pkw xxx 2,0 l TDI 103 kW zum Preis von 11.000,00 €. Dieser Pkw ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 EU5 ausgestattet.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) kam mit - nicht angefochtenem - Bescheid vom 15.10.2015 - 400-52.V/001#018 - (Bl. 122 f. d. A.) zu dem Ergebnis, dass diese Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet seien, und ordnete als nachträgliche Nebenbestimmungen für die jeweils erteilten Typgenehmigungen gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV an, dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, die unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

Mit Schreiben vom 03.06.2016 (Bl. 31 f. d. A.) bestätigte das KBA unter Bezugnahme auf seinen Bescheid 400-52.V/001#018 vom 15.10.2015 (bei der Datumsangabe 14.10.2015 handelt es sich um einen offenbaren Übertragungsfehler), dass für die betroffenen Fahrzeugtypen aus xxx (Verkaufsbezeichnungen: u. a. xxx), dieser Nachweis inzwischen geführt worden und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.

Mit Rundschreiben aus Dezember 2016 (Bl. 5 f. d. A.) drückte die Beklagte dem Kläger ihr Bedauern darüber aus, dass sein Vertrauen in die Marke xxx vor dem Hintergrund der „Stickoxidproblematik“ derzeit auf die Probe gestellt werde, entschuldigte sich dafür, teilte ihm mit, dass auch sein xxx davon betroffen sei, dass deshalb eine - für den Kläger kostenlose - Umprogrammierung des Motorsteuergeräts erforderlich sei, dass die dafür benötigte Software zur Verfügung stehe, und bat ihn, sich umgehend mit einem autorisierten Partner für xxx in Verbindung zu setzen, damit ein Termin vereinbart werden könne.

Der Kläger, der das Software-Update inzwischen hat durchführen lassen und sein Fahrzeug weiterhin ohne Einschränkungen nutzt, forderte mit Anwaltsschreiben vom 27.02.2017 (Bl. 7 f. d. A.) die Beklagte wegen „weit gesunkenen“ Wiederverkaufswertes seines Autos auf, bis spätestens 15.03.2017 einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach anzuerkennen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und zunächst einen pauschalen Schadensersatz von 6.000,00 € zuzüglich Anwaltsgebühren zu zahlen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

Der Kläger behauptet, sein Pkw habe infolge der gesetzeswidrigen Manipulation der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte einen sich auf den durchschnittlichen Wiederverkaufspreis auswirkenden Wertverlust von mindestens 6.000,00 € erlitten, weil es seit Bekanntwerden des „Dieselskandals“ mit einem Makel - ähnlich dem eines Unfallschadens - behaftet sei und zudem die Befürchtung bestehe, dass das Fahrzeug nach Durchführung des Software-Updates ein verringerte Energie, einen höheren Kraftstoffverbrauch und eine veränderte Geräuschentwicklung aufweise. Er meint, deshalb einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus unerlaubter Handlung zu haben.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz von mindestens 6.000,00 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2017 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, den Kläger getäuscht und geschädigt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch weder aus §§ 823, 31 BGB i. V. m. § 263 StGB (1.) noch aus §§ 826, 31 BGB (2.) zu. Mangels Begründetheit des Klageantrages zu 1. kann auch die Nebenforderung zu 2. keinen Erfolg haben.

1. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 263 StGB wäre zunächst eine Täuschung des Klägers durch die Beklagte. Eine aktive Täuschungshandlung der Beklagten gegenüber dem Kläger ist weder hinreichend dargetan noch ersichtlich.

Soweit der Kläger auf das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf die Manipulation abstellt, ist dies jedenfalls nicht gegenüber ihm selbst erfolgt, weil er den Pkw nicht als Neuwagen direkt von der Beklagten, sondern als Gebrauchtwagen von einem Händler gekauft hat. Soweit er sich des Weiteren auf die Prospektwerbung der Beklagten beruft, hat er schon nicht dargetan, wann er welche Prospekte der Beklagten zur Kenntnis genommen hat. Es ist aber auch gerichtsbekannt, dass in den Verkaufsprospekten der Beklagten lediglich die Emissionsklasse (hier: Euro 5), der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen angegeben werden. Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen stehen nicht im Zusammenhang mit der Manipulations-Software, die allein die Stickoxidwerte (NOx) betrifft. Wie das KBA in seiner Freigabebestätigung vom 03.06.2016 festgestellt hat, hat ein Technischer Dienst die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen im Übrigen auch nach dem Software-Update für bestätigt befunden. Auch die Zulassung nach Euro 5 besteht fort. Konkrete, darüber hinausgehende Angaben der Beklagten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Emissionsgrenzwerte nach Euro 5 im realen Straßenverkehr einhalte oder die Messung auf dem Rollenprüfstand nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) den Schadstoffausstoß im Realbetrieb wenigstens annähernd abbilde, hat der Kläger nicht dargelegt.

Auch die von der Beklagten für das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellte EG-Übereinstimmungsbescheinigung taugt - unabhängig von deren Gültigkeit i. S. von § 27 EG-FGV - schon aus zeitlichen Gründen nicht als aktive Täuschungshandlung der Beklagten gegenüber dem Kläger. Die Übereinstimmungsbescheinigung ist ihm nämlich erst nach Vertragsschluss in Erfüllung dessen zusammen mit dem Fahrzeug übergeben worden.

In Betracht kommt deshalb allein eine Täuschung durch fehlende Aufklärung des Klägers über die Betroffenheit des gekauften Autos vom sog. Abgasskandal, mithin eine Täuschung durch Unterlassen. Es steht zwar fest, dass die Beklagte das Motorsteuergerät des klägerischen Pkws mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen hat (a). Insoweit fehlt aber an einer Garantenstellung der Beklagten i. S. von § 13 StGB (b).

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, sind Verwaltungsakte in den Grenzen ihrer Bestandskraft für andere Gerichte und Behörden bindend (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH NJW-RR 2007, 398, 399 [BGH 21.09.2006 - IX ZR 89/05] m. w. N.). Gerichte haben Verwaltungsakte deshalb, auch wenn sie fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, d. h. ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zu Grunde zu legen. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des KBA vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 03.06.2016 ist in diesem Sinne bindend festgestellt bzw. geregelt,

dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt;

dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist;

dass für die betroffenen Fahrzeuge dieser Nachweis inzwischen geführt wurde und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten - durch Software-Update - geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen;

dass das KBA dabei folgende Sachverhalte mit folgenden Ergebnissen überprüft hat: keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr, vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig, Grenzwerte und andere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen eingehalten, ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt, bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment unverändert sowie bisherige Geräuschemissionswerte unverändert.

b) Eine Täuschung durch Unterlassen setzt gem. § 13 Abs. 1 StGB eine Garantenstellung voraus, d. h. dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Soweit es um Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag geht, wird eine solche Aufklärungspflicht beim Verkäufer, mit dem immerhin ein Vertragsverhältnis besteht, erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993 - 3 St RR 127/93 -, juris Rn. 24 f.). Das muss für den vertraglich nicht mit dem Käufer verbundenen, mithin weiter entfernten Fahrzeughersteller erst recht gelten.

Eine Aufklärungspflicht der Beklagten würde gleichwohl dann bestehen, wenn infolge der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung die EG-Typgenehmigung für den klägerischen Pkw erloschen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Nach § 19 Abs. 7 in Verbindung mit Abs. 2 StVZO erlischt die Betriebserlaubnis in Form der Wirksamkeit der EG-Typgenehmigung für das einzelne Fahrzeug zwar dann, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Nach Auffassung der Kammer sind damit jedoch nur Veränderungen gemeint, die nach Abschluss des Produktionsprozesses vorgenommen werden. Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch die historische Auslegung der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Bundesrats-Drucksache 629/93 zur 16. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, mit dem unter anderem § 19 Abs. 2 StVZO geändert wurde und ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung erhielt, ausgeführt, dass „die bisherigen EWG-Vorschriften keine Aussagen über Veränderungen an bereits zugelassenen Fahrzeugen treffen“ und daher „gegenwärtig der Schluss gezogen werden [kann], dass den EG-Mitgliedstaaten die Regelungen von Veränderungen an bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen überlassen ist“ (vgl. Urteil der Kammer vom 31.08.2017 - 3 O 21/17 -, juris Rn. 117 ff., 137 ff.).

Auch droht keine Entziehung der Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung, weil das KBA in seinem Bescheid vom 15.10.2015 sein gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehendes Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt hat, dass es eine Entziehung der EG-Typgenehmigung in die Wege geleitet hat. Die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen und hat Nebenbestimmungen zur bestehenden Typgenehmigung angeordnet. Und da der Kläger das vom KBA freigegebene Software-Update inzwischen hat durchführen lassen, droht ihm auch keine Betriebsuntersagung durch die Zulassungsbehörde nach § 5 FZV.

Dass die Verwendung der zwar unzulässigen, aber allein durch ein vom KBA freigegebenes Software-Update zu beseitigende Abschalteinrichtung auf andere Weise einen wertbildenden Faktor darstellt, dem der Markt ein ganz besonderes Gewicht beimisst, ist weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich. Das gilt insbesondere für die vom Kläger behauptete und mit der Klage geltend gemachte Wertminderung.

Für den Fall eines sog. Unfallwagens ist anerkannt, dass der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert als Mangel auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2007 - VIII ZR 330/06 -, juris Rn. 23). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die am Gebrauchtwagenmarkt gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil der Kaufinteressenten, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958 - VI ZR 82/57 -, juris Rn. 4). Diese Rechtsprechung ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, weil es im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal an einer vergleichbaren am Markt gewonnenen Erfahrung fehlt.

Der Kläger hätte deshalb einen Preisverfall, der gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung zurückzuführen ist, schon konkret darlegen müssen. Das wäre ihm, wenn es eine solche Wertverschiebung denn gäbe, auch ohne Weiteres möglich gewesen, weil der Kraftfahrzeugmarkt generell schon sehr transparent ist (wie z. B. durch die sog. Schwacke-Liste) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit (wie z. B. durch das „DAT Diesel-Barometer“) steht. Ohne solche Anknüpfungstatsachen würde aber die dazu angebotene Einholung eins Sachverständigengutachtens auf einen im Zivilprozess nicht zulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.

Soweit der Kläger negative Auswirkungen des Software-Updates befürchtet, stehen dem zum einen die Feststellungen in der Freigabebestätigung des KBA vom 03.06.2016 entgegen, wonach die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt worden sowie die bisherige Motorleistung, das maximale Drehmoment und die bisherigen Geräuschemissionswerte unverändert sind. Zum anderen hat der Kläger nicht vorgetragen, nach dem Software-Update selbst Verschlechterungen an seinem Auto bemerkt zu haben.

Eine Garantenpflicht der Beklagten zugunsten des Klägers ergibt sich auch nicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung stellt zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten dar. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall aber nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m. w. N.). Den Erwägungsgründen (1) bis (6) und (27) der verletzten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist zu entnehmen, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, insbesondere mit dem Ziel der erheblichen Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte. Der vom Kläger geltend gemachte Vermögensschaden fällt daher nicht in den Schutzbereich dieser Norm.

Damit scheidet ein Schadensersatzanspruch wegen Betruges aus.

2. Auch für eine Haftung aus §§ 826, 31 BGB reicht allein der - feststehende - Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr schon 1985 entschieden (Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84 -, juris Rn. 15 m. w. N.), dass für Ansprüche aus unerlaubter Handlung allgemein gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden begrenzt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen und dass auf eine derartige Eingrenzung der Haftung, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden kann. Wie bereits ausgeführt (siehe oben II. 1. b)), dient die EG-Verordnung aber nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen.

Damit verbleibt auch insoweit allenfalls eine Täuschung durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Verschweigen eines Umstandes rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist auch im Rahmen von § 826 BGB erst dann überschritten, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Wie bereits im Zusammenhang mit der Garantenstellung (§§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. § 263 StGB) ausgeführt (siehe oben II. 1. b)), trifft das auf die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

III.

Die im Beschlusswege erfolgte Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 48 GKG, § 3 ZPO.