Landgericht Braunschweig
Urt. v. 16.03.2018, Az.: 11 O 3669/16

Abgasskandal; Rücktritt; unerhebliche Pflichtverletzung; behebbarer Mangel

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
16.03.2018
Aktenzeichen
11 O 3669/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74056
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Rahmen des sog. "Abgasskandals" sind bei der Interessenabwägung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Falle eines behebbaren Mangels nicht nur der Aufwand des Verkäufers für die Nachbesserung, sondern auch die beim Hersteller insoweit entstehenden, jedoch nicht an den Verkäufer durchgereichten Kosten zu berücksichtigen, letztere indes kalkulatorisch auf das einzelne Fahrzeug runtergebrochen.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Der Kläger macht im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf gegen die Beklagte zu 1) als Verkäuferin und die Beklagte zu 2) als Herstellerin Zahlungsansprüche geltend.

Im Jahr 2012 erwarb der Kläger von der Beklagten zu 1) gegen Zahlung von 27.400 € einen Neuwagen vom Typ XXX, dessen Hersteller die Beklagte zu 2) war. Es wird Bezug genommen auf die Anlage K1. Verbaut ist in dem Fahrzeug ein Motor vom Typ EA 189. Das Fahrzeug wurde am 08.10.2012 an den Kläger übergeben.

In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung gab die Beklagte zu 2) an, dass ein Fahrzeug vom streitgegenständlichen Typ innerorts 6,3 l Diesel auf 100 km, außerorts 4,1 l auf 100 km und  kombiniert 4,9 l Diesel auf 100 km verbraucht.

Das Fahrzeug wurde aufgrund einer entsprechenden Typgenehmigung - deren rechtlicher Bestand zwischen den Parteien streitig ist - nach EU5 zugelassen.

Die Einhaltung der maßgeblichen NOX-Emissionswerte hängt davon u.a. ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug lässt die das Abgasventil steuernde Software des Motorsteuerungsgeräts eine Abgasrückführung im zur Einhaltung der Grenzwerte nötigen Umfang nur unter den Bedingungen des zur Erlangung der Typengenehmigung durchgeführten gesetzlichen vorgeschriebenen Testlaufs, der aus fünf exakt vorgegebenen synthetischen Fahrkurven besteht, zu.

Das Kraftfahrbundesamt (KBA) erkannte in der genannten - dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages unbekannten - Software eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV einen Rückruf an. Die Beklagte zu 2) entwickelte daraufhin eine Softwarelösung. Der Kläger kann jederzeit einen Servicepartner der Beklagten zu 2) aufsuchen und die genannte technische Maßnahme kostenfrei umsetzen lassen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.02.2016 setzte der Kläger der Beklagten zu 1) unter Hinweis auf die o.g. Software eine Frist zur Nachbesserung durch Lieferung eines nach aktuellen Vorschriften zulassungsfähigen Neuwagen bis zum 30.03.2016. Ein Liefertermin sollte bis zum 02.03.2016 genannt werden. Es wird Bezug genommen auf die Anlage R43. Die Lieferung eines Neuwagens lehnte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 28.02.2016 ab. Es wird Bezug genommen auf die Anlage B21 des Beklagtenvertreters zu 1).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2016 hat der Kläger den streitgegenständlichen Kaufvertrag im Hinblick auf die streitgegenständliche Software gegenüber der Beklagten zu 1) wegen arglistiger Täuschung angefochten. Für den Fall, dass die Anfechtung unwirksam sein sollte, wurde hilfsweise der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Eine Nachbesserung wurde abgelehnt. Wegen des gesamten Inhalts des Schreibens wird Bezug genommen auf die Anlage K2.

Die anwaltlich vertretene Beklagte zu 1) stellte dem Klägervertreter daraufhin mit Schreiben vom 26.10.2016 eine Nachbesserung in Form eine Softwareupdates in Aussicht. Eine Rückabwicklung des Kaufvertrages wurde abgelehnt.  Es wird Bezug genommen auf die Anlage K 3.

Die Beklagte zu 1) hat betreffend einen behaupteten überhöhten Kraftstoffverbrauchs die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zustehe:

Primär ergebe sich ein Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB, 123, 142 BGB, da er bei Abschluss des Kaufvertrages im Hinblick auf die streitgegenständliche Software arglistig getäuscht worden sei. Hierbei vertritt der Kläger die Auffassung, dass die Verantwortlichen der Beklagten zu 2) im Verhältnis zur Beklagten zu 1) nicht als Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB aufzufassen seien. Ohnehin hätten aber auch die Verantwortlichen der Beklagten zu 1) Kenntnis von der streitgegenständlichen Software gehabt.

Daneben sei er - der Kläger - wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, da das streitgegenständliche Fahrzeug in mehrerer Hinsicht mangelbehaftet sei:

- Zunächst stelle die streitgegenständliche Software einen Mangel dar.

- Einen weiteren Mangel stelle es - so der Kläger erstmalig im Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.04.2017 - dar, dass das Fahrzeug erheblich mehr verbrauche als von der Beklagten zu 2) angegeben worden sei. Bei einer Kombination aus 80% Autobahn und 20% Landstraße verbrauche das Fahrzeug durchschnittlich 6 bis 6,5 l Diesel auf 100 Km. Bei einer Kombination von 50% Autobahn und 50% Landstraße liege der Verbrauch bei 5,2 l Diesel auf 100 km. Selbst unter den Bedingungen des NEFZ lägen - so der Kläger - die Verbrauchswerte mehr als 10% über den o.g. Angaben der Beklagten.

- Auch das On-Board-Diagnosesystem (OBD) sei mangelhaft, weil funktionsuntauglich. Das OBD würde nämlich melden, dass das Abgassystem des Fahrzeugs ordnungsgemäß funktioniere, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei. Die Informationen stammten von den Staatsanwaltschaften in den USA.

- Auch verfüge das Fahrzeug über eine illegale Getriebesoftware, wie sie auch in den Fahrzeugen der Modelle XXX und XXX verbaut worden seien.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er mit dem o.g. anwaltlichen Schriftsatz vom 17.02.2016 betreffend die streitgegenständliche Software wirksam eine Frist zur Nacherfüllung in Form der Nachlieferung gesetzt habe. Zum Rücktritt sei er betreffend aller streitgegenständlichen Mängel aber auch eine vorherige Fristsetzung zur Mangelbeseitigung berechtigt gewesen, da eine Fristsetzung nämlich unter einer Vielzahl von Aspekten entbehrlich sei:

- Betreffend die streitgegenständliche Software sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung zunächst deswegen nicht notwendig gewesen, weil eine Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert worden sei.

- Auch sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung deswegen entbehrlich gewesen, weil im Zeitpunkt des Rücktrittes festgestanden habe, dass die Beklagte zu 1) eine angemessene Frist ohnehin nicht würde einhalten können, so dass das Erfordernis der Fristsetzung eine reine Förmelei dargestellt hätte.

- Eine Fristsetzung zur Nachbesserung sei weiter deswegen entbehrlich gewesen, weil das Fahrzeug auch nach dem Softwareupdate zwingend stillzulegen sei, da die Typgenehmigung erloschen und die für das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellte EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sei.

- Eine Fristsetzung zur Nachbesserung sei weiter deswegen entbehrlich, weil sich infolge des Updates der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß noch (weiter) erhöhen würden, ja insgesamt die Auswirkungen des von der Beklagten zu 2) entwickelten Softwareupdates noch nicht absehbar seien. So häuften sich nach den Erfahrungen des Chefs des Bundesverbandes der XXX - XXX - die Probleme nach der Durchführung des Updates. Die häufigsten Probleme seien dabei defekte Abgasrückführungsventile mit Zusetzen des Dieselpartikelfilters als Folgeproblem. Das Nachlassen der Wirksamkeit des Dieselpartikelfilters könne auf der Autobahn dazu führen, dass das Fahrzeug kein Gas mehr annehme, was „brandgefährlich“ sei.

- Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung sei weiter deswegen entbehrlich, weil die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte aber sogar auch nach Aufspielen des Softwareupdates im normalen Straßenverkehr nicht eingehalten werden würden, womit das Fahrzeug weiterhin nicht zulassungsfähig sein werde. Hinzu komme, dass einem Bericht der Internetseite Spiegel Online zu entnehmen sei, dass die vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge auch nach dem Softwareupdate über illegale Abschalteinrichtungen verfügten. Davon seien zwei Gutachter - voraussehend - schon 2015 ausgegangen. Die Abgasreinigung würde bei weniger als 15 Grad und mehr als 33 Grad Außentemperatur, sowie wenn das Auto über 250 m Seehöhe fährt, ausgeschaltet

Eine Fristsetzung sei ferner entbehrlich,

- weil im Zeitpunkt der mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2016 erklärten Rücktrittserklärung (mindestens) eine vom Kläger nicht hinzunehmende vorübergehende Unmöglichkeit vorgelegen habe,

- weil es dem Kläger nicht zuzumuten sei, eine Nachbesserung gerade durch diejenige - nämlich die Beklagte zu 2) - durchführen zu lassen, die ihn zuvor arglistig über die streitgegenständliche Software getäuscht habe,

- weil der Motor und der Rußpartikelfilter infolge des Softwareupdates einem erhöhten Verschleiß unterliegen würden bzw. dies mindestens nicht auszuschließen sei und

- weil das Fahrzeug infolge der sog. „Dieselskandals“ auch nach der Umrüstung immer einen merkantilen Minderwert aufweisen werde.

- Betreffend den überhöhten Kraftstoffverbrauch sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich, weil eine Mangelbeseitigung unmöglich sei, da eine Reduzierung des NOX-Ausstoßes physikalisch zwingend zu einem erhöhten CO2-Austoß/Verbrauch führen müsse.

- Betreffend das mangelbehaftete OBD-System sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich, weil die Beklagte zu 2) eine solche gar nicht anbiete und diese auch gar nicht möglich sei.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises auch aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 433, 434, 437 BGB und nach den Grundsätzen der Prospekthaftung zustehe.

Aber auch gegen die Beklagte zu 2) - so der Kläger weiter - stehe ihm unter eine Vielzahl von Aspekten ein Anspruch Schadensersatzes in Höhe des Kaufpreises zu:

- (Auch) Die Beklagte zu 2) hafte zum einen nach den Grundsätzen der Prospekthaftung.

- Mit der Ausstellung einer unwirksamen - weil mindestens falsche Angaben zum Stickstoffausstoß enthaltenden - EG-Übereinstimmungsbescheinigung hafte die Beklagte zu 2) auch aus einer Garantie im Sinne von § 443 BGB. Ferner nehme die Beklagte zu 2) mit der Ausstellung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung besonderes Vertrauen in Anspruch, welches zu einer entsprechenden Vertrauenshaftung führe. Da die Vorschriften über die EG-Übereinstimmungsbescheinigung auch drittschützenden Charakter hätten, hafte die Beklagte wegen der Ausstellung einer unwirksamen Bescheinigung auch nach § 823 Abs. 2 BGB.

- Die Beklagte zu 2) sei ferner gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB zum Schadensersatz verpflichtet:

Die Beklagte zu 2) habe die für die Typzulassung zuständigen Stellen über die wahren Schadstoffemissionen getäuscht und dadurch zu Unrecht eine Einstufung des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps nach EU5 erschlichen.

Die Beklagte zu 2) habe vor allem aber auch den Kläger in mehrfacher Hinsicht getäuscht:

- Aktiv habe die Beklagte zu 2) angegeben, das Fahrzeug unterfalle der einschlägigen Typgenehmigung, obwohl dies nicht der Fall sei. Tatsächlich sei die Typgenehmigung kraft Gesetzes erloschen.

- Auch habe die Beklagte zu 2) angegeben, das Fahrzeug unterfalle der EU5-Norm, insbesondere stoße es werde auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ noch auf der Straße Schadstoffe aus, die die gesetzlichen Grenzwerte überschreiten. Jedenfalls habe die Beklagte angegeben, dass die Messung auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ den Schadstoffausstoß im Realbetrieb wenigstens annähernd abbilde.

- Die Beklagte zu 2) habe falsche Angaben zum Stickoxidausstoß des Fahrzeugs gemacht.

- Ferner seien die Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß falsch. Falsch seien die Angaben dabei nicht deswegen gewesen, weil sie nicht den im offiziellen Testverfahren ermittelten Werten entsprochen hätten. Falsch seien die Angaben vielmehr gewesen, weil die im offiziellen Testverfahren ermittelten Werte nur mit der Hilfe der verfahrensgegenständlichen - unzulässigen - Software erreichbar gewesen wären. Ohne die unzulässige Software wären nämlich Kraftstoffverbrauch und CO2 Emissionen höher als in den Unterlagen (Werbung etc.) der Beklagten angegeben. Das streitgegenständliche Fahrzeug aber halte selbst die genannten falsch angegebenen Werte nicht ein, sondern stoße mehr als 10% mehr CO2 aus und verbrauche entsprechend mehr Kraftstoff als angegeben.

- Auch habe die Beklagte zu 2) konkludent falsche Angaben zum gesetzlich vorgeschriebenen On-Board-Diagnosesystem (OBD) gemacht, welches nämlich melden würde, dass das Abgassystem des Fahrzeugs ordnungsgemäß funktioniere, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei.

- Weiter habe die Beklagte zu 2) falsche Angaben zum Geräuschpegel gemacht.

- Auch würden die in der EG-Übereinstimmungserklärung genannten Stickoxidwerte und die dort genannten Angaben zum Geräuschpegel nicht dem geltenden europäischen Typgenehmigungsrecht entsprechen.

- Insgesamt habe die Beklagte zu 2) angegeben, dass das Fahrzeug voll funktionstüchtig sei und allen gesetzlichen Vorgaben entspreche.

- Schließlich habe die Beklagte zu 2) auch aktiv über die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung getäuscht.

Die Beklagte zu 2) habe auch durch Unterlassen getäuscht. Sie habe den Kläger nicht darüber informiert, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei und die Gefahr der Entziehung der Zulassung gem. § 25 EG-FGV besteht.

- Der begehrte Anspruch auf Schadensersatz ergebe sich auch - zweifelsfrei - aus §§ 823 Abs. 2, 16 UWG, da die Beklagte zu 2) mit der Einhaltung der Schadstoffwerte nach EU-5 geworben habe, die nicht eingehalten werden, ja sogar den Anschein eines besonders schadstoffarmen Fahrzeugs erweckt habe.

- Die Beklagte zu 2) hafte auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11UWG aF und zwar vor folgendem Hintergrund: § 4 Nr. 11 UWG aF stelle eine Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, wenn die Norm, gegen die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF verstoßen werde, Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB habe. Die Schutzgesetzcharakter habenden Vorschriften, gegen die vorliegend im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF verstoßen worden seien, seien §§ 1, 5 PKW-EnVKV  weil die Angaben der Beklagte wie oben beschrieben unzutreffend gewesen seien

- Das Verhalten der Beklagten zu 2) sei - so der Kläger - auch sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten - u.a. aus Gewinnstreben - die Schädigung der Gesundheit, ja gar den Tod tausender Menschen in Kauf genommen und sich damit unter Erfüllung von gleich drei Mordmerkmalen mindestens des versuchten Mordes schuldig gemacht. Eine Schädigung des Vermögens aller Fahrzeugkäufer sei auch bewusst in Kauf genommen worden.

- Die Beklagte zu 2) hafte schließlich auch - so der Kläger - gem. § 831 BGB, da ihre Ingenieure die Tatbestände der §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB und des § 826 BGB erfüllt hätten.

Der Kläger behauptet, infolge des sog. „Abgasskandals“ habe das streitgegenständliche Fahrzeug einen Wertverlust erlitten. Zur Begründung der Höhe des Wertverlustes wird u.a. ausgeführt, dass eine Tochtergesellschaft der Beklagten - XXX - die Rückstellungen für unvorhergesehene Wertverluste im Herbst 2015 um knapp 500 € je Fahrzeug erhöht habe und auch ein Autoanalyst von einem Wertverlust von mind. 500 € für jedes vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeug ausgehe. Es wird ausgeführt, dass derzeit die Preise nicht sinken würden; gleichzeitig zuletzt aber auch darauf verwiesen, dass der XXX und XXX Partnerverband bei Leasingrückläufern einen Verlust von je nach Typ bis zu 3.000 € beklagen würde gegenüber dem Restwert, mit dem er ein Fahrzeug vor der Dieselkrise kalkuliert habe. Zuletzt wird auf ein Gutachten des Ingenieurbüro Francke vom 30.11.2017 verwiesen, der nach Auffassung des Klägers dort einen Wertverlust gerade infolge der streitgegenständlichen Software gutachterlich festgestellt habe. Es wird Bezug genommen auf die Anlage R47.

Insgesamt ist der Kläger der Auffassung, dass er auch gegen die Beklagte zu 2) im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe. Da die Beklagte zu 2)  die zwischen den Parteien streitige Höhe der  Nutzungsentschädigung darzulegen habe und deren Umfang letztlich von der Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. einer Schätzung des Gerichts gem. § 287 ZPO abhänge, sei die Erhebung einer Feststellungklage zulässig, zumal steuerliche Schäden drohten und zudem zu erwarten sei, dass die Beklagte zu 2) schon aufgrund eines Feststellungsurteils leisten werde. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass dem Kläger wegen des bisher nicht erfolgten Aufspielens des Softwareupdates nunmehr behördliche Zwangsmaßnahmen drohten Da möglicherweise in einem Gerichtsverfahren ein Gutachten eingeholt werden müsse, sei der Kläger aber nicht in der Lage, das Softwareupdate durchführen zu lassen. Folglich müsse er gegen das behördliche Vorgehen Rechtsbehelfe einlegen, was Anwalts- und Prozessverfolgungskosten verursachen würden, die derzeit nicht beziffert werden könnten.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 27.400 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2016 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des XXX, FIN: XXX und Zug-um-Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten zu 1) noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs;

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger Schadenersatz zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeugs durch die Beklagte zu 2) beruhen;

3. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeugs befindet und

4. die Beklagten jeweils getrennt, nicht gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 2.077,74 € freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, das KBA habe die von ihr entwickelte Softwarelösung mit Bescheid vom 20.06.2016 freigegeben. Wegen des Inhalts des von den Beklagten vorgelegten Bescheides - deren Existenz und Echtheit der Kläger bestreitet - wird Bezug genommen auf die Anlage B1 der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) behauptet ferner, dass Entwicklung des o.g. Softwareupdate durch die Beklagte zu 2) und das Aufspielen des o.g. Softwareupdates auf das streitgegenständliche Fahrzeug runtergerechnet einen Aufwand von weniger als 100 € verursacht.

Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 20.03.2017 (Bd. II, Bl. 248 ff.), 18.04.2017 (Bd. III, Bl. 447) und 24.07.2017 (Bd. IV, Bl. 706) gerichtliche Hinweise erteilt, auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I. Klageantrag zu Ziffer 2 bereits unzulässig:

Betreffend den Klageantrag zu Ziffer 2 ist die Klage bereits nicht zulässig.

Dem Kläger mangelt es an einem Feststellungsinteresse, weil ihm eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Mangels Vollstreckbarkeit des Feststellungsurteils in der Hauptsache fehlt ein Feststellungsinteresse, falls der Kläger sein Leistungsziel genau benennen und deshalb auf Leistung klagen kann. Nicht zumutbar ist die Beachtung des beschriebenen Vorranges der Leistungsklage im Rahmen einer Schadensersatzklage dann, wenn der Kläger seinen Schaden nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern kann (BGH, Urt. vom 12.07.2005, VI ZR 83/04, zit. nach juris, Rn. 57) oder noch nicht beziffern kann, weil Art, Umfang, Dauer und Kosten der Schadensbehebung noch offen sind (BGH, Urt. vom 15.01.2008, VI ZR 53/07, zit. nach juris, Rn. 6). Keine der genannten Situationen ist vorliegend gegeben:

Der Kläger berühmt sich eines Anspruches auf Erstattung des - bekannten - Kaufpreises, ferner auch - in unklarer Höhe - eines infolge des sogenannten „Abgasskandals“ eingetretenen Wertverlustes. Einen (etwaigen) Wertverlust aber könnte der Kläger auch ohne eine aufwendige Begutachtung näher beziffern. Dies deshalb, weil der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz  gekennzeichnet ist (vgl. zB die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem - offenkundig, nämlich dem Gericht durch zuverlässige Presseberichte und Internetseiten bekannt (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 291, Rn. 1) - unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht (zuletzt etwa der sog. „Dieselbarometer“).

Weiter verweist der Kläger auf mögliche Steuerschäden, indes ohne darzulegen, unter welchem Aspekt diese im Sinne der o.g. Rechtsprechung „offen“ sein sollen: Die zuständigen Steuerbehörden haben - soweit ersichtlich - bislang - weit über 2 Jahre nach Bekanntwerden des sog. „Abgasskandals“ - nichts in die vom Kläger befürchtete Richtung unternommen. Die Politik hat von vorneherein deutlich signalisiert, dass etwaige Steuerausfälle allenfalls vom Hersteller der betroffenen Fahrzeuge zu ersetzen sein werden.

Dem Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage steht auch nicht die Frage einer vom Kläger zu leistenden Nutzungsentschädigung entgegen. Der Kläger kann dieser Situation im Rahmen einer Leistungsklage durch einen Festbetragsabzug mit Anpassung spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung I. Instanz und entsprechender Teilerledigungserklärung nach § 91a ZPO begegnen (Vgl. für § 346 BGB Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 1187 ff.. Zum Teil wird auch ein Leistungsantrag auf Basis der sog. „Karlsruher Formel“ für zulässig erachtet.).

Weiter liegt auch keine Situation vor, in der eine Feststellungsklage trotz des Vorranges der Leistungsklage ausnahmsweise dennoch zulässig ist, weil zu erwarten ist, dass die Beklagte schon auf ein Feststellungsurteil hin zahlen wird. Unter diesem Aspekt werden Feststellungsklagen nur dann zugelassen, wenn es sich bei der Beklagten um eine Behörde handelt (BGH, Urteil vom 09.06.1983, III ZR 74/82, zit. nach juris, Rn. 15) - was vorliegend nicht der Fall ist - oder sich die Parteien ausdrücklich einig sind, einen Rechtsstreit durch eine Feststellungsklage klären zu lassen (BGH, Urteil vom 27.06.1995, XI ZR 8/94, zit nach juris, Rn. 18) - was vorliegend ebenfalls nicht der Fall ist -, oder schließlich, wenn die Beklagte wenigstens im Verlauf des Rechtsstreits die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nie in Zweifel zieht (BGH, Urteil vom 30.05.1995, XI ZR 78/94, zit. nach juris, Rn. 17) - was vorliegend auch nicht der Fall ist: Die Beklagte zu 2) hat das Fehlen eines Feststellungsinteresses ausdrücklich moniert.

Ein Feststellungsinteresse besteht auch nicht im Hinblick auf die vom Kläger zitierte Notwendigkeit des gerichtlichen Vorgehens gegen behördliche Zwangsmaßnahmen und die damit verbundenen noch nicht bezifferbaren Kosten:

Zunächst sind drohende Beweisnachteile, die einem Aufspielen des Softwareupdates entgegenstehen, nicht dargelegt:

Es ist nicht dargelegt, unter welchem Aspekt es überhaupt auf den aktuellen Ist-Zustand des Fahrzeugs vor Aufspielen des Softwareupdates ankommen soll, da der Nacherfüllungsanspruch des Käufers nicht weiter reichen kann als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (für den Nachlieferungsanspruch BGH, Urteil vom 17.12.2012, VIII ZR 226/11, zit. nach juris, Rn. 24) und damit auf die ursprünglich geschuldete Leistung abzustellen ist.

Selbst wenn es in einem irgendwie gedachten Rechtsstreit auf den aktuellen Ist-Zustand des Fahrzeugs vor Aufspielen des Softwareupdates ankommen sollte, sind drohende Beweisnachteile nicht dargelegt. Dem Vorwurf der Beweisvereitelung wird sich der Kläger nicht ausgesetzt sehen. Dieser setzt nämlich ein missbilligenswertes Verhalten dar (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 286, Rn. 14a), was vorliegend, da der Kläger mit dem Aufspielen des Softwareupdates einer behördlichen Anweisung nachkommen würde, nicht angenommen werden könnte.

Schließlich dürfte nicht dargelegt sein, warum etwaige, auf das noch nicht erfolgte Aufspielen des Softwareupdates beruhende Rechtsverfolgungskosten künftig von den Beklagten zu tragende Schadenspositionen darstellen sollen. Ein hierauf gestützter etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers dürfte nämlich wegen eines seinerseitigen überwiegenden Mitverschuldens ausscheiden, müsste er sich doch möglicherweise zurechnen lassen, dass trotz Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten in 2016 bisher von der jedenfalls von letzteren als notwendig angesehenen prozessualen Sicherung des aktuellen Ist-Zustandes des Fahrzeugs durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff. ZPO abgesehen wurde.

II. Klageantrag zu Ziffer 1 unbegründet:

Betreffend den Klageantrag zu Ziffer 1 ist die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bzw. Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises zu:

1. Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB

Ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 232 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB ist nicht schlüssig dargelegt:

a) Rücktrittserklärung:

Zwar dürfte die mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2016 bedingt erklärte Rücktrittserklärung unwirksam gewesen sein, weil die Rücktrittserklärung als einseitiges Gestaltungsrecht nur dann nicht bedingungsfeindlich ist, wenn für den Rücktrittsgegner  - was vorliegend nicht der Fall sein dürfte - keine unzumutbare Ungewissheit über die Rechtslage entsteht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 349, Rn. 1). Hieran scheitert ein Anspruch aus §§ 346, 433, 434, 437 Nr. 2 BGB indes nicht, weil jedenfalls mit der Klageschrift eine  konkludente Rücktrittserklärung vorliegt.

b) „Mangelhaftes“ OBD:

Im Hinblick auf ein „mangelhaftes“ OBD scheitert ein Anspruch aber schon daran, dass der Kläger trotz eines entsprechenden Hinweises nicht vereinzelt dargelegt hat, woher er überhaupt die Information hat, dass ein diesbezügliches Problem existiert und das streitgegenständliche Fahrzeug davon betroffen ist. Die Darstellung des Klägers ist vor diesem Hintergrund - zumal angesichts der Darlegung der Beklagten, dass die vom Kläger zitierten Quellen die auf den europäischen Markt nicht übertragbaren Verhältnisse des amerikanischen Markts  betreffen - als unzulässige Behauptung ins Blaue zu qualifizieren.

Weiter hat der Kläger aber auch trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises keine Umstände dargelegt, wonach eine unstreitig unterbliebene Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich war. Die schlichte - nicht untermauerte - Darlegung, eine Nachbesserung sei unmöglich, stellt sich prozessual als eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein dar.

c) Kraftstoffverbrauch:

Betreffend einen behaupteten überhöhten Kraftstoffverbrauchs hat der Kläger trotz eines gerichtlichen Hinweises keine Umstände dargelegt, wonach eine unstreitig unterbliebene Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich war. Der Kläger argumentiert, dass eine Verminderung des NOX-Ausstoßes durch das Softwareupdate sogar zwingend zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch und damit -  so die Rechtsauffassung des Klägers - zu einem Folgemangel führen werde. Indes übersieht der Kläger, dass das Softwareupdate nur außerhalb der Bedingungen des NEFZ zu einer Verminderung des NOX-Ausstoßes führen wird. Eine damit - die physikalische Richtigkeit der Behauptung des Klägers einmal unterstellt - einhergehende Erhöhung des Kraftstoffverbrauches würde - da außerhalb der Bedingungen des NEFZ eintretend - keinen Mangel darstellen. Vergleichsmaßstab für einen behaupteten Mehrverbrauch ist nämlich allein der richtlinienkonform - also nach den Bedingungen des NEFZ - ermittelte Verbrauch (OLG Hamm, Urteil vom 08.06.2015, I-2 U 163/14, zit. nach juris, Rn. 17).

Letztlich greift auch die von der Beklagten zu 1) erhobene Einrede der Verjährung:

Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 08.10.2012 übergeben.

Der Kläger hat sich erstmalig im Schriftsatz vom 05.04.2017 auf den Mangel „Kraftstoffverbrauch“ berufen.

Zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens bei der Beklagten zu 1) war der auf den genannten Mangel gestützte Anspruch auf Nacherfüllung bereits verjährt, §§ 438 Abs. 5, Abs. 1 Nr. 3, 437 Nr. 1, 218 BGB.

d) Getriebesoftware:

Im Hinblick auf eine unzulässige Getriebesoftware scheitert ein Anspruch daran, dass keine Anhaltspunkte dafür dargelegt wurden, dass diese Software auch im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut ist:

Zum einen ist nicht dargelegt, dass auch betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug ein entsprechender Rückruf angeordnet wurde.

Zum anderen hat das KBA als zuständige Behörde mit Schreiben vom 20.06.2016 bestätigt, dass beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp nach dem Aufspielen des Softwareupdates keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festzustellen seien. Von der - klägerseits bestrittenen - Existenz dieser Freigabeerklärung geht das Gericht dabei - so diese nicht, weil aus einfach zugänglichen Quellen, nämlich zuverlässigen Presseberichten und Internetseiten ersichtlich, ohnehin offenkundig sein dürfte (vgl. dazu Zöller/Greger, a. a. O., § 291, Rn. 1) - aus, weil unstreitig ist, dass das KBA einen Rückruf angeordnet hat, die Beklagte zu 2) die Softwarelösung anbietet und beide vorgenannten Tatsachen im Wege des Indizienbeweises den Schluss darauf zulassen, dass die beklagtenseits vorgelegte Freigabeerklärung tatsächlich vom KBA stammt.

Die Darstellung des Klägers zum Vorhandensein der o.g. Getriebesoftware auch im streitgegenständlichen Fahrzeug ist vor diesem Hintergrund als unzulässige sog. „Behauptung ins Blaue hinein“ zu qualifizieren.

e) Motorsoftware:

Betreffend die streitgegenständliche Motorsoftware scheitert der Rücktritt mindestens aus folgendem Grund:

aa) Mangel:

Die Software stellt zwar einen Mangel der Kaufsache im Sinne von § 434 BGB dar:

Zunächst handelt es sich bei der streitgegenständlichen Software nach dem vorliegend zugrunde zu legenden Parteivorbringen um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. v. von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, genauer stellt das so programmierte Motorsteuerungsgerät eine solche Abschalteinrichtung dar:

Es ist zunächst ein Konstruktionsteil i. S. v. Art. 3 Ziff. 10 der VO.

Weiter ermittelt das Motorsteuerungsgerät i. S. v. Art. 3 Ziff. 10 der VO die Fahrzeuggeschwindigkeit, nämlich ob sich das Fahrzeug außerhalb des durch das NEFZ vorgegebenen „Geschwindigkeitskeitsmusters“ befindet.

Dies dient i. S. v. Art. 3 Ziff. 10 der VO dazu, die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems - den Durchlass des  Abgasrückführungsventils - zu verändern, nämlich zu verringern:

Ein Teil des Emissionskontrollsystems i. S. v. Art. 3 Ziff. 10 der VO  ist das Abgasrückführungsventil dabei vor folgendem Hintergrund: Eine Legaldefinition des Begriffes des Emissionskontrollsystems enthält die Verordnung nicht. Der Begriff wird in Art. 3 Ziff. 10 der VO im Singular mit der Maßgabe verwendet, dass es aus mehreren Teilen besteht, in Art. 5 Ziff. 2 der VO im Plural, woraus folgt, dass die Verordnung den Begriff des Emissionskontrollsystems zweideutig verwendet, nämlich iSv Art. 3 Ziff. 10 der VO als „Gesamtsystem“, in Art. 5 Ziff. 2 als einzelne Teile, als einzelne „Systeme“. Der Begriff wird in Art. 3 Ziff. 10 der VO weiter mit der Vorgabe aufgeführt, dass eine Verringerung der Wirksamkeit desselben verhindert werden soll. Das Emissionskontrollsystem als „Gesamtsystem“ soll also etwas bewirken  und zwar etwas, was in einem zum Vergleich heranzuziehenden Bezugspunkt - der ausdrücklich nicht genannt ist, aber im Kontext nur der Testlauf nach den Parametern des NEFZ, der aus fünf synthetischen Fahrkurven besteht, sein kann - nicht verringert werden soll. Geprüft wird im Testlauf (u.a.) die Wirksamkeit der schadstoffreduzierenden Abgasbehandlung. Zum Emissionskontrollsystem als - s.o. - „Gesamtsystem“ iSv von Art. 3 Ziff. 10 der VO gehören damit alle Bauteile, die zur Wirksamkeit im vorgenannten Sinne beitragen.  Das Abgasrückführungsventil aber trägt zur Wirksamkeit der schadstoffreduzierenden Abgasbehandlung bei, weil vom Umfang der Abgasrückführung die Bildung von Stickoxiden abhängt.

Die Veränderung - nämlich Verminderung - des Durchlasses des Abgasrückführungsventils führt schließlich dazu, dass die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems außerhalb der Bedingungen des NEFZ gegenüber dem  Testmodus nach den synthetischen Parametern des NEFZ - der wie gesagt nicht ausdrücklich genannt ist, aber allein der maßgebliche erforderliche Bezugspunkt sein kann - verringert ist, weil bei nicht vermindertem Durchlass des Abgasrückführungsventils unter den Bedingungen des NEFZ die Bildung von Stickoxiden geringer ist.

Einen Mangel der Kaufsache stellt die streitgegenständliche Motorsoftware deswegen dar, weil zwar keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dahingehend getroffen wurde, dass das gekaufte Fahrzeug über eine illegale Abschalteinrichtung  nicht verfügen sollte, der Kläger aber im Sinne von § 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB erwarten durfte, dass eine solche nicht verbaut ist.

bb) Unverhältnismäßigkeit gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB

Indes ist im vorliegenden Fall das Rücktrittsrecht des Klägers jedenfalls gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, weil die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung - abzustellen ist vorliegend allein auf die streitgegenständliche Motorsoftware, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass mit dem OBD-System oder einer illegalen Getriebesoftware weitere Mängel vorhanden sind, und er sich auf den Mangel „Kraftstoffverbrauch“ wegen der Verjährungseinrede der Beklagten zu 1) nicht mehr berufen kann - unerheblich ist.

Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im gennannten Sinne ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls, wobei auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen ist (BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13, zit. nach juris, Rn. 16). Indiziert wird die Erheblichkeit jedenfalls in der Regel durch einen Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 06.02.2013, VIII ZR 374/11, zit. nach juris, Rn. 16). Ansonsten ist etwa auch die Schwere des Verschuldens des Schuldners zu berücksichtigen, wobei bei Arglist - wiederum nur in der Regel - eine unerhebliche Pflichtverletzung zu verneinen ist. Zentral ist aber - bei behebbaren Mängeln - auf die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis abzustellen. Von der Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist - erneut in der Regel - auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Diese Erheblichkeitsschwelle wird in der Regel erst bei einem Mängelbeseitigungsaufwand überschritten, der mehr als 5% des Kaufpreises beträgt (BGH, Urteil vom 27.05.2014, VIII ZR 94/13, zit. nach juris, Rn. 17, 30). Bei behebbaren Mängel unterhalb der genannten Schwelle ist es dem Käufer in der Regel zuzumuten, am Vertrag festzuhalten und sich - nach erfolglosem Nachbesserungsverlangen - mit einer Minderung oder mit der Geltendmachung des kleinen Schadenersatzes begnügen. Die prozentuale Anknüpfung an den Kaufpreis erfolgt dabei im Hinblick darauf, dass das Gewicht der dem Verkäufer zur Last fallenden Pflichtverletzung sich nur unter Berücksichtigung des Umfangs der geschuldeten Leistung insgesamt bewerten lässt (BGH, Urteil vom 29.06.2011, VIII ZR 202/10, zit. nach juris, Rn. 20).

Vorliegend stellte die streitgegenständliche Motorsoftware im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung einen behebbaren Mangel im Sinne der genannten Rechtsprechung dar. Dies gilt selbst, wenn man auf die Rücktrittserklärung vom 20.10.2016 abstellt:

Die Softwarelösung lag vor und war auch - wovon das Gericht aus o.g. Gründen ausgeht - bereits freigegeben.

Die illegale Abschalteinrichtung wird dadurch beseitigt sein. Dass das Fahrzeug nach dem Aufspielen des Updates über eine (andere) illegale Abschalteinrichtung verfügen wird, ist nicht dargelegt. Die Angaben im Bericht des Nachrichtenportals Spiegel Online vom 03.08.2017 - auf den der Kläger diesbezüglich verweist - sind nicht hinreichend konkret und zuverlässig, um entgegen der Bestätigung des KBA - von deren Existenz das Gericht aus o.g. Gründen ausgeht - eine illegale Abschalteinrichtung annehmen zu können. So ist von einer jetzt erfolgenden „kompletten Abschaltung“ der Abgasreinigung unter den dort genannten Umständen die Rede, wobei eine solche „komplette Abschaltung“ aber auch „bisher“ - also vor dem Softwareupdate - stattgefunden haben soll,  was indes - über 2 Jahre nach Bekanntwerden des sog. „Abgasskandals“ - neu wäre.

Auf die Frage, ob das Fahrzeug nach dem Aufspielen des Updates die Grenzwerte im normalen Straßenverkehr einhält, kommt es nicht an. Den maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften wird bereits dann genügt, wenn das Fahrzeug - solange es keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verwendet - unter den Testbedingungen nach dem - praxisfernen - NEFZ die maßgeblichen NOX-Grenzwerte einhält; die Einhaltung der Grenzwerte unter den üblichen Bedingungen des Straßenverkehrs wird nicht vorausgesetzt (im Ergebnis - mit deutlichen Worten - ebenso: LG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.2017, 12 O 68/17, zit. nach juris, Rn. 109 ff., 124; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018, 6 K 12341/17, zit. nach juris, Rn. 309). Zwar heißt es in Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, dass - bei einem gleichzeitig angeordneten Verbot von Abschalteinrichtungen durch Art. 5 Abs. 3 - freilich mit den dort genannten Ausnahmen - ein Fahrzeug so auszurüsten ist, dass es unter „normalen Betriebsbedingungen“ der Verordnung, aber auch - worauf zurückzukommen sein wird - ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Dies spricht auf den ersten Blick dafür, dass die Erreichung der maßgeblichen Grenzwerte im normalen Straßenverkehr erwartet wird. Verlangt wurde aber weiter bereits jetzt nicht, dass das Fahrzeug die Grenzwerte unter allen Betriebszuständen einhält, denn die Einführung eines solchen „not-to-exceed“-Regulierungskonzeptes sollte ausweislich Ziffer 15 der Erwägungen ausdrücklich erst für die Zukunft erwogen werden. Durch Art. 3 Abs. 6 der VO (EG) 692/2008 - einer (genauer „die“, nämlich die wesentliche) Durchführungsmaßnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, die nach Ziffer 2, letzter Satz ihrer Erwägungen die Anforderungen für die Typgenehmigung von Fahrzeugen nach EU5 und EU 6 festlegen (Betonung durch den Unterzeichner) soll - werden die Hersteller schließlich ausdrücklich nur noch verpflichtet zu gewährleisten, dass die im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens bei der Emissionsprüfung ermittelten Werte unter den in der Verordnung angegebenen Prüfbedingungen eingehalten werden. Dem europäischen Gesetzgeber war - vgl. die Erwägungen Ziffer 15 Zur VO (EG) 715/2007 - dabei bewusst, dass die im Typgenehmigungsverfahren nach dem NEFZ gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb nicht unbedingt entsprechen würden.

Dass ein unbehebbarer Mangel vorliegt, weil das Fahrzeug auch nach dem Update mit einem merkantilen Minderwert behaftet bleibt, ist nicht dargelegt:

Für den Fall eines sog. Unfallwagens ist anerkannt, dass ein Rücktritt auch ohne vorherige Fristsetzung zur Nachbesserung gem. § 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB möglich ist, weil der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (BGH, Urteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06, zit. nach juris, Rn. 23; BGH, Urteil vom 07.06.2006, VIII ZR 209/05, zit. nach juris, Rn. 17). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die über Jahrzehnte gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958, VI ZR 82/57, zit nach juris, Rn. 4). Auf die vorliegende Fallkonstellation dürfte die vorgenannte Rechtsprechung indes nicht übertragbar sein, weil eine vergleichbare langjährige Erfahrung, dass sich der Umstand, dass ein Fahrzeug vom sog. „Abgasskandal“ betroffen war, nicht korrigierbar auf dessen Verkäuflichkeit preismindernd auswirkt, fehlt.

Jedenfalls hat der Kläger einen gerade infolge der streitgegenständlichen Software verbleibenden Wertverlust nicht schlüssig dargelegt. Dabei wäre ihm eine am Markt orientierte vereinzelte Darlegung möglich gewesen, da der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz  gekennzeichnet ist (vgl. zB die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht (zuletzt etwa der sog. „Dieselbarometer“). Der Kläger aber bringt geringfügige Zahlen ins Spiel, legt dar, dass aktuell die Preise überhaupt nicht sinken würden bzw. verweist auf die Angaben des XXX und XXX Partnerverbandes, freilich ohne darzulegen, dass der dort beschriebene Wertverlust gerade auf der streitgegenständlichen Software und nicht darauf beruht, dass Dieselfahrzeuge generell in der Gunst der Käufer nachgelassen haben. Denselben Makel weist auch das mit der Anlage R47 vorgelegte Gutachten auf. Es vergleicht die Preisentwicklung eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs mit einem entsprechenden Benziner und stellt einen veränderten Verlauf nach Bekanntwerden des Abgasskandals fest. Ob die Abweichungen indes gerade auf der streitgegenständlichen Software beruhen und nicht etwa auf einer allgemeinen Verunsicherung des Marktes und auf den markenübergreifend generell allen nach EU5 zugelassenen Dieselfahrzeugen drohenden Fahrverboten bleibt aber ausdrücklich offen (S. 4 des Gutachtens).

Die Gefahr von Folgemängel durch das Softwareupdate macht die Motorsoftware nach der gesetzlichen Wertung des § 440 BGB - wonach eine Nachbesserung jedenfalls grundsätzlich, wobei vorliegend kein Grund ersichtlich ist, von diesem Grundsatz abzuweichen, erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt - allenfalls nach dem Fehlschlagen weiterer Nachbesserungsversuche zu einem unbehebbaren Mangel. Der Kläger hat das von ihm beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Der Rücktritt vom Kaufvertrag bleibt ihm für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen (Vgl. LG Münster, Urteil vom 05.04.2017, 10 O 359/16, zit. nach juris, Rn. 118. Im Ergebnis unter dem Stichwort „Vorrang der Nacherfüllung“ LG Düsseldorf, Urteil vom (24.10.2016, 21 O 10/16, zit. nach juris, Rn. 33.).

Vorliegend sind die Mangelbeseitigungskosten schließlich im Verhältnis zum gezahlten Kaufpreis von 27.400 € im Sinne der oben genannten Rechtsprechung unerheblich:

Anders als OLG Koblenz, Beschluss vom 27.09.2017, 2 U 4/17, zit. nach juris, Rn. 26  geht das Gericht zunächst nicht davon aus, dass aus der Beweislastumkehr des § 363 BGB folgt, dass der Käufer eine Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB darlegen und beweisen muss (so auch: von Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2015, § 323, Rn. F4).

Bedenklich erscheint es dem Gericht auch, mit OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2017, 14 U 199/16 (zit. nach juris, Rn. 45) davon auszugehen, dass Fahrzeugsteuerungssoftware ohnehin regelmäßig aktualisiert werden muss, so dass ein durch ein Mangelbeseitigungsverlangen veranlasstes Update einen Aufwand darstellt, der „sowieso“ anfällt.

Das Gericht ist aber aufgrund unstreitiger Indizien davon überzeugt, dass das streitgegenständliche Softwareupdate auf das einzelne Fahrzeug umgelegt Kosten verursacht, die weit weniger als 5% des streitgegenständlichen Kaufpreises, also weit weniger als 1.370 € betragen:

Dabei ist zunächst bei der Frage des Mangelbeseitigungsaufwandes auf den Gesamtaufwand abzustellen, der bei der Beklagten zu 1) für das Aufspielen der Software, aber auch beim Hersteller - also der Beklagten zu 2)  - für Entwicklung und kostenlosen Bereitstellung derselben entsteht bzw. schon entstanden ist. Die Anknüpfung an die Mangelbeseitigungskosten dient nämlich der Bewertung der in der Lieferung einer mangelhaften Sache liegenden Pflichtverletzung im Verhältnis zum Gesamtumfang der Leistung - s. o. - und nicht - auch wenn das Ergebnis der Überlegungen regelmäßig identisch ausfallen mag - der Klärung, ob ein Rücktritt unverhältnismäßig ist, weil seine Folgen für den Verkäufer in keinem Verhältnis zum Aufwand einer Mangelbeseitigung steht. Eine Verlagerung von Kosten der Mängelbeseitigung vom Verkäufer auf den Hersteller aber ändert nichts am Gewicht der dem Verkäufer durch Lieferung einer mangelhaften Sache zur Last fallenden Pflichtverletzung.

Der Aufwand der Beklagten zu 2) für Entwicklung und Bereitstellung der Software ist weiter auf das einzelne Fahrzeug umzulegen und nicht etwa der gesamte Entwicklungsaufwand für die für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp vorgesehene Updatevariante dem Kaufpreis entgegenzuhalten. Muss ein Verkäufer für die Beseitigung eines Mangels Fremdleistungen einkaufen, so sind in diese Entwicklungskosten auch nur anteilig - auf Grundlage einer auf der geschätzten Mindestanzahl von Abnehmern fußenden kaufmännischen Kalkulation - enthalten. Etwas anderes kann nicht gelten, wenn der Verkäufer - wie vorliegend - die Fremdleistung nicht bezahlen muss.

Die Entwicklung des Softwareupdates kann schließlich auf das einzelne Fahrzeug umgelegt nur verhältnismäßig geringfügige Kosten verursacht haben, wenn man den Neuwagenpreis des Fahrzeugs und ferner berücksichtigt, dass in diesen nicht nur die vollständige Entwicklung des Fahrzeugs - einschließlich etwa auch sämtlicher in dem Fahrzeug eingesetzter Software -, sondern auch sämtliche mit der Produktion verbundenen Kosten, anteilige Marketingkosten, Vertriebskosten und Gewinnmargen einkalkuliert war. Das Aufspielen der Software schließlich kann, da mit wenig menschlicher Arbeitskraft verbunden, ebenfalls kaum Kosten verursachen.

Besondere Umstände, die Anlass gäben, die in der Software liegende Pflichtverletzung trotz des Umstandes, dass deren Beseitigung Kosten in weitaus in geringerer Höhe als 5% des Kaufpreises verursacht, dennoch als nicht unerheblich anzusehen, sind schließlich nicht gegeben:

Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor (s.o.).

Eine zur Verneinung einer unerheblichen Pflichtverletzung führende Arglist der Beklagten zu 1) ist nicht zu berücksichtigten. Soweit der Kläger pauschal behauptet, der Beklagten zu 1) sei die streitgegenständliche Software bekannt gewesen, stellt sich dies als eine unzulässige sog. „Behauptung ins Blaue hinein“ dar: Angesichts der vom Kläger selbst dargestellten internationalen Entwicklung des sog. „Abgasskandals“ hätte er vereinzelt darlegen müssen, woher er der Erkenntnis hat, dass Markenhändler wie die Beklagte zu 1) instruiert waren. Eine etwaige Kenntnis der Verantwortlichen der Beklagten zu 2) von der streitgegenständlichen Software muss sich die Beklagte zu 1) nicht zurechnen lassen, da jene nicht Erfüllungsgehilfen der Beklagte zu 1) gem. § 278 Abs. 1 BGB waren. Beim Kaufvertrag ist der Lieferant im Verhältnis zum Käufer nicht Erfüllungsgehilfe, da die Pflicht des Verkäufers sich nicht auf die Herstellung der Kaufsache erstreckt (OLG München, Beschluss vom 03.07.2017, S. 7; OLG Koblenz, a. a. O., Rn. 34; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 278, Rn. 13, m. w. N.). Soweit OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2017, 18 U 112/17 (nicht veröffentlicht) einem Vertragshändler das Verhalten des Herstellers wegen der bestehenden dauerhaften Geschäftsbeziehung zurechnet, fehlt es an einer gesetzlichen Anknüpfung.

Im Rahmen der Abwägungsentscheidung ein Insolvenzrisiko anzunehmen, erscheint betreffend beide Beklagten spekulativ (anders aber OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2017, a. a. O.).

Zeitliche Aspekte können im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ebenfalls außen vor bleiben: Im maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Rücktrittserklärung vom 20.10.2016 - so auf diesen Zeitpunkt überhaupt abzustellen ist (s.o.) -  lag das Softwareupdate bereits vor und war auch schon - wovon das Gericht aus o.g. Gründen ausgeht - freigegeben. Ohnehin konnte das Fahrzeug bis zuletzt problemlos weiter genutzt werden.

2. Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 433, 434, 437 BGB

Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) auch aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 433, 437 BGB kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises zu und zwar

- betreffend das „OBD-System“, weil bereits ein Mangel nicht hinreichend vereinzelt dargelegt wurde, ferner keine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung erfolgte oder Umstände dargelegt wurden, aufgrund derer eine solche entbehrlich ist;

- betreffend den „Kraftstoffverbrauch“, weil bereits keine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung erfolgte, auch keine Umstände, aufgrund derer eine solche entbehrlich ist, dargelegt wurden und weil die Einrede der Verjährung greift;

- betreffen die „Getriebesoftware“, weil bereits ein Mangel nicht hinreicht vereinzelt dargelegt wurde und

- betreffend die „Software“, weil die insoweit vorliegende Pflichtverletzung im Sinne von § 281 Abs. 1 S 3 BGB - es gelten dieselben Maßstäbe wie bei § 323 Abs. 5 S. 2 BGB (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 281, Rn. 47), so dass auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen verwiesen werden kann - unerheblich war.

3. Anspruch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung:

Ein Anspruch auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt einer (nicht spezialgesetzlich geregelten) Prospekthaftung gem. §§ 311, 241 Abs. 2 BGB ist nicht schlüssig dargelegt. Eine Haftung im vorgenannten Sinne wurde von der Rechtsprechung für den sog. „grauen“, nicht organisierten Kapitalmarkt vor dem Hintergrund entwickelt, dass in jenem Markt das Emissionsprospekt die einzige Informationsquelle für den interessierten Kapitalanleger darstellt. Nur wenn die dortigen Angaben vollständig und richtig sind, kann der Interessent die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilten und vor allem sein Anlagerisiko richtig einschätzen (vgl. BGHZ 111, 114 ff.). Im vorliegenden Fall eines Autokaufs ist die Grundsituation gänzlich anders. Der Kunde kann sich nicht nur aus Verkaufsprospekten, sondern auch aus Testberichten einer Vielzahl einschlägiger Zeitschriften informieren. Ferner kann er sich ein vergleichbares Fahrzeug im Showroom anschauen und ggf. sogar Probe fahren.

4. Anspruch aus §§ 812 Abs. 1. S. 1, 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 1. Alt. BGB:

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 812 Abs. 1. S. 1, 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 1. Alt. BGB wegen des arglistigen Verschweigens eines Mangels scheidet ebenfalls aus:

Dass die Beklagte zu 1) selbst - genauer: deren Mitarbeiter - arglistig agierten, hat der Kläger nicht dargelegt (s.o.).

Eine etwaige Arglist der Verantwortlichen der Beklagten zu 2) wird der Beklagten zu 1) nicht zugerechnet, weil es sich bei den Verantwortlichen der Beklagten zu 2) im Verhältnis zur Beklagten zu 1) um Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB handelt. Wer Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist, ist umstritten. Nach der Rspr. des BGH ist Dritter nicht der vom Erklärungsgegner des Anfechtenden beauftragte Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe, die die Beklagte zu 2) vorliegend ersichtlich nicht war. Darüber hinaus scheidet als Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB auch derjenige aus, der wegen seiner engen Beziehungen zum Erklärungsgegner des Anfechtenden als dessen Vertrauensperson erscheint oder aufgrund besonderer Umstände nach Billigkeitsgesichtspunkten im Einzelfall selbst eine Person, die nicht Vertreter oder Vertrauensperson des Erklärungsgegners ist oder zu sein scheint. Indes sind auch die letztgenannten Personen nur dann keine Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB, wenn sie an den konkreten Vertragsverhandlungen beteiligt waren (BGH, Urteil vom 06.07.1978, III ZR 63/78, zit. nach juris, Rn. 28). Anknüpfungspunkt für die Zurechnung des Verhaltenseines Dritten ist nämlich der Umstand, dass der Erklärungsgegner des Anfechtenden sich bei den Vertragsverhandlungen und der mit der Erfüllung der mit deren Aufnahme bestehenden Pflicht, den Vertragspartners nicht zu täuschen, einer anderen Person bedient. Die Beklagte zu 2) aber hat vorliegende an den Vertragsverhandlungen nicht konkret mitgewirkt (Im Ergebnis für das vorliegende Verhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller ebenso und deutlich: OLG Hamm, Beschluss vom 19.06.2017, 2 U 39/17, zit. nach juris, Rn. 14 ff.).

III. Zum Klageantrag zu Ziffer 3.:

Betreffend den Klageantrag zu Ziffer 3. ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises hat, befindet sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht im Annahmeverzug.

V. Zum Klageantrag zu Ziffer 4.:

Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen zwecks Durchsetzung eines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises/Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises entstandenen Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger gegen die Beklagten zu 1) und 2) nicht zu:

1. Anspruch gegen die Beklagte zu 1):

Ein Ausgleich von Rechtsanwaltskosten nach § 439 Abs. 2 BGB kommt nur in Betracht, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels notwendig waren (OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2017, 14 U 199/16, zit. nach juris, Rn. 49; für §§ 634, 635 BGB auch BGH, Urteil vom 17.02.1999, X ZR 40/96, zit. nach juris, Rn. 10). Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.02.2016 stand nicht im Zusammenhang mit Auffindung von der Ursache von Mangelerscheinungen und der Klärung der Verantwortlichkeit für den Mangel.

Ein Anspruch aus §§ 286, 286 BGB scheidet aus, weil die Beklagte mit der Rückzahlung des Kaufpreises/Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises nicht in Verzug war.

Mangels eines Anspruches dem Grunde - s.o. - nach steht dem Kläger auch im Übrigen unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

b) Anspruch gegen die Beklagte zu 2):

aa) Kaufvertragliche Ansprüche:

Kaufvertragliche Ansprüche scheiden aus, da zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) kein Kaufvertrag bestand.

bb) Anspruch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung:

Ein Anspruch auf Schadensersatz nach den Grundsätzen der Prospekthaftung scheidet aus o.g. Gründen aus.

cc) Ansprüche im Zusammenhang mit einer unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung:

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung zu:

(1) Es ist bereits fraglich, ob die EG-Übereinstimmungsbescheinigung überhaupt die Erklärung enthält, dass das Fahrzeug allen maßgeblichen Vorschriften entspricht. Zwar soll sie nach der Legaldefinition in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG und der ähnlich formulierten Zielbeschreibung in der VO (EG) 385/2009 eine Erklärung im vorgenannten Sinne darstellen. Das eigentliche Muster enthält eine solche Erklärung dann aber - jedenfalls ausdrücklich - doch nicht.

(2) Sollte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine Erklärung im vorgenannten Sinne tatsächlich enthalten, führt die inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung nicht zur Ungültigkeit der Bescheinigung. Die (auch nach den nationalen Vorschriften) maßgebliche Vorschrift  über den Inhalt der EG-Übereinstimmungsbescheinigung - Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG - enthält nämlich lediglich eine Anzahl einzuhaltender Kriterien formaler Natur.

Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht materiell unwirksam ist, wenn das betroffene Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, spricht auch die weitere Auslegung der Richtlinie:

Nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG werden der Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen ausdrücklich auch davon abhängig gemacht, dass diese den einschlägigen Rechtsakten entsprechen. Der komplette Fahrzeuge betreffende Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG enthält eine entsprechende Regelung jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht. Weiter könnte zwar die Voraussetzung, dass (auch) ein Fahrzeug den einschlägigen Rechtsakten entsprechen muss, in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG durch das - in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie nicht vorkommende -  Wort „gültig“ in Verbindung mit der Legaldefinition der Übereinstimmungsbescheinigung in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG zum Ausdruck gebracht worden sein, zumal zunächst nicht recht ersichtlich sein könnte, aus welchem Grund der europäische Gesetzgeber bei Fahrzeugen anders als bei Bauteilen auf diese Voraussetzung verzichtet haben sollte. Zu beachten ist gleichzeitig aber die sprachliche Fassung des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG: Die besondere Betonung der Voraussetzungen „dann und nur dann“ (in der englischen Fassung: „if and only if“) - zum Vergleich heißt es in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG nur „nur dann“- legt nahe, dass es dem Gesetzgeber klar war, dass in Art. 28 im Vergleich zu Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2007/46/EG erhöhte Anforderungen erhoben werden. Ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von kompletten Fahrzeugen und Bauteilen liegt gleichzeitig doch vor, nämlich darin, dass Adressat der Umsetzung von Art. 28 der Richtlinie 2007/46/EG nicht die  Mitgliedstaaten selbst sind: Art. 28 regelt nur den Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen. Adressat von Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG sind bei dessen Umsetzung dagegen auch die Mitgliedstaaten selbst, da sie für die dort - auch - geregelte Zulassung der Fahrzeuge zuständig sind. Würde Art. 26 der Richtlinie voraussetzen, dass die Fahrzeuge nur zugelassen werden könnten, wenn sie allen rechtlichen Akten entsprechen, weil nur dann die EG-Übereinstimmungserklärung gültig wäre, würde dies (erneute) Prüfungspflichten begründen, was dem Ziel der Richtlinie, die Zulassung von Fahrzeugen zu vereinfachen, widersprechen würde.

Weiter folgt aus der Auslegung der die Richtlinie 2007/46/EG umsetzenden nationalen Vorschriften folgen, dass jedenfalls der nationale Gesetzgeber davon ausging, dass Unregelmäßigkeiten im Typgenehmigungsverfahren, wodurch der genehmigte Fahrzeugtyp nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, nicht zur Unwirksamkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führt:

Der Gesetzgeber hat den Fall vorhergesehen, dass bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig sind: Es ermächtigt das KBA für diesen Fall in § 25 Abs. 2 EG-FGV, die Typgenehmigung nachträglich mit Nebenbestimmungen zu versehen. Betreffend die EG-Übereinstimmungserklärung fehlt eine entsprechende Regelung. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass der Umstand, dass ein bereits im Verkehr befindliches Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ist, keine Auswirkungen auf die Übereinstimmungsbescheinigung haben sollte.

Weiter: Nach § 37 EG-FGV handelt ordnungswidrig, wer ein Fahrzeug entgegen § 27 EG-FGV ohne eine „gültige“ Übereinstimmungsbescheinigung anbietet oder in Umlauf bringt. Mit § 37 EG-FGV wollte der Gesetzgeber „die in § 27 EG-FGV enthaltenen Anforderungen besser durchsetzen“, ging gleichzeitig aber davon aus, dass „bestimmte Verstöße im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wie die Vorlage gefälschter Prüfergebnisse oder technischer Spezifikationen oder sonstige unrichtige oder unvollständige Erklärungen“ bereits anderweitig sanktioniert werden und damit keiner Ahndung durch § 37 EG-FGV bedurften (vgl. BR-Drucksache 190/09, S. 57). Verstöße im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens sollen danach nicht § 37 EG-FGV unterfallen, also keinen Verstoß gegen § 27 EG-FGV darstellen, also die Gültigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von § 27 EG-FGV nicht tangieren.

(3) Ohnehin ergäben sich aus dem Umstand, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sein sollte, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen Rechtsakten entspricht, keine Ansprüche des Klägers:

(a) Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung stellt zunächst keine Garantieerklärung dar:

Nach der in der VO (EG) 385/2009 gewählten Formulierung stellt die Bescheinigung zwar eine „Versicherung“ des Herstellers da, was für einen verpflichtenden Charakter sprechen könnte. Im Muster und damit in der eigentlichen Bescheinigung selbst ist aber wiederum nur von „Bestätigung“ die Rede, was bereits weniger verpflichtend klingt. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Hersteller die ihn schon nicht treffende (so er denn nicht ausnahmsweise gegenüber dem Verbraucher als Verkäufer auftritt) übliche Gewährleistung verstärken und ergänzen wollte, enthält die EG-Übereinstim-mungsbescheinigung nicht.

Weiter ist davon auszugehen, dass auch der Verordnungsgeber mit der o.g. Richtlinie und der o.g., die Richtlinie konkretisierenden Verordnung nicht einen neuen/ neuartigen Anspruch des Käufers schaffen wollte, indem die Übereinstimmungsbescheinigung eine Garantieerklärung darstellen sollte. Ein solcher neuer/neuartiger Anspruch würde nämlich eine Sanktionierung von Regelverstößen des Herstellers darstellen. Die Schaffung von Sanktionen bei Regelverstößen des Herstellers sollte aber gem. Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG ausdrücklich dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

(b) Als vertrauensbegründende Maßnahme, aus der sich entsprechende Ansprüche ergeben könnten, dürfte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung weiter schon deshalb ausscheiden, weil sie zeitlich erst nach Abschluss des Kaufvertrages erstellt wird und in Erfüllung desselben zusammen mit dem Fahrzeug zu übergeben ist. Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht vertrauensbegründend wirken soll,  dürfte ferner auch sprechen, dass sie nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46EG noch nicht einmal zwingend in einer vom konkreten Verbraucher beherrschten Sprache formuliert werden muss, während dies etwa für die für Nutzer bestimmten Informationen ausdrücklich vorgesehen ist, Art. 37 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie 2007/46 EG.

(c) Letztlich können die  vorgenannten Fragen aber ohnehin allesamt dahinstehen, denn: Die Richtlinie 2007/46/EG und die sie konkretisierende  VO (EG) 385/2009 dienen ausweislich ihrer Gründe ausschließlich gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarktes durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Fahrzeugen und der Sicherstellung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus (Entsprechend für die die Richtlinie umsetzende EG-FGV: BR-Drucksache 190/09, A. Problem und Ziel, ferner S. 36, 49.), was der Anerkennung von sich aus der EG-Übereinstimmungserklärung ergebenden individualrechtlichen Ansprüche, wie dem vorliegend geltend gemachten, insgesamt entgegensteht.

dd) Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB:

Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB scheidet ebenfalls aus und zwar unter mehreren Aspekten:

(1) Keine relevante Täuschung dargelegt:

Zunächst hat der Kläger keine relevante Täuschung dargelegt:

(a) Täuschung Dritter:

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte die für die Typzulassung zuständigen Behörden getäuscht hat, vermag dies einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB nicht zu begründen, weil § 263 StGB eine Vermögensverfügung des Irrenden voraussetzt, die nicht dargelegt ist.

(b) Aktive Täuschung des Klägers:

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte ihn selbst unter den nachgenannten Gesichtspunkten aktiv getäuscht habe, ist dies tatsächlich nicht der Fall bzw. nicht hinreichend vereinzelt dargelegt:

(aa) Typgenehmigung nicht erloschen:

Das Fahrzeug unterfällt der für den Typ bestehenden Typgenehmigung. Diese ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht kraft Gesetzes erloschen (s.o.).

(bb) Zulassung nach EU5/Angaben zu Grenzwerten:

Die Zulassung nach EU5 besteht entgegen der Rechtsauffassung des Klägers fort. Konkrete Angaben der Beklagten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im realen Straßenverkehr die Emissionsgrenzwerte nach EU5 einhalte oder die Messung auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ den Schadstoffausstoß im Realbetrieb wenigstens annähernd abbilde, hat der Kläger nicht dargelegt.

(cc) Falsche Angaben zum Stickoxidausstoß:

Konkret falsche (Werbe-)Angaben der Beklagten zum Stickstoffausstoß des streitgegenständlichen Fahrzeugs hat der Kläger nicht dargelegt.

(dd) Falsche Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß:

Falsche Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß hat der Kläger nicht dargelegt. Die maßgeblichen Vorschriften verlangen  - im Sinne einer Formalvorschrift - lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren (vgl. § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV) erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind, was auch der Kläger nicht in Zweifel stellt.

Soweit der Kläger weiter behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug halte die - seiner Meinung nach falschen, weil „erschlichenen“ - Pflichtangaben nicht ein, vielmehr würden die genannten Werte tatsächlich um mehr als 10% überschritten, mangelt es jedenfalls an einer Darlegung zur Kenntnis der Verantwortlichen der Beklagten vom vorgenannten Umstand.

(ee) Falsche Angaben zum OBD-System:

Auch nur konkludente Angaben der Beklagten zu einem funktionierenden OBD-System sind nicht dargelegt. Dem Angebot oder der Lieferung einer Sache kann nicht die Erklärung entnommen werden, dass diese keine Mängel aufweise (Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 263, Rn. 17b). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

(ff) Falsche Angaben zum Geräuschpegel:

Angaben der Beklagten zum Geräuschpegel und Abweichungen hiervon im Fall des streitgegenständlichen Fahrzeugs sind nicht dargelegt.

(gg) Angaben in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung:

Warum - nicht dargelegte - Angaben in der EG-Übereinstimmungserklärung zu den Stickoxidwerten und dem Geräuschpegel nicht dem geltenden Typgenehmigungsrecht entsprechen sollen, ist schlicht unverständlich.

(hh) Angaben, das Fahrzeug sei voll funktionstüchtig und entspreche den gesetzlichen Vorgaben:

Auch nur konkludente Angaben im genannten Sinne sind nicht dargelegt. Dem Angebot oder der Lieferung einer Sache kann nicht die Erklärung entnommen werden, dass diese keine Mängel aufweist (Schönke/Schröder/Perron, a. a. O., § 263, Rn. 17b). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

(ii) Täuschung über Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung

Eine Täuschung der Beklagten im vorgenannten Sinne ist nicht dargelegt. In der Forderung eines Preises liegt keine Aussage über dessen Angemessenheit (Schönke/Schröder/Perron, a. a. O., § 263, Rn. 17a). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

(c) Täuschung des Klägers durch Unterlassen:

Eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt:

Eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen setzt eine - vorliegend nicht dargelegte - Garantenstellung gem. § 13 Abs. 1 StGB, nämlich voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat, die es rechtfertigt, ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichzustellen. Die Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person - zumal in besonderer Weise - zum Schutz des gefährdeten Rechtsgutes aufgerufen ist und dass alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person vertrauen und vertrauen dürfen (OLG Bamberg, Beschluss vom 08.03.2013, 3 Ws 4/12, zit. nach juris, Rn. 18). Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (BGH, Urteil vom 02.12.2014, VI ZR 501/13, zit. nach juris, Rn. 13). Soweit es - wie vorliegend - um einen Kaufvertrag geht, wird eine Aufklärungspflicht bereits des Verkäufers-  mit dem immerhin ein vertrauensbegründendes Vertragsverhältnis besteht - erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, 25; ausdrücklich ist dort auch von einem wucherhaften Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung die Rede). Die weitere „Entfernung“ der Beklagten zum Kläger im vorliegenden Fall - bei der Beklagten handelt es sich „nur“ um den Hersteller des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs - dürfte es sogar rechtfertigen, das Bestehen einer Aufklärungspflicht wenn nicht gar auszuschließen, so aber doch mindestens auf „Vollkatastrophen“  zu beschränken, also auf Umstände, die dazu führen, dass der Kaufgegenstand (fast) wertlos ist oder überhaupt nicht mehr genutzt werden kann. Letztendlich kann diese Frage aber dahinstehen:

Der Kläger hat nicht vereinzelt dargelegt, dass - was die Aufklärungspflicht eines Verkäufers ausgelöst hätte - die Fehlerhaftigkeit der verfahrensgegenständlichen Software und die sonstigen beschriebenen Probleme am Markt einen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht darstellen, dergestalt, dass es zu einem erheblichen Preisverfall der davon betroffenen Fahrzeuge gekommen ist. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Ferner hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass das Fahrzeug überhaupt nicht mehr genutzt werden darf. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus dem Umstand, dass die Typgenehmigung automatisch erloschen ist oder mindestens zwingend widerrufen werden muss:

Die Typgenehmigung ist nicht (beschränkt auf das streitgegenständliche Fahrzeug, denn weiter würde die Wirkung der Vorschriften selbst im Falle ihres Eingreifens nicht gehen) gem. §§ 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Die genannten Vorschriften gelten nämlich nicht für den hier (allenfalls) vorliegenden Fall, dass ein Fahrzeug schon vor Inverkehrbringen durch den Hersteller nicht der maßgeblichen Typgenehmigung entspricht. Aus der Begründung zur damaligen Neufassung des § 19 Abs. 2 StVZO - vgl. BR-Drucksache 629/93, dort S. 15, 16 - folgt nämlich, dass diese Vorschrift ihrer Intention nach nur Änderungen von bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen erfassen sollte, denn nur insoweit wurde eine Regelungskompetenz erkannt.  Dieses an der Entstehungsgeschichte der Norm orientierte Auslegungsergebnis wird durch eine systematische Auslegung eindrucksvoll unterstützt: So sieht § 19 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 7 StVZO ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung für den Fall vor, dass an dem Fahrzeug Änderungen vorgenommen werden, durch die eine - einfache - Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Würde dies auch für Änderungen vor Inverkehrbringen des Fahrzeugs durch den Hersteller gelten, würde die zeitlich nachfolgend in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV, welche den Widerruf der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht und der Behörde zumal noch ein Ermessen einräumt, keinen Sinn machen.

Die Typgenehmigung ist auch nicht analog §§ 19 Abs. 2, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Angesicht der Regelung des § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV besteht nämlich keine Regelungslücke. Im Übrigen wollte schon der europäische Gesetzgeber technische Veränderungen, die zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Emissionsminderungssystems führen, nicht zum Anlass nehmen, die Typgenehmigung des Fahrzeugs als Ganzes in Frage zu stellen (vgl. Art. 5 Ziff. 10 der VO (EG) 692/2008, der sich ausweislich der Überschrift zu Art. 5 ausdrücklich nur auf die in Art. 2 Ziff. 2 definierte Teiltypgenehmigung bezieht).

Ein zwingender Widerruf der Typgenehmigung (mit Wirkung für alle Fahrzeuge des verfahrensgegenständlichen Typs) droht ebenfalls nicht. Die zuständige Behörde - das KBA - hat das ihr gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehende Ermessen nicht dahingehend ausgeübt, dass sie eine Entziehung der Typgenehmigung (für den betreffenden Fahrzeugtyp insgesamt) in die Wege geleitet hat; die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FVG vorgegangen Eine Entziehung der Typgenehmigung hätte weiter ohnehin erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs, wenn in der Folge die zuständigen Landesbehörden von dem ihnen gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010, 3 Bf 82/09, zit. nach juris Rn. 34).

Soweit dem Kläger eine Betriebsuntersagung drohen sollte, weil er das von der Beklagten zu 2) angebotene Softwareupdate nicht aufspielen lässt, kann er dies zumutbar, nämlich durch - kostenlose - Nachholung umgehen. Die Gefahr von Folgemängeln muss der Kläger zunächst hinnehmen, nämlich das Ergebnis der Nachbesserung abwarten und ggf. im Anschluss Rechte geltend machen. Eine erhebliche Gefahr von Folgemängeln ist ohnehin nicht dargelegt. Eine solche ergibt sich insbesondere auch nicht aus den klägerseits zitierten Angaben des XXX. Dem Bericht des XXX ist diesbezüglich zunächst nichts zu entnehmen. Vielmehr gibt der Genannte dort selbst an, dass er nicht sicher angeben kann, ob die dort genannten - vereinzelten, denn nur 4% der Fahrzeuge waren betroffen - Probleme tatsächlich auf das Softwareupdate zurückzuführen sind.

Ein Sicherheitsproblem, welches er Teilnahme am Rückruf entgegenstehen würde, ist ebenfalls nicht dargelegt. Zur Wahrscheinlichkeit des im Zusammenhang mit den Angaben des XXX gesehenen Sicherheitsproblems ergibt aus dem vom Klägervertreter insoweit nicht vollständig zitierten Bericht des MDR, dass Problemen mit dem Dieselpartikelfilter ein Defekt des Abgasrückführungsventil vorausgeht, welches durch ein Aufleuchten der Motor-Kontrolllampe angezeigt wird.

Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten Tun (Ingerenz) ergibt sich vorliegend schließlich keine Garantenpflicht zugunsten des Klägers. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall nämlich nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (Schönke/Schröder/Stree/ Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13, Rn. 35a mwN). Als pflichtwidriges Vorverhalten der Verantwortlichen der Beklagten kommt vorliegend allein ein Verstoß gegen die maßgeblichen europarechtlichen Normen, die den Einsatz von  Abschalteinrichtungen verbieten, in Betracht. Diese dienen indes ersichtlich nicht dem Schutz der hier allein betroffenen Vermögensinteressen der Klägerin, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen (s.o.).

(2) Fehlt es nach alledem bereits an der Darlegung einer relevanten Täuschung, ist darüber hinaus auch nicht hinreichend vereinzelt dargelegt, dass der Kläger durch den Abschluss des Kaufvertrages (unmittelbar) einen haftungsbegründenden Vermögensschaden erlitten hat:

(a) Zunächst ist beachten, dass nicht jede vertragswidrige Leistung einen Erfüllungsschaden bedeutet, sondern nur, wenn die tatsächlich erbrachte Leistung gegenüber der geschuldeten Leistung im Tatzeitpunkt in Euro und Cent minderwertig ist. Der Wert der erbrachten Leistung muss mithin feststehen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2011, III-5 Ws 459 - 471/10, zit. nach juris, Rn. 21 f.). Konkrete Ausführungen des Klägers dazu fehlen indes. Diese wären vor allem auch deswegen notwendig gewesen, weil der Kläger noch nicht einmal darlegt, dass die Preise der vom sog. „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge selbst über 2 Jahre nach dem Bekanntwerden desselben gerade wegen der streitgegenständlichen Software sinken.

(b) Ein haftungsbegründender Vermögensschaden könnte vorliegend weiter darin gesehen werden, dass wegen der streitgegenständlichen Software bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Sinne einer Vermögensgefährdung die Gefahr der Entziehung der Zulassung bestanden hat. Eine Vermögensgefährdung kann indes nur dann als haftungsbegründender Vermögensschaden angesehen werden, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine konkrete Verschlechterung der Vermögenslage darstellt, weil der Eintritt eines Schadens naheliegend ist (OLG Hamm, Urteil vom 28.06.2012, 38 U 133/11, zit. nach juris Rn. 88), was vorliegend bei dem oben beschriebenen (und nachfolgend tatsächlich auch nicht gegangenen) weiten Weg bis zur Entziehung der Zulassung nicht angenommen werden kann. Eine abstrakte Gefährdungslage aber reicht für die Annahme eines haftungsbegründenden Vermögensschadens nicht aus (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2011, a. a. O., zit. nach juris, Rn. 16).

(3) Selbst wenn der Kläger durch Abschluss des Kaufvertrages im Sinne einer Vermögensgefährdung einen haftungsbegründenden Vermögensschaden erlitten haben sollte, so ist nicht dargelegt, dass die Verantwortlichen der Beklagten insoweit vorsätzlich handelten. Die bloße Kenntnis einer potentiellen Vermögensgefährdungslage genügt nämlich für die Annahme der subjektiven Tatseite hinsichtlich des Vermögensschadens im Sinne des § 263 StGB nicht. Der Vorsatz muss sich vielmehr mit seinen kognitiven und voluntativen Bestandteilen auf die eventuelle Vermögensgefährdung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Betrogene aus der Sicht des Täuschenden ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen muss. Dieses Erfordernis ist jedoch dann nicht erfüllt, wenn der Eintritt wirtschaftlicher Nachteile nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist, sondern von zukünftigen Ereignissen abhängt (BGH, Beschluss vom 16.04.2008, 5 StR 615/07, zit. nach juris Rn. 5), wie es vorliegend angesichts des notwendigen mehrstufigen, zumal von Ermessensentscheidungen abhängenden Vorgehens der Behörden bis zu einer Entziehung der Zulassung der Fall ist.

(4) Schließlich hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass ihm ein relevanter - haftungsausfüllender - Vermögensschaden entstanden ist. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vermag zwar einen Schaden im Sinne des StGB und haftungsbegründend auch einen Schaden im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB darzustellen. Zu einem  haftungsausfüllenden Vermögensschaden im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB aber wird die Vermögensgefährdung erst dann, wenn sie sich realisiert, d.h. wenn bewertbare Nachteile tatsächlich eingetreten sind (LAG München, Urteil vom 16.10.2003, 2 Sa 283/03, zit. nach juris, Rn. 31). Dies ist vorliegend nicht der Fall: Das Fahrzeug ist immer noch zur Verwendung im Fahrzeug zugelassen. Einer evt. künftig wegen Nichtteilnahme am Rückruf drohenden Betriebsuntersagung kann durch Nachholung begegnet werden. Einen Preisverfall hat der Kläger nicht dargelegt.

ee) Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG:

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG.

Der Kläger hat zunächst keine einzige Werbemaßnahme der Beklagten konkret dargelegt.

Weiter und erst Recht hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Beklagte im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen wollte. Dem Täter des § 16 Abs. 1 UWG muss es darum gehen, das der Verkehr die Leistung, die er tatsächlich anbietet, für besonders günstig hält, weil die Leistung in Bezug auf Qualität und Preis - besonders - vorteilhaft ist und/oder die Bedürfnisse des angesprochenen Verkehrs in Bezug auf das angebotene Produkt aus anderen Gründen - besonders - befriedigt, was tatsächlich nicht der Fall ist. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen - besonderen - Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, 3. Aufl., § 16, Rn. 31, 32; für § 4 UWG aF auch BGHSt 27, 293 - 295, zit. nach juris Rn. 6, 7). Vorliegend geht die Darlegung des Klägers allenfalls - und auch insoweit nicht hinreichend vereinzelt - dahin, dass mit der - tatsächlich nicht gegebenen - Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schadstoffwerte nach EU 5 geworben wurde, die damals alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten mussten. Damit wurde also kein - besonderer - Vorteil angepriesen, auf den sich die Absicht der Verantwortlichen der Beklagten bezogen haben könnte.

ff) Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11 UWGaF, 1, 5 PKW-EnVKV:

Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz folgt auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11 UWG aF, 1, 5 Pkw-ENVKV.

Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr. 11 UWG überhaupt Schutzgesetzcharakter hat (ausdrücklich ablehnend LG Limburg, Urteil vom 21.11.2014, 5 O 18/14, zit. nach juris, Rn. 29; wohl auch BGH, Urteil vom 30.05.2008, 1 StR 166/07, zit. nach juris, Rn. 87).

Jedenfalls ist gegen die Vorschriften der §§ 1, 4 PKW-EnVKV gar nicht verstoßen worden. Diese gebieten - im Sinne einer Formalvorschrift - lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren (vgl. § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV) erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind, was auch der Kläger nicht in Zweifel stellt.

gg) Anspruch aus § 826 BGB:

Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, namentlich eine sittenwidrige Schädigung ist ebenfalls nicht dargelegt:

Soweit die Verantwortlichen der Beklagten nach Auffassung des Klägers gegen §§ 211, 212, 223 ff. BGB verstoßen haben, ist dies nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Verhaltens auszulösen: Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen - auch für solche aus § 826 BGB - gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11.11.1985, II ZR 109/84, zit. nach juris, Rn. 15). Die genannten Vorschriften dienen - sicher - nicht dem Schutz des vom Kläger geltend gemachten Vermögensinteresses.

Ob weiter schon der Verstoß gegen die VO EG 715/2007 an sich sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist, kann dahinstehen, da die Verordnung ebenfalls nicht dem Schutz des hier geltend gemachten Vermögensinteressen dient (s.o.).

Als Ansatzpunkt  für eine Haftung nach § 826 BGB kommt schließlich noch das Verschweigen von Umständen, die für den Kaufentschluss des Klägers von Relevanz waren, allen voran also das Verschweigen der verfahrensgegenständlichen Software in Betracht. Das Verschweigen eines Umstandes aber rechtfertigt nicht ohne weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Selbst innerhalb einer - vorliegend noch nicht einmal bestehenden - vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten; es besteht also keine allgemeine Offenbarungspflicht. Im Vertragsrecht ist zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist: Jeder möchte möglichst viel für sich selbst rausholen. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist erst dann überschritten ist, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (so ausdrücklich Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 20 Rn. 20; Bamberger/Roth, BGB,3. Aufl., § 826, Rn. 23, Fn. 148, dabei wird - zutreffend - auch auf sich ansonsten ergebende Wertungswidersprüche zu §§ 123, 124 BGB hingewiesen; im Ergebnis auch Staudinger/Oechsler, BGB, 2014, § 826, Rn. 159, der zunächst nur betreffend erhebliche Umstände eine Aufklärungspflicht annimmt, einen verborgenen Sachmangel dann als regelmäßig erheblichen Umstand bezeichnet, um dann nur Fälle aufzuzählen, in denen es um erhebliche wertbildende Faktoren geht und  im Übrigen an anderer Stelle (Rn. 149) ebenfalls auf drohende Wertungswidersprüche zu §§ 123, 124 BGB hinweist;  ähnlich auch BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, indes für die Aufklärungspflicht im Rahmen von § 263 StGB, s.o.). Solche Umstände oder gar „Vollkatastrophen“ sind vorliegend nicht dargelegt (s.o.).

hh) Anspruch aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB:

Ein Anspruch aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB wegen einer rechtswidrigen Handlung der Ingenieure der Beklagten als deren Verrichtungsgehilfen ist nicht schlüssig dargelegt:

Zum einen hat der Kläger eine aktive Täuschung seiner Person durch die Ingenieure der Beklagten nicht dargelegt.

Zum anderen hat der Kläger auch eine strafrechtliche relevante Täuschung der  Ingenieure der Beklagten durch Unterlassen nicht dargelegt, weil keine Umstände dargelegt wurden, die eine Garantenstellung der Ingenieure im Sinne von § 13 StGB begründet hätten. Es wird auf die obigen Ausführungen zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB verwiesen.

ii) Anspruch aus §§ 831, 826 BGB:

Ein Anspruch aus §§ 831, 826 BGB wegen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die Ingenieure der Beklagten scheidet ebenfalls aus:

Ob schon der Verstoß gegen die VO EG 715/2007 an sich sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist, kann dahinstehen, da die Verordnung nicht dem Schutz des hier geltend gemachten Vermögensinteresses dient.

Offenbarungspflichten der Ingenieure bestanden nicht.

V. Prozessuale Nebenentscheidungen:

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

VI. Streitwert: Wertstufe bis 50.000 €