Landgericht Braunschweig
Urt. v. 20.04.2018, Az.: 8 O 2269/17
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 20.04.2018
- Aktenzeichen
- 8 O 2269/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 73945
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss:
4. Der Streitwert wird in die Wertstufe bis 22.000 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien schlossen am 21.07.2014 einen Darlehensvertrag zu privaten Zwecken über 16.579,11 €, wegen der Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf den Darlehensantrag Anlage K1a = B1 und die Darlehensannahme Anlage K1b = B2 Bezug genommen.
Die vom Kläger unterschriebene Widerrufsinformation zu diesem Darlehnsvertrag findet sich auf Blatt 180 d. A., auf diese wird Bezug genommen.
Das Darlehen finanzierte zweckgebunden den Kauf eines privat genutzten Automobils der Marke Audi A1.
Verkäufer des Fahrzeugs war nicht die Beklagte, sondern das Autohaus XXX aus XXX.
Die Beklagte zahlte die Darlehenssumme vereinbarungsgemäß direkt an das verkaufende Autohaus.
Der Kläger zahlte an das Autohaus eine Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von 2.000 €.
Die Darlehenssumme sollte mittels 36 gleichbleibender Monatsraten in Höhe von jeweils 176 € und einer Schlussrate in Höhe von 11.029 € zurückzuzahlen sein. Die Schlussrate war fällig am 15.08.2017. Alle Monatsraten sowie die Schlussrate sind mittlerweile bezahlt.
Der Kläger widerrief mit Schreiben vom 28.04.2017 - Anlage K3 - die auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung und forderte die Beklagte auf, die Rückabwicklung binnen 2 Wochen durchzuführen. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2017 - Anlage K4 - ab.
Der Kläger ist der Auffassung, sein Widerruf sei wirksam. Er schulde auch keinen Wertersatz.
Der Kläger begehrt Zahlung von 19.365 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Audi A1 nebst Zinsen, Feststellung, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.171,67 € (Berechnung Blatt 42 + 43 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers sowie der ausführlichen Darlegung seiner Rechtsauffassung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift vom 11.10.2017 sowie in den Schriftsätzen vom 19.12.2017 und 27.12.2017 mit Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 19.365 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (17.11.2017) zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.171,67 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf des Klägers ausgehen würde, beantragt die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage:
festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des PKW Audi A1 Sportback Attraction 1,2 TFSI mit der Fahrgestellnummer XXX zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Der Kläger beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe mit Schreiben vom 28.04.2017 das Darlehen nicht mehr widerrufen können, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen gewesen, die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung - Bl. 180 d. A. - entspreche dem Muster gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB. Das Oberlandesgericht Braunschweig habe in seinem Hinweisbeschluss vom 15.05.2017 in dem Verfahren 9 U 105/16 die Widerrufsbelehrung der Beklagten bereits als zutreffend und nicht verwirrend erachtet - Anlagen B 4 und B 8.
Bei einem wirksamen Widerruf sei in jedem Fall Wertersatz zu leisten.
Der am Fahrzeug aufgetretene Wertverlust könne zumindest teilweise beziffert werden. Mit diesem Wertverlust in Höhe von 6.334,01 € (Berechnung im Schriftsatz vom 18.02.2018) werde für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf ausgehen würde, die Aufrechnung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beklagten und ihrer ausführlichen Rechtsausführungen wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 11.12.2017, 11.01.2018 und 16.02.2018 mit Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 19.365 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Audi A1 mit Papieren und Schlüsseln sowie Feststellung des Annahmeverzuges.
Die Bindung des Klägers an seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung ist nicht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB entfallen.
Bei Erklärung des Widerrufs am 28.04.2017 war die Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Vertragsschluss am 21.07.2014 bereits seit langer Zeit abgelaufen, so dass der Widerruf nicht fristgemäß erfolgte.
Die Widerrufsfrist begann gemäß §§ 356 b, 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 6-13 EGBGB in der zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Fassung im September 2014, denn die Widerrufsbelehrung war ordnungsgemäß und der Kläger hat alle von Gesetzes wegen vorgesehenen Unterlagen und Informationen erhalten.
Die Kammer folgt vollumfänglich der Rechtsauffassung, die in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig in dem Verfahren 9 U 105/16 - Anlage B4 - mit der Ergänzung Anlage B8 näher ausgeführt wird. Es handelt sich bei der dortigen Widerrufsinformation um eine der vorliegenden Widerrufsinformation vergleichbare.
Die Widerrufsinformation unterrichtete den Kläger ordnungsgemäß über seine Rechte.
§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt für alle Verbraucherverträge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist jedenfalls nicht vor Vertragsschluss beginnt. § 356 b Abs. 1 BGB legt für Verbraucherdarlehensverträge darüber hinaus fest, dass der Beginn der Frist auch davon abhängt, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Vertragsurkunde, ein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrages zur Verfügung gestellt wird. Der Kläger bestreitet nicht, diese Unterlagen erhalten zu haben.
Die Widerrufsinformation unterrichtete den Kläger auch ordnungsgemäß über seine Rechte.
Der Darlehensnehmer wurde nicht fehlerhaft darüber belehrt, dass er ein bereits ausgezahltes Darlehen zurückzuzahlen habe. Die Widerrufsinformation stellt auch nicht einseitig die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Rückgabe jedoch nicht die des Unternehmers zur Rückzahlung dar
Auch ist die Bezugnahme auf die Anmeldung zum KSB/KSB plus nicht verwirrend. Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deswegen bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht in Kenntnis gesetzt werden, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Abzustellen ist auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher. Die Bezugnahme der Widerrufsinformation auf den Komplex Anmeldung zum KSB/KSB plus ist nicht verwirrend. Mit dem Leitbild des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers ist es unvereinbar, nicht zu wissen, dass er keine Anmeldung zur KSB/KSB Plus abgeschlossen hat. Weiß der Verbraucher, dass er sich nicht entsprechend angemeldet hat, versteht er auch, dass die diesbezüglichen Passagen der Widerrufsinformation für ihn nicht einschlägig sind und ersatzlos wegfallen.
Da die Widerrufsinformation ordnungsgemäß erteilt worden ist, bedarf es eines etwaigen Rückgriffs auf die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 6-13 Anlage 7 EGBGB nicht.
Die Beklagte hat den Kläger ausweislich der vorgelegten Vertragsunterlagen über die Pflichtangaben informiert. Die Pflichtangaben können auch in weiteren Vertragsunterlagen enthalten sein.
Die Angabe der Art des Darlehens findet sich in dem Merkblatt Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite unter der Rubrik Kreditart. Das Merkblatt ist Bestandteil des Vertrages. Über die Auszahlungsbedingungen wird ebenfalls in den Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite auf Seite 1 unter den Bedingungen für die Inanspruchnahme informiert. Die erforderliche Information über die Art und Weise einer etwaigen Anpassung des Verzugszinses findet sich unter Kosten bei Zahlungsverzug in den Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite. Ferner ist die entsprechende Regelung unter Ziffer 5 des Darlehnsantrages enthalten. Die zuständige Behörde ist die BaFin. Auch die von Darlehensnehmer verlangten Sicherheiten und Versicherungen sind in den Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite unter verlangte Sicherheiten aufgelistet. Die Angabe der Berechnungsmethode findet sich ebenfalls dort. Das Verfahren bei Kündigung des Darlehensvertrages ist in den Ziffern 7 und 8 des Darlehensvertrages geregelt. Eine Verpflichtung zur Wiedergabe weitergehender Formerfordernisse besteht nicht. Eine Pflicht zur Angabe nicht darlehnsvertragsspezifischer Kündigungs- oder anderer Beendigungstatbestände besteht nicht. Die Information über das außergerichtliche Beschwerdeverfahren wird gegeben. Der Barzahlungspreis ist der Kaufpreis des Fahrzeuges, dieser wird zutreffend im Finanzierungsplan wiedergegeben. Die fehlende Angabe des Kreditvermittlers im Darlehensantrag führt nicht zu einer Widerruflichkeit.
Mangels Bestehens des Anspruchs in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen, Feststellung des Annahmeverzuges sowie Freistellung von den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.
Die Klage war daher abzuweisen.
Über die Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden, da die Klage im Hauptantrag bereits begründet war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus dem §§ 91,709 ZPO.
Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.
Eine Erhöhung des Streitwertes nach § 45 GKG erfolgte nicht, da weder über die Hilfswiderklage noch über die hilfsweise erklärte Aufrechnungsforderung entschieden wurde.