Landgericht Braunschweig
Urt. v. 16.11.2018, Az.: 11 O 899/18
Abgasskandal; Haftung des Herstellers
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 16.11.2018
- Aktenzeichen
- 11 O 899/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 73999
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 826 BGB
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Der Kläger macht im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf gegen die Beklagte als Herstellerin Schadensersatzansprüche geltend.
Im April 2011 erwarb der Kläger gegen Zahlung von 30.479,61 € von einem Autohaus einen Neuwagen vom Typ xxx.
Im streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Dieselmotor vom Typ xxx verbaut. Das Fahrzeug wurde aufgrund einer entsprechenden Typgenehmigung nach EU5 zugelassen.
Der Umfang der NOX-Emissionen des Fahrzeugs hängt u.a. davon ab, in welchem Umfang Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden: Je mehr Abgase zurückgeführt werden, desto weniger Stickoxide werden emittiert. Die das Abgasventil steuernde Software des Motorsteuerungsgeräts erkannte, das Fahrzeug innerhalb oder außerhalb der Bedingungen des zur Erlangung der Typengenehmigung durchgeführten Testlauf nach dem xxx befand, der aus fünf exakt vorgegebenen synthetischen Fahrkurven besteht. Verließ das Fahrzeug die Bedingungen des xxx wurden relativ weniger Abgase in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet als wenn sich das Fahrzeug innerhalb der Bedingungen des XXX befand.
Das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) als zuständige Behörde erkannte in der genannten Software - die dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages unbekannt war - eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der VO (EG) 715/2017 und ordnete einen Rückruf an. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Softwareupdate, welches vom KBA mit Schreiben vom 01.06.2016 - auf welches Bezug genommen wird (Anlage B1) - freigegeben wurde. Der Kläger ließ das Update nachfolgend aufspielen.
Er ist der Auffassung, dass die Beklagte - insbesondere aus § 826 BGB, was auch das OLG Karlsruhe und das OLG Oldenburg so sehen würden - Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus Deliktsrecht zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des damals gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verpflichtet sei. Hilfsweise sei die Beklagte - so der Kläger - verpflichtet, ihm einen merkantilen Minderwert in Höhe von mindestens 9.143,88 € zu erstatten.
Der Kläger behauptet, er sei von der Beklagten über die Umwelttauglichkeit des Fahrzeugs getäuscht worden, weil er nämlich großen Wert darauf gelegt habe, eine grüne Umweltplakette zu erhalten.
Weiter behauptet der Kläger das Update führe zu einer erhöhten Belastung des Fahrzeugs und damit zu einer geringeren Haltbarkeit, insbesondere des Abgasrückführungssystems und der Speicherkatalysators.
Das Fahrzeug sei infolge der streitgegenständlichen Software nicht zulassungsfähig. Dieser Mangel werde auch durch das Update nicht behoben.
Infolge der streitgegenständlichen Software sei das streitgegenständliche Fahrzeug unverkäuflich, mindestens ein merkantiler Minderwert von 30% eingetreten.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hafte nach § 826 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG, und nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den illegale Abschalteinrichtungen der streitgegenständlichen Art verbietenden Vorschriften der VO (EG) 715/2007.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 30.479,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs xxx mit der FIN xxx und Zug um Zug gegen Erstattung von Nutzungen in Höhe von 13.286,67 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des o.g. Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet und
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2018 zu erstatten.
Hilfsweise zu 1. beantragt der Kläger,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe mindestens 9.143,88 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 15.06.2018 (Bl. 67 d. A.) rechtliche Hinweise erteilt, auf die Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Zum Klageantrag zu Ziffer 1.:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des ursprünglich gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Erstattung von Nutzungen und Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu:
1. Ein Anspruch auf „Rückabwicklung“ des Kaufvertrages im Wege des Schadensersatzes gem. § 826 BGB scheidet aus. Es ist bereits eine sittenwidrige Schädigung nicht dargelegt:
Der Kläger behauptet, er sei über die Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs getäuscht worden, weil er nämlich großen Wert darauf gelegt habe, eine grüne Umweltplakette zu erhalten, freilich ohne darzulegen, dass er tatsächlich nicht über eine solche verfügt.
Der Verstoß gegen die ein Verbot von illegalen Abschalteinrichtungen vorsehende VO (EG) 715/2007 ist ebenfalls nicht geeignet, einen Schadenersatzanspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Verhaltens auszulösen: Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen - auch für solche aus § 826 BGB - gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11.11.1985, II ZR 109/84, zit. nach juris, Rn. 15). Die VO (EG) 715/2007 dient ersichtlich nicht dem Schutz des vom Kläger geltend gemachten Vermögensinteresses.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Inverkehrbringens einer mangelhaften Sache stellt sich das Verhalten der Beklagten nicht als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB dar:
Das Inverkehrbringen einer mangelhaften Sache ohne eine Täuschung des Verbrauchers stellt, soweit es - wie vorliegend - um dessen Äquivalenzinteresse geht, keine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB dar (arg. ex. § 442 Abs. 1 S. 1 BGB) (anders, wenn auch ausdrücklich nur tendenziell OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2018, 15 U 104/18 (nicht veröffentlicht) sogar schon soweit die Beklagte nur als Lieferantin des Motors in Anspruch genommen wird).
Letztlich geht es mithin um die Frage, ob das Verschweigen von Mängeln durch einen Hersteller bzw. dessen Lieferanten, soweit es wie vorliegend um das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers geht, einen Anspruch aus § 826 BGB auszulösen vermag,. Die Kammer geht diesbezüglich davon aus, dass allenfalls das Verschweigen von schwerwiegenden Mängeln durch den Hersteller oder dessen Lieferanten, denen der Markt eine ganz erhebliche Bedeutung beimisst oder die dazu führen, dass das Fahrzeug unkorrigierbar nur erheblich eingeschränkt oder gar gar nicht mehr genutzt werden kann, den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen vermag. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:
Schon zwischen Vertragspartnern rechtfertigt das Verschweigen eines Umstandes, der für den Vertragsschluss relevant ist, nicht ohne weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht erwarten; es besteht also keine allgemeine Offenbarungspflicht. Im Vertragsrecht ist zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist: Jeder möchte möglichst viel für sich selbst rausholen. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist erst dann überschritten ist, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (so ausdrücklich Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 826, Rn. 20; Bamberger/Roth, BGB,3. Aufl., § 826, Rn. 23, Fn. 148; m Ergebnis auch Staudinger/Oechsler, BGB, 2014, § 826, Rn. 159, der zunächst nur betreffend erhebliche Umstände eine Aufklärungspflicht annimmt, einen verborgenen Sachmangel dann als regelmäßig erheblichen Umstand bezeichnet, um dann nur Fälle aufzuzählen, in denen es um erhebliche wertbildende Faktoren geht; ähnlich auch BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, indes für die Aufklärungspflicht im Rahmen von § 263 StGB, s.o.).
Dazu „passt“, dass sich der Gesetzgeber bei Schaffung der Regelungen für das auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Rücktrittsrecht der Figur des arglistig handelnden Verkäufers bewusst war, was aus §§ 218 Abs. 1 S. 1, 438 Abs. 3 S. 1, Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 BGB folgt. Dennoch hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, dass der Rücktritt im Falle eines arglistigen Verkäufers unabhängig von einer vorherigen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung möglich ist und der arglistige Verkäufer damit nicht durch Nachbesserung eine Rückabwicklung des Kaufvertrages verhindern kann. Auch fehlt eine Regelung dahingehend, dass eine Berufung des arglistigen Verkäufers auf die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist. Entsprechend wird auch von der Rechtsprechung nur angenommen, dass die Arglist des Verkäufers eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nur „in der Regel“ entbehrlich macht und auch nur „in der Regel“ eine Anwendung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausschließt. Würde man jegliches Verschweigen eines Mangels als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ansehen, hieße es anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen Käufer u.U. trotz der Sittenwidrigkeit an einem Kaufvertrag festgehalten wollte, was ausgeschlossen sein dürfte.
Zu beachten ist weiterhin: Die vorgenannten Argumente gelten schon im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, die miteinander ein gewisses Vertrauen begründend über einen Vertrag miteinander verbunden sind, welches der arglistige Verkäufer „verrät“. Im Verhältnis des Herstellers und erst Recht des Lieferanten des Herstellers zum Käufer fehlt es an dieser vertrauensbegründenden Verbindung, die der Hersteller durch Verschweigen des Mangels „verraten“ würde.
Schließlich hat der Gesetzgeber durch Einführung des ProdHaftG eine Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte eingeführt. Das wirtschaftliche Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers, dass die Sache keine Mängel aufweist, sollte dadurch aber gerade nicht geschützt werden (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 3 ProdHaftG, Rn. 1).
Wenn
- das arglistige Verschweigen von Mängeln durch den Verkäufer nicht in jedem Fall einen Anspruch aus § 826 BGB auslösen soll,
- obwohl dort ein gewisses Vertrauensverhältnis „verraten“ wird, welches der Hersteller nicht „verraten“ kann und
- der Gesetzgeber auf die Einführung einer Haftung des Herstellers für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers verzichtet hat,
erscheint es im Ergebnis sachgerecht, eine Haftung des Herstellers bzw. dessen Lieferanten für verschwiegene Mängel über § 826 BGB nur für die o.g. besonders schweren Fälle anzunehmen.
Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Der Kläger hat bereits nicht vereinzelt dargelegt, dass - was die Aufklärungspflicht eines Verkäufers ausgelöst hätte - die Fehlerhaftigkeit der verfahrensgegenständlichen Motorsteuerungssoftware am Markt einen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht darstellt, dergestalt, dass es zu einem erheblichen Preisverfall der davon betroffenen Fahrzeuge gekommen ist. Trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises hat der Kläger pauschal einen merkantilen Minderwert von mind. 30% behauptet. Der Kläger hätte aber der entgegenstehenden vereinzelten Darlegung der Beklagten entgegentreten müssen. Eine am Markt orientierte vereinzelte Darlegung wäre nämlich ggf. auch dem Kläger möglich, da der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz gekennzeichnet ist (vgl. z.B. die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem - offenkundig, nämlich dem Gericht durch zuverlässige Presseberichte und Internetseiten bekannt (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 291, Rn. 1) - unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht.
Weiter verweist der Kläger darauf, dass das Fahrzeug wegen der streitgegenständlichen Software nicht zulassungsfähig sei und dies auch durch das Upgrade nicht werde. Tatsächlich hat das Fahrzeug aber durchgehend über eine Zulassung verfügt und entsprechen Fahrzeuge, die mit dem Motor EA189 EU 5 ausgestattet sind, wenn sie dem Nachrüstverlangen des KBA nachgekommen sind, den Vorschriften entsprechen. Dies hat das KBA, als es die entsprechenden Software-Updates freigegeben hat, bestätigt. Dem Klägervortrag lassen sich keine Gründe dafür entnehmen, dass die Einschätzung der auf technische Fragen dieser Art spezialisierten Fachbehörde unrichtig sein könnten (so auch VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018, 6 K 12341/17, zit. nach juris, Rn. 349 wobei diesem im Rahmen der Amtsermittlung sogar weitere Akten vorlagen). Entsprechend ist die Behauptung des Klägers, das streitgegenständliche Fahrzeug sei nach dem das Softwareupgrade nicht zulassungsfähig, als unzulässige sog. „Behauptung ins Blaue hinein“ anzusehen.
Die gegenteilige Tendenz des 15. Senats des OLG Köln (Beschluss vom 27.09.2018, 15 U 104/18) und auch - wie dort zu lesen steht - anderer Senate des OLG Köln, wobei dazu ausweislich des Beschlusses vom 20.07.2018, 8 U 46/18 (nicht veröffentlicht) jedenfalls bislang nicht der 8. Zivilsenat des OLG Köln, soweit die Beklagte nur als Lieferantin des Motors in Anspruch genommen wird, zählt), überzeugt nicht:
Soweit der Senat annimmt, dass die Lieferung einer mangelhaften Sache auch ohne Täuschung des Verbrauchers eine sittenwidrige Schädigung darstellen könne, übersieht er - soweit es um das Äquivalenzinteresse des Verbrauchers geht - die sich aus § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ergebende gesetzliche Wertung.
Mit der mehrfach veröffentlichten (dazu auch Reichold in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 826 BGB, Rn. 59.2.), unmittelbar am Gesetz, nämlich an der Systematik des BGB anknüpfenden Argumentation der Kammer zur Haftung des Herstellers bei verschwiegenen Mängeln setzt der Senat sich in dem aus nur drei Sätzen bestehenden Beschluss nicht auseinander.
Der Verweis auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 163, 22 ff.) überzeugt schließlich ebenfalls nicht:
Dem Umstand, dass - im Jahre 1940 - im Tatbestand die Herkunft des dort streitgegenständlichen Fahrgestells aus „xxx“ ausdrücklich aufgeführt wird, obwohl diese Tatsache in den nachfolgenden Rechtsausführungen keine weitere Erwähnung findet, soll zunächst keine Bedeutung beigemessen werden.
Die zitierte Entscheidung des Reichsgerichts ist nämlich auf die streitgegenständliche Fallkonstellation nicht übertragbar:
Zum einen knüpfte das Reichsgericht (S. 26) die Haftung des Herstellers an der Verletzung einer Verkehrs(sicherungs)pflicht und die sich daraus ergebenden Schäden an. Um das wirtschaftliche Äquivalenzinteresse des Käufers, dass die Sache keine Mängel aufweist - Gegenstand der Rechtsprechung zum sog. „Abgasskandals“ - ging es dort nicht.
Zum anderen nahm das Reichsgericht (S. 26) eine einen Anspruch auslösende Verletzung der Verkehrs(sicherungs)pflicht ausdrücklich „nur“ an, „wenn es sich um eine wirklich wesentliche Gefährdung von Menschen oder Sachen (…) handelt“ (Zitat, Unterstreichung durch den Verfasser). Eine vergleichbare Situation ist im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ nicht gegeben.
Die vom Klägervertreter zitierte vorläufige Rechtsauffassung des OLG Oldenburg und des OLG Karlsruhe überzeugt schon mangels irgendeiner Argumentation nicht.
2) Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG.
Der Kläger hat zunächst keine einzige Werbemaßnahme der Beklagten konkret dargelegt.
Weiter und erst Recht hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Beklagte im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen wollte. Dem Täter des § 16 Abs. 1 UWG muss es darum gehen, das der Verkehr die Leistung, die er tatsächlich anbietet, für besonders günstig hält, weil die Leistung in Bezug auf Qualität und Preis - besonders - vorteilhaft ist und/oder die Bedürfnisse des angesprochenen Verkehrs in Bezug auf das angebotene Produkt aus anderen Gründen - besonders - befriedigt, was tatsächlich nicht der Fall ist. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen - besonderen - Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, 3. Aufl., § 16, Rn. 31, 32; für § 4 UWG aF auch BGHSt 27, 293 - 295, zit. nach juris Rn. 6, 7).
3) Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich schließlich aus nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den ein Verbot von illegalen Abschalteinrichtungen vorsehenden Vorschriften der VO (EG) 715/2007, da die genannte Verordnung ersichtlich nicht den geltend gemachten Vermögensinteressen, sondern Interessen der Allgemeinheit dient.
4) Ob eine deliktische Haftung der Beklagten für „behauptete“ negative Folgen des Updates überhaupt in Frage kommt - Das Update ist behördlich angeordnet worden, was deliktischen Ansprüchen entgegenstehen dürfte. - kann dahinstehen. Der Kläger hat negative Folgen des Updates nicht vereinzelt dargelegt:
Die Darlegungslast für behauptete negative Folgen trägt entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung nach allgemeinen Regeln dieser selbst. Soweit es um die Parameter geht, die Gegenstand des o.g. behördlichen Schreibens - genauer: Bescheides - sind, ist ohnehin zusätzlich zu beachten, dass es sich bei diesem Schreiben um eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 418 ZPO mit den sich daraus ergebenden Wirkung für die Darlegungs- und Beweislast handelt.
Weiter ist zu beachten: Schon gegenüber dem Verkäufer geht der Nacherfüllungsanspruch des Käufers nicht weiter als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (BGH, Urteil vom 17.12.2012, VIII ZR 226/11, zit. nach juris, Rn. 24). Daher kann auch der Hersteller allenfalls das schulden, was er herstellermäßig ursprünglich zugesagt hat.
Vor dem vorgenannten Hintergrund: Der Kläger behauptet eine geringere Lebensdauer infolge des Updates insbesondere von Abgasreinigungssystemen. Irgendwelche verbindliche Angaben betreffend die Dauerhaltbarkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs hat der Kläger aber nicht dargelegt.
II. Zum Klageantrag zu Ziffer 2):
Da der Kläger keinen Anspruch auf Schadenersatz hat, befindet sich die Beklagte auch nicht mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug.
III. Zum Klageantrag zu Ziffer 3):
Mangels Anspruchsgrundlage - s.o. - steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
IV. Zum Hilfsantrag zu Ziffer 1.:
Der Antrag ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat den geltend gemachten Schadenersatzanspruch weder dem Grunde, noch der Höhe nach schlüssig dargelegt. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
V. Prozessuale Nebenentscheidungen:
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
VI. Streitwert: Wertstufe bis 35.000 €