Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.06.2005, Az.: 5 A 183/04

Auslastungsquote; Auslegung; Beherbungsbetrieb; entgeltliche Nutzung; Ermäßigung; Erstgerät; Essgelegenheit; Ferienappartement; Ferienappartements; Ferienwohnung; Gemeinschaftsraum; Privilegierung; Rundfunkgebühr; Rundfunkgebührenpflicht; Sonderregelung; volle Rundfunkgebühr; weitere Rundfunkgeräte; Wohnung; Zimmer; Zugänglichkeit; Zweitgerät

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.06.2005
Aktenzeichen
5 A 183/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50719
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auch Ferienwohnungen/-appartements sind grundsätzlich Gästezimmer i. S. d. § 15 Abs. 2 S. 3 RGebStV a. F.

2. Als Erstgerät kann auch eines der in Gästezimmern aufgestellten Rundfunkempfangsgeräte angesehen werden, mit der Folge, dass die übrigen in den Gästezimmern aufgestellten Geräte Zweitgeräte sind.

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2004 wird insoweit aufgehoben, als darin für den Monat September 2002 für 4 Radio- und 4 Fernsehgeräte und für den Zeitraum von Februar bis Oktober 2003 für 5 Radio- und 5 Fernsehgeräte Rundfunkgebühren in Höhe von mehr als jeweils 50 % der vollen Monatsgebühr festgesetzt worden sind.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der gegen ihn festgesetzten Rundfunkgebühren, wobei zwischen den Beteiligten im Wesentlichen streitig ist, ob die für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes geltende Gebührenermäßigung auf das vom Kläger betriebene Gästehaus und die darin eingerichteten Ferienappartements Anwendung findet.

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Der in F. wohnhafte Kläger betreibt in G. ein Gästehaus, in dem insgesamt 6 Wohneinheiten zur Vermietung bereitstehen, von denen vier im Eigentum des Klägers und zwei im Eigentum seiner Ehefrau stehen. Entsprechend eines Hausprospektes handelt es sich um Wohneinheiten für zwei bis vier Personen mit Wohnraum, Schlafraum, Küche, Bad und Balkon. Ein Teil des Hauses wird vom Kläger privat genutzt. In dem Gebäude befindet sich außerdem ein Gemeinschaftsraum mit einer Bar, Sitzgelegenheiten, einem Tischfußballgerät und einer Tischtennisplatte, die von Gruppen teilweise als Esstisch genutzt wird. Der Vorraum des Gemeinschaftsraums ist mit einer Einbauküche ausgestattet. Skier, Schlitten, Fahrräder u. ä. können von den Feriengästen im Keller abgestellt werden. Dort stehen außerdem Getränke zur Selbstbedienung bereit, die über eine Strichliste abgerechnet werden. Im Garten befinden sich ein Grillplatz und eine Sitzgruppe. Wird der Gemeinschaftsraum von Gruppen zu Feiern genutzt, bietet der Kläger u.a. die Lieferung von Fassbier, eines Buffets vom Schlachter und von Vorsuppen an. Frühstück wird den Gästen nicht angeboten. Die Formalitäten bei der Anreise der Gäste werden in den Privaträumen des Klägers abgewickelt. Ein Gewerbe hat der Kläger trotz Aufforderung des Landkreises Goslar mit Schreiben vom 9. April 2001 bislang nicht angemeldet. Die zur Vermietung bereitstehenden Wohneinheiten sind jeweils mit einem Fernseher ausgestattet. Für diese Geräte und ein im Gemeinschaftsraum befindliches Radio entrichtete der Kläger seit dem Jahre 1997 Rundfunkgebühren in Anwendung des im Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) vorgesehenen Privilegierungstatbestandes für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes (§ 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung - a. F. -). Am 14. Februar 2002 überprüfte ein Rundfunkgebührenbeauftragter das Gästehaus des Klägers und gelangte dabei zu der Auffassung, dass es sich bei den zur Vermietung bereitstehenden Wohneinheiten um Ferienwohnungen handele, für die der Privilegierungstatbestand keine Anwendung finde. Im Rahmen des folgenden Schriftwechsels wies der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 10. April 2003 darauf hin, dass im Gemeinschaftsraum des Gästehauses „von Anfang an“ ein weiterer Fernseher aufgestellt sei, bei dem es sich um das Erstgerät i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. handele. Als der Beklagte daraufhin Rundfunkgebühren für ein weiteres Rundfunkempfangsgerät ab Januar 1985 nachberechnete, widersprach der Kläger persönlich mit Schreiben vom 10. September 2003 der Berechnung unter Hinweis darauf, dass diese für ihn nicht nachvollziehbar sei. Ergänzend teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 16. September 2003 mit, es gebe kein zusätzliches Fernsehgerät. Mit Bescheid vom 5. Januar 2004 berechnete der Beklagte die Rundfunkgebühren unter Ansatz jeweils der vollen Monatsgebühr nach und setzte für den Zeitraum von Januar 1985 bis Oktober 2003 Rundfunkgebühren in Höhe von 6.140,68 € fest. Auf den mit Schreiben des Klägers vom 19. Januar 2004 erhobenen Widerspruch hob der Beklagte den Gebührenbescheid mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2004 insoweit auf, als darin Rundfunkgebühren für ein Fernsehgerät für den Zeitraum von Januar 1985 bis Oktober 2003 und Gebühren für 5 Radio- und 5 Fernsehgeräte für den Zeitraum von Januar 1997 bis August 2002 festgesetzt worden waren. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Festsetzung von Rundfunkgebühren für 5 Radio- und 5 Fernsehgeräte für den Monat September 2002 und für 6 Radio- und 6 Fernsehgeräte für den Zeitraum von Februar bis Oktober 2003 in Höhe von insgesamt 952,85 € als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er darauf, dass bei der Wiedereinführung des sog. Hotelprivilegs zum Januar 1997 Ferienwohnungen und -appartements nicht ausdrücklich in den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. aufgenommen worden seien und der Tatbestand als Ausnahmeregelung eng auszulegen sei. Im Übrigen könne die für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes geltende Regelung auch deshalb keine Anwendung finden, weil der Kläger kein insofern erforderliches Erstgerät bereithalte.

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Der Kläger hat am 3. Juni 2004 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die für Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes geltende Gebührenermäßigung sei auch auf Ferienwohnungen anzuwenden. Das Erstgerät befinde sich im Gemeinschaftsraum seines Gästehauses, wo er ursprünglich ein Radio- und seit etwa Mitte des Jahres 1999 ergänzend ein Fernsehgerät aufgestellt habe. Soweit gegenüber dem Beklagten hinsichtlich der Aufstellung eines Fernsehers im Gemeinschaftsraum im Verwaltungsverfahren unterschiedliche Angaben gemacht worden seien, beruhe dies auf einem Missverständnis. Unter Vorlage des entsprechenden Mietvertrages trägt er zudem vor, eines der Appartements sei seit August 1999 an eine Dauermieterin vermietet, die ihre Rundfunkempfangsgeräte selbst angemeldet habe.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2004 aufzuheben, als darin für den Monat September 2002 für 4 Radio- und 4 Fernsehgeräte und für den Zeitraum von Februar bis Oktober 2003 für 5 Radio- und 5 Fernsehgeräte Rundfunkgebühren in Höhe von mehr als jeweils 50 % der vollen Monatsgebühr festgesetzt worden sind.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er ist nach wie vor der Ansicht, dass Ferienwohnungen nicht von § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. erfasst seien. Dies folge aus dem Wortlaut, aber auch aus der systematischen und der historischen Auslegung der Norm. Zudem handele es sich bei den in den Ferienwohnungen des Klägers bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräten nicht um Zweitgeräte im Sinne des Privilegierungstatbestandes. Aus der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV a. F. folge, dass Erst- und Zweitgerät in einer räumlichen und funktionalen Einheit - vergleichbar einer Wohnung - zum Empfang bereitgehalten werden müssten. Übertragen auf Gästezimmer sei diese Voraussetzung erfüllt, wenn das Gästezimmer im Wesentlichen der Übernachtung diene und das Erstgerät in einem für die Deckung weiterer Wohn-/Freizeitbedürfnisse eingerichteten und für alle Gäste zugänglichen Gemeinschaftsraum des Betriebes aufgestellt sei, wie etwa der Rezeption, einem Restaurant oder von Freizeiteinrichtungen. Bei Ferienwohnungen und -appartements handele es sich dagegen um abgeschlossene Einheiten, die dem Schlafen, Wohnen und Kochen dienten und in denen der Gast selbständig wirtschaften könne. Dementsprechend seien in Ferienwohnungen und -appartements bereitgehaltene Rundfunkempfangsgeräte stets als Erstgeräte anzusehen. Wegen der unterschiedlichen Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren bestreitet er das Vorhandensein eines Fernsehers im Gemeinschaftsraum des Gästehauses.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2004 ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist bei der Festsetzung der Höhe der vom Kläger zu entrichtenden Rundfunkgebühren die für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes geltende Gebührenermäßigung zu berücksichtigen.

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Jeder Rundfunkteilnehmer hat gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV vom 31. August 1991 (Nds. GVBl. S. 311) in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung der letzten Änderungen durch den Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom Juli/August 2000 (Nds. GVBl. S. 327) vorbehaltlich der Regelung des § 5 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Nach § 5 RGebStV a. F. ist eine Rundfunkgebühr unter anderem nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1). Die Gebührenfreiheit nach Abs. 1 Satz 1 gilt nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen oder Kraftfahrzeugen, die zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteilnehmers oder eines Dritten genutzt werden (Abs. 2 Satz 1). Auf den Umfang der Nutzung der Rundfunkempfangsgeräte, der Räume oder der Kraftfahrzeuge zu den in Satz 1 (des Absatzes 2) genannten Zwecken kommt es nicht an (Abs. 2 Satz 2). Für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes ist die Rundfunkgebühr in Höhe von jeweils 50 vom Hundert zu zahlen (Abs. 2 Satz 3).

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Bei dem Gästehaus des Klägers handelt es sich um einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. Für die Abgrenzung zwischen der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens und der Ausübung eines Gewerbes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht allein auf die Zahl der vermieteten Wohnungen abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild den allgemeinen Vorstellungen von einem Gewerbe im Wesentlichen gleichkommt, wobei ein Beherbergungsbetrieb auch vorliegen kann, wenn sich die Leistung auf die Überlassung gemieteter Räume beschränkt (BVerwG, Urt. v. 26.1.1993 - 1 C 25/91 - NVwZ 1993, 775 f.). Entsprechend des Internetauftritts (http://www.gaestehaus-H..de) werden die Ferienappartements bis auf das dauervermietete Appartement ganzjährig zur Vermietung an wechselnde Feriengäste angeboten. Handtücher und Bettwäsche werden gegen Aufpreis gestellt. Die Appartements liegen in demselben Gebäude und werden unter der einheitlichen Bezeichnung „Gästehaus I.“ angeboten. Nach Organisationsform und -aufwand entspricht die Vermietungstätigkeit damit einem Betrieb des Beherbergungsgewerbes (vgl. zur Vermietung von 6 Ferienwohnungen VG Schleswig, Urt. v. 19.2.2002 - 12 A 291/01 - NVwZ-RR 2002, 837 f.). Dass der Kläger bislang ein Gewerbe nicht angemeldet hat, steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob die Vermietung der Ferienwohnungen rechtlich als Gewerbe einzuordnen ist, nicht aber, ob der Kläger seinen Rechtspflichten entsprechend den Betrieb des Gewerbes auch angezeigt hat bzw. eine Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz beantragt hat.

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Ebenso kommt es nicht darauf an, dass zwei der Ferienwohnungen nicht im Eigentum des Klägers, sondern im Eigentum seiner Ehefrau stehen. Der vorliegende Hausprospekt und der Internetauftritt des Gästehauses geben jeweils die „Familie J.“ als Ansprechpartner an, so dass der Kläger und seine Ehefrau gemeinsam als Betreiber des Beherbergungsgewerbes anzusehen sind. Davon geht offenbar auch der Landkreis Goslar aus, der sich mit Schreiben vom 9. April 2001 mit der Bitte, eine Gaststättenerlaubnis zu beantragen, an den Kläger und seine Ehefrau gemeinsam wendet.

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Die fünf zur Vermietung an wechselnde Feriengäste bestimmten Ferienappartements im Gästehaus des Klägers sind auch als Gästezimmer i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. anzusehen. Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals hat die Kammer in der den Beteiligten bekannten Entscheidung vom 18. Dezember 2003 (5 A 237/03) ausgeführt:

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„Durch die Bezeichnung als „Gästezimmer“ sollte zwar eine Beschränkung erfolgen; von der Privilegierung sollten jedenfalls diejenigen Räume (mit Rundfunkgeräten) ausgeschlossen sein, die nicht allein Gästen, sondern auch den Betreibern, deren Mitarbeitern, Familienangehörigen oder sonstigen Dritten zur Verfügung stehen. Hingegen lässt sich dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnehmen, dass ein „Gästezimmer“ auf eine bestimmte Raumgröße oder einen bestimmten Ausstattungsumfang begrenzt ist. Zwar wird im allgemeinen Sprachgebrauch zwischen einem einzelnen „Zimmer“ und einer vollausgestatteten „Wohnung“ unterschieden. Dass hieran in § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV angeknüpft werden sollte, ist jedoch nicht zwingend. Vielmehr kann insoweit auch lediglich die o.a. Abgrenzung nach dem Nutzungszweck, nämlich zur Übernachtung von Gästen zu dienen, gemeint gewesen sein. Hierfür spricht, dass unabhängig von der jeweiligen Größe des Raumes/Zimmers bzw. der Wohnung bei Beherbergungsbetrieben allgemein von der Zahl der verfügbaren „Betten“ gesprochen wird. Zudem ist nicht ersichtlich, warum sich an der Höhe der Rundfunkgebührenpflicht etwas dadurch ändern sollte, dass ein Gast nicht in einem (einzelnen) Zimmer, sondern in einer geräumigeren Suite mit besserer Ausstattung übernachtet und ab wann insoweit die Grenze zu einem „Gästezimmer“ überschritten werden sollte.

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(...) Der somit dem Wortlaut nach möglichen Qualifikation der vorliegend jeweils mit eigenem Bad, eigener Küche sowie Fernseh- und Radiogeräten ausgestatteten sechs Appartements zur entgeltlichen, vorübergehenden Nutzung an Dritte als „Gästezimmer“ i. S.v. § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV steht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht entgegen. Denn bereits vor Wiedereinführung dieser Vorschrift zum Jahresbeginn 1997 durch den dritten Rundfunkänderungsvertrag vom August 1996 (Nds. GVBl S. 446, 458 f.) war umstritten, ob dadurch nur herkömmliche Hotels oder etwa auch Ferien- bzw. Appartementwohnungen begünstigt werden sollten (vgl. Göhmann/Siekmann in: Hahn/Vesting (Hrsg.) Beck`scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 5 Rundfunkgebührenstaatsvertrag, Rdn. 33 mwN). In der Begründung zur Wiedereinführung ist jedoch auf diesen Streitpunkt nicht Bezug genommen worden, insbesondere die Privilegierung nicht auf Hotels beschränkt, sondern diese allgemein mit der nicht vollständigen Auslastung von Betrieben des Beherbergungsgewerbes begründet worden (vgl. (Nds.) Landtags -Drs. 13/2270, 78). Hat der Gesetzgeber aber insoweit geschwiegen, so ist die Entstehungsgeschichte zumindest unergiebig, wenn sie nicht im Hinblick auf den unverändert weiten Begriff des Beherbergungsgewerbes für die weite Auslegung spricht.

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Lassen somit Wortlaut und Entstehungsgeschichte eine weite Auslegung des Begriffs „Gästezimmer“ zu, so gebieten nach Ansicht der Kammer der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie der Sinn und Zweck der Privilegierung eine entsprechend weite Auslegung, die sich nicht auf (herkömmliche) Hotels beschränkt (...). Denn Sinn und Zweck der Regelung war es, Betreiber von Beherbergungsbetrieben deshalb zu begünstigen, weil sie bei typisierender Betrachtungsweise eine vollständige Auslastung ihrer gewerblich vorgehaltenen „Gästezimmer“ nicht erreichen, also anteilig die Rundfunkgebühr nicht umlegen können und deshalb entsprechend durch die Halbierung der Gebühr entlastet werden sollten (vgl. zu dem Umfang dieser Entlastung den 13. Bericht der KEF, Textziffern 247 - 249: Gebührenausfall von 84 Millionen DM pro Jahr nach dem Stand 2001; ohne dieses Privileg läge die monatliche Grundgebühr um vier und die Fernsehgebühr um 16 Pfennig niedriger). Im Gegensatz zu sonstigen Rundfunkgebührenpflichtigen (vgl. zu der auch von dem Beklagten eingeräumten Systemwidrigkeit dieser Regelung Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, S. 161 f sowie 177) wird also zu Gunsten der Betreiber eines Beherbergungsgewerbes nicht allein auf die jeweils gegebene Nutzungsmöglichkeit, sondern pauschalierend auf die tatsächliche Nutzung abgestellt und diese pauschal mit 50% angenommen. Die Durchschnittsauslastung im Jahr 2002 betrug jedoch bei den unstreitig von dieser Privilegierung betroffenen (herkömmlichen) Hotels schon deutschlandweit 53,2 %, in Großstädten 57,9 % und in Hamburg sogar 66 % (Angaben aus dem internet aus Studien des IHA Hotelverbandes 2002 und einem „Hotel Benchmark Survey von Deloitte & Touche“). Demgegenüber lag die Auslastungsquote im Harz allgemein für „Gästezimmer“ in dem hier betroffenen Jahr 2002 nur bei 31,87 %, im Betrieb der Klägerin bei 40,3 %. Wenn aber nach dem Sinn und Zweck letztlich die Auslastungsquote das maßgebende Merkmal für die Einführung der Privilegierung des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV gewesen ist und die Auslastungsquote des klägerischen Betrieb auch bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtungsweise nach der Betriebsart und dem Feriengebiet sogar noch unter der Quote für die jedenfalls begünstigten herkömmlichen Hotels liegt, so gebieten Sinn und Zweck der Regelung sowie Art. 3 Abs. 1 GG eine Gleichbehandlung durch Einbeziehung in die Privilegierung. Ein sachlicher Grund dafür, warum andernfalls die Höhe der Rundfunkgebühr letztlich von der Existenz einer gemeinsamen Essgelegenheit für alle Gäste oder einer eigenen Küche je Nutzungseinheit abhängen soll, ist nicht ersichtlich.“

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Mit dieser Begründung hat die Kammer in der Entscheidung vom 18. Dezember 2003 die Privilegierung des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. jedenfalls für den damals streitgegenständlichen Beherbergungsbetrieb für anwendbar gehalten, der sich wegen der für die Nutzer der Ferienappartements bestehenden Möglichkeit, in gesonderten Räumen mit anderen Gästen gemeinsam das auf Wunsch von den Betreibern zubereitete Frühstück einzunehmen und als Gemeinschaftsräume ein Schwimmbad und einen Mehrzweckraum zu nutzen, wesentlich von der Vermietung herkömmlicher Ferienwohnungen unterschied (vgl. S. 10 f. des Urteils v. 18.12.2003). Nicht zu entscheiden war, ob sich die Rundfunkgebühren für Empfangsgeräte in Ferienwohnungen/-appartements auch bei Fehlen derart umfangreicherer Gemeinschaftsräume und Serviceangebote nach § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. ermäßigen und dementsprechend auch Beherbergungsbetriebe wie der des Klägers an der gebührenrechtlichen Privilegierung teilhaben. Da die in der Entscheidung vom 18. Dezember 2003 angeführten Gesichtspunkte unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Privilegierung für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes aber in gleicher Weise für Beherbergungsbetriebe wie den des Klägers gelten und insgesamt für eine weite Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. sprechen, sieht die Kammer keinen Grund, räumlich in einem Gebäude zusammengefasste Ferienwohnungen/-appartements bei Fehlen von (umfangreicheren) Gemeinschaftseinrichtungen bzw. Serviceangeboten der Betreiber von der Gebührenermäßigung auszunehmen. Ob das Gästehaus des Klägers, insbesondere wegen des für die Nutzung durch alle Gäste geöffneten Gemeinschaftsraums, dem im Urteil der Kammer vom 18. Dezember 2003 beschriebenen Beherbergungsbetrieb entspricht, ist dementsprechend nicht entscheidungserheblich. Die für Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes nach § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. bestehende Privilegierung ist vielmehr dahin auszulegen, dass sie ohne weitere Voraussetzungen neben Hotel- und Pensionszimmern grundsätzlich auch Ferienwohnungen und -appartements erfasst. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte der Norm stehen dieser Auslegung entgegen (ebenso OVG Schleswig, Urt. v. 25.2.2005 - 3 LB 18/04 - beck-online; OVG Hamburg, Urt. v. 20.7.1988 - Bf VI 36/87 -; Beschl. v. 28.11.2001 - 4 Bf 409/00 - NVwZ 2002, 742 [VGH Bayern 18.02.2002 - 4 ZS 01.3026]).

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Dieser Auslegung entspricht auch § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV in der seit dem 1. April 2005 geltenden Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom Oktober 2004 (Nds. GVBl. 2005, S. 61), wonach die Privilegierung neben Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes nunmehr ausdrücklich auch für gewerblich vermietete Ferienwohnungen gilt. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Neufassung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages zum 1. April 2005 entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, in der es heißt, die Gebührenermäßigung werde mit der Neufassung auch auf Geräte in gewerblich vermieteten Ferienwohnungen ausgedehnt (LT-Drs. 15/1485, S. 35), offenbar davon ausgegangen, dass Ferienwohnungen zuvor von der Gebührenermäßigung nicht erfasst waren. Dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV die Reichweite der zu diesem Zeitpunkt bereits geltenden Rechtslage unzutreffend beurteilt hat, vermag die unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte zur Einführung bzw. Wiedereinführung der Gebührenermäßigung für Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes erfolgte Auslegung aber nicht, gleichsam rückwirkend zu beeinflussen. Hätte der Gesetzgeber Ferienwohnungen/-appartements nach der bis zum 1. April 2005 geltenden Rechtslage von der Privilegierung ausnehmen wollen, hätte es ihm - wie bereits ausgeführt - zumindest bei Wiedereinführung der Privilegierung zum Januar 1997 oblegen, dies bei der Formulierung des Tatbestandes zu verdeutlichen.

20

Schließlich hält der Kläger auch Zweitgeräte i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. bereit. Offen bleiben kann dabei, ob im streitigen Zeitraum im Gemeinschaftsraum des Gästehauses (durchgehend) ein Fernsehgerät aufgestellt und damit das vom Beklagten für erforderlich gehaltene Erstgerät in einem allen Gästen zugänglichen Gemeinschaftsraum des Gästehauses vorhanden war. Denn dem Vorhandensein eines Erstgerätes wird jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass eines der in einer der Ferienwohnungen des Gästehauses bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte als Erstgerät behandelt und der Kläger insoweit zur vollen Rundfunkgebühr herangezogen wird. Mit Blick auf dieses Rundfunkempfangsgerät handelt es sich bei den übrigen in den zur Vermietung an wechselnde Feriengäste bestimmten Wohnungen aufgestellten Rundfunkempfangsgeräten um „weitere Rundfunkempfangsgeräte“ und somit um Zweitgeräte im Sinne der Legaldefinition des § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV a. F. Die Systematik des § 5 RGebStV a. F. lässt nicht - jedenfalls nicht mit hinreichender Klarheit - erkennen, dass Erst- und Zweitgerät in einer räumlichen und funktionalen Einheit in dem vom Beklagten verstandenen Sinn bereitgehalten werden müssten. Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV a. F. enthaltenen weitergehenden Grundsätze für den privaten Bereich sind nicht ohne weiteres auf den gewerblichen Bereich übertragbar. Wenn aus den genannten Grundsätzen überhaupt etwas für die Auslegung der Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. gewonnen werden kann, dann beschränkt sich dies zur Überzeugung der Kammer auf die Forderung, dass zwischen dem Erstgerät und den in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes zum Empfang bereitgehaltenen Zweitgeräten ein gewisser räumlicher Zusammenhang bestehen muss. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann erfüllt, wenn - wie hier - Erst- und Zweitgeräte sich in einem lediglich aus einem Gebäude bestehenden Beherbergungsbetrieb befinden. Aus der Gesetzessystematik und insbesondere mit Blick auf den Charakter der Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV a. F. als Sonderregelung für die Privilegierung von Zweitgeräten im gewerblichen Bereich erschließt sich der Kammer nicht, dass Erst- und Zweitgerät in einer darüber hinausgehenden funktionalen Einheit bereitgehalten werden müssten (ebenso OVG Schleswig, Urt. v. 25.2.2005, a. a. O.; a. A. Nds. OVG, Urt. v. 20.1.1983 - 14 OVG A 24/81 - OVGE 37, 349 ff.). Dieser Auslegung entspricht im Übrigen § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV in der seit dem 1. April 2005 geltenden Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom Oktober 2004 (Nds. GVBl. 2005, S. 61) insofern, als danach Ferienwohnungen nunmehr ausdrücklich ab der zweiten Ferienwohnung privilegiert sind, obwohl der dem vom Beklagten für erforderlich gehaltene räumlich-funktionale Zusammenhang fehlt.

21

Für das entsprechend des vorgelegten Mietvertrages seit August 1999 dauervermietete Appartement des Gästehauses ist der Kläger nicht gebührenpflichtig. Rundfunkteilnehmerin i. S. d. § 1 Abs. 2 RGebStV ist insofern die Mieterin des Klägers, die den Kläger von der Verfügungsbefugnis über die in ihrer Wohnung aufgestellten Rundfunkempfangsgeräte ausschließt. Soweit daraus folgt, dass der Kläger für den Zeitraum von Februar bis Oktober 2003, für den der Beklagte Gebühren für 6 Fernsehgeräte berechnet hat, möglicherweise für ein Fernsehgerät zuviel zur Entrichtung von Rundfunkgebühren herangezogen worden ist, bedurfte es keiner Klärung, ob in diesen Monaten im Gemeinschaftsraum des Gästehauses ein Fernseher aufgestellt war, denn der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bereit erklärt, für diesen Zeitraum für sechs Fernseher Rundfunkgebühren zu entrichten und hat den Bescheid des Beklagten insoweit nicht angegriffen.

22

Der angefochtene Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten ist dementsprechend insoweit aufzuheben, als für den streitigen Zeitraum für mehr als ein Fernsehgerät jeweils die volle und nicht nur die halbe Monatsgebühr festgesetzt worden ist.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.