Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.02.2008, Az.: 21 UF 197/07

Erfolgsaussicht einer Berufung gegen die Verurteilung zur Erteilung von Auskunft über das Endvermögen; Wirksamkeit des Ausschluss des Zugewinnausgleichs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
08.02.2008
Aktenzeichen
21 UF 197/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 31632
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2008:0208.21UF197.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Neustadt am Rübenberg - 18.09.2007 - AZ: 36 F 74/06

Fundstellen

  • FamRB 2008, 325 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • FamRZ 2008, 2115-2116 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • FuR 2008, 452-454 (Volltext mit red. LS)
  • NJW 2008, VIII Heft 23 (amtl. Leitsatz)
  • NJW-RR 2008, 881-882 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-Spezial 2008, 516-517 (Kurzinformation)
  • OLGR Celle 2009, 178-179

Verfahrensgegenstand

Folgesache Zugewinnausgleich
hier: Auskunft

In der Familiensache
...
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht .......,
den Richter am Oberlandesgericht ....... und
die Richterin am Oberlandesgericht .......
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Antragstellers gegen das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt vom 18. September 2007 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert in der Berufungsinstanz wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung des Antragstellers, mit der er sich gegen die Verurteilung zur Erteilung von Auskunft über sein Endvermögen wehrt, ist unbegründet.

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Zwar haben die Parteien durch notariellen Ehevertrag des Notar Dr. G. vom 22. September 1987 (UR. 167/87) wenige Tage vor Eheschließung Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich ausdrücklich ausgeschlossen, gleichwohl hat dieser Vertrag zumindest im Wege der Ausübungskontrolle hinsichtlich der Vereinbarung der Gütertrennung keinen Bestand, weil er die Antragsgegnerin gegenüber den gesetzlichen Folgen der Ehe unangemessen benachteiligt. Der Antragsteller schuldet der Antragsgegnerin daher gemäß § 1379 BGB Auskunft über sein Endvermögen.

3

Bei Abschluss des Ehevertrages war die Antragsgegnerin bereits mit dem ersten Kind der Parteien schwanger und die Parteien gingen davon aus, dass die Antragsgegnerin nach dem geplanten Erziehungsurlaub ihren gerade erlangten Beruf als Berufsschullehrerin weiter werde ausüben können. Ob sich die Antragsgegnerin von vorn herein ein weiteres Kind wünschte, wie der Antragsteller behauptet, blieb streitig.

4

Tatsächlich war die Antragsgegnerin während der Ehe bis zur Aufnahme einer Teilzeittätigkeit im Jahr 2002 jedoch gut 14 Jahre nicht berufstätig, weil sie sich in dieser Zeit unter Zurückstellung eigener Erwerbstätigkeit den beiden Kindern (1990 wurde das zweite Kind geboren) und vorübergehend dem erkrankten Ehemann (6 Monate in 1991) sowie der Haushaltsführung für die Familie gewidmet hat.

5

Im Ergebnis hat die Antragsgegnerin in der Ehe, abgesehen von den Kindererziehungszeiten bei ihrer Beamtenversorgung, keinerlei Vorsorge für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung oder das Alter treffen können, zumal für sie aus Mitteln der Familie insoweit nichts aufgewendet wurde. Auch verfügte und verfügt die Antragsgegnerin nicht über nennenswertes eigenes Vermögen, aus dem sie Erträge ziehen und im Alter zurückgreifen könnte.

6

Zwar war der Ehevertrag der Parteien trotz Schwangerschaft der Antragsgegnerin bei Abschluss nicht von vorn herein sittenwidrig und damit nichtig. Denn Zugewinn und Versorgungsausgleich sind anders als zum Beispiel der Betreuungsunterhalt, der zum Kernbereich der gesetzlichen Folgen der Ehe gehört, in weitergehendem Maße disponibel (BGH FamRZ 2004, 601 ff. Rdnr. 43 laut [...] / BGH FamRZ 2005, 1444 [BGH 25.05.2005 - XII ZR 296/01] Rdnr. 25 laut [...]).

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Bei Abschluss des Ehevertrages durften die Partien noch davon ausgehen, die Antragsgegnerin werde aufgrund der beabsichtigten Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit als Berufschullehrerin selbst in der Lage sein, für das Alter eigene angemessene Vorsorge zu treffen, so dass die im Ehevertrag ausbedungenen Abweichungen von den gesetzlichen Folgen der Ehe sie im Falle einer Scheidung nicht unzumutbar beeinträchtigen werden.

8

Daher hält der Ehevertrag, bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses, der gebotenen Wirksamkeitskontrolle (BGH FamRZ 2006, 1359 ff. / 1361) stand.

9

Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, erfolgt sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB (BGH FamRZ 2006, 1359/1361 ff.). Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss einer Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluss der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt (BGHZ 158, 81ff., S. 100 f. = FamRZ 2004, 601, und BGH FamRZ 2005, 1444 ff. [BGH 25.05.2005 - XII ZR 296/01] /1446). Dabei beschränkt sich die Ausübungskontrolle des Gerichts nach der vorstehend angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, anders als der Antragssteller meint, nicht auf unterhaltsrechtliche Vereinbarungen und nimmt auch das eheliche Güterrecht keineswegs von der Kontrolle aus. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in einem von ihm zu beurteilenden andersartig gelagerten Einzelfall (die vom Antragsteller zitierte Entscheidung BGH - ZR 130/04 - vom 28. März 2007 = FamRZ 2007, 1310) zur Wirksamkeit des Ausschluss des Zugewinnausgleichs gelangt, weil dort die Ausübungskontrolle eine andersartige Korrektur gebot.

10

Bei dem Ehevertrag der Parteien erweist sich im Nachhinein, dass die Belange der Antragsgegnerin, die in der Ehe entgegen der ursprünglichen Planung der Parteien im Wesentlichen nicht erwerbstätig war, sondern sich der Pflege der Kinder und Versorgung der Familie gewidmet hat, in unbilliger Weise nicht mehr gewahrt sind. Denn durch Kinderbetreuung und Haushaltsführung war ihr quasi gänzlich die Möglichkeit genommen, eigene Vorsorge für das Alter zu treffen oder hierfür Vermögen zu bilden, was auch in keiner sonstigen Weise in der Ehe einen angemessenen Ausgleich erfahren hat.

11

Soweit bei dieser Situation trotz formalen Ausschlusses im Rahmen der Ausübungskontrolle des Ehevertrages an sich die Durchführung des Versorgungsausgleichs in Betracht käme, würde dies hier der Antragsgegnerin keinen ihr gebührenden Ausgleich verschaffen, sondern sie zusätzlich benachteiligen. Denn der Antragsteller erhielt seine gesamten in der Ehe aufgrund nicht vorhandener Rechtsgrundlage erbrachten Rentenversicherungsbeiträge im Jahr 2006 erstattet, während die Antragsgegnerin im Wesentlichen ihre Kindererziehungszeiten in den Versorgungsausgleich einbrächte. Im Ergebnis müsste sie bei Durchführung des Versorgungsaugleichs von ihren geringen in der Ehe erworbenen Anwartschaften noch die Hälfte abgegeben.

12

Nachdem nämlich gelegentlich einer Betriebsprüfung vom Versicherungsträger beanstandet wurde, dass der Antragsteller als Organ einer GmbH, deren Mitgesellschafter er ist, nicht versicherungspflichtig sei (vgl. Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 07.12.2005), ließ sich der Antragsteller u.a. seine gesamten in der Ehe entrichteten Beiträge - allein der Arbeitnehmeranteil betrug zuletzt gut 500 EUR monatlich - zurückerstatten. Somit sind diese Aufwendungen rückwirkend in sein während der Ehe erworbenes Vermögen gefallen, denn der Erstattungsanspruch aufgrund nie bestehender Versicherungspflicht gegen den Träger der Rentenversicherung war - auch wenn er damals noch nicht formal festgestellt war - schon vor Zustellung des Scheidungsantrages entstanden.

13

Die genaue Höhe dieser Erstattung hat der Beklagte nicht offen gelegt. Jedenfalls verblieben hernach keine in der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften des Antragstellers.

14

Bei dieser Sachlage ist ein angemessener Ausgleich der unangemessenen (§ 242 BGB) Benachteiligung der Antragsgegnerin durch den Ehevertrag im Wege der Ausübungskontrolle als einzige dann vom Gericht anzuordnende sinnvolle Maßnahme (BGH FamRZ 2006, 1359 ff. Rdnr. 22 bei [...]) nur durch die Durchführung des Zugewinnausgleichs zu erreichen.

15

Damit ist der Antragsteller grundsätzlich hinsichtlich seines Endvermögens auskunftspflichtig.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.