Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 08.03.2002, Az.: 1 A 640/99

Erlass; Ermäßigung; Gebühren; Stilllegung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
08.03.2002
Aktenzeichen
1 A 640/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43447
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen mehrere Bescheide des Beklagten, mit denen ihm im Zusammenhang mit der Zwangsstilllegung von Fahrzeugen Gebühren von insgesamt 816,00 DM auferlegt wurden. Die H. Versicherung teilte dem Beklagten am 15. April 1997 mit, dass das Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsverhältnis für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen ... 2, ... 719 und ... 720 erloschen war. Mit Bescheiden vom 15. April 1997 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 22. April 1997 für die oben genannten Fahrzeuge eine neue Versicherungsbestätigung vorzulegen. In den Bescheiden, die dem Kläger per Zustellungsurkunde zugestellt wurden und die für sofort vollziehbar erklärt wurden, wurde dem Kläger angedroht, das Fahrzeug werde zwangsweise stillgelegt, soweit der Anforderung nicht Folge geleistet würde. Die entstehenden Kosten zwischen 20,00 DM und 400,00 DM würden dann dem Kläger auferlegt. Dem Kläger wurden im Übrigen Verwaltungskosten in Höhe von 61,00 DM pro Fahrzeug auferlegt.

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Mit weiteren Verfügungen vom 23. April 1997 legte der Beklagte die Fahrzeuge zwangsweise still und legte dem Kläger je Fahrzeug eine Gebühr in Höhe von 211,00 DM auf.

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Nachdem der Beklagte den Kläger wegen der insgesamt entstandenen Gebühren in Höhe von 816,00 DM gemahnt hatte, wandte sich dieser mit Schreiben vom 16. Juli 1997 an den Beklagten und teilte mit, er sei am 13. März 1997 akut an einem Herz- und Nervenleiden erkrankt, sei zweimal im Krankenhaus gewesen und immer noch arbeitsunfähig. Aufgrund der Schwere der Erkrankung sei er lange Zeit vollkommen handlungsunfähig gewesen und habe sich um seine Angelegenheiten nicht kümmern können. Die rechtzeitige Abmeldung der Fahrzeuge sei ihm deshalb unmöglich gewesen. Die Nichtzahlung der Versicherungsprämien sei ebenfalls auf diese Gründe zurückzuführen. Er sei auch außerstande gewesen, eine andere Person mit der Erledigung zu beauftragen. Seine Ehefrau sei als Ausländerin mit solchen Vorgängen überfordert. Er bitte deshalb um Erlass der Gebühren.

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Mit Schreiben vom 12. August 1997 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Gebühren zu Recht entstanden seien und dass der Kläger, der die Amtshandlung veranlasst habe, zur Zahlung der Kosten verpflichtet sei.

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Mit Schreiben vom 27. August 1997 wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers an den Beklagten erneut mit der Bitte, die Gebühren zu erlassen. Sie schilderten wiederum die Gesundheitsverhältnisse des Klägers, die ihn an der geforderten Handlung gehindert hätten. Mit Schreiben vom 10. November 1997 wiederholte der Beklagte seine Auffassung, dass er auf die Einziehung der Verwaltungsgebühren nicht verzichten könne. Auf weitere Nachfrage erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, er bitte um Abgabe der Sache an die Bezirksregierung L..

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Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 1999 wies die Bezirksregierung den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 15. April und 23. April 1997 zurück. Die Bescheide vom 15. April und 23. April 1997 seien nach Ablauf der Monatsfrist bestandskräftig geworden. Wegen der geltend gemachten Krankheit werde dem Kläger jedoch Wiedereinsetzung gewährt. Der Widerspruch könne jedoch keinen Erfolg haben, weil die Bescheide rechtmäßig ergangen seien. Im Übrigen komme ein Erlass der Gebührenerhebung auch nicht in Betracht, weil nicht zu erkennen sei, dass die Erhebung der Gebühren für den Kläger eine unbillige Härte darstelle. Auf seinen Namen seien drei Fahrzeuge zugelassen gewesen. Er habe deshalb auch dafür Sorge zu tragen gehabt, dass der Versicherungsschutz gewährleistet werde. Der Kläger hätte zumindest einen Vertreter für seine Geschäfte bestellen können. Die Ehefrau hätte dies ebenfalls erledigen können. Sie sei zwar Ausländerin, müsste aber als ausgebildete Diplom-Betriebswirtin derartig einfache Geschäfte ohne weiteres tätigen können.

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Der Kläger hat am 7. April 1999 Klage erhoben. Die Gebühren seien auch der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Es habe sich hier um einen vergleichsweise einfachen Verwaltungsvorgang gehandelt, der allerdings drei verschiedene Fahrzeuge betreffe. Der Vollstreckungsbeamte habe sich jedoch nur einmal auf den Weg begeben müssen, um bei der Wohnung des Klägers zu vollstrecken. Die dreimalige Erhebung der Mittelgebühr sei in so einem Fall nicht gerechtfertigt. Jedenfalls hätte die angesetzte Gebühr in diesem Fall abgesenkt werden müssen. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger zur Zeit der Androhung des Verwaltungsaktes und auch zur Zeit der Vollstreckung krank war und die notwendigen Mitwirkungshandlungen nicht durchführen konnte.

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Der Kläger beantragt,

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die Bescheide des Beklagten vom 15. April und 23. April 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1999 aufzuheben,

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hilfsweise,

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den Beklagten zu verpflichten, die Gebühren zu erlassen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Kläger hätte, auch wenn er krank war, dafür Sorge tragen müssen, dass diese einfache Angelegenheit erledigt würde. Die für das Verwaltungshandeln zu erhebenden Gebühren seien in dem nach der Gebührenordnung vorgesehenen Gebührenrahmen festgesetzt worden. Dadurch, dass in der Sache nur ein Widerspruchsbescheid ergangen sei, seien die Kosten für den Kläger bereits merklich reduziert worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg, weil die Bescheide des Beklagten und der Widerspruchsbescheid rechtmäßig sind und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzen. Zunächst ist festzustellen, dass die angefochtenen Erstbescheide durch Fristablauf bestandskräftig geworden waren. Der Beklagte hat dem Kläger jedoch sinngemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil er zu dem Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide schwer erkrankt war. An die Wiedereinsetzung ist das Gericht gebunden, obwohl tatsächlich eine Wiedereinsetzung nicht zwingend erforderlich war. Die Bescheide vom 15. April 1997 sind dem Kläger persönlich ausgehändigt worden. Selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage war, selbst die von ihm geforderten Regelungen zu treffen, wäre es jedenfalls als Halter der Fahrzeuge von ihm zu erwarten gewesen, dass er entsprechende Maßnahmen veranlasst. Er hat jedoch nicht einmal bei dem Beklagten angerufen oder aber sich um einen Vertreter bemüht. Im übrigen waren die angefochtenen Bescheide jedoch auch, wie in dem Widerspruchsbescheid zutreffend festgestellt wird, rechtmäßig. Die Zulassungsstelle hat den Fahrzeugschein unverzüglich einzuziehen und das Kennzeichen zu entstempeln, wenn sie durch eine Anzeige gemäß § 29 c StVZO erfährt, dass für das Fahrzeug keine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung besteht. Die Bezirksregierung Lüneburg hat die dafür maßgeblichen Gründe in dem Widerspruchsbescheid vom 24. März 1999 ausführlich dargestellt, sie bedürfen keiner weiteren Ergänzung oder Erläuterung.

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Der Kläger wehrt sich daher auch allein gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr und begehrt letztlich den Erlass der Gebühren. Nach § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26. Juni 1970 in der im vorliegenden Fall geltenden Fassung vom 6. Januar 1995 - GeBOSt - (BGBl. I, S. 8) waren gemäß der in Anlage 2 zur Gebührenordnung enthaltenen Ziffer 254 Gebühren in Höhe von 20,00 DM bis 400,00 DM vorgesehen (nach der Fassung der Gebührenordnung vom 20. Juli 2000 (BGBl. I, S. 1090) sind Gebühren von 28,00 DM bis 560,00 DM vorgesehen). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte eine Gebühr von 200,00 DM zuzüglich Zustellkosten in Höhe von 11,00 DM festgesetzt. Der Betrag hält sich somit zweifellos in dem nach der Gebührenordnung vorgesehenen Rahmen. Der Beklagte war auch nicht zwangsläufig gehalten, dem Kläger einen Rabatt deshalb zu gewähren, weil zur gleichen Zeit drei Fahrzeuge stillgelegt wurden. Zwar wäre insoweit die Festsetzung der Höchstgebühr für jeden einzelnen Fall nicht mehr zu rechtfertigen gewesen, die Festsetzung der Gebühr auf den nach der Gebührenordnung vorgesehenen Mittelwert ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt jedes einzelne Kraftfahrzeug als einzelnen Fall behandelt und insoweit auch 3 Zustellungen vorgenommen, obwohl es sicherlich auch denkbar gewesen wäre, die Maßnahme von vornherein zusammenzufassen. Jedoch sprechen auch verwaltungspraktische Gründe für die Art des Vorgehens des Beklagten. Für ihn war nämlich zu diesem Zeitpunkt keinesfalls erkennbar, ob alle Fahrzeuge das gleiche Schicksal erleiden würden. Es wäre nämlich durchaus denkbar gewesen, dass der Kläger sich eines der Fahrzeuge ausgesucht hätte, das er nach wie vor zur Benutzung bereithalten würde. In diesem Fall war zu erwarten gewesen, dass er bezüglich eines Fahrzeuges den Haftpflichtversicherungsnachweis erbringen würde. Für den Beklagten war keinesfalls ersichtlich, ob und für welches Fahrzeug dies der Fall sein könnte. Im Hinblick darauf, dass die Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch ein völlig unterschiedliches Schicksal erleiden konnten, war es gerechtfertigt, sie getrennt zu behandeln. Das Halten von 3 Fahrzeugen von einer Person spricht im Übrigen auch gegen eine Ermäßigung der Gebühr.

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Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gefahren, die von nicht versicherten Fahrzeugen ausgehen können und die demgegenüber geringfügige Handlung, die von dem Kläger oder seiner Ehefrau verlangt wurde, erscheinen die vom Kläger dargelegten Gründe nicht geeignet, an eine Ermäßigung oder einen Erlass der Gebühren zu denken. Die Entscheidungen des Beklagten sind somit nicht zu beanstanden. Die Klage war aus den zutreffenden Gründen der ergangenen Bescheide, auf die im übrigen Bezug genommen wird, zurückzuweisen.

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Der Kläger hat im Übrigen auch im Klageverfahren keine Gründe dargetan, die die Annahme rechtfertigen könnten, es liege eine unbillige Härte vor, wenn die rechtmäßig festgesetzten Gebühren eingezogen werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass jemand, der in der Lage ist, die Kosten dreier Fahrzeuge zu tragen, auch die mit der Stilllegung verbundenen Kosten tragen kann. Anhaltspunkte dafür, dass wegen unvorhergesehener Umstände eine Unbilligkeit durch die Einziehung nachträglich entstanden ist, sind nicht ersichtlich. Der Kläger stützt seinen gesamten Vortrag vielmehr ausschließlich auf die im Zeitpunkt der Erhebung der Gebühren notwendig gewordenen zwei Krankenhausaufenthalte.