Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 14.03.2002, Az.: 4 A 917/01
Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Ausländer; Heilbehandlung; In-Vitro-Fertilisation; IVF; Kinderlosigkeit; Kostenübernahme; Leistungsberechtigter
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 14.03.2002
- Aktenzeichen
- 4 A 917/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43849
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 1 S 1 AsylbLG
- § 4 Abs 2 AsylbLG
- § 6 AsylbLG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Kosten einer In-Vitro-Fertilisation werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht übernommen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Asylbewerberin, die Leistungen von dem Beklagten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält. Am 22. Februar 2001 legte sie bei dem Beklagten eine Kostenaufstellung der Praxis Dr. v. S., B., für eine In-Vitro-Fertilisation (IVF) mit der Bitte um Übernahme vor. Die Kosten dieser künstlichen Befruchtung sollten zwischen 4.450,00 DM und 6.450,00 DM betragen.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2001 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten ab, weil die Voraussetzungen für die Übernahme ärztlicher Behandlungskosten gemäß § 4 Absatz 1 Asylbewerberleistungsgesetz nicht vorlägen, weil nach § 6 AsylbLG Leistungen nur gewährt werden dürften, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich seien.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2001 am 13. März 2001 Widerspruch ein. Zur Begründung berief sie sich insbesondere auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts, wonach die Krankenkasse die Kosten bei Maßnahmen der Kinderwunsch-Behandlung zu bezahlen hätten. Nach einem ärztlichen Attest vom 20. April 2001 lägen bei der Klägerin und ihrem Ehemann die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2001 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch zurück.
Am 20. Juli 2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,
die Bescheide vom 28. Februar 2001 und 11. Juli 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten der In-Vitro-Fertilisation zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Der Beklagte hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der In-Vitro-Fertilisation nicht zusteht. Die Klägerin ist Leistungsberechtigte i.S.d. § 1 AsylbLG. Ihre Ansprüche sind daher allein in den §§ 3 bis 7 AsylbLG geregelt. Auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Krankenkassenleistungen kann sich die Klägerin daher nicht berufen, denn ihre Ansprüche richten sich nicht nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern allein nach dem AsylbLG. Die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sind in § 4 AsylbLG geregelt. Nach § 4 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG sind die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlichen ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Minderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen zu gewähren. Nach Absatz 2 ist werdenden Müttern die ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung zu gewähren. Nach diesen Vorschriften kommt eine Leistung nicht in Betracht, denn bei der ungewollten Kinderlosigkeit der Klägerin und ihres Ehepartners handelt es sich zweifelsohne nicht um eine akute Erkrankung im Sinne dieses Gesetzes. Auch die Voraussetzungen des Absatz 2 liegen offensichtlich nicht vor. § 4 AsylbLG will gerade den umfassenden Anspruch auf Behandlung von Krankheiten, wie er Versicherten zusteht, einschränken, indem Leistungen nur im Falle akuter Erkrankungen und Schmerzen gewährt werden sollen.
Zutreffend hat die Bezirksregierung in ihrem Widerspruchsbescheid auch ausgeführt, dass ein Anspruch sich nicht aus § 6 AsylbLG ergibt. Danach können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind. Die im vorliegenden Fall beantragte Leistung soll nicht dem Schutz der Gesundheit der Klägerin dienen, sondern ihr allein ihren Kinderwunsch erfüllen. Dafür können, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt wird, keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch genommen werden.
Die Klage kann daher keinen Erfolg haben und war mit der sich aus § 154 Absatz 1 ergebenden Kostenfolge abzuweisen.