Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.08.2004, Az.: 2 LA 373/03

Vorliegen des Berufungszulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsrechtlichen Entscheidung; Übernahme der Kosten für im Ausland in Anspruch genommene ärztliche Leistungen eines Polizeibeamten im Rahmen der Gewährung freier Heilfürsorge

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.08.2004
Aktenzeichen
2 LA 373/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 36223
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2004:0809.2LA373.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 01.09.2003 - AZ: 2 A 4925/02

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2005, 265-266 (Volltext mit amtl. LS)
  • NdsVBl 2005, 223-224

Verfahrensgegenstand

Heilfürsorge: Kostenerstattung für Krankenbehandlung im Ausland - Antrag auf Zulassung der Berufung -

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegt dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg. Der Beschwerdeführer genügt den Darlegungsanforderungen, wenn er fallbezogen und substantiiert auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen eingeht. Er muss deren Unrichtigkeit mit zumindest vertretbaren Erwägungen dartun und er muss darlegen, dass und aus welchen Gründen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf diesen Erwägungen beruht.

  2. 2.

    Ist der Auslandsaufenthalt eines Beamten nicht dienstlich veranlasst, so hat der Dienstherr im Rahmen der freien Heilfürsorge im Rahmen des § 224 Abs. 1 S. 1 niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) nur diejenigen Kosten zu übernehmen, die den vergleichbaren Aufwendungen für eine Heilbehandlung im Inland entsprechen. Die sich hieraus ergebende Begrenzung der Kostenerstattung widerspricht nicht der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 2. Senat -
am 9. August 2004
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer, Einzelrichterin - vom 1. September 2003 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Entscheidungsgründe

1

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. September 2003 zuzulassen, in dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, das beklagte Amt zu verpflichten, dem Kläger einen höheren Erstattungsbetrag für im Ausland in Anspruch genommene ärztliche Leistungen zu gewähren, bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils - § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.

2

1.

Die Zulassung der Berufung erfordert, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO bezeichneten Zulassungsgründe eindeutig geltend gemacht und innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. An die Darlegung sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.9.1997 - 12 L 3580/97 -, NdsVBl. 1997, 282 ; Bader, DÖV 1997, 442; ders., in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 1999, RdNrn. 27ff. zu § 124 a; Seibert, DVBl. 1997, 932; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, RdNr. 34 zu § 124 a). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbstständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Sie verlangt qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinander setzen. Das bloße Benennen oder Geltendmachen eines Zulassungsgrundes genügt dem Darlegungserfordernis ebenso wenig wie eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens oder gar eine - ergänzende - Bezugnahme hierauf (vgl. Bader, NJW 1998, 409(410) u. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.3.2003 - 3 L 347/02 -, NVwZ-RR 2003, 695). Insgesamt ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 21.1.2000 - 2 BvR 2125/97 -, DVBl. 2000, 407).

3

1.1

Wird - wie zunächst benannt - der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemacht, so ist für dessen Darlegung als Mindestvoraussetzung zu verlangen, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838(839)), und die Sachgründe hierfür bezeichnet und erläutert werden.

4

Hiernach ist für die Darlegung hinreichend, dass sich ein Antrag nicht darauf beschränkt, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allgemein oder unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens anzuzweifeln, sondern hinreichend fallbezogen und substantiiert (insoweit hängen die Darlegungsanforderungen auch von Art und Umfang der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ab) auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen eingeht, deren Unrichtigkeit mit zumindest vertretbaren, jedenfalls nicht unvertretbaren Erwägungen dartut und sich dazu verhält, dass und aus welchen Gründen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf diesen - aus der Sicht des Rechtsmittelführers fehlerhaften - Erwägungen beruht. Ernstliche Zweifel i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels (mindestens) ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.1.1999 - 12 L 5431/98 -, NdsVBl. 1999, 93; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2003, RdNrn. 395g, h zu § 80; Schenke, a.a.O., RdNr. 7 zu § 124). Hierbei reicht es aus, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458(1459) = NdsVBl. 2000, 244(245) = NVwZ 2000, 1163).

5

1.2

Nach diesem Maßstab ist es dem Kläger, der die Auffassung des Verwaltungsgerichts bekämpft, ihm seien nach § 23 Abs. 2 der Heilfürsorgebestimmungen für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen (RdErl. des Nds. Ministeriums des Innern v. 15.11.1993, Nds.MBl. 1996, 30, geändert durch Erl. v. 28.8.1997, Nds.MBl. S. 1540 - HFB - ) für seine im Ausland anlässlich eines Snowboardunfalls am Unterarm erlittene Radiusfraktur bei Gesamtkosten von 1.125,87 EUR nur Kosten in Höhe von 171,98 EUR zu erstatten, nicht gelungen, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des (klageabweisenden) Urteils des Verwaltungsgerichts vom 1. September 2003 hervorzurufen.

6

1.2.1

Der Kläger macht hierzu geltend, das angefochtene Urteil sei deshalb ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit ausgesetzt, weil es zu Unrecht die Frage, was unter "vergleichbaren Aufwendungen in Niedersachsen" i. S. des § 23 Abs. 2 HFB zu verstehen sei, nach der Bestimmung des § 75 Abs. 3 SGB V und nach der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) - sowie nach dem dort vorgesehenen Punktesystem - beantwortet habe; denn § 75 Abs. 3 SGB V betreffe den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung und das Rechtsverhältnis zwischen Vertragsarzt und Krankenkassen. Hier gehe es aber um die Erstattung von Aufwendungen, die einem Erkrankten im Ausland entstanden seien, sowie um die Vorleistungspflicht des "Versicherten". Ernstlich zweifelhaft sei auch, dass das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass im Falle der Inlandsbehandlung (für Polizeivollzugsbeamte) das Sachleistungsprinzip gelte, er - der Kläger - aber für seine Erkrankung im Ausland nach § 23 Abs. 2 und 3 HFB einen Erstattungsanspruch habe. Daher habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Vorschrift des § 75 Abs. 3 SGB V auf einen Sachverhalt angewandt, der gerade nicht durch das Sachleistungsprinzip gedeckt sei. Vielmehr hätte das Verwaltungsgericht berücksichtigen müssen, dass einem (in einer gesetzlichen Krankenversicherung versicherten ) "Versicherungsnehmer" nur dann (erstattungsfähige) Aufwendungen entstehen könnten, wenn dieser privatärztliche Leistungen in Anspruch nehme. Hieraus ergebe sich aber, dass in seinem Falle, in dem von ihm verauslagte Kosten zu erstatten seien, sein Erstattungsanspruch nach der Gebührenordnung für Ärzte und nicht nach der Ersatzkassen-Gebührenordnung abzurechnen sei.

7

1.2.2

Dieses Vorbringen ist aber nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt, dass der Kläger nach § 224 Abs. 2 Satz 1 NBG i.V.m. den zur Konkretisierung der freien Heilfürsorge ergangenen Verwaltungsvorschriften (vgl. Kümmel, NBG, Stand: Januar 2004, Erl. 3 zu § 224) und dort mit dem in § 23 Abs. 2 HFB festgelegten Anspruch nur eine Kostenerstattung in dem von dem beklagten Amt vorgenommenen Umfang, also lediglich in entsprechender Anwendung der jeweils gültigen Ersatzkassen-Gebührenordnung (also unter Berücksichtigung des von dem beklagten Amt angewandten Punktesystem) beanspruchen kann.

8

Wie der Kläger selbst zutreffend erkannt hat, wird Polizeivollzugsbeamten, die seit dem 31. Januar 1999 ohne Unterbrechung im Dienst des Landes Niedersachsen stehen, Besoldung erhalten oder denen Erziehungsurlaub, Urlaub nach § 105 Satz 1 NBG oder Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge von längstens einem Monat gewährt worden ist und die nicht von der Option des § 224 Abs. 3 NBG Gebrauch gemacht haben, beihilfeberechtigt zu werden, freie Heilfürsorge gewährt (§ 224 Abs. 2 Satz 1 NBG). Dies bedeutet, dass diesen Polizeibeamten - anders als den beihilfeberechtigten Beamten und Richtern des Landes Niedersachsen - für die Inanspruchnahme u.a. von ärztlichen Leistungen (im Inland) mit Ausnahme der in § 224 Abs. 2 Satz 2 NBG nunmehr, d.h. seit dem 1. Januar 1999 (Art. 14 des Haushaltsbegleitgesetzes 1999, v. 21.1.1999, Nds.GVBl. S. 10), festgelegten Eigenbeteiligung, die allerdings hinter der Kostenbeteiligung eines Beihilfeberechtigten für dessen private Zusatzversicherung weit zurückbleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2003 - BVerwG 2 C 42.02 -, DVBl. 2004, 765(766)), keine Kosten entstehen, vielmehr das Sachleistungsprinzip gilt. Die damit im Wesentlichen kostenlose Inanspruchnahme der freien Heilfürsorge wird durch Ärzte des Dienstherrn oder dadurch gewährleistet, dass der Polizeivollzugsbeamte die Leistungen von niedergelassenen Ärzten, Zahnärzten oder sonstigen Anbietern im Gesundheitswesen wie etwa Krankenanstalten (§ 5 HFB) oder Psychotherapeuten (§ 17 HFB) in Anspruch nehmen darf, die dann ihrerseits mit dem Dienstherrn auf Grund vertraglicher Beziehungen die von ihnen dem Polizeivollzugsbeamten erbrachten Leistungen abrechnen; die Abrechnung erfolgt dabei bei ärztlichen Leistungen, wie dies in § 2 Abs. 1 Satz 2 HFB ausdrücklich festgelegt ist, nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte (wie bei Beihilfeberechtigten), sondern nach der jeweils gültigen Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO). Muss der Polizeivollzugsbeamte während eines Auslandsaufenthalts ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, so kann das Sachleistungsprinzip naturgemäß nicht zum Tragen kommen, da entsprechende vertragliche Beziehungen mit im Ausland niedergelassenen Ärzten zu Gunsten der Polizeivollzugsbeamten des Landes Niedersachsen nicht bestehen. Ist der Auslandsaufenthalt nicht dienstlich veranlasst - wie hier im Falle des Klägers -, so hat der Dienstherr zwar davon Abstand genommen, diese Kosten ausschließlich dem Polizeivollzugsbeamten aufzubürden, die Übernahme derartiger Kosten (durch den Dienstherrn), die sich als Ausnahme von dem ansonsten geltenden Grundsatz der kostenlosen Heilfürsorge im Inland darstellt, ist aber, wie dies bereits in dem angefochtenen Urteil zu Recht hervorgehoben worden ist, nach § 23 Abs. 2 Satz 1 HFB - anders als bei dem dienstlich veranlassten Auslandsaufenthalt (s. dazu § 23 Abs. 2 Satz 2 HFB) - nur unter strengen Voraussetzungen und überdies auch nur in einem eingeschränktem Maße möglich. So muss es sich um Kosten für eine unaufschiebbar notwendige Behandlung handeln - diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils, die für das Berufungszulassungsverfahren zu Grunde zu legen sind, hier erfüllt -, auch werden die Kosten nur "bis zur Höhe vergleichbarer Aufwendungen in Niedersachsen übernommen". Die Einschränkung, dass Kosten lediglich in "Höhe vergleichbarer Aufwendungen in Niedersachsen" dem (nach § 23 Abs. 3 HFB auslagepflichtigen) Polizeivollzugsbeamten erstatten werden sollen, hat aber zur Folge, dass sich die Kostenerstattung danach auszurichten hat, welche Kosten dem Dienstherrn bei einer fiktiven Behandlung in Niedersachsen - hier der ärztlichen Versorgung der Radiusfraktur -entstanden wären, wobei die (fiktive) Behandlung nach dem Sachleistungsprinzip und auf der Basis der mit niedergelassenen Ärzten in Niedersachsen von dem Dienstherrn abgeschlossenen vertraglichen Beziehungen erfolgt wäre. Auch wenn der Kläger die Kosten seiner ärztlichen Versorgung im Ausland zunächst wie ein beihilfeberechtigter Beamter verauslagt hat, bedeutet dies entgegen seiner Ansicht nicht, dass der Dienstherr damit nach der maßgeblichen Bestimmung des § 23 HFB für die Kostenerstattung die Vergleichberechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte vorzunehmen hätte; denn dies würde zu einem Systembruch, d.h. zu einem Ausbrechen aus dem in aller Regel geltenden Sachleistungsprinzip der freien Heilfürsorge (s. o.) führen. Auch würden bei einer Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte die Unterschiede zwischen den Erstattungsansprüchen eines beihilfeberechtigten Beamten und einem die freie Heilfürsorge in Anspruch nehmenden Polizeivollzugsbeamten, dem zu seinen Gunsten eine wesentlich geringere Eigenbeteiligung an den Krankheitskosten, aber auch zu einem niedrigeren Standard zugemutet wird, in unzulässiger Weise verwischt werden. Für einen Systemwechsel in das günstigere, aber mit einer höheren Eigenbeteiligung erkaufte System der Beihilfeberechtigten bietet im Übrigen die Bestimmung des § 23 HFB entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht keinen Anhalt. Lediglich für Krankheitskosten, die anlässlich eines dienstlich veranlassten Auslandsaufenthalts entstanden sind, sieht § 23 Abs. 2 Satz 2 HFB eine Kostenübernahme im Rahmen des medizinisch Notwendigen vor, wohingegen bei einem privaten Auslandsaufenthalt § 23 Abs. 2 Satz 1 HFB ausdrücklich auf eine fiktive inländische Kostenberechnung abstellt, die sich aber nur nach dem Sachleistungsprinzip bzw. nach dem im Inland einem Arzt nur zustehenden (fiktiven) Vergütungsanspruch gegen den Dienstherrn nach der Ersatzkassen-Gebührenordnung als Vergleichswert richten kann.

9

Die sich hieraus ergebende (erhebliche) Begrenzung der Kostenerstattung für während eines privaten Auslandsaufenthalts angefallenen Krankheitskosten ist auch mit der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber solchen Polizeivollzugsbeamten vereinbar, die sich für die Inanspruchnahme der freien Heilfürsorge entschieden haben. Der Dienstherr, der dem Polizeivollzugsbeamten - gegen die in § 224 Abs. 2 Satz 1 NBG festgelegte Eigenbeteiligung - bereits freie (kostenlose) Heilfürsorge im Inland gewährt und zusätzlich bei einem dienstlich veranlassten Auslandsaufenthalt Krankheitskosten in tatsächlicher Höhe (im Rahmen des medizinisch Notwendigen) übernimmt, ist unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht nicht gehalten, das (Kosten-)Risiko, das mit einer Erkrankung im Ausland verbunden ist, ganz oder in wesentlichen Teilen für den Polizeivollzugsbeamten abzudecken. Abgesehen davon, dass der Polizeivollzugsbeamte durch den allerdings mit einer wesentlich höheren Eigenbeteiligung verbundenen Wechsel in die Beihilfeberechtigung nach § 224 Abs. 3 NBG eine Kostenerstattung nach den Sätzen der in Deutschland geltenden Gebührenordnung für Ärzte (in angemessenem Umfang) erreichen und damit sein Kostenrisiko bei Erkrankungen im Ausland auch bei Privatreisen vermindern kann, ist es einem Polizeivollzugsbeamten auch, und zwar zu einem angesichts des scharfen Wettbewerbs auf dem Gebiet der Auslandskrankenversicherungen außerordentlich geringen Versicherungsbeitrag möglich und zumutbar, das Kostenrisiko einer Erkrankung im Ausland bei einer Privatreise zu minimieren. Ob der Beamte diese Versicherung aber abschließt, bleibt seiner Risikoeinschätzung und seiner Initiative überlassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.9.1988 - BVerwG 2 B 91.88 -, ZBR 1989, 175(176) - für das Beihilferecht) und steht daher einer Ausweitung der in § 23 Abs. 2 Satz 1 HFB getroffenen (einschränkenden) Regelung unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht entgegen.

10

1.3

Die Berufung ist auch nicht wegen der von dem Kläger zusätzlich geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung seiner Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 3 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

11

1.3.1

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine rechtliche Frage von allgemeiner fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muss durch Anführung mindestens einer konkreten, sich aus dem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Frage, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts erheblich sein wird, und durch die Angabe des Grundes, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll, dargelegt werden (Senat, Beschl. v. 16.6.2004 - 2 LA 84/03 -).

12

1.3.2

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Die von dem Kläger aufgeworfene Frage, welche Kostenerstattungsansprüche für Polizeivollzugsbeamten bei Erkrankung im Rahmen eines privaten Auslandsaufenthalts bestehen, ist - wie sich aus den Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (s. Tz. 1.2) ergibt - bereits hinreichend geklärt. An einer die Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigenden Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es jedoch, wenn sich - wie hier - die als vermeintlich grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage auf der Grundlage der zu prüfenden Vorschriften oder bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.4.2004 - 2 LA 293/03 -; vgl. zur Revisionszulassung: BVerwG, Beschl. v. 27.8.1996 - BVerwG 8 B 165/96 -, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 1 VwGO Nr. 13).

13

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, [...].

14

3.

Der Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. nicht anfechtbar.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für den zweiten Rechtszug auf 953,84 EUR festgesetzt.

[D]ie weitere Nebenentscheidung über den Streitwert auf den §§ 13, 14 GKG a.F. (vgl. Art. 1 § 70 Abs. 1 und § 72 Nr. 1 KostRMoG, v. 5.5.2004, BGBl. I S. 718).

Schmidt
Dr. Thiedemann
Prof. Dr. Petersen