Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.08.2004, Az.: 7 MN 133/04
Autoparade; Betrieb; gemischter Betrieb; Ladenschluss; Nebenbetrieb; Sonntag; Sonntagsöffnung; Verkaufsstelle; Verkaufsstellen; Öffnungszeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.08.2004
- Aktenzeichen
- 7 MN 133/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 51043
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 LadSchlG
- § 3 Abs 1 S 1 LadSchlG
Gründe
Soweit die angegriffene, im Tenor näher bezeichnete Verordnung die Öffnung der Verkaufsstellen am 4. Juli 2004 anlässlich der Aktion „Ab in die Mitte“ betrifft, ist das Verfahren einzustellen, nachdem es die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 29. Juni und 1. Juli 2004 übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Der Antrag der Antragstellerin, die Verordnung der Antragsgegnerin vom 30. April 2004 über die Öffnung der Verkaufsstellen im Leine-Center in der Stadt Laatzen anlässlich der „Laatzener Autoparade“ am 5. September 2004 einstweilen außer Vollzug zu setzen, hat keinen Erfolg.
Der Senat kann auf Antrag die Anwendung der auf § 14 Abs. 1 und 2 LadSchlG gestützten Verordnung der Antragsgegnerin vorläufig außer Vollzug setzen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist (§ 47 Abs. 6 VwGO). Da sich der Wortlaut des § 47 Abs. 6 VwGO an die Bestimmung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz (§ 32 BVerfGG) anlehnt, sind die vom Verfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze auch bei der Anwendung des § 47 Abs. 6 VwGO heranzuziehen. Danach ist bei der Prüfung, ob eine einstweilige Anordnung auf Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm geboten ist, ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Bei der Entscheidung haben die Gründe, welche der Antragsteller für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Vorschrift anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache lassen sich bereits mit hinreichender Klarheit beurteilen. Abgesehen von diesem Ausnahmefall der Offensichtlichkeit sind allein die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag später aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe (vgl. Bad.-Württ. VGH, Beschl. v. 18. 12. 2000 - 1 S 1763/00-, NVwZ 2001, 827 m.w.N.).
Der Normenkontrollantrag ist - soweit er noch zur Entscheidung steht - aller Voraussicht nach ebenso unzulässig wie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin von ihrem Arbeitgeber - wie dieser mitgeteilt hat - zur Arbeit am Sonntag, den 5. September 2004 herangezogen werden soll. Die Antragstellerin wird aber durch die Verordnung nicht in eigenen Rechten verletzt.
Die Antragstellerin kann sich nicht auf den Schutz des Ladenschlussgesetzes berufen. Das Ladenschlussgesetz enthält allgemeine Ladenschlusszeiten an Sonntagen für „Verkaufsstellen“ (§ 3 Abs. 1 Satz Nr. 1 LadSchIG). Darunter fallen Restaurants nicht. Die Antragstellerin ist zwar in einem Unternehmen beschäftigt, welches - auch - Einzelhandel betreibt. Sie wird aber nicht in einer Verkaufsstelle i. S. d. Ladenschlussgesetzes eingesetzt. Vielmehr ist sie Leiterin/Erstkraft in dem Restaurant, welches die C. Warenhaus AG aufgrund einer gaststättenrechtlichen Konzession räumlich im selben Gebäude, aber angesichts eines separaten Eingangs abtrennbar von ihren Einzelhandelsverkaufsräumen betreiben kann und tatsächlich auch mit nicht identischen Öffnungszeiten betreibt. Die Antragstellerin ist, wenn angeordnet, somit ohnehin zur Sonntagsarbeit verpflichtet (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ArbZG).
Für derartige „gemischte Betriebe“ gilt grundsätzlich, dass jeder Teil den für ihn gegebenen besonderen Vorschriften unterliegt, denn die Verbindung unterschiedlicher Gewerbezweige oder die (im Wesentlichen) gleichzeitige Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten erfordert noch keine einheitliche rechtliche Betrachtung. Angesichts der beschränkten Zielsetzung des Ladenschlussgesetzes besteht keine Notwendigkeit, seinen Anwendungsbereich auf von ihm nicht erfasste Tätigkeiten oder Gewerbe zu erweitern, nur weil sie in örtlichem oder zeitlichen Zusammenhang ausgeübt werden (vgl. Stober (Hg.), LadSchlG, 4. Aufl., § 1 Rn. 62). Anders mag es bei einem Nebenbetrieb liegen, der (allein) den Bedürfnissen der Kunden des Hauptbetriebes dienen soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 9. 6. 1960 - 1 C 41/56 -, DÖV 1960, 834 [BVerwG 09.06.1960 - BVerwG I C 41.56]). Darin erschöpft sich aber der Zweck des Warenhaus-Restaurants nicht; vielmehr werden durchaus unterschiedliche Kundenkreise angesprochen.