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  • ab 01.01.2019 (aktuelle Fassung)

Anlage 4 EAÜ-RdErl - Gerichtliche Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht beim Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ)

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Konzeption für die Vorbereitung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht (EAÜ)
Redaktionelle Abkürzung
EAÜ-RdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33350

Handreichung

1. Vorbemerkungen

Die Führungsaufsicht dient der Unterstützung entlassener Straftäter mit einer ungünstigen Sozialprognose bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft und gleichzeitig ihrer Überwachung zur Verhinderung von neuen Straftaten. Die in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB neu geschaffene Möglichkeit, eine EAÜ bei unter Führungsaufsicht stehenden verurteilten Personen anzuordnen, ist ein Instrument, mit dem der Schutz der Bevölkerung vor rückfallgefährdeten Straftätern (in Ergänzung zu anderen Maßnahmen) verbessert werden soll. Zugleich kann sie der Resozialisierung von Straffälligen dienen.

Das System der EAÜ ist keine Straftaten ausschließende Fesselung und ermöglicht nach der gesetzlichen Regelung auch keine anlassunabhängige permanente Echtzeitbeobachtung. Daher ist sie kein Ersatz für eine geschlossene Unterbringung.

Vor diesem Hintergrund soll der Einsatz einer EAÜ auf einen bestimmten (Führungsaufsichtsprobanden-)Kreis beschränkt und durch die Wahl gezielter gerichtlicher Weisungen eingesetzt werden.

2. Rechtliche Voraussetzungen

Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB ist gemäß § 68b Abs. 1 Sätze 3 und 5 StGB zulässig, wenn

  1. a)

    die Führungsaufsicht aufgrund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, Gesamtfreiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren oder aufgrund einer erledigten Maßregel eingetreten ist oder die Führungsaufsicht aufgrund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, Gesamtfreiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten nach dem ersten oder siebenten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB (insbesondere die §§ 89a, 89c, 129a StGB) verhängt wurde, eingetreten ist,

  2. b)

    die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 oder § 129a Abs. 5 Satz 2, auch i. V. m. § 129b Abs. 1 StGB genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,

  3. c)

    die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 oder § 129a Abs. 5 Satz 2, auch i. V. m. 129b Abs. 1 StGB genannten Art begehen wird,

    Erläuterung:

    Für die Gefährlichkeitsprognose kommt es auf das Ergebnis einer Gesamtwürdigung der verurteilten Person und ihrer Taten unter Berücksichtigung der Erkenntnisse im Vollzug an. Eine bloß abstrakte, auf die statistische Rückfallwahrscheinlichkeit gestützte Gefahrenprognose reicht nicht aus. Andererseits ist auch keine nahe liegende, konkrete Gefahr erforderlich.

    Wie bei der Anordnung der unbefristeten Führungsaufsicht gemäß § 68c Abs. 2 und 3 StGB muss eine Gefahr bestehen, die in Anlehnung an die Maßregel des § 64 StGB als begründete Wahrscheinlichkeit näher definiert werden kann (BGH NStZ 1994, 30). Die Wiederholungsgefahr muss sich also nicht nur auf irgendeine Straftat beziehen, sondern auf eine der im Katalog des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten schweren Straftat.

    Eine gesetzliche Pflicht für das zuständige Gericht, die Frage einer fortbestehenden Gefährlichkeit der verurteilten Person durch eine Sachverständige oder einen Sachverständigen begutachten zu lassen, besteht nicht. Es gelten die allgemeinen, durch die Grundsätze der Amtsermittlung und des Freibeweises bestimmten Regelungen (vgl. Bundestags-Drucksache 17/3403 S. 60; KK/Fischer § 244 Anmerkung 16). Demnach kann das Gericht ein Sachverständigengutachten zur Gefährlichkeit erholen und es kann im Einzelfall wegen der Amtsaufklärungspflicht dazu auch verpflichtet sein. Es kann aber auf die Erholung eines Gutachtens verzichten, falls sich z. B. aus fachärztlichen Stellungnahmen bereits eine hinreichende Beweisgrundlage für eine solche Gefährlichkeitsprognose ergibt,

  4. d)

    die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Per son durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Abs. 4 Satz 2 StPO, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 oder § 129a Abs. 5 Satz 2, auch i. V. m. 129b Abs. 1 StGB genannten Art abzuhalten.

    Erläuterung:

    Mit dieser Formulierung wird auf die spezialpräventive Wirkung der Weisung abgestellt. Das erhöhte Entdeckungsrisiko kann unmittelbar abschreckend wirken (vgl. Bundestags-Drucksache 17/3403 S. 61). Eine EAÜ kann die Eigenkontrolle der verurteilten Person stärken.

    Die Führungsaufsicht kann ggf. frühzeitig mit modifizierten Betreuungsmaßnahmen reagieren. Sofern Gebotszonen sowie Verbotszonen konkret bezeichnet werden können, sollte eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB mit aufenthaltsbezogenen Weisungen nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 StGB kombiniert werden,

  5. e)

    zudem ist gemäß § 68b Abs. 3 StGB zu beachten, dass bei den Weisungen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

    Erläuterung:

    Das zuständige Gericht muss im Rahmen seiner Ermessensausübung entscheiden, ob eine EAÜ verhältnismäßig und damit für die verurteilte Person zumutbar ist. Im Rahmen dieser Prüfung wird das Gericht sich auch mit anderen und ggf. milderen Mitteln zur Eindämmung einer Rückfallgefahr auseinanderzusetzen haben.

    Eine Abwägung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit mit den persönlichen Interessen der verurteilten Person wird in der Regel zu dem Ergebnis kommen, dass die mit der EAÜ verbundenen Beeinträchtigungen hinzunehmen sind, zumal die Überwachungsgeräte im normalen sozialen Umgang nicht ohne weiteres zu erkennen sind.

3. Einsatzmöglichkeiten der EAÜ

Der Einsatz einer EAÜ nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB kommt in vier Fallgruppen vor:

  1. a)

    spezialpräventiv wirkende EAÜ ohne begleitende aufenthaltsbeschränkende Weisungen,

  2. b)

    EAÜ mit konkreten aufenthaltsbeschränkenden Weisungen, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen (sog. "Gebotszone"),

  3. c)

    EAÜ mit aufenthaltsbeschränkenden Weisungen, sich nicht an bestimmten Orten, die Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten, aufzuhalten (sog. "ortsbezogene Verbotszone"),

  4. d)

    EAÜ mit aufenthaltsbeschränkenden Weisungen, mit dem Ziel die Probandin oder den Probanden von bestimmten potenziellen Opfern fernzuhalten (sog. "Kontaktverbotszone").

4. Erhebung und Speicherung von Aufenthaltsdaten nach § 463a Abs. 4 StPO

§ 463a Abs. 4 StPO enthält die notwendigen Bestimmungen für die Erhebung und Verwendung der bei einer EAÜ nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 anfallenden Daten. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:

4.1 zur Feststellung des Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 12 StGB,

4.2 zur Ergreifung von Maßnahmen der Führungsaufsicht, die sich an einen Verstoß gegen eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 12 StGB anschließen können,

4.3 zur Ahndung eines Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 12 StGB,

4.4 zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder

4.5 zur Verfolgung einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 oder § 129a Abs. 5 Satz 2, auch i. V. m. § 129b Abs. 1 StGB genannten Art.

Die in § 463a Abs. 4 Satz 1 StPO genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die nach Absatz 1 Nrn. 4.1 bis 4.5 bezeichneten Zwecke verwendet werden.

5. Formulierung einer Weisung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB

Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB könnte wie folgt formuliert werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, sich die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel anlegen zu lassen, diese ständig im betriebsbereiten Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Sie wird darüber hinaus angewiesen, ein ihr zur Verfügung gestelltes Mobiltelefon (Handy) ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen, dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen und so die persönliche Erreichbarkeit sicherzustellen."

Erläuterung:

Die Regelung zielt nicht auf eine bestimmte Art der EAÜ und ist damit offen für neue technische Entwicklungen. Das konkrete technische System muss nicht im Beschluss bezeichnet werden.

Die Vorgabe, die Geräte ständig im betriebsbereiten Zustand mit sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, umfasst Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten.

Die Duldungspflicht beinhaltet die Pflicht, sich das oder die Geräte anlegen zu lassen. Darüber hinaus ist diese in einem hinreichend geladenen Zustand zu halten oder sonst deren Energieversorgung sicherzustellen. Einzelne Anforderungen hat das Gericht nach § 68b Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend konkret zu bestimmen. Es empfiehlt sich insbesondere, gerichtlich anzuordnen, dass bei noch im Vollzug befindlichen Probanden die Geräte zur Aufenthaltsüberwachung in der Haftanstalt oder Maßregeleinrichtung angelegt werden und die Belehrung auf diese Einrichtung übertragen wird (§ 463 Abs. 3 Satz 1 und § 454 Abs. 4 Satz 2 StPO). Bei den in Freiheit befindlichen Probandinnen und Probanden sollte dies im Rahmen der Eröffnung des gerichtlichen Beschlusses, der eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB enthält, erfolgen.

Die Duldungspflicht beinhaltet auch die Pflicht, eventuell notwendige Wartungsarbeiten zu dulden.

Die Unterlassungspflicht beinhaltet vor allem das Verbot diesbezüglicher Manipulationen oder Beschädigungen. Sie bezieht sich aber nur auf die Funktionsfähigkeit der Geräte selbst. Die verurteilte Person ist also nicht verpflichtet, sich nur an Orten aufzuhalten, bei denen eine EAÜ möglich ist. Sie ist also z. B. nicht gehindert, U-Bahn zu fahren, obwohl dort eine Ortung ausgeschlossen sein kann (Bundestags-Drucksache 17/3403 S. 36).

Ein unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung der gerichtlichen Weisung ist nicht möglich. Verstöße gegen die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB können aber Sanktionen nach § 145a StGB und unter den Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 c StGB primäre Sicherungsverwahrung zur Folge haben.

Die Weisung hinsichtlich des Mitführens eines zur Verfügung gestellten Mobiltelefons ist sinnvoll, um die Möglichkeit einer Sprachverbindung zwischen der Probandin oder dem Probanden und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der GÜL zu ermöglichen. Die Probandin oder der Proband kann damit durch die GÜL kontaktiert werden und eventuelle Problemlagen können niedrigschwellig gelöst werden.

6. Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 1 StGB (Aufenthaltsgebote)

Die EAÜ könnte durch eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 1 StGB ergänzt werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, den Wohn- oder Aufenthaltsort in < genaue Bezeichnung des Bereichs > nicht (auch nicht kurzfristig oder nicht für mehr als XXX Tage) ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen."

Erläuterung:

Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist in örtlicher und zeitlicher Hinsicht präzise zu formulieren, um eine EAÜ zu gewährleisten. Beim Täterkreis, bei dem eine EAÜ in Betracht zu ziehen ist, ist es verhältnismäßig, jegliches Verlassen der Gebotszone zu sanktionieren.

Der Probandin oder dem Probanden ist bei der rechtlichen Belehrung zu verdeutlichen, dass

  • jedes (auch nur kurzfristiges) Verlassen des Wohn- und Aufenthaltsortes einen Weisungsverstoß darstellt und einen Alarm auslöst und

  • ein beabsichtigtes Verlassen der Gebotszone rechtzeitig (mindestens eine Woche vorher) der zuständigen Führungsaufsichtsstelle anzuzeigen und um Erlaubnis zum Verlassen der Gebotszone zu ersuchen ist sowie eine Erlaubnis nur unter Angabe von plausiblen Gründen ausnahmsweise erteilt wird.

7. Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 2 StGB (Aufenthaltsverbote)

Die EAÜ könnte durch Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nr. 2 StGB ergänzt werden:

  1. a)

    "Die verurteilte Person wird angewiesen, < genaue Bezeichnung der Verbotszone > nicht zu betreten und sich nicht im Umkreis von < genaue Bezeichnung der Entfernung > dort aufzuhalten."

  2. b)

    "Die verurteilte Person wird angewiesen, sich nicht im Umkreis von < genaue Bezeichnung der Entfernung > zur Wohnung und/oder Arbeitsstelle des oder der < genaue Bezeichnung der Person > aufzuhalten."

Erläuterungen zu Absatz 1 Buchst. a:

Eine derartige umfassende Verbotszone ist für bestimmte Tätertypen (z. B. pädophile Täterinnen und Täter) sinnvoll, aber technisch nicht zu überwachen und sollte nicht mit einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 StGB kombiniert werden. Eine aufenthaltsbeschränkende Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 2 StGB ist nur überprüfbar, wenn die Verbotszone räumlich eindeutig definierbar ist.

In den (eher seltenen) Fällen, in denen Täterinnen und Täter für ihre Taten gezielt konkrete Objekte (einen bestimmten Spielplatz/eine bestimmte Schule) aufgesucht haben, empfiehlt sich, um diese konkreten Objekte eine EAÜ-überwachte Verbotszone zu legen.

Erläuterung zu Absatz 1 Buchst. b:

Eine derartige aufenthaltsbezogene Weisung mit dem Ziel, die verurteilte Person von bestimmten Personen fernzuhalten, ist sinnvoll, wenn die zu schützende Person namentlich bezeichnet, die Verbotszone klar definiert und der verurteilten Person der Aufenthaltsort der zu schützenden Person bekannt ist oder jedenfalls der Inhalt der Verbotszone der verurteilten Person mitgeteilt werden kann. Ist dies aus Opferschutzgründen nicht möglich, so empfiehlt sich (nur) eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB.

8. Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB

Die EAÜ könnte durch eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB ergänzt werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, jegliche Kontaktaufnahme zu < genaue Bezeichnung der Person, allerdings - aus Zeugenschutzgründen - ohne Angabe des Wohnortes > zu unterlassen, auch unter Verwendung technischer Hilfsmittel oder über Dritte."

Erläuterung:

Eine derartige aufenthaltsbezogene Weisung mit dem Ziel, die verurteilte Person von bestimmten Personen fernzuhalten, ist sinnvoll, wenn die zu schützende Person namentlich bezeichnet werden kann. Die Weisung kann dann (durch EAÜ) auch überwacht werden, sofern die Verbotszone klar definiert werden kann.

Bei der Formulierung der Weisung sind Opferschutzinteressen gebührend zu berücksichtigen. Andererseits muss die Weisung auch so konkret formuliert werden, dass der verurteilten Person das verbotene Verhalten unmissverständlich verdeutlicht wird.

9. Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB

Die EAÜ könnte durch eine Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB ergänzt werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, keinen (unbeaufsichtigten) Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, mit ihnen keinen Umgang zu haben, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen."

Erläuterung:

Eine derartige umfassende Weisung ist für bestimmte Tätertypen (z. B. pädophile Täterinnen und Täter) sinnvoll, aber technisch nicht überwachbar.

10. Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nrn. 4 bis 11 StGB

Die EAÜ könnte auch durch Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nrn. 4 bis 11 StGB ergänzt werden. Sinnvoll erscheint insbesondere folgende Vorstellungsweisung bei der zuständigen Bewährungshelferin oder dem zuständigen Bewährungshelfer:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, sich monatlich mindestens einmal bei der für ihren Wohnort zuständigen Bewährungshilfe (nach näherer Bestimmung durch die zuständige Bewährungshelferin oder den zuständigen Bewährungshelfer in deren oder dessen Sprechstunde < ggf. nähere Bezeichnung >) persönlich zu melden."

Erläuterung:

Die in § 68b Abs. 1 Nrn. 4 bis 11 StGB genannten (strafbewehrten) Weisungen sind technisch nicht überwachbar. Die mindestens einmal monatliche Meldepflicht bei der Bewährungshilfe entspricht der bisherigen bewährten Handhabung bei Risikoprobandinnen und Risikoprobanden.

11. Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB (Vorstellung zum Anlegen des Endgerätes prüfen)

Neben einer allgemeinen Vorstellungsweisung bei der zuständigen Bewährungshilfe könnte - gerade im Fall einer nachträglichen Entscheidung - folgende besondere Vorstellungsweisung zur Anlegung des Endgerätes bei einer oder einem in Freiheit befindlichen Probandin oder Probanden ausgesprochen werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, sich binnen < konkreten Zeitraum benennen > nach näherer Weisung der Führungsaufsichtsstelle persönlich in einem durch die Führungsaufsichtsstelle benannten Amts- oder Landgericht zum Anlegen der Überwachungsgeräte der EAÜ vorzustellen (Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB)."

Erläuterung:

Das Anlegen der Überwachungsgeräte ist im Anhörungstermin bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer aus praktischen und zeitlichen Gründen nicht möglich. Dies sollte einem eigenen durch die Führungsaufsichtsstelle bestimmten Termin vorbehalten sein, wozu sich eine Vorstellungsweisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB anbietet.

Die rechtliche Belehrung durch die Strafvollstreckungskammer sollte unmittelbar im Anhörungstermin gemäß § 463 Abs. 3 Satz 1 und § 454 Abs. 4 Satz 2 StPO erfolgen. Sollte die Probandin oder der Proband nicht zum Anhörungstermin erscheinen, wird die Belehrung in schriftlicher Form erteilt (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt Strafprozessordnung, 59. Auflage, § 453a Anmerkung 2 m. w. N.).

12. Weisungen nach § 68b Abs. 2 StGB

Die EAÜ könnte auch durch Weisungen nach § 68b Abs. 2 StGB noch weiter ausgestaltet werden wie folgt:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, die Home-Unit in ihrer Wohnung aufstellen zu lassen und an der Beseitigung von Störungen durch den Vor-Ort-Service mitzuwirken."

Erläuterung:

Die Home-Unit ist ein Zusatzgerät, das in der Wohnung der Probandin oder des Probanden aufgestellt wird, um den datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Aussparung der Wohnung von der Ortung gerecht zu werden sowie um Akkuleistung zu sparen. Es handelt sich daher um kein technisch erforderliches Mittel i. S. von § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB, da das System der EAÜ auch ohne die Home-Unit funktioniert, sodass eine entsprechende Weisung nicht als strafbewehrte Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB ausgestaltet werden kann.

Durch diese Weisung soll sichergestellt werden, dass die verurteilte Person an der Aufstellung der Home-Unit sowie der Beseitigung eventuell auftretender Störungen (Funktionsstörungen und alle sonstigen technisch möglichen Störungen einschließlich Austauscharbeiten), die von dem Vor-Ort-Service behoben werden können, grundsätzlich uneingeschränkt mitzuwirken hat. Beispielsweise hat sie sich an Terminvereinbarungen zu halten, den Vor-Ort-Service in die Wohnung zu lassen und diese bis zum Eintreffen dessen nicht zu verlassen oder die Störung außerhalb ihrer Wohnung an einem von dem Vor-Ort-Service zu bestimmenden Ort beseitigen zu lassen.

Diese Weisung kann nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei Nicht-Aufstellung einer Home-Unit pro Probandin oder Proband zusätzliche Ortungsgebühren in Höhe von 200 bis 500 EUR im Monat oder bis zu 4 000 EUR im Jahr anfallen.

13. Gerichtliche Weisungen mit unbekannter Entlassungsanschrift

Die EAÜ könnte bei entsprechender Gefährlichkeit des Probanden durch Weisungen nach § 68b Abs. 1 und 2 StGB wie folgt ausgestaltet werden:

"Die verurteilte Person wird angewiesen, sich am Tag der Haftentlassung bei

  • der örtlich zuständigen Bewährungshelferin oder dem örtlich zuständigen Bewährungshelfer < ggf. nähere Bezeichnung > persönlich zu melden oder

  • der örtlich zuständigen Bewährungshelferin oder dem örtlich zuständigen Bewährungshelfer und der örtlich zuständigen Polizeidienststelle nach dem Länderkonzept zur Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter < z. B. KURS-, ZÜRS-, HEADS-Ansprechpartner. ggf. nähere Bezeichnung > persönlich zu melden" (Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB).

  • "Die verurteilte Person wird angewiesen, sich täglich bei der örtlichen Polizeiinspektion < ggf. nähere Bezeichnung > persönlich zu melden" (Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 7 StGB).

Erläuterung:

Der oder dem Verurteilten kann mittels strafbewehrter Weisungen kein bestimmter Aufenthaltsort zugewiesen werden. Daher empfehlen sich die in Absatz 1 bezeichneten Weisungen, um eine wirksame Kontrolle über die Probandin oder den Probanden gewährleisten zu können.

Die örtliche Zuständigkeit der Bewährungshilfe und der Polizeidienststelle bemisst sich jeweils nach dem Sitz der Justizvollzugsanstalt.

Die Weisung nach § 68b Abs. 1 Nr. 1 StGB kann mit einer EAÜ hinterlegt werden. Sobald die oder der Verurteilte einen konkreten Aufenthaltsort benennt, können die gerichtlichen Weisungen dieser neuen Sachlage (insbesondere die tägliche Meldepflicht) angepasst werden.

14. Schlussbemerkungen

Den verurteilten Personen sollte im Rahmen der rechtlichen Belehrung verdeutlicht werden, dass Verstöße gegen Weisungen nach § 68b Abs. 1 StGB Sanktionen nach § 145a StGB und unter den Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 c StGB primäre Sicherungsverwahrung zur Folge haben kann.

Außer Kraft am 1. Januar 2025 durch Nummer 2 des Runderlasses vom 13. Dezember 2018 (Nds. MBl. 2019 S. 574, Nds. Rpfl. Nr. 6/2019 S. 207)