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  • ab 01.01.2019 (aktuelle Fassung)

Anlage 1 EAÜ-RdErl - Kriterienkatalog zur Beurteilung des Rückfallrisikos im Zusammenhang mit Führungsaufsichtsweisungen nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB

Bibliographie

Titel
Niedersächsische Konzeption für die Vorbereitung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht (EAÜ)
Redaktionelle Abkürzung
EAÜ-RdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
33350

Die anliegende Kriterienliste soll als nicht abschließende Aufzählung eine Orientierungshilfe für die Frage, auf welche Umstände bei der Beurteilung des Rückfallrisikos besonders zu achten ist, bieten.

Entscheidend bei der Beurteilung des Rückfallrisikos sind die jeweilige Täterpersönlichkeit, das Verhalten im Straf- oder Maßregelvollzug und die jeweilige Anlasstat.

1. Analyse der Anlasstat

  • besonderer "Modus Operandi",

  • Anzeichen für spezielle Opferauswahl,

  • erhöhtes Ausmaß an Gewalt bei Tatbegehung (bei Gewaltdelikten),

  • multiple sexuelle Handlungen (bei Sexualdelikten),

  • Deliktsserie,

  • extremistisches Tatmotiv;

2. Analyse der Täterpersönlichkeit

  • sexuelle Präferenzstörung und/oder Gewaltproblematik,

  • dissoziale Persönlichkeitsstörung,

  • einschlägige Vorstrafen,

  • Substanzmissbrauch,

  • extremistische Glaubensausrichtung,

  • ausgeprägte Radikalisierung;

3. Analyse der Entlassungssituation

  • fehlende/instabile/kriminelle soziale Netzwerke,

  • fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit zum Aufbau und Anbindung an soziale Netzwerke,

  • bestehende Kontakte in extremistischen Szenen/Bindung an islamistische Brennpunkte,

  • fortbestehende/anhaltende Ausreiseabsichten in Kriegs- oder Krisengebiete;

4. Analyse von Therapiemotivation und Therapiebereitschaft

  • fehlende Therapiemöglichkeiten/-fähigkeiten,

  • geringe oder fehlende Therapiebereitschaft,

  • Abbruch der Therapie,

  • fehlende ambulante Nachsorge;

5. Analyse des Verhaltens in der Haft oder in der Maßregel

  • keine Auseinandersetzung mit der Tat in der Haft oder in der Maßregel,

  • Angebote in der Justizvollzugsanstalt oder in der Maßregeleinrichtung nicht angenommen,

  • sich in der Haft oder in der Maßregel nicht um Arbeit bemüht,

  • keine Bereitschaft an der Entwicklung und Umsetzung eines Rückfallvermeidungsplans (individuelles Konzept zum Erkennen und Vermeiden rückfallgefährdender Situationen und Umstände),

  • Straftat (insbesondere Gewalttat) und häufige Disziplinarmaßnahmen in der Haft oder in der Maßregel,

  • Einwirken auf das persönliche Umfeld (u. a. Mithäftlinge)/Missionierung zu radikaler Glaubensausrichtung,

  • Straftaten/Konflikte in der Haft/Maßregel in Zusammenhang mit Glaubensfragen.

Ein hohes Rückfallrisiko kann insbesondere bei folgenden Fallgruppen angenommen werden:

  • Tötungsdelikte mit sexueller Komponente,

  • delikttypische Serientäter ohne Vorbeziehung zu dem Opfer,

  • Anlasstaten, bei denen mehrere extreme Tat- und/oder Täterkomponenten zusammentreffen und die in ihrer Gesamtheit die besondere Gefährlichkeit widerspiegeln,

  • Täter, von denen eine konkrete Gefahr einer Straftat gegen ein bestimmtes Tatopfer ausgeht,

  • Straftaten, die der Politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen sind, wobei die Täterin oder der Täter auch während der Vollstreckung der Freiheitsstrafe/des Vollzuges der Maßregel keine erkennbare Abkehr von extremistischem Gedankengut zeigt.

Außer Kraft am 1. Januar 2025 durch Nummer 2 des Runderlasses vom 13. Dezember 2018 (Nds. MBl. 2019 S. 574, Nds. Rpfl. Nr. 6/2019 S. 207)