Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 24.04.2008, Az.: L 4 KR 301/05

Feststellung der Versicherungspflicht eines im Betrieb des Ehegatten beschäftigten und nach außen hin wie ein Mitinhaber einer Firma auftretenden Arbeitnehmers; Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung; Versicherungsrechtliche Gleichstellung mit einem Geschäftsführer bzw. Fremdgeschäftsführer wegen tatsächlicher Einflussmöglichkeiten auf unternehmerische Entscheidungen

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
24.04.2008
Aktenzeichen
L 4 KR 301/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 16814
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0424.L4KR301.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 08.09.2005 - AZ: S 13 KR 29/04

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 8. September 2005 wird aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen. Die Klägerin zu 2. trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladnen zu 2. werden für erstattungsfähig erklärt.

Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die negative Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin zu 1.

2

Die im März 1966 geborene Klägerin zu 1 ist in der Firma der Klägerin zu 2 seit deren Beginn Ende August 1998 tätig. Zuvor erlernte sie in der Zeit von 1981 bis 1984 den Beruf der Bäckereifachverkäuferin und war anschließend in ihrem Lehrbetrieb noch bis 1999 versicherungspflichtig beschäftigt. Der Ehemann der Klägerin, D., ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin zu 2. Er war seit 1982 bei der Firma E. KG, der Vorgängerin der Klägerin zu 2, in Osnabrück beschäftigt, die mit Bekleidung in Übergrößen handelte. Die Firma E. KG ging 1998 in Konkurs. Der Ehemann der Klägerin zu 1 gründete auf Betreiben von Kunden der Firma E. KG und eines Finanz-Dienstleisters mit Gesellschaftsvertrag (GV) vom 2. April 1998 die Firma F. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die mit einem Stammkapital von 50.000,- DM ausgestattet war und deren Gegenstand der Handel mit Textilien insbesondere in Übergrößen ist. Die Firma ist im Handelsregister B des Amtsgerichts Osnabrück unter der Nummer 18609 eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin zu 2 ist der Ehemann der Klägerin zu 1. § 8 Abs. 3 des GV sieht vor, dass die Organe der Gesellschaft nicht berechtigt sind, einem Gesellschafter oder einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person einen nicht gerechtfertigten Vorteil zu gewähren. § 9 des GV bestimmt, dass alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Bei den Abstimmungen entfallen nach § 13 GV auf je 1.000,- DM Gesellschaftsanteil 1 Stimme. In § 13 Abs. 1 GV ist geregelt, dass verheiratete Familiengesellschafter verpflichtet sind, entweder durch Ehevertrag Gütertrennung zu vereinbaren oder, falls sie Gütergemeinschaft vereinbart haben, die Beteiligung an der Gesellschaft im Ehevertrag zum Vorbehaltsgut des Gesellschafters zu erklären und sie im Güterrechtsregister eintragen zu lassen oder, falls sie im Stande der Zugewinngemeinschaft leben, durch Ehevertrag zu vereinbaren, dass die Beteiligung an der Gesellschaft nicht dem Zugewinnausgleich und den Beschränkungen des § 1365 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterliegt.

3

Die Klägerin zu 1 schloss mit der Klägerin zu 2 am 26. August 1999 einen Arbeitsvertrag ab, mit dem sie sich nach § 2 besonders verpflichtete, die Geschäftsführung bei der Ausübung sämtlicher Belange zu unterstützen und insbesondere Einkaufstätigkeiten auf Messen pp. sowie Verkaufstätigkeiten im Rahmen des Ladengeschäftes durchzuführen. Der Vertrag sah genaue Regelungen über die Arbeitszeit, das Entgelt sowie Urlaub pp. vor. Die Klägerin zu 1 erhielt zunächst 4.000,- DM monatlich, ab dem 1. September 2000 monatlich 4.400,- DM und ab 1. September 2001 monatlich 4.800,- DM. Im Erörterungstermin vor der Berichterstatterin gab die Klägerin zu 1 an, dass ihre Einkünfte zwischenzeitlich rückläufig seien. Sie erhalte seit April 2005 nur noch 1.154,20 EUR monatlich.

4

Schon vor der Gründung und Eintragung der Firma der Klägerin zu 2 hatte die Klägerin zu 1 im April und Mai 1998 eine Sicherungsgrundschuld in Höhe von 150.000,- DM für zwei Darlehen der Klägerin zu 2 in Höhe von 135.000,- DM und 72.000,- DM auf das ihr allein gehörende Hausgrundstück G. in Osnabrück zu Gunsten der Sparkasse Osnabrück eintragen lassen. Diese Darlehen und weitere Darlehen der Klägerin zu 2 über 50.000,- DM und 30.000,- DM sowie alle Forderungen der Sparkasse Osnabrück gegen ihren Ehemann wurden von ihr auch noch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft im Umfang von 287.000,- DM abgesichert. Darüber hinaus stellte sie der Klägerin zu 2 in den Jahren 2000 und 2001 Vergütungen für nicht genommenen Urlaub in Höhe von ca. 12.000,- DM als Darlehen zur Verfügung.

5

Am 9. Juli 2003 stellte die Klägerin zu 2 als Bevollmächtigte der Klägerin zu 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung, dass die Klägerin zu 1 nicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig sei. Zur Begründung wurde vorgetragen, es liege nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Familien-GmbH vor. Die Klägerin zu 1 sei nicht wie eine übliche Arbeitnehmerin in der Firma der Klägerin zu 2 tätig, sondern erledige umfangreiche Arbeiten auch über die üblichen Arbeitszeiten hinaus zum Nutzen der Firma ihres Ehemannes. Mit einem monatlichen Einkommen von 2.454,- EUR werde sie auch über die in der Branche üblichen Tarife bezahlt. Sie trage auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko, weil sie zur Sicherung von Darlehen der Klägerin zu 2 und ihres Ehemannes eine Sicherungsgrundschuld in Höhe von 150.000,- DM zu Gunsten des Kreditinstitutes habe eintragen lassen und darüber hinaus auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft in einem Umfang von 287.000,- DM eingeräumt habe.

6

Die Beklagte hörte die Klägerinnen mit Schreiben vom 8. August 2003 zu der von ihr beabsichtigten Ablehnung des Antrages an. Die Klägerin zu 1 sei in der Firma der Klägerin zu 2 wie eine fremde Arbeitskraft tätig und das dafür vorgesehene Gehalt sei angemessen. Es werde als Betriebsausgabe gebucht und es würden auch die erforderlichen Lohnsteuern entrichtet. Der Arbeitsvertrag weise alle Anzeichen für eine abhängige Beschäftigung auf. Mit Bescheid vom 17. September 2003 lehnte die Beklagte sodann den Antrag der Klägerinnen ab. Zur Begründung führte sie aus, die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung der Klägerin zu 1 bei der Klägerin zu 2 habe ergeben, dass die Klägerin zu 1 als Arbeitnehmerin zu erachten und damit zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei. Am 7. Oktober 2003 teilte die Beklagte den Klägerinnen mit, dass sie die Einwendungen in ihrem Schreiben vom 1. September 2003 als Widerspruch anerkenne.

7

Zwischenzeitlich stellte die Klägerin zu 1 über die Beklagte bei der Beigeladenen zu 2 einen Antrag auf Nichtzustimmungserklärung zu dem Feststellungsbescheid der Beklagten vom 17. September 2003. Die Beigeladene zu 2 lehnte gegenüber der Beklagten die Zustimmung zu deren Bescheid vom 17. September 2003 ab. Die von den Klägerinnen mitgeteilten tatsächlichen Umstände der Beschäftigung der Klägerin zu 1 ließen nicht den Schluss zu, dass diese als Arbeitnehmerin zu betrachten sei.

8

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2004 zurück. Maßgeblicher Gesichtspunkt für ihre ablehnende Entscheidung sei die Tatsache, dass die Klägerin zu 1 auf die Geschicke der Klägerin zu 2 keinen maßgeblichen rechtlichen Einfluss ausüben könne. Die unternehmerischen Entscheidungen hingen ausschließlich von dem Ehemann der Klägerin zu 1 ab.

9

Mit ihren am 13. Februar 2004 bei dem Sozialgericht (SG) erhobenen Klagen haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass die Beklagte ihre Entscheidung zu Unrecht allein auf die rechtlichen Verhältnisse abgestellt habe. Die tatsächlichen Verhältnisse gestalteten sich so, dass die Klägerin zu 1 wie eine Geschäftsführerin bei der Klägerin zu 2 tätig sei. Auch die Beigeladene zu 2 teile ihre Auffassung, dass die Klägerin zu 2 nicht als abhängig Beschäftigte zu erachten sei.

10

Das SG hat den Klagen durch Urteil vom 8. September 2005 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben sowie festgestellt, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 1 bei der Klägerin zu 2 seit dem 1. September 1999 als selbständige Tätigkeit aufzufassen sei. Sie unterliege daher nicht der Versicherungspflicht insbesondere in der Renten- und der Arbeitslosenversicherung. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die schriftlichen Vereinbarungen der Klägerinnen ein abhängiges und damit auch sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zum Gegenstand hätten. Die tatsächlichen Verhältnisse seien indessen anders gelagert, denn allein die Klägerin zu 1 trage im Hinblick auf die Firma der Klägerin zu 2 das finanzielle Risiko. Damit sei sie in der Firma der Klägerin zu 2 letztlich wie eine Unternehmerin tätig.

11

Gegen dieses ihr am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Oktober 2005 Berufungen eingelegt. Sie macht geltend, dass die rechtlichen Verhältnisse der Klägerin zu 2 von Anfang an so zugeschnitten gewesen seien, dass die Klägerin zu 1 von Anfang an nicht an dem Unternehmen habe beteiligt sein sollen. Wenn die Klägerin zu 1 aber keinen maßgeblichen rechtlichen Einfluss auf die Firma habe und die Klägerinnen ausdrücklich einen Arbeitsvertrag geschlossen hätten, sei von einer entgeltlichen abhängigen Beschäftigung auszugehen, so dass auch Sozialversicherungspflicht anzunehmen sei.

12

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 8. September 2005 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

13

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

14

Sie halten das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Die Klägerin zu 1 sei nur deshalb ein erhebliches finanzielles Engagement eingegangen, weil sie den Betrieb der Klägerin zu 2 und damit ihres Ehemannes auch als ihren Betrieb erachte. Sie habe damit ein unternehmerisches Risiko übernommen, das für eine selbständige Tätigkeit typisch sei. Es sei bei den gegebenen Verhältnissen lebensfremd, von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

15

Die Beigeladenen zu 1 und 3 unterstützen die Entscheidung der Beklagten und stellen keine eigenen Anträge.

16

Die Beigeladene zu 2 hält demgegenüber eine abhängige Beschäftigung der Klägerin zu 1 nicht für gegeben. Dafür spreche insbesondere das hohe finanzielle Risiko, das sie für die Klägerin zu 2 übernommen habe. Sie übe ihre Beschäftigung in der Firma wie für ein eigenes Unternehmen aus. Darauf weise auch ihr regelmäßiger Verzicht auf Urlaub und auf die Auszahlung einer Urlaubsabgeltung hin. Die tatsächlichen Verhältnisse zeigten, dass die Klägerin zu 1 ihre Tätigkeit weitgehend weisungsfrei ausübe und wegen der Erkrankung des Ehemannes jetzt die Firma auch tatsächlich alleine führe.

17

Der Senat hat den Sachverhalt durch Anhörung der Klägerin zu 1 durch seine Berichterstatterin im Erörterungstermin am 4. Februar 2008 weiter aufgeklärt. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage wird hingewiesen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

19

Die gemäß § 143 und § 144 Abs. 1 Ziffer 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften Berufungen der Beklagten sind form- und fristgelegt eingelegt worden, mithin zulässig.

20

Sie sind auch begründet.

21

Die Zuständigkeit der Beklagten für die Entscheidung über die Versicherungspflicht der Klägerin zu 1 ergibt sich aus § 28h Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch -Viertes Buch- (SGB IV), wonach die Einzugstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung entscheidet. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Die Zuständigkeit der Beklagten als Einzugsstelle ergibt sich daraus, dass die Klägerin zu 1 sie als die Kasse gewählt hat, die für sie die Krankenversicherung durchführen soll.

22

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht. Das ergibt sich für die Krankenversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Fünftes Buch- (SGB V), für die Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Elftes Buch- (SGB XI), für die Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Sechstes Buch- (SGB VI) und für die Arbeitslosenversicherung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch -Drittes Buch- (SGB III).

23

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV (seit 1. Januar 1999: § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. zum Beispiel BSG, Urteil vom 12. April 2004, AZ: B 12 KR 26/02 R, mit weiteren Nachweisen).

24

Die rechtlichen Verhältnisse weisen auf eine abhängige Beschäftigung der Klägerin zu 1 bei der Klägerin zu 2 hin. Die Klägerin zu 1 ist nicht zur Geschäftsführerin der Klägerin zu 2 bestellt worden. Die zwischen den Klägerinnen geschlossene Vereinbarung vom 26. August 1999 ist von ihnen selbst als Arbeitsvertrag bezeichnet worden und weist seinem Inhalt nach alle Merkmale eines Arbeitsvertrages über eine entgeltliche abhängige Beschäftigung auf. Dem steht die Tatsache, dass die Klägerin zu 2 eine GmbH ist, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann der Klägerin zu 1 ist, nicht entgegen. Denn grundsätzlich kann auch ein Ehegatte den anderen abhängig beschäftigen, soweit die Tätigkeiten des anderen Ehegatten ihrem Erscheinungsbild nach die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung aufweist.

25

Die tatsächlichen Verhältnisse geben keinen Anlass für eine andere Bewertung der Tätigkeit der Klägerin zu 1 in der Firma der Klägerin zu 2. Der Senat zweifelt nicht daran, dass die Angaben der Klägerin zu 1 richtig sind, wonach sie in dem Betrieb ihres Ehemannes, der Klägerin zu 2, wie eine Geschäftsführerin gearbeitet hat und noch arbeitet. Gleichwohl übt sie eine abhängige Beschäftigung aus. Denn die tatsächlichen Möglichkeiten der Klägerin zu 1, Einfluss auf die Geschicke der Klägerin zu 2 zu nehmen, sind durch die ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Verhältnisse eng begrenzt.

26

Die Klägerin zu 1 hat keine Prokura. Sie hat auch sonst keine gesicherte Legitimation, im Namen der Klägerin zu 2 für diese im Rechtsverkehr aufzutreten. Organ der Klägerin zu 2 als juristische Person ist ausschließlich der Ehemann der Klägerin zu 1. Er ist alleiniger Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer. Die Klägerin zu 1 hat also weder als Gesellschafterin noch als (Mit-)Geschäftsführerin eine Möglichkeit der rechtlichen Einflussnahme auf die Geschicke der Klägerin zu 2. Ihr ist eine rechtliche Einflussnahme auf die Klägerin zu 2 auch nicht auf andere Weise möglich, insbesondere nicht über die ehelichen Beziehungen. Denn in § 13 des GV ist ausdrücklich geregelt, dass die Gesellschaft unabhängig von der Rechtsnatur des ehelichen Güterstandes der Gesellschafter dem Einfluss des jeweiligen Ehegatten vollkommen entzogen ist. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Klägerin zu 1 zu Gunsten der Klägerin zu 2 und zu Gunsten ihres Ehemannes ein erhebliches finanzielles Risiko eingegangen ist, indem sie auf ihr Hausgrundstück eine Sicherungsgrundschuld in Höhe von 150.000,- DM hat eintragen lassen und dazu noch eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 287.000,- DM eingegangen ist. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Klägerin zu 1 überhaupt keinen rechtlichen Einfluss auf die Geschicke der Klägerin zu 2 hat. In Ermangelung dieses rechtlichen Einflusses hat der Umstand, dass die Klägerin zu 1 tatsächlich wie eine Geschäftsführerin agiert, keine rechterhebliche Bedeutung für die Beurteilung ihrer Versicherungspflicht. Denn alles, was sie tut, steht unter dem Vorbehalt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer - also ihr Ehemann - es akzeptiert und (stillschweigend) genehmigt.

27

Eine andere Bewertung der Versicherungspflicht der Klägerin zu 1 ergäbe sich selbst dann nicht, wenn sie rechtswirksam zur (Fremd-) Geschäftsführerin der Klägerin zu 2 bestellt worden wäre. Das BSG hat zur Frage der Versicherungspflicht von Geschäftsführern einer GmbH entschieden, dass sie weder wegen ihrer Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen seien, weil sie gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübten. Maßgeblich sei vielmehr vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, d.h. also in der Regel an die Gesamtheit der Gesellschafter. Bei Fremdgeschäftsführern (also nicht am Gesellschaftskapital beteiligten Geschäftsführern) hat das BSG demgemäß regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003, AZ: B 11 AL 25/02 R, in SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Etwas anderes gelte nur - so das BSG -, wenn besondere Umstände vorlägen, die eine Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern im Einzelfall aufheben würden. Solche besonderen Umstände könnten insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es sich um einen Geschäftsführer einer Gesellschaft handele, deren Gesellschafter mit dem Geschäftsführer in enger Verwandtschaft stünden (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987, AZ: 7 RAr 14/86, in Der Betriebsberater 1989, Seite 72 sowie Urteil vom 30. Januar 1990, AZ: 11 RAr 47/88, in NZA 1990, Seite 950 ff.). Voraussetzung für einen solchen besonderen Ausnahmefall sei aber, dass der Geschäftsführer auf Grund der verwandtschaftlichen Beziehungen die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen könne und geführt habe, ohne dass ihn die Gesellschafter daran gehindert hätten (vgl. BSG, jeweils am angegebenen Ort).

28

Eine derartige Konstellation vermag der Senat nach den gegebenen Umständen nicht anzunehmen. Denn die Klägerin zu 1 ist nicht einmal zur Fremdgeschäftsführerin der Klägerin zu 2 bestellt worden. Selbst wenn die Klägerin zu 1 nach außen hin wie eine Mitinhaberin der Klägerin zu 2 auftritt, an den unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin zu 2 teilhat und diese tatsächlich auch mit beeinflussen mag, ist dieser tatsächliche Einfluss mangels jeder rechtlichen Möglichkeit, die Geschicke der Gesellschaft rechtverbindlich zu gestalten, deutlich begrenzt und keinesfalls so ausgeprägt, dass eine Gleichstellung mit den vom BSG entschiedenen Fällen in Betracht kommt. Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Tatsache, dass der Ehemann der Klägerin zu 1 - wie die Klägerinnen vorgetragen haben - nicht zuletzt deshalb als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer eingesetzt worden ist, weil er als gelernter "Banker" und früherer Mitarbeiter der Firma E. KG über das nötige Know-how für die Führung des Unternehmens verfügt und dieser Umstand Voraussetzung für die Erlangung von öffentlichen Fördermitteln für die Unternehmensgründung gewesen ist.

29

Die Kostenentscheidung ergibt sich für die Klägerin zu 1 aus § 193 SGG.

30

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Klägerin zu 2 gehört nicht zu dem nach § 183 SGG privilegierten Personenkreis, für den das sozialgerichtliche Verfahren kostenfrei ist. Der Senat erachtet es für geboten, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 für erstattungsfähig zu erklären, weil diese ausführlich zur Sache vorgetragen, am Erörterungstermin vor der Berichterstatterin teilgenommen und dadurch das Verfahren gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 8. Auflage 2005, § 197a Rdnr. 29).

31

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz, weil der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes bietet.

32

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.

33

Im Hinblick auf die Festsetzung des Streitwertes ist die Entscheidung des Senates unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).