Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 02.04.2008, Az.: L 7 B 6/08 AL
Anforderungen an die Verhängung eines Ordnungsmittels wegen des unentschuldigten Ausbleibens eines Zeugen in einem Termin; Verteilung der Gerichtskosten bei einem erfolglosen Rechtsmittel eines Zeugen gegen einen Ordnungsgeldbeschluss
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 02.04.2008
- Aktenzeichen
- L 7 B 6/08 AL
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 14879
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0402.L7B6.08AL.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 13.12.2007 - AZ: S 9 AL 354/04
Rechtsgrundlagen
- § 380 Abs. 1 S. 2 ZPO
- § 381 Abs. 1 ZPO
- § 118 Abs. 1 S. 1 SGG
- § 183 Abs. 1 S. 1 SGG
- § 197a Abs. 1 S. 1 SGG
- § 154 Abs. 1 VwGO
Fundstelle
- NZS 2009, 239-240 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Da der Beschwerdeführer einer Ladung als Zeuge am 13. Dezember 2007 im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig mit dem Aktenzeichen S 9 AL 354/04 ohne Entschuldigung nicht nachgekommen ist, hat das SG zu Recht gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 100,00 EUR ein Tag Ordnungshaft festgesetzt. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe rechtfertigen keine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Rechtsgrundlage dieser Sanktion ist § 380 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Da entgegen § 381 ZPO eine genügende Entschuldigung für das Ausbleiben im Termin vor dem SG am 13. Dezember 2007 nicht vorliegt, ist ein Ordnungsgeld festzusetzen. Dabei wird dem Gericht kein Ermessensspielraum eröffnet. Ein Verschulden des Beschwerdeführers liegt bereits darin, die gerichtliche Ladung verlegt und diese wie übliche Korrespondenz behandelt zu haben, ohne sofort den Gerichtstermin in seinen Terminplaner zu vermerken. Eine genügende Entschuldigung im Sinne von § 381 Abs. 1 ZPO kann nur solchen Umständen entnommen werden, die das Verhalten des Zeugen nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen, z.B. weil er ohne sein Zutun von der Wahrnehmung des Termins abgehalten wird (Bundesfinanzgerichtshof - BFH -, Beschluss vom 08.11.2006 - VI B 62/06 -). Derartige Umstände sind hier aber nicht erkennbar. Selbst wenn das Ausbleiben nur auf einem Versehen des Beschwerdeführers beruht, rechtfertigt dieser Umstand nicht, von der Verhängung eines Ordnungsgeldes abzusehen.
Der Beschwerdeführer kann ferner nicht mit dem Einwand gehört werden, dass jedenfalls die Höhe des Ordnungsgeldes von 200,00 EUR unangemessen sei, weil bei einem unbeabsichtigten Verstoß ein Ordnungsgeld von 50,00 EUR ausreichend gewesen wäre. Denn die Höhe des vom SG festgesetzten Ordnungsgeldes liegt bereits mit 200,00 EUR im unteren Bereich des in Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vorgegebenen Rahmens von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR. Einer besonderen Begründung bedarf eine Festsetzung in dieser Höhe nicht (BFH - Beschluss vom 10.10.2007 - VI B 119/06 -). Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist im Übrigen auch nach eigener Überprüfung des Senats angemessen. Der Beschwerdeführer hat keine weiteren Gesichtspunkte tatsächlicher Art, insbesondere im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse vorgetragen, die eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes rechtfertigen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Diese Vorschriften sind hier deshalb einschlägig, weil keiner der Beteiligten dieses Beschwerdeverfahren zu dem Personenkreis des § 183 SGG gehört. Eine Sondervorschrift für die Kostenfreiheit dieses Rechtsmittels, wie z.B. für das Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung der Vergütung von Zeugen in § 4 Abs. 8 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz - JVEG - vorgesehen ist, existiert für die Überprüfung eines Ordnungsgeldbeschlusses gegen einen Zeugen nicht. Dieses Beschwerdeverfahren kann nicht als Annex zu dem (kostenprivilegierten) Klageverfahren, in dem der Beschwerdeführer als Zeuge geladen war, behandelt werden. Es gibt nämlich keinen sachlichen Grund, nur Rechtsmittel von Zeugen gegen einen Ordnungsgeldbeschluss in einem kostenpflichtigen Klageverfahren mit Gerichtsgebühren zu belasten. Es muss deshalb bei der grundsätzlichen Regelung verbleiben, dass Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nur für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei bleiben, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind (§ 183 Abs. 1 Satz 1 SGG). Diese Eigenschaft ist jedoch weder beim Beschwerdeführer noch beim Beschwerdegegner gegeben.
Eine Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich. Die Gerichtsgebühr richtet sich nach § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Kostenverzeichnis-Nr.: 7504 und beträgt pauschal 50,00 EUR.
Dieser Beschluss ist mit einer weiteren Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).