Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 09.04.2008, Az.: L 3 KA 139/06
Wiederzulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Tätigkeit nach vorherigem Zulassungsverzicht; Fristgerechte Einlegung einer Klage bei Verbindung zweier Verfahren und einer daraus resultierender Streitgenossenschaft der Kläger; Einhaltung einer 6-jährigen Frist auf Wiederzulassung eines Kieferorthopäden; Pflichtwidrigkeit der Teilnahme an einem kollektiven Zulassungsverzicht
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 09.04.2008
- Aktenzeichen
- L 3 KA 139/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 14830
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0409.L3KA139.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 21.06.2006 - AZ: S 43 KA 19/05
- nachfolgend
- BSG - 17.06.2009 - AZ: B 6 KA 16/08 R
Rechtsgrundlagen
- § 72a Abs. 1 SGB V
- § 72a Abs. 3 SGB V
- § 95 Abs. 2 SGB V
- § 95 Abs. 6 SGB V
- § 95b Abs. 1 SGB V
- § 95b Abs. 2 SGB V
- § 95b Abs. 3 S. 1 SGB V
- § 20 SGB X
- § 44 SGB X
- Art. 9 Abs. 1 GG
- Art. 9 Abs. 3 GG
- Art. 12 Abs. 1 GG
- § 74 SGG
- § 87 Abs. 1 S. 1 SGG
- § 96 Abs. 1 SGG
- § 62 ZPO
Fundstellen
- GesR 2008, 432
- MedR 2008, 529-533 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- NZS 2008, 500-504 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. Juni 2006 werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldnerinnen zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 132.776,88 EUR.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Wiederzulassung der Klägerin zu 1. zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Tätigkeit.
Die Klägerin zu 1. ist Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und nahm seit dem 01. Dezember 1994 an ihrem Praxissitz in F. (Landkreis G.) an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Mit Schreiben vom 20. März 2004 verzichtete sie dem Zulassungsausschuss Niedersachsen für die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit gegenüber auf ihre Zulassung und führte zur Begründung u.a. an, die Entwicklungen im Gesundheitswesen, insbesondere die neuen Gesetzesänderungen, betrachte sie mit größter Sorge; trotz aller Berufsethik sei es ihr nicht möglich, ihren Praxisbetrieb unter diesen Bedingungen wirtschaftlich solide weiterzuführen; sie sehe sich nicht in der Lage, ihren Beruf im Sinne dieser politisch angeordneten Planwirtschaft auszuüben. Der Zulassungsausschuss stellte mit Beschluss vom 28. April 2004 fest, dass ihre Zulassung mit dem 30. Juni 2004 ende.
Mit Bescheid vom 03. Juni 2004 stellte das Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des Beigeladenen zu 8. (im Folgenden: Ministerium) fest, dass in den drei niedersächsischen Planungsbereichen Landkreis Cuxhaven, Landkreis Hannover und Landkreis Hildesheim insgesamt 23 (in Niedersachsen insgesamt: 41) und damit jeweils mehr als 50% aller dort niedergelassenen Vertragszahnärzte, die kieferorthopädische Leistungen erbringen, in einem mit anderen Zahnärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung zum 30. Juni 2004 nach § 95 b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verzichtet hätten und dadurch die vertragszahnärztliche kieferorthopädische Versorgung ab 01. Juli 2004 dort nicht mehr sichergestellt sei. Die Annahme eines aufeinander abgestimmten Verhaltens ergebe sich aus dem zeitlichen und inhaltsgleichen Zusammentreffen der Zulassungsverzichte sowie der zahlreichen gemeinsam von den Kieferorthopäden und den zahnärztlichen und fachzahnärztlichen Berufsvertretungen öffentlichkeitswirksam erkennbar gewordenen Erklärungen und Meinungsäußerungen. Im Landkreis H. hätten 8 von 11 Vertragszahnärzten auf ihre Zulassung verzichtet, darunter die Klägerin zu 1. Die ursprünglich von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV; Klägerin zu 2.) hiergegen erhobene Klage ist wieder zurückgenommen worden.
Mit Schreiben vom 13. August 2004 beantragte die Klägerin zu 1. beim Zulassungsausschuss ihre erneute Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit. Mit Beschluss vom 22. September 2004 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab und berief sich zur Begründung darauf, dass die Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72 a Abs. 1 SGB V gemäß § 95 b Abs. 2 SGB V zur Folge habe, dass eine erneute Zulassung frühestens nach Ablauf von 6 Jahren nach Abgabe der Verzichtserklärung erteilt werden könne. Hiergegen legte die Klägerin zu 1. am 30. September 2004 Widerspruch ein, den sie am 18. Oktober 2004 begründete. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 08. Dezember 2004 zurück, der der Klägerin zu 1. am 21. Dezember und der Klägerin zu 2. am 20. Dezember 2004 zugestellt worden ist. Für die Klägerin zu 1. gelte die Sperre des § 95 b Abs. 2 SGB V. Mit der Verfügung des Ministeriums vom 03. Juni 2004 sei davon auszugehen, dass alle dort aufgeführten 41 Kieferorthopäden ihren Verzicht in einem aufeinander abgestimmten Verfahren abgegeben hätten. Demzufolge sei es zur Feststellung nach § 72 a Abs. 1 SGB V gekommen.
Hiergegen hat die Klägerin zu 1. am 27. Dezember 2004 Klage vor dem Sozialgericht (SG; Az.: S 43 KA 19/05) erhoben. Die Klägerin zu 2. hat ihrerseits am 14. Januar 2005 Klage erhoben; diese Klage ist ursprünglich unter dem selbstständigen Aktenzeichen S 35 KA 8/05 geführt worden.
Mit Schreiben vom 21. März 2005 beantragte die Klägerin zu 1. erneut ihre Wiederzulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit. Ergänzend führte sie aus, dies solle auch als Antrag auf Überprüfung der vorangegangenen Ablehnungsentscheidung gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gewertet werden. Diese Entscheidung sei rechtswidrig, weil der Zulassungsausschuss - entgegen der Rechtsprechung des erkennenden Senats - davon ausgegangen sei, an die Feststellungen im Bescheid des Ministeriums vom 03. Juni 2004 gebunden zu sein. Mit erneutem Beschluss vom 27. April 2005 wies der Zulassungsausschuss auch diesen Antrag zurück. Aus der großen Zahl der zurückgegebenen Zulassungen bzw. Ermächtigungen, die zudem in kurzem Abstand erfolgt seien, folge das Vorliegen eines kollektiven Verzichts. Auch der ursprüngliche Beschluss vom 22. September 2004 sei deshalb im Ergebnis rechtmäßig gewesen. Hiergegen legte die Klägerin zu 1. am 02. Mai 2005 Widerspruch ein, den sie am 11. Mai 2005 begründete. Der Beklagte wies auch diesen Widerspruch - mit Beschluss vom 22. Juni 2005 - zurück, weil die Sperrfrist des § 95 b Abs. 2 SGB V hier anwendbar sei. Auch aus den Angaben der Klägerin zu 1. bei ihrer Anhörung vor dem Ausschuss ergebe sich, dass sie ihren Verzicht im Rahmen eines abgestimmten Verhaltens erklärt habe. Der Beschluss ist der Klägerin zu 1. am 08. Juli und der Klägerin zu 2. am 07. Juli 2005 zugestellt worden.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 01. August 2005 (Faxeingang: 14:11 Uhr) Klage erhoben, die das SG zunächst unter dem Aktenzeichen S 43 KA 208/05 geführt und in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2006 mit dem Verfahren S 43 KA 19/05 verbunden hat. Im bereits anhängigen Gerichtsverfahren S 43 KA 19/05 hat die Klägerin zu 1. außerdem am 01. August 2005 (Faxeingang: 16:41 Uhr) erklärt, sie fechte nunmehr auch die erneute Entscheidung der Zulassungsgremien an. Nach der Verbindung der Verfahren S 35 KA 8/05 und S 43 KA 19/05 (Beschluss vom 11. März 2005) hat außerdem die Klägerin zu 2. ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2006 auch gegen den Beschluss vom 22. Juni 2005 gerichtet.
Die Klägerin zu 1. hat zur Begründung ihrer Klage die Auffassung vertreten, sie habe auf ihre Zulassung als Vertragszahnärztin nicht in einem mit anderen Vertragszahnärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten verzichtet. Eine derartige Abstimmung setze schon begrifflich voraus, dass eine bestimmte Gruppe sich sammele, ihr Verhalten entsprechend strategisch ausrichte und insbesondere auch miteinander kommuniziere. Sie habe ihren Beschluss zur Rückgabe der Zulassung jedoch nicht im Rahmen einer derartigen Aktion, sondern in eigener Verantwortung getroffen. Der Beklagte, der gemäß § 20 SGB X zur Amtsermittlung verpflichtet gewesen sei und den die materielle Beweislast treffe, habe in keiner Weise den Nachweis geführt, dass sie an einem kollektiven Verzicht teilgenommen habe. Diese Anforderungen seien umso mehr hervorzuheben, als es sich bei dem Zulassungsverbot nach § 95 b Abs. 2 SGB V um eine Maßnahme mit disziplinarischem Charakter handle, auf die das Schuldprinzip Anwendung finde. Weiterhin fehle es an der in § 95 b Abs. 2 SGB V vorausgesetzten Unterversorgungssituation. Im Landkreis H. hätten lediglich 8 von 200 Vertragszahnärzten auf ihre Zulassung verzichtet. Dafür, dass es lediglich auf 50% der fachzahnärztlich tätigen Vertragszahnärzte ankomme, bestehe kein Anhaltspunkt im Gesetz; eine vom Beklagten vorgenommene Analogie zu Lasten der Klägerin zu 1. werde nicht der Tragweite für den grundrechtlich (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) abgesicherten Anspruch auf Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit gerecht. Dies gelte im Übrigen schon deshalb, weil die Vorschrift des § 95 b Abs. 2 SGB V restriktiv ausgelegt werden müsse. In Bezug auf das Ziel einer Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung sei die in § 95 b Abs. 2 SGB V vorgesehene Sperre nicht nur ungeeignet, sondern behindere das Erreichen des Ziels sogar und sei schon aus diesem Grund unverhältnismäßig. In Hinblick auf das Ziel der Generalprävention stelle sich die Zulassungssperre als Verstoß gegen die Grundsätze des Interventionsminimums und der Angemessenheit des Eingriffs dar.
Die Klägerin zu 2. hat zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ausgeführt, dass im Bescheid des Ministeriums vom 03. Juni 2004 keine einzige, konkret auf die Person der Klägerin zu 1. bezogene Feststellung ersichtlich sei, inwieweit diese mit anderen Vertragszahnärzten auf ihre Zulassung verzichtet habe.
Das SG Hannover hat die Klagen mit Urteil vom 21. Juni 2006 abgewiesen. Der Wiederzulassung stehe § 95 b Abs. 2 SGB V entgegen. Es stehe fest, dass niedersächsische Vertragszahnärzte in großer Zahl zum gleichen Zeitpunkt das vertragszahnärztliche System verlassen wollten und dessen Funktionsfähigkeit zumindest kurzzeitig in Frage gestellt hätten. Die Klägerin zu 1. habe zu den 41 Kieferorthopäden gehört, die genau zum 30. Juni 2004 ihre Zulassung zurückgegeben hätten. Soweit sie den Eindruck zu erwecken versucht habe, ihre Verzichtserklärung sei aus autonomen Motiven erfolgt und stelle eine individuelle Entscheidung außerhalb des abgestimmten Verfahrens der Kieferorthopäden dar, sei dies nicht glaubhaft. Der 6-jährige Wiederzulassungsausschluss sei auch mit dem Grundrecht aus Artikel 12 Abs. 1 GG vereinbar und widerspreche nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn durch § 95 b Abs. 3 Satz 1 SGB V sei sichergestellt, dass kollektiv ausgeschiedene Vertragszahnärzte dem System kraft Gesetzes zumindest insofern verhaftet blieben, als sie die Behandlung eines Versicherten nur mit dem Einfachsatz nach der jeweils einschlägigen Gebührenordnung vergütet erhielten. Schließlich liege auch die für die Wiederzulassungssperre erforderliche Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72 a Abs. 1 SGB V vor. Für die Feststellung des Überschreitens der 50 v.H.-Grenze komme es nicht auf die Gesamtzahl aller Vertragszahnärzte, sondern allein auf die der Kieferorthopäden als Fachgruppe einschließlich der Zahnärzte an, die erklärt hätten, ausschließlich kieferorthopädische Leistungen zu erbringen. Die Beurteilung, ob die Versorgung der Versicherten noch sichergestellt sei, differenziere nach dem jeweiligen Leistungsspektrum der Vertragszahnärzte. Insoweit habe der Beigeladene zu 8. plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass im Planungsbereich Landkreis Hildesheim ein Versorgungsgrad von nur noch 16,39% sichergestellt gewesen sei; hieran habe sich bis jetzt nichts geändert.
Das Urteil ist der Klägerin zu 1. am 23. Oktober 2006 und der Klägerin zu 2. am 31. Oktober 2006 zugestellt worden. Die Klägerin zu 1. hat hiergegen am 25. Oktober 2006 und die Klägerin zu 2. am 17. November 2006 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Die Klägerin zu 1. bestreitet weiterhin, dass sie sich aktiv an einem Massenverzicht beteiligt habe. Wegen der schwer wiegenden Folgen sei die individuelle Problematik des betroffenen Vertragsarztes akribisch und tiefgründig zu prüfen; dies habe weder der Beklagte noch das SG Hannover getan. Außerdem lägen die Voraussetzungen einer Feststellung nach § 72 a SGB V nicht vor. Das Ministerium habe bei der Prüfung des Quorums von 50 v.H. unberücksichtigt gelassen, dass in Niedersachsen 800 Zahnmediziner berechtigt seien, kieferorthopädische Leistungen zu erbringen; außerdem sei im Rahmen der Berechnung nicht berücksichtigt worden, dass fast die Hälfte der betreffenden Fachzahnärzte nur über eine Ermächtigung verfügt habe. Das Ministerium habe außerdem keine Feststellungen dazu getroffen, ob die vertragsärztliche Versorgung nicht sicher gestellt sei. In formeller Hinsicht stelle sich die Frage, ob eine ordnungsgemäße Anhörung der Krankenkassen und der Klägerin zu 2. erfolgt sei. § 95 b Abs. 2 SGB V sei außerdem verfassungswidrig, weil die Vorschrift inhaltlich unbestimmt sei und unverhältnismäßigerweise die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 GG eingreife.
Die Klägerin zu 2. ist ebenfalls der Auffassung, dass sich der Beklagte und das SG die Beurteilung des Ministeriums über das Vorliegen eines abgestimmten Verhaltens oder Verfahrens zu Unrecht zu eigen gemacht habe. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Beklagte bzw. das SG den Bescheid beweisrechtlich habe verwenden können; aus rechtlichen Gründen hätten vielmehr selbstständige Ermittlungen angestellt werden müssen. Der Bescheid vom 03. Juni 2004 sei im Übrigen rechtswidrig gewesen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 72 a Abs. 1 SGB V seien schon deshalb nicht erfüllt gewesen, weil im Landkreis lediglich 7 und damit nicht annähernd 50% aller Vertragszahnärzte auf ihre Zulassung verzichtet hätten. Dies gelte umso mehr, als das Ministerium auch nach § 10 a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) ermächtigte Fachzahnärzte und Allgemeinzahnärzte berücksichtigt habe, die nach § 6 Abs. 6 des damals geltenden Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) erklärt hätten, ausschließlich kieferorthopädisch tätig zu sein; bei der HVM-Vorschrift handle es sich um eine ausschließlich honorarverteilungsrechtliche Regelung ohne jede zulassungsrechtliche Bedeutung.
Die Klägerinnen beantragen,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. Juni 2006 aufzuheben,
- 2.
die Beschlüsse des Beklagten vom 08. Dezember 2004 und vom 22. Juni 2005 aufzuheben und
- 3.
den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin zu 1. zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit der Gebietsbezeichnung Kieferorthopädie am Vertragszahnarztsitz I. zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Beschlüsse, die Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils sowie auf die Gründe des Beschlusses des erkennenden Senats vom 28. Juli 2005 in dem Verfahren L 3 KA 70/05 ER.
Die zu 1. bis 7. beigeladenen Krankenkassen bzw. Kassenverbände stellen keinen Antrag, unterstützen jedoch die Auffassung des Beklagten. Sie legen dar, dass die kieferorthopädische Versorgung im Planungsbereich Landkreis H. gegenwärtig von (rechnerisch) 7 zugelassenen Zahnärzten und 4 Zahnärzten erbracht werde, mit denen Verträge nach § 72 a Abs. 3 SGB V abgeschlossen worden seien. Die vom Gesetzgeber in Hinblick auf eine Wiederzulassung kollektiv ausgeschiedener (Zahn)ärzte getroffene Differenzierung zwischen solchen Behandlern, in deren Planungsbereich ein Quorum von 50% überschritten sei und solchen (Zahn)ärzten, bei denen das nicht der Fall sei, begegne rechtlich keinen Bedenken. Das gelte schon in Hinblick darauf, dass es ohne Planungssicherheit für 6 Jahre kaum möglich sei, neue Leistungserbringer für eine Tätigkeit in den betroffenen Planungsbereichen zur Sicherstellung der Versorgung zu gewinnen. Die Beigeladene zu 1. hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Darlegungen der Klägerin zu 1. über eine individuell getroffene Verzichtsentscheidung sei nicht glaubhaft.
Der Beigeladene zu 8. schließt sich den zuletzt genannten Ausführungen der Beigeladenen zu 1. an und vertritt im Übrigen die Auffassung, §§ 72 a, 95 b SGB V stellten allein auf den Übergang des Sicherstellungsauftrags ab. Eine Differenzierung zwischen "Rädelsführern" und "Mitläufern" bei der Anwendung des § 95 b Abs. 2 SGB V dürfte in der Lebenswirklichkeit schwierig sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Beigeladenen zu 8. verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG Hannover ist zu Recht ergangen.
I.
1.
Die am 27. Dezember 2004 erhobene Klage der Klägerin zu 1. war nur gegen den Beschluss des Beklagten vom 08. Dezember 2004 zu richten, weil die Entscheidung des Berufungsausschusses in Zulassungsstreitigkeiten alleiniger Klagegegenstand ist (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1). Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Der nachfolgende Beschluss des Beklagten vom 22. Juni 2005 (der Klägerin zu 1. zugestellt am 08. Juli 2005) ist Gegenstand der weiteren Klage vom 01. August 2005 (ursprüngliches Aktenzeichen: S 43 KA 208/05), die ebenfalls als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Der neue Beschluss war außerdem durch den Schriftsatz vom 01. August 2005 in die Klage S 43 KA 19/05 einbezogen worden. Auch hierdurch ist zwar die Klagefrist in Hinblick auf den Beschluss vom 22. Juni 2005 gewahrt worden. Die darin liegende Klageänderung ist jedoch nicht nach § 99 Abs. 1 SGG als sachdienlich zuzulassen, weil dem die vorbestehende Rechtshängigkeit der Klage S 43 KA 208/05 entgegen steht (§ 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtverfassungsgesetz (GVG)). Denn diese war bereits per Fax um 14:11 Uhr bei Gericht eingegangen, während der klagändernde Schriftsatz erst um 16:41 Uhr einging.
2.
Die Klage der Klägerin zu 2. ist zulässig. Sie war ursprünglich ebenfalls nur gegen den Beschluss vom 08. Dezember 2004 gerichtet, während der nachgehende Beschluss vom 22. Juni 2005 erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2006 in die Klage einbezogen worden ist. Hiermit dürfte zwar die einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gewahrt worden sein. Die Klage hat aber gleichwohl als fristgerecht zu gelten, ohne dass es auf die Frage einer möglichen analogen Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 SGG ankommt. Denn die beiden Klägerinnen waren durch den Verbindungsbeschluss des SG vom 11. März 2005 notwendige Streitgenossen geworden, weil die Entscheidung in Zulassungssachen gegenüber dem Arzt, den Krankenkassen und der K(Z)V nur einheitlich ergehen kann (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 14). Gemäß § 74 SGG i.V.m. § 62 Zivilprozessordnung (ZPO) gilt damit die Wahrung der Klagefrist durch die Klägerin zu 1. im Schriftsatz vom 01. August 2005 (zum Az.: S 43 KA 19/05, vgl. oben) auch für die Klägerin zu 2. (zur Anwendbarkeit des § 62 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. z.B. BSG SozR 3-3200 § 88 Nr. 5).
Auch die Klage der Klägerin zu 2. ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Die Klägerin zu 2. war schließlich auch klagebefugt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG ergibt sich die Klagebefugnis der K(Z)Ven aus dem diesen Körperschaften zugewiesenen Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 SGB V (BSG SozR 3-5520 § 44 Nr. 1; SozR 3-2500 § 95 Nr. 26). Hieran ändert nichts, dass im hier streitbefangenen Zulassungsbezirk H. der Sicherstellungsauftrag nach § 72 a Abs. 1 SGB V auf die Krankenkassen übergegangen ist, weil die K(Z)Ven nach § 72 a Abs. 2 SGB V für zugelassene (Zahn)Ärzte weiterhin für die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages zuständig sind. Der Rechtsstreit betrifft aus Sicht der Klägerin zu 2. damit auch die Frage, wie weit ihr Sicherstellungsauftrag geht.
II.
Die Klagen sind jedoch unbegründet. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Klägerin zu 1. erneut zur vertragszahnärztlichen Versorgung zuzulassen (Beschlüsse vom 08. Dezember 2004 bzw. vom 22. Juni 2005) bzw. den entsprechenden ersten Beschluss vom 08. Dezember 2004 wieder aufzuheben. Daher kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Klage der Klägerin zu 2. schon deshalb unbegründet ist, weil sie die ursprünglichen Beschlüsse des Zulassungsausschusses nicht mit Widerspruch angefochten hatte, so dass diese ihr gegenüber bestandskräftig geworden sein könnten (zur relativen Bestandskraft nach § 77 SGG vgl. Schlegel in: Hennig, SGG, Stand August 2007, § 77 Rd.Nr. 30; Binder in: Hk-SGG, 2. Aufl., § 77 Rd.Nr. 4), oder ob dem die notwendige Einheitlichkeit der Zulassungsentscheidung entgegen steht (in diesem Sinn möglicherweise BSG SozR 3-2500 § 119 Nr. 1).
Grundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Wiederzulassung der Klägerin zu 1. ist § 95 Abs. 2 SGB V i.V.m. §§ 18 ff. der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV). Liegen die Zulassungsvoraussetzungen vor, besteht ein Anspruch auf Zulassung (BVerfGE 11, 30, 49 [BVerfG 23.03.1960 - 1 BvR 216/51]; 16, 286, 293). Mangels eines den Zulassungsgremien zustehenden Ermessensspielraums ist daher gerichtlich voll überprüfbar, ob die Voraussetzungen einer Zulassung vorliegen.
Auch wenn die in den genannten Vorschriften aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind, steht der Zulassung der Klägerin zu 1. vorliegend die besondere Vorschrift des § 95 b Abs. 2 SGB V entgegen. Danach kann eine erneute Zulassung frühestens nach Ablauf von 6 Jahren nach Abgabe der Verzichtserklärung erteilt werden, wenn Vertragsärzte vorher in einem mit anderen Vertragsärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung als Vertragsarzt verzichtet hatten und es aus diesem Grund zur Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72 a Abs. 1 SGB V gekommen war. Ein derartiger Fall liegt hier vor.
1.
Im ersten Halbjahr 2004 haben in Niedersachsen zahlreiche Kieferorthopäden bzw. kieferorthopädisch tätige Zahnärzte in einem aufeinander abgestimmten Verfahren auf ihre Zulassung (bzw. ihre Ermächtigung; zur Gleichstellung beider zulassungsrechtlicher Rechtsstellungen vgl. BSG-Urteil vom 27. Juni 2007 - B 6 KA 37/06 R) verzichtet. Dies ergibt sich aus den im aktenkundigen Bescheid des Ministeriums vom 03. Juni 2004 und der entsprechenden Verwaltungsakte des Beigeladenen zu 8. angeführten Umständen, deren Vorliegen von den Klägerinnen im Einzelnen nicht bestritten wird. Der Senat kann diese sich aus der herangezogenen Akte des Beigeladenen zu 8. ergebenden Tatsachen würdigen, weil das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet (vgl. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 128 Rd.Nr. 5); auf die Einhaltung bestimmter formeller Regeln des Urkundsbeweises kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2. nicht an. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte und des Bescheids des Beigeladenen zu 8. haben sich die kieferorthopädisch tätigen Zahnärzte in Niedersachsen seit 2003 (insbesondere durch ihren Berufsverband BDK) in zahlreichen Stellungnahmen gegen die mit dem geplanten GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) und dem mit dem neuen Bewertungsmaßstab für vertragszahnärztliche Leistungen (Bema-Z) verbundenen Veränderungen zu ihren Lasten gewandt und sich bei der Landesversammlung des BDK 2003 auf (einheitliche) "Abwehrmaßnahmen" geeinigt. Zusätzlich wurde die Durchführung kieferorthopädischer Behandlungen im Kostenerstattungsverfahren propagiert, wobei für ein "konzentriertes Vorgehen aller Mitglieder", für einen "geschlossenen Auftritt in aller Öffentlichkeit" und für "gemeinsames Handeln" geworben wurde (vgl. Bl. 9f. des Bescheides vom 03. Juni 2004). Beispielhaft ist auf den "Newsletter 1/2004" des BDK zu verweisen, worin der damalige BDK-Bundesvorsitzende "die Kostenerstattung" ankündigte und seine Kolleginnen und Kollegen aufforderte, "nun an einem Strang (zu) ziehen und einer Strategie" zu folgen. Wenn es im Anschluss hieran zu einer stark gehäuften Zahl von Verzichtserklärungen - insgesamt 44 gegenüber 5 vergleichbaren Erklärungen im Vorjahr - gekommen ist und die Versicherten anschließend in standardisierten Schreiben hierüber informiert worden sind (vgl. Seiten 4-6, 10f des Bescheids), lässt dies nur den Schluss zu, dass die verzichtenden Kieferorthopäden hiermit eine einheitliche Strategie verfolgt haben, um die vorgesehenen Rechtsänderungen zu unterlaufen oder diese zu bekämpfen. Dies wird u.a. auch dadurch dokumentiert, dass die BDK-Landesvorsitzende in einem Schreiben an den Staatssekretär vom 26. Mai 2004 ausführte: "Um den Druck, der im GMG verankerten unsinnigen Kostenerstattung von den Patienten abzuwenden, haben wir unsere Zulassung zurückgegeben ".
Die Klägerin zu 1. hat an diesem aufeinander abgestimmten Verhalten teilgenommen. Dies setzt - entgegen der von ihr geäußerten Auffassung - nicht im Einzelnen den Nachweis voraus, dass sie sich mit einer bestimmten Gruppe gesammelt, ihr Verfahren entsprechend strategisch ausgerichtet und dabei mit anderen kommuniziert hat. Ein derartiges Verständnis des § 95 b SGB V würde die Vielzahl möglicher Kommunikationsformen verkennen, die zu einem organisierten Verzicht führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich entsprechende Aufrufe zum Kollektivverzicht in Vergangenheit und Gegenwart regelmäßig an die Mitglieder großer (Zahn)arztgruppen gerichtet haben, wie etwa das Anfang der 90er Jahre von den Vertragszahnärzten verfolgte sog. "Korbmodell" (vgl. Klückmann in: Hauck/Noftz, § 72 a Rd.Nr. 2-5; Riege, SGB 1993, 8) oder die gegenwärtigen vergleichbaren Überlegungen eines kollektiven Zulassungsverzichts bei den Hausärzten in Bayern zeigen. In derartigen Fällen werden von vornherein nur der Aufruf der Organisatoren des Kollektivverzichts und die daran anschließende Abgabe von Verzichtserklärungen in großer Zahl bekannt werden, während die Mechanismen des eigentlichen Abstimmungsverfahrens - z.B. das Sammeln von Bereiterklärungen beim "Korbmodell" - gerade verborgen bleiben sollen. Regelmäßig können deshalb allein der Aufruf (bzw. hier: vergleichbare werbende Verlautbarungen) und anschließende Verzichtserklärungen in ungewöhnlich großer Zahl Anknüpfungspunkte für die Annahme eines abgestimmten Verhaltens sein. Dagegen würde es im Ergebnis zur Unanwendbarkeit der §§ 72 a, 95 b SGB V führen, wenn man zum Nachweis einer Teilnahme am Kollektivverzicht fordern würde, dass die geheime Abstimmung in ihren Einzelheiten aufgedeckt werden kann.
Liegen - wie hier - ein werbendes Verhalten einer (zahn)ärztlichen Interessengruppe und Verzichtserklärungen in größerer Zahl vor, bleibt es allerdings dem einzelnen verzichtenden (Zahn)arzt unbenommen, bei einem Antrag auf Wiederzulassung darzulegen, dass die Rückgabe seiner Zulassung nicht auf die Werbung zum Kollektivverzicht zurückzuführen ist, sondern auf persönlichen Umständen beruht. Dies ist der Klägerin jedoch nicht gelungen. Vielmehr zeigt schon die Begründung ihrer Erklärung vom 20. März 2004, dass sie sich die Gründe zu eigen gemacht hat, die für den Kollektivverzicht ausschlaggebend waren, nämlich die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen, "insbesondere die neuen Gesetzesänderungen". Die Klägerin war außerdem im fraglichen Zeitraum Mitglied des BDK, sodass ihr die vom Berufsverband der Kieferorthopäden verfolgte Strategie aus "Newslettern" u.Ä. Mitgliedschreiben bekannt sein musste. Hiermit steht in Übereinstimmung, dass sie ausweislich ihrer Ausführungen im Erörterungstermin vom 13. Juni 2007 von der Erwartung ausgegangen war, auch nach ihrem Ausscheiden mit den Krankenkassen abrechnen zu können, wie dies von zahlreichen am Kollektivverzicht beteiligten Kieferorthopäden geltend gemacht worden ist.
Angesichts dessen ist ihr jetziges Vorbringen, sie habe ihre Verzichtserklärung allein in eigener Verantwortung getroffen, als bloße Schutzbehauptung anzusehen. Als Mitglied des BDK musste sie von der dort in großem Umfang durchgeführten Diskussion über einen möglichen Ausstieg aus den Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung erfahren haben. Ihre Verzichtserklärung kann auch nicht in Hinblick darauf als individuelle Entscheidung gewertet werden, dass sie im Erörterungstermin vom 13. Juni 2007 darauf hingewiesen hat, sie habe zu den Kollegen in Niedersachsen kaum Kontakt und keinen Kollegen, den sie ins Vertrauen ziehen könne; denn ausweislich der Begründung des Beschlusses vom 22. Juni 2005 hatte sie vor dem Beklagten angegeben, sie habe die Diskussion Anfang 2004 durch Zeitungen und Zusendungen wahrgenommen und auch Gespräche mit Kollegen und Kolleginnen geführt. Dass die Klägerin zu 1. in Absprache mit anderen Kieferorthopäden, darunter auch mit der Klägerin in dem vor dem Senat anhängigen und mit Urteil vom heutigen Tag entschiedenen Parallelverfahren L 3 KA 149/06 gehandelt hat, ergibt sich auch aus dem Vergleich der Verzichtserklärungen der beiden in Alfeld ansässigen Kieferorthopädinnen, die auffällig gleichgerichtete Passagen enthalten: Die Betonung, sich zur Begründung des Verzichts verpflichtet zu fühlen, der Verweis auf die bisherige Freude am Beruf und das Verantwortungsgefühl gegenüber den Patienten, sodann darauf, dass infolge nachteiliger Rechtsänderungen in letzter Zeit die wirtschaftliche Basis für eine weitere vertragszahnärztliche Tätigkeit entfallen sei. Schließlich zeigt die auffällige Betonung in beiden Schreiben, dass es sich um eine "sehr individuelle persönliche Entscheidung" (Klägerin zu 1.) bzw. um eine "ganz persönliche und individuelle Entscheidung" (Klägerin zu 1. im Parallelverfahren) handele, dass hiermit eine Strategie vorbereitet worden ist, dem Eindruck der Teilnahme an einem abgestimmten Verhalten für den Fall eines Scheiterns des Kollektivverzichts entgegen zu wirken.
Schließlich rügt die Klägerin zu 1. auch zu Unrecht, der Beklagte habe bei der Anwendung des § 95 b Abs. 2 SGB V die Frage ihres Verschuldens nicht geprüft; denn auf ein Verschulden kommt es nicht an. § 95 b Abs. 2 SGB V ist keine disziplinarische Maßnahme (a.A. Hess in: Kasseler Kommentar, Stand: September 2007, § 95 b Rd.Nr. 4), sondern mit der Regelung in § 95 Abs. 6 SGB V zu vergleichen, wonach die Zulassung zu entziehen ist, wenn der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Dies zeigt die Anknüpfung an § 95 b Abs. 1 SGB V, wo ausdrücklich die Pflichtwidrigkeit der Teilnahme an einem kollektiven Verzicht festgestellt wird, sowie die Wahl einer 6-jährigen Frist, mit der bewusst der Zeitraum überschritten wird, den das BSG als angemessene "Bewährungszeit" nach einer Entziehung der Zulassung angesehen hat (Urteil vom 29. Oktober 1986 - 6 Rka 32/86 - [...]; vgl. hierzu auch Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Juli 2007, § 95 b Rdnr. 5). Für die Entziehung der Zulassung ist ein Verschulden jedoch nicht notwendig (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 9), vielmehr ist entscheidend, dass der K(Z)V bzw. den Krankenkassen wegen der Schwere der Pflichtverletzungen eine Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (BVerfG SozR 2200 § 368 a Nr. 12; BSG SozR 2200 § 368 a Nr. 24). Auch § 95 b Abs. 2 SGB V basiert dem- zufolge auf dem Gedanken, dass eine erneute Zulassung von Kollektivverzichtlern in den dort genannten Fällen den Übrigen an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung Beteiligten nicht mehr zumutbar ist (ebenso: Hencke a.a.O.).
2.
Infolge des Kollektivverzichts ist es weiterhin mit dem Bescheid des Beigeladenen zu 8. vom 03. Juni 2004 zur Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72 a Abs. 1 SGB V gekommen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung im Landkreis Hildesheim nicht mehr sichergestellt ist. § 95 b Abs. 2 SGB V setzt schon seinem Wortlaut nach allein den Erlass des Feststellungsbescheids nach § 72 a Abs. 1 SGB V voraus, der damit Tatbestandswirkung für die Zulassungsgremien entfaltet.
Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 03. Juni 2004 ist im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu prüfen. Der Senat bestätigt seine im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtschutzes vertretene anders lautende Auffassung (vgl. z.B. Beschluss vom 28. Juli 2005 - L 3 KA 70/05 ER - der Klägerin zu 1. gegenüber ergangen) nach eingehender Prüfung im Hauptsacheverfahren damit nicht. Grundlage dieser vorläufigen Auffassung war die Annahme, die den Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG tangierende Sanktion einer Wiederzulassungssperre sei nur dadurch zu rechtfertigen, dass es tatsächlich zu der in § 72 a Abs. 1 SGB V angeführten schweren Störung der (zahn)ärztlichen Versorgung der Versicherten gekommen ist. Hieran hält der Senat nicht fest. Er geht vielmehr davon aus, dass es - neben der damit beabsichtigten generalpräventiven Wirkung, vgl. unten - vor allem Zweck der Wiederzulassungssperre ist, das als Folge der Feststellung nach § 72 a Abs. 1 SGB V zu installierende alternative Versorgungssystem zu schützen, das nach dem Übergang des Sicherstellungsauftrags von den Kassen unter Heranziehung von anderen (Zahn)ärzten, Krankenhäusern oder sonstigen geeigneten Einrichtungen als Vertragspartner bzw. durch Eigeneinrichtungen nach § 140 Abs. 2 SGB V zu errichten ist (§ 72 a Abs. 3 SGB V). Auf diesen Gesichtspunkt haben die beigeladenen Kassen(verbände) zu Recht hingewiesen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 72 a SGB V (Begrd. des Gesundheits-Strukturgesetzes (GSG), BT-Drs. 12/3608 S. 83) verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, einer nach einem Kollektivverzicht zu befürchtenden Gefährdung der Versorgung der Versicherten entgegen zu wirken, indem möglichst schnell eine ausreichende Zahl von neuen Behandlern auf Dauer gewonnen wird. Als Anreiz hierfür hat er z.B. in § 72 a Abs. 4 SGB V zu deren Gunsten vorgesehen, dass die Krankenkassen bei der Aushandlung der Verträge einen weiten Verhandlungsspielraum haben (BT-Drs. a.a.O.). Die Übernahme der (zahn)ärztlichen Versorgung der Versicherten wird für die neuen Behandler in aller Regel aber mit dem Zwang zu erheblichen Investitionen verbunden sein, etwa für den Aufbau neuer Praxen oder zur Einstellung zusätzlicher Krankenhausärzte. Hierzu werden sich potenzielle Neubehandler nur bereit finden, wenn sie mit der Amortisation ihrer Kosten rechnen können. Dies wäre aber kaum der Fall, wenn sie in den ersten Jahren ihrer vertraglichen Tätigkeit jederzeit damit rechnen müssten, dass sich der Übergang des Sicherstellungsauftrags nachträglich als rechtswidrig erweist und deshalb die Kollektivverzichtler erneut zugelassen werden und den ihnen vertrauten Patientenstamm (zumindest teilweise) wieder übernehmen. Der Aufbau eines effektiven neuen Versorgungssystems kann deshalb nur gelingen, wenn die Neubehandler auf die Bestandskraft der erfolgten Feststellung nach § 72 a Abs. 1 SGB V vertrauen können. Dies schließt Wiederzulassungen vor Ablauf der 6-Jahresfrist auch dann aus, wenn die Feststellung in der Sache unrechtmäßig erfolgte, z.B. weil das Quorum von 50% der Vertrags(zahn)ärzte fehlerhaft errechnet worden ist. Ob den betroffenen Kollektivverzichtlern in einem derartigen Fall Entschädigungs- oder Ersatzansprüche zustehen, ist vorliegend nicht zu untersuchen.
Der Senat weist deshalb nur ergänzend darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 72 a Abs. 1 SGB V für den Landkreis H. auch erfüllt sind. Dabei ist das Ministerium zu Recht davon ausgegangen, dass unter dem dort genannten Begriff der "niedergelassenen Vertragsärzte" nur diejenigen Vertragsärzte bzw. Vertragszahnärzte zu verstehen sind, die den Versorgungsbedarf für ein bestimmtes (zahn)medizinisches Fachgebiet decken (Hencke a.a.O., § 72 a RdNr. 2; Hess a.a.O., § 72 a SGB V RdNr. 6; a.A. Klückmann a.a.O., § 72 a SGB V RdNr. 15). Angesichts der starken Spezialisierung und der berufsrechtlichen Begrenztheit der einzelnen Gebiete würde andernfalls der o.a. Zweck des § 72 a Abs, 1 SGB V nicht verwirklicht werden können. Insbesondere aus der dort erfolgten Nennung der "Zulassungsbezirke" oder der "regionalen Planungsbereiche" ergibt sich, dass § 72 a Abs. 1 SGB V insoweit an die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten der vertrags(zahn)ärztlichen Bedarfsplanung anknüpft. Diese sieht für den hier streitbefangenen Bereich kieferorthopädischer Behandlungen vor, dass der entsprechende Bedarf nur durch Fachzahnärzte für Kieferorthopädie und solche Zahnärzte gedeckt werden kann, die bereits an der kieferorthopädischen Versorgung teilhaben (Ziff. D. 1 und 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinien Zahnärzte). In Übereinstimmung hiermit hat das Ministerium allein auf die zugelassenen Fachzahnärzte für Kieferorthopädie und die sog. Kfo-Erklärer abgestellt und unberücksichtigt gelassen, dass nach deren Verzicht theoretisch auch Allgemeinzahnärzte mit der Durchführung kieferorthopädischer Behandlungen beginnen könnten.
Zutreffend hat das Ministerium auch festgestellt, dass die kieferorthopädische Versorgung im Landkreis H. als Folge des Zulassungsverzichts von 8 von 11 Fachzahnärzten nicht mehr sichergestellt ist. Dies ergibt sich ohne weiteres bereits dadurch, dass der Versorgungsgrad in diesem Planungsbereich auf nur noch 16,39% abgesunken ist. Dafür, dass das Ministerium die gesetzlich vorgesehene Anhörung der Kassen(verbände) bzw. der Klägerin zu 2. unterlassen bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat, liegen keine Anhaltspunkte vor; die Beachtung dieses Erfordernisses ist im Bescheid vom 03. Juni 2004 (S. 3) ausdrücklich angeführt worden.
3.
Die Regelung des § 95 b Abs. 2 SGB V steht schließlich auch mit dem GG in Übereinstimmung.
Insbesondere liegt keine Verletzung der Berufsfreiheit der betroffenen (Zahn)ärzte gemäß Artikel 12 Abs. 1 GG vor. Das Gesetz - zu dessen Erlass der Bundesgesetzgeber nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuständig war, weil zur dort genannten Sozialversicherung auch das sog. Leistungserbringerrecht gehört (BVerfGE 98, 265, 303) - beinhaltet nach der Stufenlehre des BVerfG eine Berufsausübungsregelung, die der Berufswahl nahe kommt. Denn die betroffenen (Zahn)ärzte werden hierdurch zwar nicht an der Ausübung ihres (Zahn)arztberufs gehindert, aber zeitweise von der Behandlung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, die im allgemeinen ca. 80 bis 90% der Bevölkerung ausmachen (BVerfGE 11, 30, 42ff. [BVerfG 23.03.1960 - 1 BvR 216/51]; BVerfG SozR 2200 § 368 a Nr. 12; BVerfG-Beschluss vom 20. März 2001 - 1 BvR 491/96). Derartige Eingriffe sind nur zur Sicherung besonders wichtiger Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt (BVerfGE 11, 30, 45) [BVerfG 23.03.1960 - 1 BvR 216/51].
Ziel des § 95 b Abs. 2 SGB V ist es zum einen, Vertrags(zahn)ärzte davon abzuhalten, im Rahmen einer kollektiven Aktion ihre Zulassungen zurückzugeben. Der Gesetzgeber hat u.a. den § 95 b SGB V mit dem GSG eingeführt, nachdem namentlich im Kreis der Vertragszahnärzte Bestrebungen laut geworden waren, mit einem Kollektivverzicht im Rahmen des "Korbmodells" eigene berufspolitische Vorstellungen durchzusetzen (vgl. Riege a.a.O.; Zipperer NZS 1993, 95, 99). Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass es Vertrags(zahn)ärzten auf diese Weise gelingt, die Funktionsfähigkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung in Frage zu stellen (vgl. BT-Drs. 12/3608 Seite 95). Dem dient - generalpräventiv - die Sanktion, dass (Zahn)ärzte, deren Kollektivverzicht sich besonders gravierend ausgewirkt hat (mit der Folge des § 72 a SGB V), eine zeitlich fühlbare Sperrzeit vor einer Wiederzulassung abzuwarten haben (zum Sanktionszweck vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Juni 2007 - B 6 KA 37/06 R, Rdnr. 21 - [...]). Zum anderen hat § 95 b Abs. 2 SGB V - wie bereits dargelegt - gemeinsam mit § 72 a SGB V den Sinn, im Falle eines gleichwohl eingetretenen Kollektivverzichts in hiervon besonders betroffenen Planungsbereichen möglichst schnell eine ausreichende (zahn)ärztliche Versorgung der Versicherten wiederherzustellen (Schinnenberg, MedR 2005, 26, 27). Hierzu dienen die in § 72 a SGB V vorgesehenen Instrumentarien - Übergang des Sicherstellungsauftrags, Einzelverträge der Kassen mit (Zahn)ärzten, Krankenhäusern etc. -, die durch einen gleichzeitigen Ausschluss der Kollektivverzichtler nach §§ 72 a Abs. 3 Satz 3, 95 Abs. 2 SGB V flankiert werden. Beide genannten Ziele dienen Schutz und Aufrechterhaltung einer funktionierenden und finanzierbaren gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Sicherung eines besonders wichtigen Gemeinguts (BVerfGE 70, 1, 30; 82, 209, 230) [BVerfG 12.06.1990 - 1 BvR 355/86].
Der mit § 95 b Abs. 2 SGB V geregelte Eingriff ist auch nicht unverhältnismäßig. Dass eine deutlich spürbare Wiederzulassungssperre zur Erreichung der erstrebten Abschreckungswirkung geeignet ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Die Geeignetheit ist aber auch für das Ziel der Wiederherstellung einer ausreichenden (zahn)ärztlichen Versorgung der Versicherten zu bejahen. Dies kann nicht damit bestritten werden, dass die verweigerte Wiederzulassung von Kollektivverzichtlern das System gerade behindere (so aber Schinnenberg a.a.O. Seite 27 f.). Abgesehen von dem bereits anführten notwendigen Schutz der Neubehandler nach § 72 a Abs. 3 SGB V konnte der Gesetzgeber - entsprechend der Wertung der "groben Pflichtverletzung" - davon ausgehen, dass die Kollektivverzichtler auf Grund der schwerwiegenden Pflichtwidrigkeit ihres Handels auf absehbare Zeit nicht mehr für die Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung geeignet sind und den Kassen eine Zusammenarbeit mit ihnen nicht zumutbar ist. So hat er in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. a.a.O. Seite 95) selbst auf die Gefahr verwiesen, dass ein zurückkehrender Arzt alsbald den Versuch unternehmen könnte, das System der vertragsärztlichen Versorgung auszuhöhlen.
Der genannte Eingriff ist auch erforderlich. Eine kürze Wiederzulassungssperre würde das Ziel verfehlen, die Vertrags(zahn)ärzte auf den besonderen Unwert ihres Handels hinzuweisen, der darin besteht, dass sie die Versorgung der Versicherten nach Maßgabe eines demokratisch legitimierten Normensystems insgesamt zu Fall bringen wollen. Dies geht über eine auf bloße individuelle Verfehlungen beruhende Ungeeignetheit einzelner Vertrags(zahn)ärzte hinaus, für die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. Oktober 1986 - 6 RKa 32/86 - [...]) regelmäßig eine "Bewährungszeit" von fünf Jahren angemessen ist. Eine derart lange Frist ist vor allem aber erforderlich, weil der Aufbau eines alternativen Versorgungssystems nach § 72 a SGB V regelmäßig einige Zeit in Anspruch nimmt und die Kollektivverzichtler die negativen Folgen der Wiederzulassungssperre deshalb anfangs weniger spüren dürften, weil sie bei (noch) bestehenden Versorgungslücken zur Behandlung der Versicherten nach Maßgabe der §§ 13 Abs. 3, 95 b Abs. 3 SGB V berechtigt bleiben (BSG, Urteil vom 27. Juli 2007 a.a.O.). Die Erforderlichkeit ist schließlich auch in Hinblick auf die Wiederherstellung eines ausreichenden (zahn)ärztlichen Versorgungssystems zu bejahen. Denn ohne einen weiträumigen Zeitraum, in dem Konkurrenz durch wiederkehrende Kollektivverzichtler nicht zu befürchten ist, wäre zweifelhaft ob sich eine ausreichende Zahl von Vertragspartnern nach § 72 a Abs. 3 SGB V bereit finden würde, eigene Praxen oder Behandlungskapazitäten aufzubauen. Der Gesichtspunkt der Planungssicherheit der Neubehandler schließt es auch aus, ein vorzeitiges Ende der Wiederzulassungssperre im Einzelfall, z.B. bei tätiger Reue oder bei sonstigem "Wohlverhalten" von Kollektivverzichtlern, vorzusehen (zum so genannten "Wohlverhalten" bei der Zulassungsentziehung nach § 95 Abs. 6 SGB V vgl. BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 12 m.w.N.) oder die Wiederzulassung von sonstigen individuellen Gesichtspunkten (etwa dem Ausmaß der Beteiligung an der Organisation des Kollektivverzichts) abhängig zu machen.
Schließlich steht die Beeinträchtigung der Grundrechtsträger auch nicht im Missverhältnis zu den damit verfolgten Zwecken. Der mehrjährige Ausschluss einer größeren Zahl von Vertrags(zahn)ärzten von der Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten wird allerdings in einer Vielzahl von Fällen dazu führen, dass deren Tätigkeit als niedergelassener (Zahn)arzt nicht weitergeführt werden kann. Die hierin liegende Grundrechtseinschränkung ist aber von geringerem Gewicht gegenüber der andernfalls drohenden Gefahr, dass die Versorgung der Versicherten nach Maßgabe der gesetzlichen und untergesetzlichen Regeln nicht fortgeführt werden kann. Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG darf nicht dazu missbraucht werden, dass niedergelassene Ärzte und Zahnärzte ihre medizinische Kompetenz und ihre daraus erwachsene gesellschaftliche Bedeutung dazu einsetzen, ihnen genehme Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen unter Missachtung der rechtlichen Regeln zu erzwingen, die der Staat auf rechtsstaatlich-demokratischer Grundlage für die Ausgestaltung des von ihm (über Beiträge) finanzierten Gesundheitswesens aufgestellt hat. Dies gilt umso mehr, als diese Regeln in ausreichender Zahl Mechanismen der Partizipation der Ärzte und Arztgruppen vorsehen - etwa über die Mitwirkung beim Abschluss von Gesamtverträgen (§§ 82, 83, 87 SGB V, einschließlich der Bewertungsmaßstäbe für die vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen, § 87 Abs. 1 SGB V) und von Honorarverteilungsverträgen (§ 85 Abs. 4 SGB V) - und die Rechtmäßigkeit entsprechender Regelungen auf Klage gerichtlich geklärt werden kann. Soweit teilweise (Schinnenberg a.a.O. S. 28) vertreten wird, es könnten "durchaus anerkennenswerte Motive" hinter einem Kollektivverzicht stehen, kann der Senat dem deshalb nicht folgen.
Der Grundrechtseingriff ist auch in Anbetracht dessen noch verhältnismäßig, dass den Kollektivverzichtlern nach der hier vertretenen Auslegung des § 95 b Abs. 2 SGB V eine Rückkehr vor Ablauf der 6-jährigen Sperrfrist selbst dann versagt bleibt, wenn die Feststellung nach § 72 a Abs. 1 SGB V zu Unrecht erfolgt ist. Wie bereits dargelegt, wäre ohne deren Tatbestandswirkung die Aufrechterhaltung einer funktionierenden und finanzierbaren gesetzlichen Krankenversicherung nicht erreichbar. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich auch die Neubehandler auf den Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG berufen können, und zwar vorrangig gegenüber den Kollektivverzichtlern, die sich an ihrer rechtswidrigen Verzichtserklärung festhalten lassen müsen (BT-Drs. a.a.O. S. 95). Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG vermittelt in diesem Zusammenhang ebenfalls keinen Anspruch auf Überprüfung der Voraussetzungen des § 72 a SGB V, weil es subjektive Rechte voraussetzt und nicht begründet (Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 19 RdNr. 36).
§ 95 b Abs. 2 SGB V verletzt auch nicht das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit (a.A. Schinnenberg a.a.O., S. 27). Denn Art. 9 Abs. 1 GG schützt nur die innere Vereinsbetätigung und den den Verein sichernden Außenkontakt der Mitglieder in Form von Mitgliederwerbung und Selbstdarstellung, nicht aber die Außenbetätigung zur Erreichung vereinigungsspezifischer Ziele (BVerfGE 84, 372, 378 [BVerfG 09.10.1991 - 1 BvR 397/87]; Höfling in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 9 Rd.Nr. 18). Diese könnte zwar der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG unterfallen, auf die sich grundsätzlich alle Menschen in ihrer Eigenschaft als Angehörige eines Berufs berufen können (Höfling a.a.O., Rd.Nr. 111). Art. 9 Abs. 3 GG räumt den geschützten Personen und Vereinigungen aber nicht mit Verfassungsrang einen inhaltlich unbegrenzten und unbegrenzbaren Handlungsspielraum ein (BVerfGE 38, 386, 393 [BVerfG 19.02.1975 - 1 BvR 418/71]; 50, 290, 368). Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, die Tragweite der Koalitionsfreiheit zu bestimmen, wobei er nur solche Schranken ziehen darf, die zum Schutz anderer Rechtsgüter von der Sache her geboten sind (BVerfGE 50, 290, 369). Dies hat der Gesetzgeber aber beachtet, wenn er in § 95 b Abs. 1 SGB V den Kollektivverzicht von Vertrags(zahn)ärzten als pflichtwidrig erklärt und (u.a.) durch § 95 b Abs. 2 SGB V sanktioniert hat. Denn damit schützt er die letztlich im Sozialstaatsgebot wurzelnde finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung.
Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG kommt von vornherein nicht in Betracht, weil sich Regelungen über die Entziehung oder Nichtwiedererteilung der Zulassung nur auf die berufliche Betätigung und nicht auf deren Ergebnis beziehen (BVerfG SozR 3-2500 § 95 Nr. 17).
Schließlich verletzt § 95 b Abs. 2 SGB V auch nicht damit das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), dass die Vorschrift die zwingende 6-jährige Wiederzulassungssperre nur für solche Kollektivverzichtler vorsieht, die in einem Bezirk zugelassen waren, in denen mehr als 50% der jeweiligen (Zahn)arztgruppe auf ihre Zulassung verzichtet haben. Dies könnte zwar u.U. zur Konsequenz haben, dass die in einem nicht gesperrten Bezirk zugelassenen "Anführer" eines Kollektivverzichts nach dessen Scheitern sofort wieder zugelassen werden können, während bloße "Mitläufer" in einem gesperrten Bereich mehrere Jahre hierauf warten müssen. Eine derart unterschiedliche Behandlung ist jedoch schon nicht unmittelbare Folge des § 95 b Abs. 2 SGB V, sondern allenfalls der Anwendung zulassungsrechtlicher Vorschriften durch die Zulassungsgremien im Einzelfall. Denn die Zulassungsgremien könnten auch den Wiederzulassungsantrag eines "Anführers" ablehnen, wenn sie zum Ergebnis kommen, dass dessen vorangegangenes Verhalten ihn persönlich für die Ausübung einer Kassenpraxis ungeeignet sein lässt (§ 21 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte bzw. Vertragszahnärzte; vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, 5. Aufl., Rd.Nrn. 589, 600). Jedenfalls aber rechtfertigt sich die zwingende Wiederzulassungssperre nach § 95 b Abs. 2 SGB V aus dem bereits angeführten Gesichtspunkt, dass sich das in § 72 a vorgesehene alternative Versorgungssystem für Gebiete mit mehr als 50% Kollektivverzichtlern nur installieren lässt, wenn die neuen Vertragsbehandler nach § 72 a Abs. 3 SGB V darauf vertrauen können, auf absehbare Zeit ohne die Konkurrenz wiederkehrender (Zahn)ärzte zu bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus der Anwendung der §§ 197 a Abs. 1 S. 1 SGG, 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und folgt Ziff. C.IX.16.4 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit (NZS 2007, 472, 481), wobei der Senat den vorliegenden Antrag auf Wiederzulassung wie einen solchen auf Erstzulassung behandelt hat.