Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.08.2010, Az.: 15 K 342/09
Möglichkeit der Berücksichtigung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb; Bestimmung der Höhe eines angefallenen Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 31.08.2010
- Aktenzeichen
- 15 K 342/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 35513
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:0831.15K342.09.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 25.05.2011 - AZ: IX R 54/10
Rechtsgrundlagen
- § 3c Abs. 2 S. 1 EStG
- § 3 Nr. 40 EStG
- § 17 Abs. 1 EStG
- § 11 Abs. 2 FGO
Fundstelle
- Jurion-Abstract 2010, 228895 (Zusammenfassung)
Einkommensteuer 2002
Der Abzug von Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 EStG ist nach § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG auch dann begrenzt, wenn nur ein Veräußerungspreis von 1 EUR für den Erwerb der Beteiligung vereinbart worden ist.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines im Streitjahr 2002 angefallenen Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb.
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erwarb am xxx 1993 einen Anteil in Höhe von 375.000 DM an der H-GmbH GmbH (HHG), deren Stammkapital zu diesem Zeitpunkt 7.500.000 DM betrug. Der Kaufpreis für den Erwerb der Beteiligung betrug 500.000 DM. Der Kläger finanzierte den Kaufpreis mit zwei Darlehen des Bankhauses N über 260.000 DM (DarlehensNr. xxx) und 140.000 DM (DarlehensNr. xxx) zu einem Zinssatz von 7,5 v. H. bzw. 7,4 v. H. Als Laufzeit der Darlehen war der xxx 2000 bestimmt. Den Rest des Kaufpreises von 100.000 DM finanzierte der Kläger aus Eigenmitteln. Das Darlehen über den Betrag von 260.000 DM wurde durch einen neuen Darlehensvertrag vom xxx 1998 mit dem damaligen Valutastand von 177.870 DM - Zinssatz 5,375% - (DarlehensNr. xxx) umfinanziert. Beide Darlehen wurden nach den Feststellungen des Beklagten im Jahr 1999 getilgt.
Die HHG erwarb mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 1992 sämtliche Anteile an der H-Maschinenfabrik GmbH & Co. KG (H-KG) zum Preis von 78.022.100 DM und an der H-Maschinenfabrik GmbH zum Preis von 60.000 DM. Unternehmensgegenstand der H-KG war die Entwicklung und Herstellung technischer Anlagen für Schaustellereibetriebe und Freizeitparks. Die Begleichung der Kaufpreise erfolgte durch Bankkredite und durch Kredit der damaligen Gesellschafter der HHG, zu denen der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht gehörte.
Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der H-KG, nicht jedoch Geschäftsführer der HHG.
Mit notariellem Vertrag vom xxx 1996 veräußerten alle Gesellschafter der HHG, auch der Kläger, ihre Anteile an der HHG, deren Nennwert insgesamt 7,5 Mio. DM betrug, zu einem Anteil von 7.498.400 DM an die "D"-GmbH (D-GmbH) und zu einem Anteil von 1.600 DM an die "D"-2. Gesellschaft mbH (2. D-GmbH). Der Verkaufspreis betrug 68 Mio. DM.
Zu den Gesellschaftern der D-GmbH, deren Stammkapital durch Gesellschafterbeschluss vom xxx 1996 auf 8 Mio. DM erhöht wurde, gehörte auch der Kläger, der mit Übernahmeerklärung vom xxx 1996 eine Stammeinlage von 7,5 v. H. am Stammkapital, d.h. 600.000 DM, übernahm. Der Kläger sollte ursprünglich seine Einlageverpflichtung in bar erfüllen, tatsächlich erfolgte die Erfüllung der Einlageverpflichtung nach einer Aufstellung der 2. D GmbH jedoch wohl mit einer Verrechnung seines anteiligen Anspruchs (Gesamtanspruch des Klägers 1.776.362,65 DM) auf Kaufpreiszahlung.
Sodann gewährte der Kläger der D-GmbH ein Darlehen in Höhe von 375.000 DM. Die Auszahlung dieses Darlehens an die D-GmbH erfolgte ebenfalls durch Verrechnung mit seinem anteiligen Kaufpreisanspruch aus der Veräußerung seiner Anteile an der HHG. Der vereinbarte Zinssatz betrug 7 v. H. pro Jahr. Der Kläger als Darlehensgeber konnte nach der Vereinbarung in § 2 des Darlehensvertrages eine Auszahlung der Zinsen jedoch nur dann beanspruchen, wenn die kreditgebenden Banken und Mezzaninedarlehensgeber der Darlehensnehmerin Achtzehnte D-GmbH der Auszahlung der Zinsen zuvor jeweils ausdrücklich zugestimmt hatten. Der Kläger war zur Kündigung dieses Darlehens frühestens am 30. April 2003 berechtigt. Es war ein Rangrücktritt hinter die Darlehensgeber Banken und Mezzaninedarlehensgeber vereinbart.
Die entsprechenden Vertragsbestimmungen in § 9 Abs. 1 und 2 hatten folgenden Wortlaut:
"Der Darlehensgeber tritt mit der Darlehensforderung und allen daran haftenden Rechten hinter alle Ansprüche zurück, die Banken und Mezzaninedarlehensgeber aus welchem Rechtsgrund auch immer gegenwärtig zustehen oder in Zukunft noch erwachsen.
Der Darlehensgeber kann keine Zahlungen auf die Darlehensforderung verlangen, soweit und so lange die teilweise oder vollständige Befriedigung der Darlehensforderung zu einer Überschuldung der Darlehensnehmerin im Sinne von § 63 Abs. 1 GmbHG führt."
Tatsächlich zahlte die D-GmbH als Darlehensnehmerin an den Kläger keine Zinsen; die rückständigen Zinsen erhöhten die Darlehenssumme.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 3. Juli 1996 wurde der Name der D-GmbH in H-Holding Beteiligungs-GmbH (HHBG) geändert.
In der Folgezeit trat bei der HHBG, die zum xxx 1996 noch einen Gewinn von 8.852.000 DM erzielt hatte, wegen technischer Neuentwicklungen und konjunktureller Schwächen im Bereich technischer Großanlagen für Schaustellereibetriebe ein größerer Kapitalbedarf auf, um die H-KG als eines der Tochterunternehmen zu unterstützen. Andere Gesellschafter der D-GmbH, nämlich die S1992 LP 1, LP 2 und LP 3, die mit insgesamt 5.990.000 DM an der D- GmbH beteiligt waren, hatten dieser jeweils ein Darlehen - Darlehenssumme der Darlehensgeber insgesamt 4.500.000 DM - gewährt. Die Darlehen waren mit 6 v. H. pro Jahr zu verzinsen, die Auszahlung der Zinsen sollte jeweils nachschüssig zum 30. April eines jeden Jahres erfolgen, wobei die Darlehensgeberinnen eine Zinszahlung nur beanspruchen konnten, wenn die kreditgebenden Banken und Mezzaninedarlehensgeber der Auszahlung der Zinsen ausdrücklich zustimmten. Die S LP 1 - 3 verkauften mit Vertrag vom xxx 1998 die Darlehen von 4.500.000 DM an verschiedene Erwerber, wobei jeweils ein Teil des Darlehensanspruches zum Nominalwert abgetreten wurde. Der Kläger übernahm von der S LP 1 einen Darlehensanspruch von 63.054 DM, von der S LP 2 von 126.546 DM und von der S LP 3 in Höhe von 147.900 DM, insgesamt 337.500 DM. Im Übrigen trat der Kläger in die ursprünglichen Darlehensvereinbarungen ein, die tatsächlich zur Folge hatten, dass Zinsen auf die gewährten Darlehen von der Darlehensnehmerin HHBG an ihn nicht geleistet wurden.
In der Folgezeit trat, veranlasst durch die Mehrheit der anderen Gesellschafter, bei der HHBG ein Managementwechsel verbunden mit einer Änderung der Geschäftspolitik ein. Der Kläger, der in der Geschäftsführung der HHBG nicht vertreten war, schied deshalb zum 30. April 1999 aus der Geschäftsführung der H-KG, deren Anteile die HHBG hielt, aus.
Schließlich veräußerte der Kläger sowohl seinen Anteil der HHBG von 600.000 DM als auch die Darlehen, die er der HHBG mit Vertrag vom xxx 1996 in Höhe von 375.000 DM und nach Abtretung im Jahr 1998 in Höhe von weiteren 337.500 DM gewährt hatte, an die GL-GmbH mit Vertrag vom 13. Juni 2002 zum Preis von jeweils 1 EUR.
Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr berücksichtigte der Beklagte nach der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der HHBG durch den Kläger im Einkommensteuerbescheid 2002 antragsgemäß einen Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 335.995 EUR, den der Kläger wie folgt ermittelt hatte:
Anschaffungskosten:
Beteiligung (7,5 v. H.) | 600.000,00 DM | 306.775,13 EUR - | 306.775,13 EUR | |
---|---|---|---|---|
Darlehen nominal | 375.000,00 DM | - | 191.734,46 EUR | |
Darlehen nominal | 63.054,00 DM | - | 32.239,00 EUR | |
Darlehen nominal | 147.900,00 DM | - | 75.620,10 EUR | |
Darlehen nominal | 126.546,00 DM | - | 64.701,94 EUR | |
712.500,00 DM | - | 364.295,50 EUR - | 364.295,50 EUR | |
Anschaffungskosten | - 671.070,63 EUR |
Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung | - 922,20 EUR |
---|---|
Veräußerungserlös Beteiligung | 1,00 EUR |
Veräußerungserlös Darlehen | 1,00 EUR |
Veräußerungsverlust | - 671.990,83 EUR |
davon steuerpflichtig gemäß Halbeinkünfteverfahren | - 335.995,42 EUR |
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 vom xxx 2003 legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, mit dem sie die Berücksichtigung von Darlehenszinsen für die zur Refinanzierung des Erwerbs der Darlehen für die HHBG in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen begehrten.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens teilte der Beklagte den Klägern mit Schriftsatz vom xxx 2005 mit, dass er beabsichtige, den angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2002 wegen einer Minderung des Veräußerungsverlustes zu verbösern. Im Einzelnen führte der Beklagte hierzu aus:
Der in 2002 bisher bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigte Veräußerungsverlust von 335.995 EUR sei hinsichtlich der vom Kläger an die HHBG gewährten Darlehen von 364.295,50 EUR (ehemals 712.500 DM) zu kürzen. Ebenso seien die bisher berücksichtigten Kosten der Anteilsveräußerungskosten von 922,20 EUR entsprechend um 500,57 EUR zu kürzen. Diese Kürzung beruhe darauf, dass diese vom Kläger gewährten Darlehen aufgrund der gesetzlichen Vorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbH-Gesetz (GmbHG) nicht als eigenkapitalersetzende Darlehen anzusehen seien. Denn die Regeln für den Eigenkapitalersatz gälten nicht für nicht geschäftsführende Gesellschafter, die mit 10 v. H. oder weniger am Stammkapital einer GmbH beteiligt seien. Der Kläger sei weder Geschäftsführer der HHBG noch sei er zumindest 10 v. H. an der HHBG beteiligt gewesen. Vielmehr habe seine Beteiligung nur 7,5 v. H. betragen. Der Veräußerungsverlust sei deshalb wie folgt zu ermitteln:
Verlust lt. Steuererklärung | 671.990,83 EUR |
---|---|
./. Darlehenserlös | 1,00 EUR |
+ Anschaffungskosten Darlehen | 364.295,50 EUR |
+ anteilige Steuerberatungskosten | 500,57 EUR |
Verlust neu | - 307.195,76 EUR |
Berücksichtigungsfähig nach dem Halbeinkünfteverfahren | - 153.598,00 EUR |
Der Beklagte erteilte am xxx 2006 für 1998 und 1999 Einspruchsbescheide, in denen er die Einkommensteuer in der Weise heraufsetzte, dass er für 1998 nur noch Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 3.991 DM statt bisher 18.141 DM und für 1999 nur noch Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 3.700 DM statt bisher 16.818 DM berücksichtigte.
Der Beklagte erteilte am xxx 2006 einen Einspruchsbescheid, in dem er die Einkommensteuer für 2002 heraufsetzte, weil der Veräußerungsverlust aus Gewerbebetrieb von ursprünglich 335.998 EUR auf den Betrag von 153.598 EUR verringert wurde.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger hinsichtlich des Streitjahres 2002 ihr Begehren weiter. Zur Begründung tragen sie Folgendes vor:
Hinsichtlich der Ermittlung des Veräußerungsverlustes gehe die Auffassung des Beklagten fehl, die mitveräußerten Darlehen nicht mit in die Berechnung des Verlustes mit einzubeziehen. Die neben der Veräußerung des Gesellschaftsanteils an der HHBG gewährten Darlehen von 375.000 DM und 337.500 DM an die GL-GmbH seien gesellschaftlich veranlasst gewesen. Ein Darlehen sei dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn es Kapital ersetzend sei. Dies gelte insbesondere für sog. krisenbestimmte Darlehen, die von vornherein einen vertraglichen Rangrücktritt vorsähen. Ein solcher Rangrücktritt sei auch für die hier zur Beurteilung anstehenden Darlehen vereinbart gewesen. Zwar sei in der Vertragsbestimmung des § 9 Abs. 1 der Kreis der begünstigten Gläubiger begrenzt gewesen, jedoch genüge dies im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 79/06, BStBl. II 2009, 227) und des Finanzgerichts München (Urteil vom 4. Oktober 2006 1 K 893/06). Diese Konsequenz müsse gerade auch deshalb gezogen werden, weil die GL-GmbH mit der HHBG am 25. April 2003 eine neue Rangrücktrittsvereinbarung geschlossen hätten, die sich auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen und Ansprüche dritter Gläubiger gegen die HHBG erstrecke Diese Rangrücktrittsvereinbarung sei geschlossen worden, weil die bisherigen Regelungen nach Meinung der Vertragsparteien nicht mehr den Anforderungen des Bundesgerichtshofs genügt hätten. Sie sei rückwirkend in Kraft gesetzt worden.
Krisenbestimmte Darlehen seien auch dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn für das Darlehen zivilrechtliche Eigenkapitalersatzregelungen im Einzelfall nicht eingriffen. Eine Beziehung zwischen der zivilrechtlichen Vorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG und der Ermittlung des Veräußerungsverlustes i.S.d. § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) bestehe nicht. Die Regelung des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG diene ausschließlich dem Gläubigerschutz. Die Anschaffungskosten einer Kapitalbeteiligung hingegen würden ermittelt, um einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG unter Berücksichtigung des Nettoprinzips zu berechnen. Die Anwendung des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG würde das zivilrechtliche Kleingesellschafter-Privileg im Rahmen der steuerrechtlichen Gewinnermittlung in eine Kleingesellschafter-Benachteiligung verkehren.
Abgesehen davon sei die Vorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG erst durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) vom 20. April 1998 in das GmbHG eingefügt worden und am 24. April 1998 in Kraft getreten. Für die Zeit davor, also auch für das Jahr 1996, in dem der Kläger das Darlehen gewährte, habe es keine Beteiligungsschwelle gegeben, nach der ein Gesellschafterdarlehen nicht als eigenkapitalersetzend hätte angesehen werden können. Vielmehr seien alle krisenbestimmten Darlehen von Gesellschaftern stets als kapitalersetzende zu behandeln gewesen. Eine Übergangsregelung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Dem Gesetz sei keine Grundlage für den Eingriff in eine bestehende Rechtsposition zu entnehmen. Auch der BFH habe § 32 Abs. 3 GmbHG im Steuerrecht keine Bedeutung zugemessen (Urteil vom 19. August 2008 IX R 63/05, BStBl. II 2009, 5).
Hinsichtlich der von der S LP 1-3 erworbenen Darlehen in Höhe von insgesamt 337.500 DM mit Vertrag vom xxx 1998 gelte, dass diese Darlehen im Zeitpunkt ihrer ursprünglichen Gewährung durch die ursprünglichen Darlehensgeber S LP 1-3 kapitalersetzend gewesen seien, denn diese Gesellschafter seien jeweils zu mehr als 10 v. H. an der HHBG beteiligt gewesen. Durch die Abtretung von Darlehensansprüchen nach erfolgter Verstrickung eines Darlehens als kapitalersetzend ändere sich dieser Charakter nicht. Ein bereits bestehender kapitalersetzender Charakter einer Forderung wirke auch zu Lasten des unbeteiligten Zessionars.
Aus alle dem folge, dass die Gesellschafterdarlehen in vollem Umfang als Anschaffungskosten vom erzielten Veräußerungspreis abzuziehen und deshalb verlusterhöhend gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen seien.
Erstmals im Klageverfahren begehren die Kläger darüber hinaus die Berücksichtigung des geltend gemachten Veräußerungsverlustes ohne Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens. Der Kläger habe aus seiner Beteiligung keine Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt. Der vereinbarte Kaufpreis von 1 EUR sei lediglich als fiktiver Erinnerungswert zu bewerten und habe deshalb keinen konkreten Wert und schon gar keine Gegenleistung der Erwerberin beinhaltet. Im Übrigen sei der vereinbarte Kaufpreis zu keinem Zeitpunkt tatsächlich geleistet worden, mittlerweile sei der schuldrechtliche Anspruch des Klägers verjährt.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2002 vom xxx 2003 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2006 zu ändern und die festgesetzte Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 1 EStG in Höhe von 671.990,83 EUR zu mindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsansicht fest.
Entgegen der Auffassung der Kläger finde § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG auch im Steuerrecht Anwendung. Nur wenn Darlehen ein gesellschaftsrechtliches Haftungsrisiko zum Inhalt hätten, seien diese Darlehen auch als nachträgliche Anschaffungskosten für die Beteiligung eines Gesellschafters zu qualifizieren. Auch das Steuerrecht knüpfe an das gesetzliche Haftungsrisiko an.
Abgesehen davon erfordere die Qualifikation eines Darlehens als eigenkapitalersetzendes Darlehen, dass das Darlehen in der Krise der GmbH eingeräumt oder in der Krise stehen gelassen worden sei. Auch von vornherein krisenbestimmte Darlehen seien als eigenkapitalersetzend anzusehen. Eine Rangrücktrittserklärung allein qualifiziere ein Darlehen nicht als krisenbestimmt, wenn dadurch nicht die Kündigungsmöglichkeit beseitigt werde. Die Darlehensverträge vom 23. April 1996 und vom 29. April 1998 hätten in den §§ 3 und 7 Möglichkeiten zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung eröffnet, so z.B. im Falle der Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens. Der in § 9 gleichlautend vereinbarte Rangrücktritt gelte nach Tz. 9.1 für die Banken und Mezzaninedarlehensgeber, nicht jedoch für alle Gläubiger der GmbH. In Tz. 9.2 des § 9 der Darlehensverträge sei lediglich ein Aufschub der Zahlungsverpflichtung der GmbH nach erfolgter Kündigung vereinbart.
Die D-GmbH und die am xxx 1996 in die HHBG umfirmierte GmbH habe sich weder im Zeitpunkt der Begründung des Darlehens von 375.000 DM im Januar 1996 noch im Zeitpunkt der Abtretung der drei weiteren Darlehen am xxx 1998 in Überschuldung befunden; Zahlungsunfähigkeit habe nicht bestanden. Die Darlehen seien deshalb nicht als eigenkapitalersetzend mit der Folge anzusehen, dass der Veräußerungsverlust des Jahres 2002 zu erhöhen sei.
Der Veräußerungsverlust des Klägers unterliege schließlich dem Halbeinkünfteverfahren des § 3 c Abs. 2 EStG, weil ein zwar geringer, aber dennoch relevanter Veräußerungspreis gezahlt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom xxx 2003 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 12. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Der von den Klägern geltend gemachte Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 1 EStG ist nicht um die Anschaffungskosten für Darlehen in Höhe von 364.295 EUR (ehemals 712.500 DM) zu erhöhen. Der Beklagte hat die Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung im Schätzwege sachgerecht um den Betrag gekürzt, der auf die Veräußerung der Darlehen entfiel, wobei das Verhältnis der Anschaffungskosten für die Beteiligung und die Darlehen als Schätzungsmaßstab nach § 162 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) einen sachgerechten Maßstab bildet. Der zu berücksichtigende Veräußerungsverlust ist nach § 3 c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte steuermindernd anzusetzen.
Zu den geltend gemachten Anschaffungskosten bei der Anteilsveräußerung:
Der von den Klägern geltend gemachte Veräußerungsverlust gemäß § 17 Abs. 1 EStG ist nicht um die Anschaffungskosten für Darlehen von 364.295,50 DM (ehemals 712.500 DM) zu erhöhen.
Nach § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zumindest 1 v. H. beteiligt war. Dabei werden nach § 17 Abs. 1 EStG nicht nur Gewinne erfasst, sondern auch Verluste, die ein wesentlich beteiligter Gesellschafter bei der Veräußerung von Anteilen erzielt. Veräußerungsgewinn i.S.d. Abs. 1 ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Zu den Anschaffungskosten einer wesentlichen Beteiligung gehören auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind, so etwa die Wertminderung des Rückzahlungsanspruchs aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen. Die Rechtsprechung des BFH hat dies - im Anschluss an die zu kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - hinsichtlich des Umqualifizierungsgrundes der Kreditunwürdigkeit danach beurteilt, ob die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten noch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BStBl II 1999, 339 mit umfänglichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird.
Auf die Prüfung, wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern zu erkennen gegeben hat, dass er das Darlehen auch in der Krise stehen lassen werde. Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das bei ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im allgemeinen nicht bereit. Dementsprechend gehen BFH und BGH davon aus, dass Darlehen oder andere Finanzierungsmaßnahmen stets als kapitalersetzend anzusehen sind, wenn sie von vornherein auch als Krisenfinanzierung angelegt sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1992 II ZR 168/91, Der Betrieb - DB - 1992, 981; BFH, Urteil vom 24. April 1997 VIII R 16/94 a.a.O.). Zu den stets als kapitalersetzend anzusehenden Finanzierungsmaßnahmen zählen z.B. die Gewährung einer Bürgschaft für den Fall einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft, ein Garantieversprechen oder ein Erklärung der Gesellschafter, dass die Darlehensforderung im Range hinter die Forderungen der übrigen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten solle.
a)
Für den vorliegenden Fall kann das Gericht nicht feststellen, dass die vom Kläger der zunächst als D-GmbH firmierenden Gesellschaft im xxx 1996 gewährten Darlehen in Höhe von 375.000 DM und die im Wege der Abtretung mit Vertrag vom xxx 1998 erworbenen Darlehen über den Betrag von insgesamt 337.500 DM bereits deshalb als krisenbestimmte Darlehen zu bewerten sind, weil für diese Darlehen zu Lasten des Klägers als Darlehensgeber ein Rangrücktritt in den Darlehensverträgen vereinbart war.
Die Vereinbarung eines Rangrücktritts führt nur dann zur Annahme eines krisenbestimmten Darlehens, das geeignet ist, die Anschaffungskosten für die Beteiligung zu erhöhen, wenn der Rangrücktritt allen Gläubigern gegenüber wirksam ist (ausdrücklich Urteil des BFH vom 16. April 1991 VIII R 100/87, BStBl II 1992, 234; vom 13. Juli 1999 VIII R 31/98, BStBl II 1999, 724; Pyszka, DStR-Fachliteratur-Auswertung: Bilanzen und Gewinnermittlung in Deutsches Steuerrecht - DStR - 1998, 1161, 1162).
Im vorliegenden Fall waren die in den Darlehensverträgen enthaltenen Vereinbarungen zum Rangrücktritt so ausgestaltet, dass der Kläger "mit der Darlehensforderung und allen daran haftenden Rechten hinter alle Ansprüche zurücktritt, die Banken und Mezzaninedarlehensgebern aus welchem Rechtsgrund auch immer gegenwärtig zustehen oder in Zukunft noch erwachsen" (Bl. 68 Einspruchsakte Band I und jeweils § 9 ursprüngliche Darlehensverträge der S LP 1-3 mit der HHBG Bl. 21 Einkommensteuerakte 1998). Danach liegt nur ein Rangrücktritt vor, der gegenüber einem bestimmten Gläubigerkreis Wirkung entfalten sollte, nicht jedoch gegenüber allen Gläubigern. Dies reicht nach der Rechtsprechung für die Zuordnung als von vornherein krisenbestimmtes Darlehen nicht aus.
Entgegen der Auffassung der Kläger folgt aus dem Urteil des BFH vom 22. Juli 2008 IX R 79/06, BStBl. II 2009, 227 keine Abkehr von dem Erfordernis eines Rangrücktritts für alle Gläubiger als Merkmal eines krisenbestimmten Darlehens. In dieser Entscheidung hat der BFH eine Rangrücktrittvereinbarung zugunsten aller Gläubiger aus einer bankmäßigen Geschäftsverbindung im Zusammenwirken mit den Tatsachen der Vermögenslosigkeit und Überschuldung der GmbH als Darlehensnehmerin als Beweisindiz für einen endgültigen Ausfall des hingegebenen Darlehens gewertet, weil der Darlehensgeber dann davon ausgehen muss, mit seiner Rückzahlungsforderung endgültig auszufallen. Mit dieser Entscheidung hat der BFH nur zu der Frage Stellung genommen, in welchem Moment nachträgliche Anschaffungskosten für ein hingegebenes eigenkapitalersetzendes Darlehen wegen des endgültigen Ausfalls entstanden sind, ohne sich aber mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und ab welchem Zeitpunkt ein solches kapitalersetzendes Darlehen anzunehmen ist. Im Übrigen hätte der IX. Senat des BFH - wenn er denn von der eingangs zitierten Rechtsprechung des VIII. Senats bei der Festlegung der Kriterien des krisenbestimmten Darlehens hätte abweichen wollen - nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - diese Abweichung mit dem VIII. Senat erörtern und ggf. nach § 11 Abs. 2 FGO den Großen Senat anrufen müssen. In dem von den Klägern zitierten Urteil finden sich hierzu keine Ausführungen. Die von ihnen vertretene Interpretation des Urteils erweist sich somit zu weitgehend.
Soweit die Kläger weiterhin zur Begründung ihrer abweichenden Rechtsansicht auf die zwischen der GL-GmbH und der HHBG am 25. April 2003 geschlossene vollständige Rankrücktrittsvereinbarung abstellen, können sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Vereinbarung nicht rückwirkend galt und auch für den Kläger keine verbindliche Wirkung haben konnte.
b)
Für die gewährten Darlehen sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, dass diese im Zeitpunkt ihrer Hingabe im xxx 1996 und xxx 1998 als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen wären, weil die Gesellschaft entweder konkursreif war oder die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten war, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft gefährdet erschien.
Im Jahresabschluss 1996 wies die damals noch als D-GmbH firmierende HHBG noch einen Gewinn von 8.852.000 DM aus. Für das Jahr 1998 liegt kein Jahresabschluss in den Steuerakten vor. Die Kläger selbst haben aber auch nicht vorgetragen, dass im Zeitpunkt des Erwerbs durch Abtretung der Darlehen in Höhe von 337.500 DM die Situation der Darlehensnehmerin in irgendeiner Weise gefährdet erschienen wäre.
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist auch nicht dadurch begründet, dass davon auszugehen wäre, dass der Kläger die Darlehen als Gesellschafter in der Krise stehen gelassen habe, obwohl der sie hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar gewesen wäre, dass die Rückzahlung gefährdet sein werde.
Zum einen haben die Kläger nichts dazu vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt bis zur Veräußerung der Beteiligung am xxx 2002 eine Krise in Gestalt von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre. Zum anderen lässt sich aus dem bei den Steuerakten befindlichen Jahresabschluss der HHBG auf den 30. April 2002 (Bl. 188 bis 201 Einspruchsakte Band II) entnehmen, dass die Situation der HHBG sich zwar deutlich verschlechtert hatte, jedoch nicht einer Weise, dass von einer Zahlungsunfähigkeit und Konkursreife auszugehen war. Zwar verfügte die HHBG nach ihrer Bilanz auf den xxx 2002 nur noch über ein Anlage- und Umlaufvermögen von etwa 31.790.544 DM. Diesem standen Verbindlichkeiten von insgesamt ca. 62.953.000 DM gegenüber. Es war ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag - kumuliert aus Vorjahren - von 34.372.835 DM aufgelaufen. Im Bilanzbericht ist deshalb darauf hingewiesen, dass die HHBG zum Bilanzstichtag bilanziell überschuldet gewesen sei. Des Weiteren wird aber darauf hingewiesen, dass bei Banken Tilgungsaussetzungen erreicht worden seien und Restrukturierungsmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen worden seien.
Zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens:
Nach § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr 2002 maßgebenden Fassung sind die Betriebsvermögensminderungen und Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen oder mit Vergütungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur zur Hälfte steuermindernd zu berücksichtigen. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220 hierzu entschieden, dass der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsver-mögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat (so auch BFH, Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399).
Dabei hat das Gericht hervorgehoben, dass nach § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG und § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG allein darauf abzustellen ist, ob Einnahmen oder Betriebsver-mögensmehrungen anfallen. Diese Situation sei dann gegeben und§ 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG einschlägig, wenn ein Veräußerungspreis gezahlt werde, nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 3 c Abs. 2 EStG aber nicht, wenn keinerlei Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG angefallen sind (so jüngst BFH, Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFH/NV 2010, 1068).
Im Streitfall hat der Kläger als Kaufpreis für seine Kapitalbeteiligung einen Betrag von 1 EUR vereinbart. Dieser vereinbarte Veräußerungspreis ist im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich im Moment des Entstehens der Forderung beim Kläger als Betriebsvermögensmehrung zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob er ihm zu diesem Zeitpunkt tatsächlich zufließt (BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897, 902 m.w.N.).
Die Berücksichtigung dieses Veräußerungspreises scheidet nicht aus, obwohl die Kläger im Klageverfahren vorgetragen haben, der Erwerber habe die vereinbarte Summe tatsächlich nicht entrichtet und mittlerweile sei sie verjährt. Zwar hat der BFH entschieden, dass der spätere Ausfall einer Kaufpreisforderung für eine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 EStG ein rückwirkendes Ereignis darstellt, das auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück wirkt. Dies gilt für die nachträgliche Uneinbringlichkeit oder eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises ebenso wie für die Fälle einer nachträglichen Erhöhung des Kaufpreises (BFH, Urteil vom 19. April 2005 VIII R 68/04, BStBl. II 2005, 762, 765). Ob die GL-GmbH in der Folgezeit nach Abschluss des Vertrages vom xxx 2002 ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises tatsächlich nicht nachgekommen ist, haben die Kläger nicht nachgewiesen. Der Senat muss dieser Frage aber nicht weiter nachgehen. Selbst wenn die noch bestehende Kaufpreisforderung mittlerweile objektiv verjährt wäre, wäre sie dennoch nicht uneinbringlich.
Eine verjährte Forderung ist nach der Rechtsprechung nur dann nicht mehr werthaltig, wenn ihr Schuldner die Einrede der Verjährung tatsächlich erhoben hat oder aber mit der Einrede ernsthaft zu rechnen ist (BFH, Urteil vom 2. März 1971 II 64/65, BStBl. II 1971, 533, 534; FG Brandenburg, Urteile vom 14. Mai 1997 2 K 1532/96 F, EFG 1998, 27 = [...] Rdnr. 19-21 und vom 23. Oktober 2002 2 K 1337/00, EFG 2003, 261 = [...] Rdnr. 28). Dass der Kläger sich an die GL-GmbH gewandt habe, um seinen Kaufpreisanspruch durchzusetzen, und der Erwerber dies mit dem Eintritt der Verjährung abgelehnt habe, haben die Kläger nicht dargetan und erst recht nicht nachgewiesen. Im Übrigen ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die GL-GmbH ihrer Verpflichtung schon im Hinblick auf die geringe Höhe nachkommen würde.
Entgegen der Auffassung der Kläger scheidet die Anwendung des § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht daran, dass ein Veräußerungspreis nur in einer Höhe von 1 EUR angefallen ist. Der BFH hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220, 222 ausgeführt, dass § 3 c Abs. 2 EStG nur dann nicht einschlägig sei, wenn keinerlei Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG angefallen seien, und dies mit dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift begründet. In Abgrenzung hierzu hat er festgestellt, dass bei einem Veräußerungspreis die Regelung eingreift (BFH, Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFH/NV 2010, 1022 = [...] Rdnr. 7). Raum für eine teleologische Reduktion des eindeutigen Wortlauts des § 3 c Abs. 2 EStG sieht der Senat daher nicht, zumal die sich dann anschließende weitere Frage, bis zu welcher Höhe Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen außer Betracht zu bleiben hätten, sich kaum beantworten ließe. Auch in der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass eine derartige Bagatellgrenze - so wünschenswert und wirtschaftlich sinnvoll sie wäre - dem Gesetz nicht entnommen werden könne (so auch FG Düsseldorf, Urteile vom 9. Juli 2010 1 K 337/07 E, [...] Rdnr. 16-18; vom 14. April 2010 2 K 2190/07 F, [...] Rdnr. 24-26; M. Kaufmann/A. Stolte, FR 2009, S. 1121, 1125; J. F. Bron/K. Seidel, DStZ 2009, S. 859, 862; a. A. J-P. Naujok, BB 2009, 2128, 2129).
Die Regelung des § 3 c Abs. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist nach gefestigten Rechtsprechung des BFH verfassungsgemäß (Urteile vom 19. Juni 2007 VIII R 69/05, BStBl. II 2008, 551 und vom 16. Oktober 2007 VIII R 51/06, HFR 2009, 168; Beschluss vom 5. Februar 2009 VIII B 59/08, DStRE 2009, 641). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal die gegen die drei Entscheidungen erhobenen Verfassungsbeschwerden vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden sind (Beschlüsse vom 9. Februar 2010 2 BvR 2221/07 und 2 BvR 2659/07 und vom 8. Juli 2010 2 BvR 727/09).
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zur Klärung einer teleologischen Reduktion des sachlichen Anwendungsbereichs des § 3 c Abs. 2 EStG zu geben. Diese Frage ist bereits Gegenstand des Verfahrens des BFH mit dem Aktenzeichen IX R 31/10.