Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.08.2010, Az.: 2 K 70/10

Begründung der Besorgnis der Befangenheit eines Richters im Falle einer bereits gebildeten Meinung über die Rechtslage und den Verfahrensausgang; Recht eines Richters zur Äußerung einer vorläufigen Meinung über den zu erwartenden Prozessausgang gegenüber den Beteiligten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
03.08.2010
Aktenzeichen
2 K 70/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 24426
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2010:0803.2K70.10.0A

Verfahrensgegenstand

Befangenheitsantrag gegen Einzelrichter

Tenor:

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Richter A wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die als Rechtsanwältin tätige Klägerin wendet sich im vorliegenden Klageverfahren gegen die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung. Zur Begründung machte sie insbesondere geltend, bei Berufsgeheimnisträgern sei eine Außenprüfung nicht möglich, da ansonsten Mandantengeheimnisse verletzt würden. Sie führte weiter an, die Prüfungsanordnung sei nur aufgrund einer zuvor von der Mutter der Klägerin beim Beklagten eingereichten Beschwerde erlassen worden. Die Klägerin legte dabei dar, dass die Beschwerde in Zusammenhang mit einer vom Beklagten versagten Stundung und angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen in Zusammenhang stehe.

2

Nach Eingang der Klageerwiderung wurde die Klägerin durch den Berichterstatter auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009, VII R 78/08, BFH/NV 2010, 705) hingewiesen, wonach die bisherige Rechtsprechung zur Ermessensausübung bei Prüfungsanordnungen bestätigt wurde. Sie wurde ferner darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Prüfungsanordnung und Beschwerde nicht erkennbar sei, zumal im Finanzamt unterschiedliche Stellen zuständig seien.

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Mit Beschluss vom 21. Juni 2010 hat der Senat die Sache auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

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Nach Eingang der Steuerakten wurde der Klägerin mit Verfügung vom 13. Juli 2010 aufgegeben, spätestens im Termin am 4. August 2010 das Original der Prüfungsanordnung (mit Eingangsstempel) vorzulegen, da im Einspruchsverfahren zunächst über die Fristversäumung gestritten wurde. Im weiteren Verlauf des Verfahrens legte die Klägerin dar, die Beschwerdeschrift befinde sich laut Auskunft der Oberfinanzdirektion nicht in den Akten. Es wurde ihr durch den Einzelrichter daher anheim gestellt, die Schrift vorzulegen, soweit sie für entscheidungserheblich gehalten würde. Tatsächlich befindet sich eine Kopie der Beschwerdeschrift in den vom Beklagten vorgelegten Akten.

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Des weiteren stellte die Klägerin unter dem 14. Juli 2010 einen Terminsverlegungsantrag für den auf den 4. August 2010 um 10:45 Uhr anberaumten Termin, welche Sie auf die entsprechende Hinweise des Einzelrichters mit Schriftsätzen vom 15., 22. und 26. Juli weiter konkretisierte. Demnach wurde ein Termin vor dem Amtgericht X auf den 4. August 2010 um 9:10 Uhr verlegt. Die Klägerin führte insbesondere aus: "Die Verlegung war bereits nur unter großen Schwierigkeiten für den Mandanten möglich", da dieser im Krankenhaus tätig sei. Der Einzelrichter teilte daraufhin mit, es sei, sollte der Terminskonflikt selbst geschaffen worden sein, nicht möglich, diesen durch eine Terminsverlegung zu beheben. Danach teilte die Klägerin mit, die Verlegung sei auf Initiative der gegnerischen Rechtsanwältin erfolgt und der Mandant habe sich sogleich um die entsprechenden Veranlassungen im Krankenhaus gekümmert. Eine Terminsverlegung wurde jeweils abgelehnt, insbesondere weil die Ladung des Finanzgerichts vor der Ladung des Amtsgerichts zugestellt worden war.

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Die zuständige Richterin am Amtsgericht X teilte auf telefonische Anfrage mit, es seien am 4. August 2010 Scheidungstermine anberaumt worden, die zeitlich jeweils ca. zehn Minuten in Anspruch nehmen werden. Der Klägerin wurde daher mit Verfügung vom 27. Juli 2010 in Aussicht gestellt, den Termin in Absprache mit dem Beklagten zeitlich nach hinten verlegen zu können. Angesichts der Nähe zum Termin wurde eine telefonische Kontaktaufnahme angeregt, nachdem die Klägerin selbst nicht zu erreichen war.

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Mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 30. Juli 2010 lehnt die Klägerin den Einzelrichter A wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

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Sie führt aus, bereits vor Ausermittlung der Sache sei die Rücknahme der Klage anheim gestellt worden. Der Einzelrichter habe Misstrauen allein gegenüber der Klägerin geäußert und entsprechende Sachaufklärungsmaßnahmen in Zusammenhang mit der Beschwerdeschrift gingen allein zu ihren Lasten, da diese ausschließlich bei der Klägerin angefordert worden seien. Außerdem seien Unterlagen in Zusammenhang mit der Verfristung angefordert worden, obwohl diese nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei. Hinsichtlich der Terminsverlegung seien die geforderten Nachweise, soweit das Mandantengeheimnis dies zuließe, vorgelegt worden. Die telefonische Rücksprache mit einer anderen Richterin greife in die Privatsphäre der Klägerin ein. Es stehe daher zu befürchten, dass der Einzelrichter den Rechtsstreit nicht unparteiisch verhandeln und entscheiden wird.

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Der Richter hat am 2. August 2010 eine dienstliche Äußerung abgegeben, nach der er nicht befangen ist; auf deren Inhalt wird Bezug genommen.

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1.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 45 Abs. 1 erster Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) entscheidet über ein Richterablehnungsgesuch grundsätzlich das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, und zwar regelmäßig nach dienstlicher Äußerung des abgelehnten Richters über die geltend gemachten Ablehnungsgründe (§ 44 Abs. 3 ZPO) durch Beschluss (vgl. § 46 Abs. 2 ZPO) und ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters (§ 45 Abs. 1 ZPO). Wird ein Richter eines FG - Senats abgelehnt, so ist für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zunächst der Senat des FG zuständig, dem der abgelehnte Richter angehört (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - -BFH-- vom 29. Juli 1988, IX B 15/88, BFH/NV 1989, 238).

11

Wird, wie im Streitfall, der Einzelrichter, dem gemäß § 6 FGO der Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen worden ist, als befangen abgelehnt, so ist, sofern nicht in Fällen offenbarer Unzulässigkeit oder rechtsmissbräuchlicher Ablehnung der Einzelrichter selbst über das Ablehnungsgesuch befinden darf (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 51 Rz. 55), nicht etwa der geschäftsplanmäßige Vertreter des abgelehnten Einzelrichters (gleichfalls als Einzelrichter), sondern der FG - Senat, dem der abgelehnte Richter angehört, als Kollegialgericht, für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig (BFH-Beschluss vom 26. Juli 1996, VI B 15/96, BFH/NV 1997, 130).

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Dies wird in ständiger Rechtsprechung des BFH damit begründet, dass die Übertragung des Rechtsstreits zur Entscheidung an den Einzelrichter nichts an der Mitgliedschaft dieses Richters im zuständigen Senat ändert (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 55. Aufl. 1997, § 45 Rz. 3, und Zöller, Zivilprozessordnung, 20. Aufl. 1997, § 45 Rz. 2, jeweils m.w.N. für den dem § 6 FGO entsprechenden Fall des § 348 ZPO).

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Der beschließende Senat folgt im Ergebnis dieser Auffassung. Sie steht seines Erachtens nicht in Widerspruch zu § 6 Abs. 1 FGO, wonach sich die Übertragung des Rechtsstreits zur Entscheidung an ein Mitglied des Senats als Einzelrichter zwar auch auf alle Neben- und Folgeentscheidungen sowie unselbständige Nebenverfahren erstreckt, nicht jedoch auch auf solche selbständigen Nebenverfahren (z.B. Aussetzung der Vollziehung oder einstweilige Anordnung) oder solche selbständigen Zwischenverfahren wie eine Richterablehnung (vgl. dazuBFH-Beschluss vom 30. November 1981, GrS 1/80, BFHE 134, 525, BStBl II 1982, 217, 220, 221), die im Regelfall im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuweisung der Sache an den Einzelrichter nicht vorhersehbar oder absehbar sind (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 6 Rz. 16). Darüber hinaus gebietet es die überragende Bedeutung des prozessualen Grundrechts der Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes --GG--) i.V.m. der Sicherung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Richters (Art. 97 Abs. 1 GG), dass eher das Kollegialgericht in seiner Gesamtheit statt eines einzelnen Mitglieds aus seiner Mitte über die Ablehnung eines dem Kollegium angehörigen Richters entscheidet.

14

2.

Das Ablehnungsgesuch ist nicht begründet.

15

Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit findet nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (u. a. BFH-Beschluss vom 4. Juli 1985, V B 3/85, BStBl II 1985, 555 m.w.N.) ist ein solcher Fall nur gegeben, wenn ein Verfahrensbeteiligter von seinem Standpunkt aus nach den äußeren Umständen einen vernünftigen Grund für die Annahme hat, der von ihm abgelehnte Richter werde sich aus einer in seiner Person liegenden individuellen Ursache heraus bei seiner Entscheidung von nicht sachgerechten Rücksichten leiten lassen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele. Dieser Rechtsprechung tritt der erkennende Senat bei.

16

Zweifel an der Unparteilichkeit des Einzelrichters sind hier nicht begründet, weil er von den ihm kraft Gesetzes zustehenden Befugnissen in vertretbarer Weise und in einem dem Gesetzeszweck entsprechenden Maße Gebrauch gemacht hat.

17

a)

Ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters kann insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, dass sich dieser eine Meinung über die Rechtslage und den Verfahrensausgang gebildet hat (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 17. Mai 1995, X R 55/94, BFHE 177, 344, BStBl II 1995, 604) und diese Meinung äußert (Beschluss desBundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 1955, 1 BvR 522/53, BVerfGE 4, 143, 144; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1982, 1 D 2/81, BVerwGE 73, 339, 346f.; BFH-Beschluss vom 5. März 1971, VI B 64/70, BFHE 102, 10, BStBl II 1971, 527, seither ständige Rechtsprechung).

18

Aus der Pflicht des Gerichts zur Prozessförderung ergibt sich ein Recht des Richters, gegenüber den Beteiligten eine vorläufige Meinung über den zu erwartenden Prozessausgang zu äußern (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 102, 10, BStBl II 1971, 527 [BFH 05.03.1971 - VI B 64/70]; in BFHE 144, 144, [BFH 04.07.1985 - V B 3/85] BStBl II 1985, 555, [BFH 04.07.1985 - V B 3/85] unter II. 3. c; vom 24. Mai 1993, V B 121/92, BFH/NV 1994, 482; vom 19. April 1994, IV B 33/94, BFH/NV 1995, 123; Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 19. Aufl. 1995, § 42 Rdnr. 26). Nach § 96 Abs.1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In jedem Stadium des Verfahrens wird das prozessuale Geschehen aufgrund einer --zumindest vorläufig gebildeten-- Rechtsauffassung des Richters gesteuert. Der Richter muss sich bereits in einem früheren Verfahrensstadium ein vorläufiges Bild vom Sach- und Streitstand machen, um z.B. der Amtsermittlungspflicht (§ 76 FGO) zu genügen und prozessleitende Anordnungen treffen zu können. Er hat in jedem Stadium des Verfahrens darauf hinzuwirken, dass der Rechtsstreit gütlich beigelegt wird (§ 155 FGO i.V.m. § 279 Abs.1 Satz 1 ZPO). Hierbei ist vorauszusetzen, dass die von ihm vorgeschlagene Erledigung inhaltlich seiner Auffassung zur Sach- und Rechtslage zumindest annäherungsweise entspricht. Die Anordnung einer Beweisaufnahme hängt davon ab, ob diese nach Auffassung des Richters zum bisherigen Prozessstoff erheblich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Dezember 1988, III B 103/88, BFH/NV 1989, 591). Aus dem Erlass eines Beweisbeschlusses können die Beteiligten mithin erkennen, dass sich "die Waage in eine bestimmte Richtung geneigt" hat. Die Streitsache ist mit den Beteiligten zu erörtern (§ 93 Abs. 1 FGO). Zum Zwecke einer sachdienlichen Diskussion im Spruchkörper fertigt der Berichterstatter im Regelfall ein Votum an, in welchem er seine --vorläufige-- Auffassung zum Sach- und Streitstand darstellt (erkennender Senat in BFHE 177, 344, [BFH 17.05.1995 - X R 55/94] BStBl II 1995, 604; vgl. auch BFH-Beschluss vom 25. April 1991, IV S 14-21/90, IV S 1/91, BFH/NV 1992, 394, sowie § 78 Abs. 2 FGO).

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Die Hinweise eines Richters auf seine vorläufige Meinung über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens liegen im Allgemeinen im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten. Diesen ist gewöhnlich daran gelegen, die Einstellung des Richters zu den für den Prozessausgang maßgeblichen rechtlichen Problemen zu erfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Juni 1989, VIII B 86/88, BFH/NV 1990, 175). Auf diese Weise erhalten sie Gelegenheit, ihre eigene, von der des Richters abweichende Ansicht näher zu erläutern und dabei zusätzliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte stärker hervorzuheben. Eine verständige Partei wird diesem Verfahren den Vorzug geben vor einer eher passiven richterlichen Prozessleitung, welche die Beteiligten auf sich allein gestellt lässt. Auch ist zu bedenken, dass gerade der tatsächlich voreingenommene Richter sowohl um ein "äußerlich einwandfreies Verhalten bemüht sein" (vgl. BFH-Beschluss vom 24. August 1989, IV B 59/89, BFH/NV 1990, 308) als auch weniger geneigt sein dürfte, einen Beteiligten auf vermeintliche oder wirkliche Mängel und Lücken in dessen Vortrag hinzuweisen.

20

Zureichende Ablehnungsgründe liegen deshalb nicht bereits darin, dass sich ein Richter als Berichterstatter vor dem Abschluss der mündlichen Verhandlung eine vorläufige Meinung über den --für einen Kläger ungünstigen-- Ausgang des Klageverfahrens gebildet hat, sie dem Kläger bzw. dessen Prozessvertreter bekannt gibt und damit die Bitte verbindet, eine Klagerücknahme zu erwägen (BFH-Beschluss vom 19.02.2009, VIII B 52/08, n.v.).

21

Im Streitfall hat der Berichterstatter mit dem Hinweis auf eine zu erwägende Klagerücknahme im Rahmen seiner Prozessförderungspflicht gehandelt, ohne dabei eine abschließende, das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vorwegnehmende Entscheidung getroffen zu haben. Es besteht kein erkennbarer Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Berichterstatters.

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b)

Auch die Anforderung von Unterlagen von der Klägerin -auch wenn der Berichterstatter dabei ein Schreiben in den Steuerakten übersehen hat- begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Im Rahmen der Amtsermittlung (§ 76 FGO) hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Der Berichterstatter hat darauf hinzuwirken, dass u.a. alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Die Anforderung von Originalunterlagen dient dabei der Erfüllung der gerichtlichen Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhaltes. Es steht dabei im Ermessen des Berichterstatters, Unterlagen vom Steuerpflichtigen oder vom Finanzamt anzufordern; dieser hat dabei auch zu prüfen und zu entscheiden, in welchem Umfang -ggf. auch zur Abrundung des Sachverhaltes- Unterlagen vorzulegen sind. Dass dabei auch einmal ein bereits in den Steuerakten befindliches Schreiben im vorbereitenden Verfahren übersehen wird, kann nun unter keinen denkbaren Umständen eine Befangenheit des Berichterstatters begründen; in der Anforderung von Unterlagen ist keinerlei Vorfestlegung erkennbar.

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c)

Eine Befangenheit des Berichterstatters kann zudem nicht in der Ablehnung der Terminsverlegung und der hierzu beim Amtsgericht gehaltenen Rückfrage nach Ablauf des dortigen Termins gesehen werden. Diese Handlungen des Berichterstatters sind von der Prozessförderungspflicht umfasst.

24

Gemäß § 155 FGO i. V. m. § 227 ZPO kann der Einzelrichter nach erfolgter Ladung einen Termin aus "erheblichen Gründen" aufheben oder verlegen. Die Entscheidung über die Aufhebung oder Verlegung steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Gemäß § 227 Abs. 4 Satz 2 ZPO ist die Entscheidung über die Aufhebung oder Verlegung kurz zu begründen. Bei der Ausübung des Ermessens sind die geltend gemachten Gründe unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls sowie unter Berücksichtigung der Bedeutung der mündlichen Verhandlung für das Verfahren gegeneinander abzuwägen. Sind die geltend gemachten Gründe erheblich im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO, besteht ein Rechtsanspruch auf Aufhebung oder Verlegung des Termins. Als erhebliche Gründe kann u.a. auch eine anderweitige berufliche Verpflichtung der Klägerin in Betracht kommen, wenn nach den jeweiligen Verhältnissen des Einzelfalls der Aufschub der anderweitigen Aufgaben oder die Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten nicht zumutbar ist (BFH - Beschluss vom 12.01.2004, VII B 122/03, BFH/NV 2004, 654-655; Gräber/Koch, FGO, § 91 Rz. 4; Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, § 91 FGO Rz. 10).

25

Der Termin zur Verhandlung vor dem Finanzgericht war vor dem Termin beim Amtsgericht geladen worden und hat deshalb Vorrang. Es bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Termin vor dem AG der wichtigere war, dem die dort als Prozessbevollmächtigte geladene Klägerin hätte den Vorzug geben müssen.

26

Der Berichterstatter hat nämlich gerade durch seine weitere Nachfrage beim Amtsgericht ermittelt, ob erhebliche Gründe i.S. des§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen. Diese Nachfrage war erforderlich, da insoweit der Vortrag der Klägerin eher zurückhaltend war. Nach der Rückfrage, bei der nach der nicht anzuzweifelnden dienstlichen Äußerung des Berichterstatters keinerlei steuerrechtliche Belange angesprochen worden sind, war nun geklärt, dass es sich bei dem Termin vor dem Amtsgericht um einen sog. Durchlauftermin handelt, der erfahrungsgemäß kaum mehr als 10 Minuten in Anspruch nimmt und zudem auch keiner zeitaufwendigen Vorbereitung bedarf. Allein dass ein Prozessbevollmächtigter an einem Tag bei zwei Gerichten -auch wenn diese ca. 80 Kilometer auseinander liegen- einen Termin zur mündlichen Verhandlung wahrnehmen soll, ist nicht unzumutbar, sondern tägliches Geschäft im Anwaltsberuf. Bei einem Durchlauftermin wäre es zudem möglich gewesen, sich für die Antragstellung durch einen anderen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.

27

Es kommt hinzu, dass der Berichterstatter der Klägerin angeboten hat, den Termin auf eine spätere Terminsstunde zu verlegen. Es wäre für sie deshalb ohne weiteres möglich gewesen, beide Gerichtstermine wahrzunehmen. Der Berichterstatter hat deshalb zutreffend einen erheblichen Grund i.S. des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht als nachgewiesen angesehen.

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Der Senat gestattet sich darüber hinaus den Hinweis, dass es hier die Pflicht der Klägerin als Rechtsanwältin gewesen wäre, bereits bei Stellung des Antrages auf Terminsverlegung vollumfänglich vorzutragen, um den Berichterstatter in die Lage zu versetzen ohne weitere Amtsermittlungen eine Entscheidung zu treffen.

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Gegen den Richter A greift daher keiner der vorgetragenen Ablehnungsgründe.