Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.07.2004, Az.: 12 UF 261/03

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.07.2004
Aktenzeichen
12 UF 261/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50889
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerfG - 08.03.2005 - AZ: 1 BvR 1986/04

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Winsen (Luhe) vom 26. September 2003 geändert.

1. Das Recht des Antragstellers zum persönlichen Umgang mit T. wird bis zum 8. Juli 2005 ausgeschlossen.

2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller im Abstand von drei Monaten, erstmals am 30. September 2004, über das Ergehen von T. unter Beifügung jeweils eines aktuellen Fotos, von Schulzeugnissen, Arztberichten usw. zu berichten.

3. Der Antragsteller ist berechtigt, T. zum Geburtstag und zu Weihnachten unter Beifügung eines Geschenkes sowie zum Ende der Oster-, Sommer- und Herbstferien zu schreiben. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, T. die Briefe bzw. Postkarten des Antragstellers inhaltlich zur Kenntnis zu bringen und die Geschenke auszuhändigen.

II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Kosten der ersten Instanz trägt der Antragsteller.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie den Ausschluss des Umgangsrechts des Antragstellers für die Dauer eines Jahres beantragt, hat Erfolg.

1. Nach den intensiven, aber letztlich vergeblichen Bemühungen des Amtsgerichts, den persönlichen Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn T. zu regeln, ist dieser nunmehr wie von der Antragsgegnerin im Anhörungstermin beantragt, auf die Dauer eines Jahres auszuschließen (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB).

Der zeitweilige Ausschluss des persönlichen Umgangs ist zum Wohl von T. erforderlich. Ohne ihn wäre sein Wohl gefährdet (a. a. O. Satz 2 BGB). T. hat sich bei der Anhörung entschieden gegen jedes Zusammentreffen mit seinem Vater ausgesprochen und erklärt, er wolle ihn nicht sehen. Nach den Gründen hierfür gefragt, hat er angegeben, sein Vater habe sein Wort gebrochen. Dieser habe ihn, als er (T.) hinten im Auto gesessen habe, um eine Fernsehsendung anzusehen, aufgefordert, die Tür zu schließen, und sei, nachdem er dies getan habe, trotz des Versprechens, nicht mit ihm nach H. zu fahren, sofort gestartet. Weil er nicht mitgewollt habe, sei er aus dem anfahrenden Auto gesprungen (Vorfall vom 8. November 2003).

Auf die Frage nach weiteren Gründen verwies T. darauf, dass der Vater früher seine Angel zerbrochen habe und ihn immer „Nudel“ nenne.

Diese Gründe lassen erkennen, dass sich T. durch seinen Vater in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlt. Dieser achtet aus seiner Sicht weder sein Eigentum (Angel) noch seinen Willen (Vorfall 8. November 2003) und nimmt ihn als Mensch nicht ernst (abwertender Name). Hierauf gründet T. strikt ablehnende Haltung. Sie ist bei dem insoweit besonders sensibilisierten, inzwischen 8 ½-jährigen Kind ernst zu nehmen. Anhaltspunkte für eine Beeinflussung durch die Antragsgegnerin hat die Anhörung nicht ergeben. Sie hat überzeugend erklärt, dass sie T. umzustimmen und zu Kontakten mit seinem Vater zu bewegen versuche. Zwingen könne und wolle sie ihn allerdings nicht, sonst fühle sich T. von ihr im Stich gelassen und verraten. Selbst wenn aber eine - ungewollte - Beeinflussung vorliegen sollte, ist T. inzwischen voll davon überzeugt, dass er mit seinem Vater nichts zu tun haben will.

In dieser Situation ist der zeitweilige Ausschluss des persönlichen Umgangs des Antragstellers mit T. erforderlich. Es würde einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht von T. darstellen, würde er entgegen seinem entschieden geäußerten Willen zum persönlichen Umgang mit seinem Vater gezwungen (BGH FamRZ 1980, 131, 132 f.; OLG Celle FamRZ 1998, 971; Johannsen/Henrich-Jäger, Eherecht, 4. Aufl., § 1684 BGB Rn. 41). Seine Persönlichkeitsentwicklung würde durch den gerichtlicherseits sanktionierten fortlaufenden Bruch seines Willens schweren Schaden nehmen. Das lässt auch T. Antwort auf die Frage erkennen, was er tun würde, wenn sein Vater auch künftig zum Umgang berechtigt wäre: Er würde sich verstecken, er würde davonlaufen, er würde schon Wege finden, um von seinem Vater wegzukommen. Die hierin liegende Gefahr für die Entwicklung seines Sohnes hat der Antragsteller erkannt, wie das Gespräch nach der Anhörung ergab, in dem er erwog, von sich aus auf das Umgangsrecht zeitweilig zu verzichten.

2. Der zeitweilige Ausschluss des persönlichen Umgangs dient zunächst dazu, dass T. Abstand von den ihn belastenden Ereignissen im Zusammenhang mit den Bemühungen des Antragstellers um Kontakt zu ihm gewinnt. Andererseits ist die Antragsgegnerin gehalten, während des umgangsfreien Jahres ihren Einfluss auf T. dazu zu nutzen, dass er seinen Widerstand gegen den Umgang abbaut und eine positive Einstellung zu seinem Vater gewinnt. Auch in diesem Zusammenhang ist das Recht des Antragstellers zu schriftlicher Kontaktaufnahme mit T. und zu Geschenken an ihn zu sehen. Dabei erscheint ein Zusammenwirken der Eltern wünschenswert, dem die Berichtspflicht der Antragsgegnerin (§ 1686 BGB) dient.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a FGG.