Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.12.1997, Az.: 5 W 232/97

Geschäftswert von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten ; Einräumung des Rechts zur Erbauung, Betreibung und Unterhaltung einer Windenergieanlage (WEA) auf einem Grundstück als eine beschränkt persönliche Nutzungsdienstbarkeit; Bestimmung des Geschäftswerts für die Grundbucheintragungen der auf unbeschränkte Dauer angelegten Dienstbarkeiten; Zulässigkeit der Bestimmung des einzusetzenden Jahreswerts nach dem objektiven Wert ; Bedeutung des durch die Vertragsparteien für die Nutzungsgestattung ausgehandelten Gegenleistungswert ; Rechtmäßigkeit eines Rückgriffs auf den erzielbaren Reingewinn; Zugrundelegung des jährlich geschuldeten Entgelts für den Wert der Dienstbarkeit ; Entsprechung des Werts einer Dienstbarkeit für eine Windenergieanlage dem Wert eines schuldrechtlichen Nutzungsentgelts

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
17.12.1997
Aktenzeichen
5 W 232/97
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1997, 22273
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:1217.5W232.97.0A

Fundstellen

  • JurBüro 1998, 204-205
  • MDR 1998, 624 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 1998, 644 (Volltext mit amtl. LS)
  • Rpfleger 1998, 171 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Der Wert einer Dienstbarkeit für eine Windenergieanlage entspricht dem Wert des schuldrechtlichen Nutzungsentgelts.

Tatbestand

1

Berücksichtigung etwaiger besonderer Verhältnisse der Beteiligten -, den die Dienstbarkeit für den Berechtigten hat, und nicht nach der durch die Dienstbarkeit herbeigeführten Wertminderung des belasteten Grundstücks (allgem. Ansicht vgl. nur OLG Stuttgart JurBüro 1992, 610; OLG Celle JurBüro 1975, 814; Rohs/Wedewer/Waldner, KostO, 3. Aufl., § 24 Rdn. 5; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 13. Aufl., § 24 Rdn. 34 jeweils m.w.N.).

2

Auf dieser Grundlage hat das Landgericht zu Recht den Geschäftswert weder nach dem mit der WEA zu erzielenden Bruttojahresertrag - wie vom Bezirksrevisor gefordert - noch nach dem Jahresnettogewinn - so BayObLG Rpfleger 1955, 350 ff- berechnet, sondern nach dem Gegenleistungswert, wie ihn die Vertragsparteien für die Nutzungsgestattung ausgehandelt haben. Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Ergänzend sei im Hinblick auf die Ausführungen in den weiteren Beschwerden auf Folgendes hingewiesen:

3

Auf den mit der vorgesehenen Nutzung zu erreichenden Bruttobetrag kommt es bereits deswegen nicht an, weil sich darin nicht der objektive Wert für den Nutzungsberechtigten widerspiegelt. Auf § 18 Abs. 3 KostO lässt sich die Forderung, die Kosten der Anlage und ihres Betriebes unberücksichtigt zu lassen, nicht stützen. Diese Kosten sind keine auf dem Geschäftsgegenstand lastenden Verbindlichkeiten. Einer analogen Anwendung auf die im Rahmen des § 24 KostO vorzunehmende Wertbestimmung ist diese Vorschrift wegen ihres ganz anderen Regelungsgehaltes nicht zugänglich.

4

Ein Rückgriff auf den erzielbaren Reingewinn verbietet sich, weil damit subjektive Umstände in der Sphäre des Betreibers berührt würden, die außer Ansatz bleiben müssen (ausdrücklich zustimmend: Rohs/Wedewer/Waldner a.a.O. Rdn. 6). Denn der objektive Wert für den Berechtigten kann nicht davon abhängen bzw. danach variieren, ob der Betreiber beispielsweise eine auf Gewinnerzielung im Dauerbetrieb konzipierte Anlage oder nur eine Forschungsanlage mit kurzzeitigen Einsätzen vorgesehen hat. Auch ist die Entwicklung solcher Anlagen insbesondere hinsichtlich der Rentabilität ihres Einsatzes und der Gewinnmöglichkeiten in den nächsten zwanzig Jahren, in denen die Pachtvertragsbedingungen vereinbarungsgemäß zunächst unverändert bleiben sollen, nicht zuverlässig genug vorherzusehen, um so einen einigermaßen verlässlichen objektiven Durchschnittswert zu ermitteln.

5

Abgesehen davon besteht bei der zu beurteilenden Nutzungsgestattung auch kein Anlass, für die Wertbestimmung Ertragsmomente oder die in Rechtsprechung und Lehre entwickelten verschiedenen Grundsätze über die Behandlung von Tankstellen-, Hochspannungsleitungs oder Gasversorgungsleitungsdienstbarkeiten (s. dazu nur den Überblick bei Korintenberg/Lappel/Bengel/Reimann a.a.O. Rdn. 32 ff) heranzuziehen. Die Parteien haben ein Jahresentgelt für die Nutzung vereinbart. Dass diese Festlegung von Leistung und Gegenleistung in dem Pachtvertrag erfolgt ist, hindert nicht, das jährlich geschuldete Entgelt für den Wert der Dienstbarkeit zugrundezulegen (vgl. Rohs/Wedewer/Waldner a.a.O. Rdn. 5). Das gilt hier umso mehr, als in der Bestellung der Dienstbarkeiten ausdrücklich die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung aufgeführt und am selben Tag in § 5 des entsprechenden Pachtvertrages diese Nutzungsentschädigung festgelegt ist. Die bei der Bemessung des Entgelts und der Neufestsetzung nach 20 Jahren in § 5 Abs. 4 des Pachtvertrages erfolgte Bezugnahme auf die derzeitige Einspeisungsvergütung ("DM 10.000,00/Entgelt pro Jahr zu DM 0,1761 je kw/h") und die Veränderung nach Prozentsätzen belegt, dass die Parteien den Jahresbezugswert für den Berechtigten ausgehandelt haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass hier ein höheres oder ein niedrigeres Entgelt zu leisten ist, als es dem Wert der Dienstbarkeit für den Berechtigten entspricht. Im Gegenteil zeigt der Vergleich mit dem sehr viel niedriger liegenden Pachtwert für eine entsprechende Grundstücksfläche mit bloß landwirtschaftlicher Nutzung ohne Berechtigung, eine solche Anlage zu betreiben, dass das Entgelt auch den mit dieser Dienstbarkeit verbundenen geldwerten Vorteil für den Berechtigten mit zum Ausdruck bringt. In solchen Fallgestaltungen ist es daher in der Regel gerechtfertigt, den Wert der Dienstbarkeit nach dem Wert der abzusichernden schuldrechtlichen Nutzungsgestattung auszurichten, bei dem zunächst davon ausgegangen werden darf, dass er dem Geldbetrag entspricht, den der Vertragspartner dafür zu zahlen bereit ist. Es sind keine Indizien ersichtlich, dass hier die Nutzungsentschädigung nicht den Wert der Gegenleistung widerspiegelt.

6

Danach ist die Geschäftswertbestimmung bzw. Gebührenberechnung des Landgerichts die auch den das Kostenrecht prägenden Grundsätzen der Einfachheit und Klarheit Rechnungträgt, nicht zu beanstanden. Die weiteren Beschwerden waren daher insgesamt zurückzuweisen.

Gründe

7

Die Beteiligten streiten über den Geschäftswert von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten, die der Grundstückseigentümer zur dinglichen Absicherung der von ihm einem Energieversorgungsunternehmen (Betreiberin) und deren Rechtsnachfolgerin gegen Zahlung von 10.000,00 DM pro Jahr gestatteten Erstellung, des Betriebes und der dazu erforderlichen Unterhaltung einer Windenergieanlage (WEA) auf seinem Grundstück bestellt hat. Eine Anpassungsmöglichkeit der Entschädigung ist nach Ablauf von 20 Jahren vorgesehen.

8

Das Amtsgericht hat unter Anwendung von §§ 24, 18 Abs. 3 KostO den Geschäftswert nach dem 25-fachen des jährlichen Bruttoertrages (Leistung der WEA 500 kw x 2000 Vollbenutzungsstunden 1.000.000 kw/h x 17,21 Pfennig je kw/h 172.100,00 DM Jahresertragswert) mit 4.302.500,00 DM berechnet.

9

Das Landgericht hat auf die Beschwerden des Kostenschuldners (Grundeigentümers) den Jahreswert der Dienstbarkeit entsprechend der in dem gesonderten Pachtvertrag festgelegten jährlichen Gegenleistung für die Nutzungsgestattung mit 10.000,00 DM zu Grunde gelegt, daraus den Geschäftswert der Dienstbarkeiten mit je 250.000,00 DM errechnet und dementsprechend auf Eintragungsgebühren in Höhe von je 500,00 DM pro Dienstbarkeit erkannt.

10

Mit den dagegen gerichteten zugelassenen weiteren Beschwerden verfolgt der Bezirksrevisor die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, während der Kostenschuldner die Herabsetzung des Geschäftswertes auf allenfalls 50.000,00 DM begehrt auf der Grundlage einer Jahrespacht von höchstens 2.000,00 DM für 1 ha landwirtschaftlicher Grundfläche die die WLA nicht einmal benötige.

11

In der Sache haben beide Rechtsmittel keinen Erfolg.

12

Bei der Einräumung des Rechts, auf einem Grundstück eine WEA zu bauen, zu betreiben und zu unterhalten, handelt es sich um eine beschränkt persönliche Nutzungsdienstbarkeit gemäß § 1090 BGB. Der Geschäftswert für die Grundbucheintragungen dieser auf unbeschränkte Dauer angelegten Dienstbarkeiten errechnet sich gemäß § 24 Abs. 1 KostO aus dem 25-fachen des einjährigen Bezugswertes der jeweiligen Dienstbarkeit. Der dabei einzusetzende Jahreswert bestimmt sich bei dieser Bestimmung nach dem objektiven Wert - d.h. ohne Berücksichtigung etwaiger besonderer Verhältnisse der Beteiligten - den die Dienstbarkeit für den Berechtigten hat, und nicht nach der durch die Dienstbarkeit herbeigeführten Wertminderung des belasteten Grundstücks (allgem. Ansicht vgl. nur OLG Stuttgart JurBüro 1992, 610; OLG Celle JurBüro 1975, 814; Rohs/Wedewer/Waldner, KostO, 3. Aufl., § 24 Rdn. 5; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 13. Aufl., § 24 Rdn. 34 jeweils m.w.N.).

13

Auf dieser Grundlage hat das Landgericht zu Recht den Geschäftswert weder nach dem mit der WEA zu erzielenden Bruttojahresertrag - wie vom Bezirksrevisor gefordert - noch nach dem Jahresnettogewinn - so BayObLG Rpfleger 1955, 350 ff- berechnet, sondern nach dem Gegenleistungswert, wie ihn die Vertragsparteien für die Nutzungsgestattung ausgehandelt haben. Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Ergänzend sei im Hinblick auf die Ausführungen in den weiteren Beschwerden auf Folgendes hingewiesen:

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Auf den mit der vorgesehenen Nutzung zu erreichenden Bruttobetrag kommt es bereits deswegen nicht an, weil sich darin nicht der objektive Wert für den Nutzungsberechtigten widerspiegelt. Auf § 18 Abs. 3 KostO lässt sich die Forderung, die Kosten der Anlage und ihres Betriebes unberücksichtigt zu lassen, nicht stützen. Diese Kosten sind keine auf dem Geschäftsgegenstand lastenden Verbindlichkeiten. Einer analogen Anwendung auf die im Rahmen des § 24 KostO vorzunehmende Wertbestimmung ist diese Vorschrift wegen ihres ganz anderen Regelungsgehaltes nicht zugänglich.

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Ein Rückgriff auf den erzielbaren Reingewinn verbietet sich, weil damit subjektive Umstände in der Sphäre des Betreibers berührt würden, die außer Ansatz bleiben müssen (ausdrücklich zustimmend: Rohs/Wedewer/Waldner a.a.O. Rdn. 6). Denn der objektive Wert für den Berechtigten kann nicht davon abhängen bzw. danach variieren, ob der Betreiber beispielsweise eine auf Gewinnerzielung im Dauerbetrieb konzipierte Anlage oder nur eine Forschungsanlage mit kurzzeitigen Einsätzen vorgesehen hat. Auch ist die Entwicklung solcher Anlagen insbesondere hinsichtlich der Rentabilität ihres Einsatzes und der Gewinnmöglichkeiten in den nächsten zwanzig Jahren, in denen die Pachtvertragsbedingungen vereinbarungsgemäß zunächst unverändert bleiben sollen, nicht zuverlässig genug vorherzusehen, um so einen einigermaßen verlässlichen objektiven Durchschnittswert zu ermitteln.

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Abgesehen davon besteht bei der zu beurteilenden Nutzungsgestaltung auch kein Anlass für die Wertbestimmung Ertragsmomente oder die in Rechtsprechung und Lehre entwickelten verschiedenen Grundsätze über die Behandlung von Tankstellen-, Hochspannungsleitungs oder Gasversorgungsleitungsdienstbarkeiten (s. dazu nur den Überblick bei Korintenberg/Lappel/Bengel/Reimann a.a.O. Rdn. 32 ff) heranzuziehen. Die Parteien haben ein Jahresentgelt für die Nutzung vereinbart. Dass diese Festlegung von Leistung und Gegenleistung in den Pachtvertrag erfolgt ist, hindert nicht, das jährlich geschuldete Entgelt für den Wert der Dienstbarkeit zugrundezulegen (vgl. Rohs/Wedewer/Waldner a.a.O. Rdn. 5). Das gilt hier umso mehr, als in der Bestellung der Dienstbarkeiten ausdrücklich die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung aufgeführt und am selben Tag in § 5 des entsprechenden Pachtvertrages diese Nutzungsentschädigung festgelegt ist. Die bei der Bemessung des Entgelts und der Neufestsetzung nach 20 Jahren in § 5 Abs. 4 des Pachtvertrages erfolgte Bezugnahme auf die derzeitige Einspeisungsvergütung ("DM 10.000,00/Entgelt pro Jahr zu DM 0,1761 je kw/h") und die Veränderung nach Prozentsätzen belegt, dass die Parteien den Jahresbezugswert für den Berechtigten ausgehandelt haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass hier ein höheres oder ein niedrigeres Entgelt zu leisten ist, als es dem Wert der Dienstbarkeit für den Berechtigten entspricht. Im Gegenteil zeigt der Vergleich mit dem sehr viel niedriger liegenden Pachtwert für eine entsprechende Grundstücksfläche mit bloß landwirtschaftlicher Nutzung ohne Berechtigung, eine solche Anlage zu betreiben, dass das Entgelt auch dem mit dieser Dienstbarkeit verbundenen geldwerten Vorteil für den Berechtigten mit zum Ausdruck bringt. In solchen Fallgestaltungen ist es daher in der Regel gerechtfertigt, den Wert der Dienstbarkeit nach dem Wert der abzusichernden schuldrechtlichen Nutzungsgestattung auszurichten, bei dem zunächst davon ausgegangen werden dar{ dass er dem Geldbetrag entspricht, den der Vertragspartner dafür zu zahlen bereit ist. Es sind keine Indizien ersichtlich, dass hier die Nutzungsentschädigung nicht den Wert der Gegenleistung widerspiegelt.

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Danach ist die Geschäftswertbestimmung bzw. Gebührenberechnung des Landgerichts, die auch den das Kostenrecht prägenden Grundsätzen der Einfachheit und Klarheit Rechnung trägt, nicht zu beanstanden. Die weiteren Beschwerden waren daher insgesamt zurückzuweisen.